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Ausgabe:

Februar/2007

Spalte:

145-146

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Fine, Steven:

Titel/Untertitel:

Art and Judaism in the Greco-Roman World. Toward a New Jewish Archaeology.

Verlag:

New York-Cambridge: Cambridge University Press 2005. XVII, 267 S. m. Abb. 4°. Lw. £ 45,00. ISBN 0-521-84491-6.

Rezensent:

Jürgen Zangenberg

Steven Fine, Jewish Foundation Professor of Judaic Studies an der University of Cincinnati/Ohio, hat sich bereits mit zahlreichen Ar beiten zu Fragen und Themen der antiken jüdischen Archäologie und Kunst »from the Hellenistic era through the rise of Islam« einen unverwechselbaren Namen gemacht. Durch seine profunde Kenntnis in Rabbinica, seine Vertrautheit mit archäologischer Arbeits- und Denkweise und sein methodisches Bewusstsein bringt F. alle Voraussetzungen mit, die oft entweder sammelnd und beschreibend am antiquarischen Bestand oder analytisch an Einzelproblemen interessierte »Jewish Archaeology« auf eine neue Basis zu stellen. Die vorliegende Studie ist weder einfach ein Handbuch (hier leis ten z. B. die beiden Bände von Rachel Hachlili weiter gute Dienste) noch ein Katalog jüdischer Kunst oder bestimmter Sachgruppen, wenn sie auch selbstverständlich aus der ganzen Fülle des textlichen und gegenständlichen Materials schöpft. Antik-jüdische Kunst versteht F. als »ðminorityÐ or ðethnicÐ art« (»art« selbst ist »an imperfect cipher to describe the material culture of the Greco-Roman period«, 3) und als bedeutsames Medium der Konstruktion und des Ausdrucks von »Identität« inmitten einer kulturell und religiös pluriformen Welt. F. spricht bewusst von »Jewish experience with art« und verdeutlicht so, dass jüdische Kunst nur als interaktives Geschehen und Kommunikation mit der Umwelt verstanden werden kann: »Jews fully participated in, transformed, and at times rejected the art of their general environment« (59).

Trotz aller theoretischer Überlegungen ist das Buch erfreulich gut lesbar und mit 87 Schwarzweißabbildungen angemessen il lus triert. F. unterteilt seine Studie in 13 Kapitel, die zu vier Teilen zusammengefasst sind. Zunächst setzt er sich mit »modernen Konstruktionen« jüdischer Archäologie auseinander und stellt die me thodischen Weichen für die folgenden Überlegungen (»The ðMost Unmonumental PeopleÐ of the World: Modern Constructions of Ancient Jewish Art«, 5­56). Sowohl die angebliche »Kunstlosigkeit« des Judentums als auch die Zurückführung visueller Ausdrucksformen auf »nichtrabbinische Gruppen« (Blau, Goodenough) erweisen sich als moderne Konstrukte. Im zweiten Teil (»Art and Identity in the Greco-Roman World«, 57­134) untersucht F. die vielfältigen Bezüge zwischen jüdischer Kunst und der der Umwelt als Musterbeispiele für »Kontextualisierung« und sich wandelnde Ausdrucksformen von Identität (beginnend mit den verlorenen Makkabäergräbern von Mode¹in über die Synagoge von Na¹aran bis zur jüdischen Diaspora unter Rom und Persien). Der dritte Teil (»Jewish ðSymbolsÐ in the Greco-Roman World«, 135­163) behandelt die wechselvolle Geschichte und Rolle zweier der prominentesten jüdischen Symbole, der Palme und der Menorah. Im letzten Teil (»Reading Holistically: Art and the Liturgy of Late Antique Synagogues«, 165­209) behandelt F. visuelle (Raum, Dekoration) und textliche Äußerungen (z. B. Liturgie) als komplementäre Quellen für das religiöse Leben antik-jüdischer Gemeinschaften. Als »case studies« dienen F. die Synagoge von Dura Europos mitsamt ihrem Dekor und den ganz in der Nähe gefundenen und erstaunlicherweise fast völlig vergessenen Fragmenten jüdischer Liturgie sowie palästinische Synagogen (vor allem Sepphoris). F.s Grundentscheidungen in den vier Hauptteilen sind nicht unbedingt deshalb wegweisend, weil sie grundstürzend neu sind, sondern weil sie erstmals mit einer derartigen Stringenz in ein Gesamtverständnis antik jüdischer Kunst eingebracht werden. F. erreicht sein Ziel, weil er einen integrativen Zugang zu Texten und materieller Kultur pflegt und zugleich im konsequenten Dialog mit integrativen Ansätzen vor allem der englischsprachigen Theoriediskussion in Kulturwissenschaft und Archäologie steht. Beides ist über das Themengebiet des Buches hinaus von Bedeutung. Ein »Epilogue« (210­214), der Anmerkungsteil, eine Bibliographie und Register schließen den Band ab, der nicht nur Judaisten, sondern allen nachdrücklich anempfohlen sei, die sich um ein besseres Verständnis des Zusammenspiels antiker Kulturen insgesamt bemühen.