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Ausgabe:

Oktober/2007

Spalte:

1061 f

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Ha, Kyung-Taek

Titel/Untertitel:

Frage und Antwort. Studien zu Hiob 3 im Kontext des Hiob-Buches.

Verlag:

Freiburg-Basel-Wien-Barcelona-Rom-New York: Herder 2005. X, 235 S. gr.8° = Herders Biblische Studien, 46. Geb. EUR 50,00. ISBN 3-451-28535-5.

Rezensent:

Thomas Krüger

Kyung-Taek Ha möchte zeigen, dass Hiob 3 die »wesentlichen theologischen Fragen des gesamten Hiobbuches« formuliert und dass diese Fragen »am Schluss des Hiobbuches ... in einer Rede Gottes eine Antwort [erfahren]« (1). Diese »besondere Bedeutung und Funktion des Kapitels« soll »durch eine nähere exegetische Betrachtung und Analyse von Kap. 3 im Kontext des gesamten Hiobbuches« aufgewiesen werden, wobei »ein Schwerpunkt auf den philologisch-semantischen Bereich gelegt wird« (2).
Nach einleitenden Vorbemerkungen über »Schwierigkeiten bei der Interpretation des Hiobbuches« (2 ff.) und »methodische[n] Vor­überlegungen« (10 ff.) diskutiert Kapitel II »die literarische Zugehörigkeit des Hiobbuches« (15 ff.). Die Deutungen des Buches als »Lehrgedicht«, »dramatisierte Klage«, »Streitgespräch« oder »Maschal« (Gleichnis) erfassen nach H. jeweils Teilaspekte des Buches, das sein besonderes Profil dadurch gewinnt, dass es »aus konkreten existentiellen Erfahrungen heraus entstanden« ist und zugleich »ein allgemein-menschliches theologisches Problem verhandelt« (22). Als eine charakteristische literarische Eigentümlichkeit des Hiobbuchs arbeitet Kapitel III (25 ff.) eine »Frage-und-Antwort-Struktur« heraus, die nicht nur den Aufbau begrenzter Abschnitte (wie z. B. der einleitenden Erzählung in Kapitel 1–2), sondern die Struktur des gesamten Buches bestimme.
Als Formulierung der grundlegenden Frage(n) des Hiobbuchs wird sodann in Kapitel IV (45 ff.) Hiob 3 einer ausführlichen und detaillierten Exegese unterzogen. Die zentrale Frage lautet: »Wa­rum gibt Gott dem Mann Licht und Leben, dessen Weg verborgen ist, den er umklammert hat?!« (89) »Die drei Hauptmotive der Rede Hiobs (in Hi 3) sind das Schöpfungsmotiv, das Todeswunschmotiv und das Verfolgungsmotiv (mit Gottes-Angriff-Motiv und Überwachungsmotiv)« (ebd.). Im Vergleich mit den Klageliedern des Psalters dient das Schöpfungsmotiv in Hiob 3 nicht dem Gotteslob, sondern der Klage, das Todeswunschmotiv tritt an die Stelle der Bitte, und der Todeswunsch kommt als ein neues Element hinzu (90 f.). Kapitel V (93 ff.) führt vor, wie die drei Hauptmotive von Hiob 3 »in den Reden Hiobs immer wieder aufgenommen und weiter entfaltet werden« (93). Kapitel VI (145 ff.) vergleicht Hiob 3 mit der Abschlussrede Hiobs in Kapitel 29–31 und hier speziell Hiob 30. Hier findet sich kein Schöpfungsmotiv, und Hiob wünscht sich nicht mehr den Tod, sondern einen Prozess, in dem er mit Gott über die Berechtigung seines Leidens streiten kann.
Kapitel VII (163 ff.) interpretiert die Gottesreden in Hi 38–41 als Antwort auf Hiob 3. Die »Stimmigkeit der Schöpfungsordnung« (195), die Hiob in seiner Klage in Frage gestellt hatte, wird in der ersten Rede Gottes aufgezeigt. Die zweite Gottesrede macht deutlich, dass »allein Gott dem Frevler, den Chaosmächten wehren kann« (196 mit J. Ebach). In seiner Antwort auf die zweite Gottesrede erklärt sich Hiob als von Gott belehrt und getröstet. Kapitel VIII (197 ff.) interpretiert zusammenfassend »Hiob 3 im Verstehenshorizont des gesamten Hiobbuches«.
Die Arbeit enthält zahlreiche Ausführungen und Einsichten zu philologischen Details der Hiobtexte, die hier weder ausgebreitet noch kritisch gewürdigt werden können. In der großen Linie ihrer Argumentation vermag sie nur begrenzt zu überzeugen. So ist etwa in der zweiten Gottesrede nirgends von einer Bändigung Behemoths und Leviathans durch Gott die Rede, wohl aber davon, dass Gott sie geschaffen hat. Von daher fällt es schwer, hier eine Apologie der Gerechtigkeit Gottes zu sehen. Der Gott dieser Reden ist kein Chaoskämpfer, und er ist wohl auch nicht »gerecht« (allerdings auch nicht ungerecht). Fraglich ist auch, ob Hiob 3 die Schöpfungsordnung in Frage stellt. Dazu muss man Hiobs Wunsch, der Tag seiner Geburt möge rückwirkend aus dem Kalender gestrichen werden, als Angriff auf die Schöpfungsordnung interpretieren, was trotz Anklängen an Gen 1 und Chaoskampftraditionen kaum zu­trifft. Die in Hiob 3 aufgeworfene Frage »Warum gibt Gott dem Mann Licht und Leben, dessen Weg verborgen ist, den er umklammert hat?!« (89) wird jedenfalls in den Gottesreden nicht beantwortet. Eine Art Antwort gibt allenfalls die Schlusserzählung: Manchmal wendet sich Gott einem solchen Mann zu und rettet ihn aus Leid und Not. Leider hat H. die Rede Eliphas’ in Hiob 4–5 und die weiteren Reden der Freunde, die ja Antworten auf die von Hiob aufgeworfenen Fragen zu geben versuchen, keiner ausführlichen Analyse unterzogen. Sie tragen nicht unwesentlich zu dem Sinneswandel Hiobs von Kapitel 3 (»Todeswunsch«) zu Kapitel 29–31 (»Prozesswunsch«) bei.