31.01.2018

»Christologie – offen für Neues? Denkformen und Brennpunkte der Christologie angesichts neuer Herausforderungen«, 19.–21. Januar 2018 in Hannover

Veranstalter: Prof. Dr. Marco Hofheinz und Dr. Kai-Ole Eberhardt (beide Leibniz Universität Hannover)

Vom 19. bis zum 21. Januar hat in den Räumlichkeiten des Reformierten Bundes und auf Einladung von Prof. Dr. Marco Hofheinz und Dr. Kai-Ole Eberhardt ein dreizehnköpfiges Expertengremium aus katholischen und evangelischen Theologinnen und Theologen getagt und sich mit den neuen Anforderungen an eine zeitgemäße Christologie auseinandergesetzt.
Geleitet von der prominenten Bonhoeffer-Frage: »Wer ist Christus für uns heute?« (DBW 8, 402) hat sich die Tagung den theologischen Herausforderungen gewidmet, die aus den geistesgeschichtlichen, religiösen und gesellschaftlichen Entwicklungen der Gegenwart für einen zeitgemäßen Christologieentwurf resultieren. Dabei wurde besonders die Rolle der Christologie in der Ökumene und im interreligiösen Dialog viel diskutiert und in Vorträgen beleuchtet. Auch das Problemfeld, wie sich pluriforme Christuszeugnisse der biblischen Texte und christlichen Bekenntnisse zueinander verhalten und wie sie sich systematisch-theologisch erfassen lassen, stand im Vordergrund der Diskurse. Schließlich wurden klassische Elemente der Christologie wie die Schöpfungsmittlerschaft oder die Stellvertretung Christi vertiefend diskutiert. Die Christologie wurde so als ein Resonanzraum verstehbar, in dem biblische Zeugnisse, Tradition und Gegenwartstheologie ebenso stehen wie die verschiedenen Konfessionen und die nichtchristlichen Religionen. Christologie erwies sich als Teil eines Lernprozesses im gesellschaftlichen und fachlichen Diskurs.
Die Tagung gliederte sich in drei Sektionen.
In der Einführungssektion hat – nach der Eröffnung durch die Veranstalter – Prof. Dr. Heinrich Assel (Greifswald) zu »Anforderungen an einen gegenwartsbezogenen Christologieentwurf« referiert und ist das Aufgabenfeld für die Tagung abgeschritten. Er hat vor allem Arbeitsbedarf in den Bereichen Versöhnungslehre, Namenschristologie und Inkarnationschristologie angezeigt.
Die zweite Sektion, »Christologie im religiösen und kulturellen Pluralismus«, hat sich schwerpunktmäßig der Pluriformität der aktuellen Herausforderungen und Anfragen an die Christologie gewidmet. Sowohl das interkonfessionelle und interreligiöse Gespräch als auch der Diskurs mit den Nachbardisziplinen rückte dadurch in den Vordergrund.
Für die interreligiöse Perspektive hat Prof. Dr. Gregor Etzelmüller (Osnabrück) leitende Perspektiven ausgehend vor allem vom Beispiel des Islams entwickelt. Gerade über die christologische Interpretation diakonischen Verhaltens konnte er interreligiöse Dialogmöglichkeiten zeigen. Zudem sei die Kritik anderer Religionen an der Christusdeutung als ein wertvolles Korrektiv für die eigene Theologie fruchtbar zu machen. Die Bereicherung der Theologie durch den Dialog mit dem Islam vertiefte sodann Prof. Dr. Johannes Woyke (Flensburg) aus exegetischer Perspektive. Analogien zwischen dem Jesusbild von Koran und Lukasevangelium bildeten dafür den Rahmen.
Prof. Dr. Helmut Hoping (Freiburg) rundete die interreligiöse Perspektive mit einer tiefgehenden Analyse der Impulse für die Christologie aus dem Diskurs mit dem Judentum anhand der Frage nach der jüdischen Identität Jesu ab.
Die Pluralität innerchristlicher christologischer Konzept hat Dr. Margit Ernst-Habib (Hildesheim) dem Plenum anhand einer Besprechung der Deutung Christi als salvator mundi und Heiland in der postkolonialen Kritik gewidmet.
Eine erhellende dogmenhistorische Besprechung der Christologie bot Prof. Dr. Guido Bausenhart (Hildesheim). Ihm ist es nicht nur gelungen, einen konzisen Überblick über die Entwicklungen der nachchalcedonensischen Christologie zu bieten, sondern er hat auch gezeigt, wie die Sprachformen antiker Metaphysik für die heutige Christologie zu aktualisieren wären.
Die Sektion wurde durch den Vortrag des Hannoveraner Doktoranden Jan-Philip Tegtmeier (Hannover) beschlossen, der anhand einer Analyse der Behandlung Jesu Christi bei Karl Barth und Rudolf Bultmann das dogmatische Nachdenken historischen Fragestellungen gegenübergestellt hat.
Die dritte Sektion hat schließlich »Brennpunkte der Christologie in aktuellen theologischen Diskursen« behandelt.
Prof. Dr. Johannes von Lüpke (Wuppertal) hat mit einer Analyse des Bekenntnisses zur Schöpfungsmittlerschaft Jesu Christi ein schwer zugängliches und oft vernachlässigtes Theologumenon vorgestellt, der Kritik unterzogen und schließlich über dessen Verknüpfungen mit Soteriologie und Anthropologie aktualisieren können.
Prof. Dr. Martin Hailer (Heidelberg) ist in ähnlicher Weise mit dem Topos der Stellvertretung verfahren, den er anhand von Röm 3,21–26 entfaltet und über verschiedene Zugänge, etwa die Opfertheologie oder die Anerkennungsphilosophie Honneths, neu gedeutet hat.
Den Abschluss der Tagung bildete ein christologiedidaktischer Ausblick von Prof. Dr. Ingrid Schoberth (Heidelberg). Sie hat anhand der Credoauslegung in Luthers Kleinem Katechismus die Metaphorik von Bekenntnisschriften als Medium der sprachlichen Erschließung des Christusgeschehens eindrücklich besprochen.
Die Ergebnisse der Tagung werden in einem Sammelband zusammengefasst werden, der 2018 bei Mohr Siebeck in der Reihe Dogmatik in der Moderne erscheinen soll.

Veranstaltungsverlauf:

Freitag, 19.1. 2018
Eröffnung
13.00 – 13.45 Uhr: Begrüßung, Vorstellungsrunde und Einführung (Prof. Dr. Marco Hofheinz und Dr. Kai-Ole Eberhardt; Universität Hannover)
13.45 – 15.15 Uhr: Anforderungen an einen gegenwartsbezogenen Christologieentwurf (Prof. Dr. Heinrich Assel, Universität Greifswald)
15.15 – 15.30 Uhr: Pause

Christologie im religiösen und kulturellen Pluralismus I
15.30 – 17.00 Uhr: Christologie – interreligiös (Prof. Dr. Gregor Etzelmüller, Universität Osnabrück)

Samstag, 20.1.2017
Christologie im religiösen und kulturellen Pluralismus II
8.30 – 10.00 Uhr: »Mit Jesus ist es vor Gott wie mit Adam« (Sure 3,59). Koranische Anstöße für eine Neubewertung neutestamentlicher Christologie(n) (Prof. Dr. Johannes Woyke, Universität Flensburg)
10.00 – 10.15 Uhr: Pause
10.15 – 11.45 Uhr: Christologie im Diskurs (postkolonialer) Intersektionalität (Dr. Margit Ernst-Habib, Universität Hildesheim)
12.00 – 13.00 Uhr: Pause
13.00 – 14.30 Uhr: Christologie im jüdisch-christlichen Dialog (Prof. Dr. Helmut Hoping, Universität Freiburg i. Br.)
14.30 – 16.00 Uhr: Nachchalcedonensische Christologie – Impulse für die Gegenwart (Prof. Dr. Guido Bausenhart, Universität Hildesheim)
16.00 – 16.15 Uhr: Pause
16.15 – 17.45 Uhr: Enthistorisierung der Christologie? Der »historische Jesus« bei Karl Barth und Rudolf Bultmann (Jan-Philip Tegtmeier, Doktorand an der Universität Hannover)

Brennpunkte der Christologie in aktuellen theologischen Diskursen I
17.45 – 19.15 Uhr: Christologie und Soteriologie am Beispiel der Stellvertretung (Prof. Dr. Martin Hailer, PH Heidelberg)

Sonntag, 21.1.2018 (bis 13.00 Uhr)
8.30 – 9.00 Uhr: Morgenandacht (Prof. Dr. Marco Hofheinz, Universität Hannover)

Brennpunkte der Christologie in aktuellen theologischen Diskursen II
9.00 – 10.30 Uhr: Schöpfungsmittlerschaft Christi. Ein umstrittenes Theologumenon (Prof. Dr. Johannes von Lüpke, Universität Wuppertal)
10.30 – 10.45 Uhr: Pause
10.45 – 12.15 Uhr: Christologiedidaktik (Prof. Dr. Ingrid Schoberth, Universität Heidelberg)
12.15 – 13.00 Uhr: Abschließende Gesprächsrunde


Autor:
Kai-Ole Eberhardt, Abteilung Evangelische Theologie, Leibniz Universität Hannover
Kontakt: Kai-Ole.Eberhardt@IThRW.uni-hannover.de