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Ausgabe:

1959 Nr. 3

Spalte:

179-181

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

L' Ancien Testament et l'Orient 1959

Rezensent:

Eissfeldt, Otto

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Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 3

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räum war sicherlich verabredet, und Jesu« hat da anscheinend nur
einige verschwiegenste Jünger eingeweiht. —

Zum Schluß noch zwei Stellen, die der Klärung bedürfen.
Zunächst: 1. Korinther 13, 12, wo noch immer steht: Wir sehen
jetzt durch einen Spiegel in einem dunklen Wort — ein völlig
unverständlicher Satz, den man längst hätte korrigieren sollen.
Man sieht doch i n den Spiegel; und das .rätselhafte Wort' ist
auch dunkel. Das dm vor Spiegel ist hier instrumental oder kausal
zu fassen: Vermittelnd! Und dasselbe bedeutet auch .durch'
im Mittelhochdeutschen; wie wir ja unsere Kirchengebete zu
schließen pflegen: duich unseren Herrn Jesus Christus; d. h. durch
6eine Vermittlung. Ein Spiegel zeigt niemals das Wesen eines
Dinges, sondern nur seine Erscheinung — wir denken hier an
platonische Lehren — die letzten Ursachen sind und bleiben uns
rätselhaft. So ist unsere Erkenntnis Stückwerk. Aber auch moderne
Übersetzungen bleiben bei dem .durch einen Spiegel'
(als ob er ein Loch hätte!) Hier müßte man also wohl umschreibend
etwa sagen: Wir sehen hinieden nur undeutliche Bilder, wie
in einem (Metall)-,Spiegel', und stehen vor dunklen Rätseln:
oder ähnlich. — Die andere Stelle ist Hebräer 11,21: und neigte
sich gegen seines Stabes Spitze. Dunkel ist der Rede Sinn! Elberfeld
hat: betete an über der Spitze seines Stabes (Anmerkung:
d. h. sich darüber hinbeugend). Der päpstliche Hausprälat Jakob
Schäfer sagt in seiner beachtlichen Übersetzung: Er neigte sich
(bei seinem Sterben und Segnen) betend auf die Spitze von dessen
(Josephs) Stab (Genesis 47, 30 f.). Diese alttestamentliche

Stelle übersetzt aber Kautzsch: Israel verneigte sich auf das
Kopfende des Bette6 hin. So auch von Rad; der dazu noch bemerkt
: „Der Sinn des in Vers 3lb beschriebenen Gestus ist nicht
ganz klar. Die LXX hat einen etwas anderen Wortlaut, und dem
folgt Hebräer 11,21 (ntaa statt na??); doch wird damit die
Sache viel unklarer. Da das Verbum (nno) nicht nur diese allgemeine
Bewegung des Körpers, sondern immer einen Gestus
der Verehrung oder gar Anbetung ausdrückt, muß man an eine
feierliche Bezeugung der Dankbarkeit denken." — Der so oft vorkommende
unglückliche Ausdruck ,Hölle', der in der lutherischen
Übersetzung bald das Totenireich, bald den Ort der Verdammten
bezeichnet, sollte lieber ganz gestrichen werden; wie man auch
im Glaubensbekenntnis das mißverständliche .niederfahren zur
Hölle' durch ,zu den Toten' oder dergleichen ersetzen sollte.
Text 1956 (Lukas 16,23) sagt: bei den Toten! Hades und
Geenna 6ind nicht dasselbe. 2. Petri 2,4 steht rnginQcoaag
— also der Tartarus ist der dritte im Bunde. 1956 übersetzt da:
finstere Höhlen. Hier sollte Klarheit herrschen!

Man könnte noch so manches Andere unter die kritische
Lupe nehmen, z.B. fragen: ob es wohlgetan ist, wenn man die
feierlichen langen Satzperioden (etwa den Anfang des Hebräerbriefes
) in mehrere Hauptsätze zerlegt; aber es sei hiermit genug.
Die dem Text von 1956 beigefügten Psalmen sind noch un-
revidiert. Und da wäre allerdings gar viel zu sagen und zu
bessern.

ALTES TESTAMENT

L'Ancien Testament et l'Orient. fitudes presentees aux VI°s Tournees
Bibliques de Louvain (11—13 septcmbre 1954). Louvain: Universit£
de Louvain, Inst. Orientaliste 1957. III, 231 S. 4° = Orientalia et
Biblica Lovaniensia I.

Auf G. Ryckmans' Eröffnungsansprache (S. 1—3), die den
Unterschied zwischen der früheren, wesentlich literarisch ausgerichteten
Arbeit am Alten Testament und der heutigen, durch
die in Palästina und in seiner Umgebung neuerdings gemachten
archäologischen und epigraphischen Funde bestimmten Forschung
eindrucksvoll hervorhebt, folgen 10 Aufsätze, die zum weitaus
größten Teil in der Tat das Alte Testament oder die ganze Bibel
in das Licht der neuen archäologischen und epigraphischen Erkenntnisse
rücken und sie so besser verstehen lehren. A. M. Van
D i j k, La decouverte de la culture litteraire sumerienne et sa
ßignification pour l'histoire de l'antiquite Orientale (S. 5—28) erklärt
, daß die vorab E. C h i e r a und S. N. K r a m e r, A. F a 1 -
k e n s t e i n und Th. J a c o b s e n zu dankende Erschließung
der sumerischen Literatur eine der größten Errungenschaften der
neueren Orientalistik darstellt, beschreibt unter Eingehen auf
die einzelnen literarischen Gattungen die „Kanoni6ation", die
diese Literatur im 14. oder 13. Jahrhundert v.Chr. erfahren hat,
und zeigt, daß die Zeit ihrer größten Ausbreitung vor der im
13. Jahrhundert v. Chr. beginnenden assyrischen Eroberungspolitik
liegt, daß aber auch mit einer auf dem Wege mündlicher
Tradition geschehenen Ausbreitung der sumerischen Literatur in
der Zeit gerechnet werden muß, als das Sumerische noch eine lebendige
Sprache war, und daß zu den damals gewanderten Stoffen
auch bestimmte Genesis-Erzählungen gehören können. —
J. M. A. J a n s s e n, A travers les publications egyptologiques
recentes concernant l'Ancien Testament (S. 29—63) führt die
Gebiete — materielle Kultur, Profangeschichte (Hyksos, Avaris-
Pi Ramses-Tanis), Literaturgeschichte (Weisheitslehren, Dialog
des Lebensmüden-Hiob), Religionsgeschichte (Echnaton-Mose?)
usw. — vor, auf denen neuere ägyptologische Veröffentlichungen
das Verständnis des Alten Testaments gefördert haben, und fügt
als „Appendice" (S. 53—63) genaue bibliographische Angaben
über diese Veröffentlichungen hinzu. — R. D e L a n g h e, La
Bible et la litterature ugaritique (S. 65—87) orientiert gut über
die neueste Literatur zu Ras Schamra (I), warnt vor voreiliger
Gleichsetzung ugaritischer Phänomene mit alttestamentlichen (II)
und führt Fälle vor, in denen die Ugaritologie tatsächlich der
alttestamentlichen Wissenschaft neue Erkenntnisse zuführen kann,

so ikb 'rpt = „stehend auf einer Wolke". — G. Ryckmans,
L'Arabie antique et la Bible (S. 89—109) entwirft ein anschauliches
Bild von den zahlreichen Ähnlichkeiten zwischen kultischen
Einrichtungen der Hebräer und denen der alten Araber und zeigt,
daß diese auch dann ihre Bedeutung behalten, wenn die von
Ed. Glaser, Fritz H o m m e 1 und H .Grimme vertretene
Meinung, die ältesten südarabischen Inschriften entstammten dem
12. Jahrhundert v. Chr., zugunsten ihrer wesentlich späteren An-
setzung aufzugeben ist: „Statt von einem Israel von Arabien
hinterlassenen Erbe zu reden, wird man es sich angelegen sein
lassen, in den religiösen Institutionen der beiden Völker Berührungspunkte
zu finden, die ein gemeinsames Patrimonium anzeigen
". — A. G u i 11 a u m e, L'apport de la Iangue et des tra-
ditions arabes ä l'interpretation de l'Ancien Testament (S. 111
—121) 6tellt alttestamentlichen Phänomenen arabische an die
Seite und gewinnt so für 6ie ein neues Verständnis. no?fflT

"vxa n^n in 1. Sam 20, 19 übersetzt er unter Vokalisierung von
als "Ösen mit „Und am dritten Tage sollst du bei Einbruch
der Nacht hinabsteigen". Das s5|^ von bNip«t oyrrrN Tll tb^T
dibÄ D~b in 1. Sam 30, 21 leitet er von der für das Hebräische zu
postulierenden Wurzel nisj „sich niederkauern" her, vokalisiert es
U5a»1 und übersetzt dann den Satz mit: „Und David kauerte sich
nieder mit seinen Leuten und begrüßte sie". Das lya "WH
von 1. Sam 1, 24 erklärt er als „Und der Knabe war ein prächtiger
Knabe" und das nisiaxn nirp ij'lK] von Arnos 9,5 als „Bei

dem Herrn Jehovah der Heerscharen!". Den masoretischen Text
von 1. Sam 1, 20 —2, 11 einerseits und die LXX-Textform dieses
Abschnittes lehrt er als unabhängige Überlieferungen (riwäya)
verstehen. — G. R. D r i v e r, Glosses in the Hebrew Text of the
Old Testament (S. 123—161) will die — oft sehr willkürlich gehandhabte
— Ausscheidung von Worten und Wendungen aus dem
alttestamentlichen Text auf eine zuverlässige Grundlage stellen
und zeigt die Merkmale auf, an denen Glossen mit Sicherheit als
solche erkannt werden können, etwa die Einleitung mit NW
„das (ist)" oder Nirn „und das (ist)" oder riT „dieses (ist)".
Angesichts des Reichtums an Beobachtungen, der in diesem Beitrag
, dem umfangreichsten des Buches, geboten wird, wird mancher
Leser es bedauern, daß kein Verzeichnis der Stellen, zu denen
Bemerkungen gemacht werden, mitgeteilt wird, wie es überhaupt
zu wünschen wäre, daß D r i v e r s zahl- und inhaltsreiche
Arbeiten textkritischer Art durch solch ein Stellenregister aus-