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Ausgabe:

September/2007

Spalte:

948 f

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Wengst, Klaus

Titel/Untertitel:

Der Brief an Philemon.

Verlag:

Stuttgart: Kohlhammer 2005. 120 S. gr.8° = Theologischer Kommentar zum Neuen Testament, 16. Kart. EUR 23,00. ISBN 3-17-018675-2.

Rezensent:

Christopher Kumitz-Brennecke

Dieser Band des ThKNT legt entsprechend der Intention der Reihe den Akzent auf feministisch-theologische und sozialgeschichtliche Fragestellungen sowie die im christlich-jüdischen Dialog gewonnenen Erkenntnisse.
Das Buch gliedert sich in drei Teile: In einem einführenden Abschnitt zu Anlass und Umständen des Philemonbriefes (19–44) schließt sich W. hinsichtlich der Einleitungsfragen dem gegenwärtigen Konsens an (Entstehung 52–55 n. Chr. in Ephesus; 29).
Im Hauptteil (45–73) kommentiert W. den Phlm ausführlich, wobei er keine Auseinandersetzung mit den divergierenden Interpretationen des Briefes sucht. W.s Auslegung des Philemonbriefes bewegt sich in bekannten Bahnen: Der geflohene Sklave Onesimus bittet den inhaftierten Paulus um Fürsprache bei seinem Herrn Philemon. Hinsichtlich des Argumentationsziels des Schreibens schließt sich W. der Auslegung Ollrogs an, dass Paulus mit dem Phlm die Übersendung des Onesimus als Mitarbeiter wünscht (62 f.). Die Bitte des Apostels um seine Freilassung scheint für W. in der Linie der Aussagen des Paulus zu liegen (68 u. 72). W. widmet sich vor allem dem Problemfeld der antiken Sklaverei, ihrer zeitgenössischen Deutung und der Stellung der ersten Christen zu ihr. Er geht in zahlreichen Exkursen auf rechtliche Fragen wie auf den Alltag der Sklaven ein. Die häufigen Bezugnahmen auf die jüdische Tradition sind eine Stärke des Kommentars. Es ist andererseits bedauerlich, dass epistolographische Gesichtspunkte weitgehend unberührt bleiben, deren Untersuchung viel zur Deutung der paulinischen Argumentation beitragen kann.
In einem dritten Teil (75–115) stellt W. die Aussagen Plinius’ d. J., Senecas und besonders Epiktets zu Sklaverei und Unfreiheit detailliert dar und vergleicht sie mit denen des Paulus (Phlm, 1Kor und Gal). Das Verständnis von Freiheit und Unfreiheit in der stoischen Philosophie der Kaiserzeit bildet einen Schwerpunkt des Buches. Vor allem die Darstellung Epiktets ist umfassend und reizvoll. W. kommt zu dem Schluss, dass Freiheit nach stoischem Verständnis die Freiheit des Individuums bedeutet, während sie für Paulus »geteilte Freiheit« ist, die in der Gemeinde real erfahren wird (115).
W. ist darin zuzustimmen, dass dieser Abschnitt ein »Luxus« (7) ist, den man sich bei der Kommentierung einer kurzen biblischen Schrift leisten kann. Andererseits wäre zu fragen, inwiefern die Ausführlichkeit nicht vom Ziel eines Kommentars ablenkt. Auch für eine angemessene Rezeption der Ergebnisse wäre eine separate Veröffentlichung förderlich gewesen.