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Ausgabe:

1980

Spalte:

119-121

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Sw. Efrem, Cyryllonas

Titel/Untertitel:

Balaj, Wybrano piésni i poematy syryjskie 1980

Rezensent:

Starke, Arnold

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Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 2

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die Pachombriefe doch nicht ohne Interesse - und wäre es nur dasjenige
, das der Koptologe dem seltenen Fall einer (sehr alten) griechischen
Übersetzung aus dem Koptischen entgegenbringt, oder
das der Neutestamentier und Literarhistoriker für die Existenz
eines überlieferten Briefkorpus hegen könnte, bei dem die Einzelstücke
, ihrer äußeren Briefform entkleidet, fast nahtlos ineinander
übergehen. Aber auch für das eingangs angedeutete anspruchsvollere
Interesse wird man hier eine neue Grundlage finden, und es
ist dem Vf. zu wünschen, daß seine Bemühungen um einen derart
undankbaren Gegenstand durch weiterführende Forschungsergebnisse
belohnt werden.

Berlin Wolf-Peter Funk

Sw. Efrem - Cyryllonas - Balaj: Wybrano piegni i poematy syryj-
skie. Tlumacyl ks. W. Kania. Opracowal i Wst^pem opatrzyl ks.
W. Myszor. Warszawa: Akademia Teologii Katolickiej 1973.
178 S. gr. 8° = Pisma starochrzescijariskich pisarzy, XI.

Als der erste päpstliche Nuntius in Polen, AI. Lippomano, um
1557 von einer schwierigen Reise im Dienste der Gegenreformation
nach Italien heimkehrte, las er unterwegs „divi Ephraemi. . . ele-
gantissimos sermones", wohl in lateinischer oder griechischer Übersetzung
. Daran, daß die Schriften des von ihm hochgerühmten
Diakons von Edessa einst ins Polnische übertragen werden würden
, hat er damals wohl kaum gedacht. - Nun liegt uns eine Auswahl
christlicher Dichtungen Ephrams in polnischer Sprache vor!

Im Vorwort erklären die Schriftleiter, die Pfarrer M. Michalski
und W. Myszor. die Patres A.Bogucki und A. Guryn, Erau A. Som-
czynska und St. Kalinowski, man habe diese Auswahl zum 1600.
Todestage Ephrams, des größten syrischen Dichters, des Klassikers
des christlichen Schrifttums des Orients (| 373) bereitgestellt. Die
Auswahl der Texte durch den Übersetzer, Pfr. W. Kania, kennzeichne
die Anfänge der rechtgläubigen syrischen Dichtung. Zwar
werde nur ein kleiner Teil der Hinterlassenschaft Ephräms dargeboten
; von Cyrillonas jedoch alles, was erhalten sei. So sei dieser
Band kennzeichnend für das syrische Schrifttum des 4. Jh. und beweise
zugleich Ephräms Einfluß auf seine Schüler. - Diese Ausgabe
sei in der polnischen Reihe der „Schriften altchristlicher Schriftsteller
" die erste, die Einblick in die literarische Überlieferung des
christlichen Morgenlandes gebe. - Bei der Auswahl des Stoffes habe
man Inhalte bevorzugt, die gerade für die syrische Dichtung bezeichnend
seien: Texte, die dem Alten Testament naheständen sowie
den Lehren vom Hl. Geist, von der Taufe, der Eucharistie und der
Gottesmutter. Da ja aber Dichtung in erster Linie die Phantasie
anregen solle, hofften die Schriftleiter, die syrische Dichtung werde
im Leser vor allem ein stärkeres Empfinden für die Schönheit des
christlichen Orients erwecken.

In der Einleitung umschreibt W. Myszor die Stellung des syrischen
Schrifttums im Kreis der christlichen Literaturen des Morgenlandes
. Er erinnert an den Einfluß der Bibelübersetzung auf das
orientalische Schrifttum. Als erster bekannter, syrisch schreibender
Theologe gilt Afrahat (um 340). - Gleichwohl war Syrien weithin
der griechischen, später der hellenistischen Bildung geöffnet.
Die Wandlung dieser Kulturen in die byzantinische erfolgte nach
M. gerade in Syrien. Edessa wurde neben Alexandria und Antio-
chia wichtigster Mittelpunkt theologischer Studien im Orient; dort
wurde mit der Zeit eine echt syrische Theologie vertreten. Die leidenschaftlichen
Auseinandersetzungen mit den Nestorianern und
den Monophysiten im 5. Jh. trugen dazu bei, daß Syrisch Literatursprache
wurde. Im Rückblick auf diese Glaubenskämpfe spricht
Myszor von separatistischen Strömungen in der damaligen syrischen
Kirche. - Der judenchristliche Anfang des syrischen Christentums
zeigt sich auch im äthiopischen Christentum, das ja von
den Syrern herkam. - Der II. Teil der Einleitung bringt eine Wertung
des syrischen christlichen Schrifttums; es bedeutet viel für
die Erforschung der Geschichte der Kirche und Altasiens überhaupt
. Daneben wird an die syrischen Bibelübersetzungen erinnert,
auch an syrische Übersetzungen griechischer Texte, die z. T. verloren
gegangen sind. Die einzige ursprüngliche Schöpfung der Syrer
sei ihre Dichtung, die von der hebräischen beeinflußt sei. Hier
wird die syrische Metrik erläutert. Dazu gehören auch die dichterischen
Formen „Memra" und Nadrasch" sowie die „Sugitha". Die
Sugitha von Maria und den Weisen erinnert den Vf. der Einleitung
an die Zwiegespräche in alten polnischen Weihnachtsliedern („Kolenden
"). - Ein vierter Teil der Einleitung berichtet über die in dieser
Auswahl vertretenen Schriftsteller. - Erst im V. und letzten
Teil wendet Myszor sich stärker dem Inhalt der christlichen Dichtung
der Syrer zu, besonders ihrer Theologie, obwohl der Übersetzer
weniger theologische Überzeugungen als dichterische Eindrücke
vermitteln will. So fehlen in dieser Auswahl denn auch die antihäretischen
Streitschriften. Dennoch geht M. kurz auf die altsyrische
Theologie ein. Auch auf die Eigenart des syrischen Kirchenjahres
wird hingewiesen (Epiphanias als Hauptfest!). Es wird
der syrischen Mystik gedacht, in deren Mittelpunkt die Nachfolge
Christi steht. Dazu kommt der mystische Gedanke von dem im
Menschen wohnenden Hl. Geist. Es wird hingewiesen auf die Bedeutung
des syrischen Mönchtums, das teilweise außerhalb von
Klostermauern lebte. Schließlich wendet sich der Vf. der Einleitung
der syrischen Eucharistielehre zu - in ihrer Verbindung mit
der Lehre vom Hl. Geist; zuletzt auch der Marienvorehrung, die
für das östliche Christentum so bezeichnend ist. Zum Schluß wird
auf das gefühlsbetonte und dramatische Gepräge der hier dargebotenen
Gedichte hingewiesen, auch auf die darin offenbarten vaterländischen
Gefühle.

Obwohl die vorliegende Kirchenväter-Auswahl offenbar wieder
für eine breitere Öffentlichkeit bestimmt ist, folgt der Einleitung
eine ausführliche Bibliographie, die offenbar nur wissenschaftliche
Arbeiten nennt.

Den Kern des Buches bilden die polnischen Übertragungen: zunächst
14 Dichtungen aus Ephräms reicher Hinterlassenschaft.
Etwas mehr Raum beanspruchen die sechs Gesänge des Cyrillonas.
Von Baläus (syrisch: Balai) erscheinen nur zwei Lieder.

Am Ende stehen drei wertvolle Verzeichnisse. Sie enthalten a)
die in den Gedichten anklingenden Bibelstellen, b) Personen- und
Ortsnamen, c) biblische Namen und Begriffe. - Darauf folgt nochmals
das Vorwort, jetzt in französischer Übersetzung.

Die Leser dieser Zeitschrift mögen nun erwarten, daß der Rez.
wie in früheren Besprechungen polnischer Kirchenväterausgaben
(ThLZ 96, 1971 Sp. 599-603 und 98, 1973 Sp. 909-916) auf die
sprachliche Leistung des Übersetzers eingeht. Da mir leider Schrift
und Sprache der Syrer fremd sind, kann ich auf das Verhältnis der
Übersetzung zum Urtext nicht eingehen.

Im einzelnen sei folgendes angemerkt: Das „Lied von der heiligsten
Jungfrau" (30ff) gehört zu den Marienhymnen, die Th.Lamy
in seiner lateinischen Ephram-Ausgabe (Mecheln 1882-1902) veröffentlicht
hat. Doch spricht Edmund Beck gerade diese Marienlieder
im „Oriens christianus", Bd. 40,1956, S. 22 dem hl. Ephram
ab. - In dessen so packendem Zwiegespräch zwischen Maria und
den Weisen aus dem Morgenlande ist der 51. Vers („przez Niego
wielkie Twe uböstwo") schwer verständlich. - In dem „Liede von
Christus, dem Licht der Welt", 41, V. 158 ff heißt es nach der polnischen
Übersetzung: „Wir genießen Dich, Herr, und trinken Dich, /
nicht - um Dich nur zu verzehren, / sondern um durch Dich zu leben
." Hierzu merkt der Übersetzer an: „Die hl. Kommunion gibt
die Gewißheit de" herrlichen Auferstehung". Dazu möchte man
fragen: Fängt das „Leben durch Christus" erst nach dem Tode an?
- Auf S. 63 ff wird das „Lied von Satans Klage über die Wiederkehr
der Reliquien des hl. Apostels Thomas" in polnischer Übersetzung
dargeboten. Hier könnten sich Druckfehler eingeschlichen haben:
liest man V. 7 statt „zgoda" (= Eintracht) „zgon" (= Tod) und im
26.Vers „mi" (= mir) statt „im" (= ihnen), so würde der Sinn
klarer. - S. 67ff steht die Übertragung des „Liedes von der Verabredung
der bösen Geister gegen Jesus" - wohl einer der gehaltvollsten
Hymnen des großen Dichters. Der Übersichtlichkeit wegen
sollten hier die Redenden (Satan, Sünde, Tod, Hölle) im Druck
hervorgehoben werden.

Auf S. 83 schließt die Ephräm-Auswahl mit einem wunderbaren
Preisgesang zu Ehren der hl. Dreieinigkeit, der aber auch der Erde,
ihren Freuden und Nöten zugewandt ist. Am Schluß wird etwas
spürbar von der „Gemeinschaft mit der obern Schar" (Zinzen-
dorf).

Es folgen sechs Lieder und Gedichte des Cyrillonas. Hier oder in
der Einleitung (19f) wäre ein Hinweis am Platz - darauf, daß die
drei ersten Dichtungen des C. (85-117) und die letzte (140ff) ano-