30.07.2015

Projektpräsentation »Bibliothek der Neologie«

Projektdesign

Im April 2014 hat das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Langfrist-Editionsprojekt »Bibliothek der Neologie« (BdN) seine Arbeit aufgenommen. Da es von allgemeintheologischer und darüber hinaus von interdisziplinärer Bedeutung ist, soll es der gesamten geistes- und kulturgeschichtlich orientierten scientific community kurz bekannt gemacht werden.

Die Theologie der Aufklärung repräsentiert das entscheidende historische Bindeglied zwischen Alt- und Neuprotestantismus. Aufgrund ihrer kulturwissenschaftlichen Ausrichtung war sie zugleich in eminenter Weise von integrativer geistesgeschichtlicher Relevanz. Die interdisziplinäre Erforschung der Aufklärungstheologie sieht sich allerdings bis heute dadurch erschwert, dass ihre zentralen Quellentexte zumeist in den stark abweichenden Versionen der einzelnen Auflagen überliefert und jeweils nur noch in wenigen Bibliotheken oder als Digitalisate lediglich einzelner Auflagen zugänglich sind. Erst eine kritische, eingehend historisch kommentierte Darstellung der unterschiedlichen Textversionen kann diese Schlüsseldokumente im gegenwärtigen Wissenschaftsdiskurs rezeptionsfähig machen.

Während die Aufklärungstheologie insgesamt ein multinationales westeuropäisches Phänomen darstellt, dessen breite zeitliche Erstreckung (von den ersten Physikotheologien des späteren 17. Jahrhunderts bis zum theologischen Spätrationalismus der 1830er Jahre) und thematische Spreizung die Wahrnehmung innerer Kohärenzen erheblich erschwert, bezeichnet die aufklärungstheologische Hauptrichtung der Neologie innerhalb des deutschen Sprachraums das chronologisch, thematisch, geographisch und personell trennscharf zu bestimmende Zentrum jener Epoche.

Zwar blieb die Neologie weithin auf den deutschen Sprachraum beschränkt. Indessen verharrte sie dort keineswegs nur im kirchlichen oder akademischen Raum, sondern verband sich in nachhaltigem, intensivem Austausch mit allen kulturellen Bereichen: Ihre Wirkungen und Impulse lassen sich in der zu ihr zeitgenössischen Literatur ebenso nachweisen wie in der Politik, Philosophie, Kunst oder Architektur. Zudem beansprucht die Neologie insofern durchaus gesamteuropäische Relevanz, als sie ihren konstitutiven Ideenpool zu wesentlichen Teilen aus der westeuropäischen Religions- und Moralphilosophie speiste und nach dem Abklingen ihrer geschichtlichen Reifezeit ihrerseits mannigfache europäische Rezeptionen freisetzte. Mithin wird eine der Neologie gewidmete kritische Quellensicherung ein zentrales Element des frühneuzeitlichen Modernisierungsschubs für die interdisziplinäre wissenschaftliche Auswertung und Bearbeitung erstmals zugänglich machen.

Mit der inzwischen vollständig vorliegenden Kritischen Spalding-Ausgabe (13 Bände, Tübingen 2001–2013) ist das Gesamtwerk eines führenden Neologen bereits der einschlägigen Forschung verfügbar gemacht. Daneben verfolgt die »Bibliothek der Neologie« das synchrone Ziel, zehn zentrale, in sich geschlossene Texte oder Textsammlungen der Neologie in kritischer Hybrid-Edition und also in einer für die interdisziplinäre Forschung und den akademischen Unterricht gleichermaßen geeigneten Darbietung bereitzustellen. Als Auswahlkriterien dienen dabei insbesondere die repräsentative Bedeutung der Verfasser, die interdisziplinäre Relevanz und gattungsspezifische Streuung der Texte, die in diesen Texten erfolgte exemplarische Bearbeitung einer für die Aufklärungsepoche zentralen Problemstellung sowie die diesen Werken zukommende geistes- und kulturgeschichtliche Dignität.

Das von der DFG geförderte Langzeitprojekt entsteht in der am Seminar für Kirchengeschichte II der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster angesiedelten Arbeitsstelle »Bibliothek der Neologie«; seine informationswissenschaftliche und -technologische Umsetzung wird von der Abteilung »Forschung und Entwicklung« der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen unterstützt.

Die »Bibliothek der Neologie« ist auf insgesamt zehn Bände angelegt. Jeder dieser Bände wird in digitaler und printtechnischer Hybrid-Version präsentiert werden. Die Printversion knüpft an das bewährte, profilierte Konzept der Kritischen Spalding-Ausgabe an. Den Bänden werden eine den Quellentext werk- und problemgeschichtlich kontextualisierende Einleitung, die kritische Darbietung der überlieferten Textversionen sowie eingehende historische Erläuterungen und Register beigefügt. Die Drucklegung der Bände hat der Tübinger Wissenschaftsverlag Mohr Siebeck in seine Obhut genommen.

Neben der Printversion ist die digitale Wiedergabe mit zusätzlichen Vorzügen versehen. Die Daten werden nach dem international etablierten Formatstandard XML/TEI P5 texttechnologisch ausgezeichnet und mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung TextGrid aufbereitet. Eine nachhaltige Langzeitarchivierung (Nachnutzbarkeit und Zugänglichkeit im Sinne des Open-Access-Gedankens) im fachwissenschaftlichen Langzeitarchiv TextGrid Repository ist vorgesehen. Die Zitierbarkeit wird durch die Vergabe der Persistent Identifier gewährleistet sein, desgleichen die menschenlesbare Präsentation der Ergebnisse im eigenen Portal mittels der von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften entwickelten SADE-Instanz (Scalable Architecture for Digital Editions). Die Durchsuchbarkeit des gesamten Materials oder auch einzelner Bereiche ist dabei sichergestellt, zudem kann im Online-Zugriff neben der kritischen Textdarstellung auch der Bestand jeder einzelnen Auflage als ein zusammenhängender Text sichtbar gemacht werden. Das Online-Portal stellt neben den Texten auch Metainformationen (z.B. Personen- und bibliographische Referenzierungen) bereit, die erweiterte Funktionen in der Textpräsentation und -analyse ermöglichen und somit einen Beitrag zum sog. »Semantischen Web« darstellen.


Publikationsplan

Die Ordnungsnummer der Bände entspricht der alphabetischen Abfolge ihrer Verfasser, ist aber für die Sukzession des Erscheinens, die sich allein pragmatisch-arbeitsökonomischen Gesichtspunkten verpflichtet weiß, ohne Belang. Weitere Informationen zu den einzelnen Autoren und Werken finden sich auf unserer Homepage (bdn-edition.de).

Die »Bibliothek der Neologie« (Zitiervorschlag: BdN) wird folgende Bände umfassen:

I. Carl Friedrich Bahrdt / Johann Salomo Semler: Glaubensbekenntnisse (1779–1792)
II. Johann August Ernesti: Institvtio interpretis Novi Testamenti (11761–51809)
III. Johann Jakob Griesbach: Anleitung zum Studium der populären Dogmatik (11779–41789)
IV. Gottfried Leß: Sontags-Evangelia übersezt, erklärt, und zur Erbauung angewandt (11776–31781)
V. August Hermann Niemeyer: Grundsätze der Erziehung und des Unterrichts (11796–91834)
VI. Johann August Nösselt: Anweisung zur Bildung angehender Theologen (11786/89–31818/19)
VII. August Friedrich Wilhelm Sack: Vertheidigter Glaube der Christen (11748/53–21773)
VIII. Gotthilf Samuel Steinbart: System der reinen Philosophie oder Glückseligkeitslehre des Christenthums (11778–41794)
IX. Wilhelm Abraham Teller: Wörterbuch des Neuen Testaments zur Erklärung der christlichen Lehre (11772–61805)
X. Johann Gottlieb Toellner: Katechetischer Text, oder Unterricht vom christlichen Lehrbegriff für Unstudirte (11765–21772)


Personal

Gesamtleitung:
Prof. Dr. Albrecht Beutel (Münster)

Arbeitsstelle Münster:
4 Wissenschaftliche und 3 Studentische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Abteilungsleitung: Olga Söntgerath, M.A.

Arbeitsstelle Göttingen:
2 Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Abteilungsleitung: Dr. Miriam Blümm


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Kontaktdaten

Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Evangelisch-Theologische Fakultät
Seminar für Kirchengeschichte II
DFG-Projekt »Bibliothek der Neologie«
Prof. Dr. Albrecht Beutel
Universitätsstraße 13–17
48143 Münster
Tel.: 0251 / 83 225 47 (Sekretariat)
E-Mail: neologie@gwdg.de