Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Februar/2007

Spalte:

137-138

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

[Jäger, Willigis:]

Titel/Untertitel:

Mystik ­ Spiritualität der Zukunft. Erfahrung des Ewigen.

Verlag:

P. Willigis Jäger OSB zum 80. Geburtstag. Hrsg. v. P. Lengsfeld. Freiburg-Basel-Wien: Herder 2005. 413 S. m. Abb. 8°. Geb. EUR 24,00. ISBN 3-451-28573-8.

Rezensent:

Gerhard Marcel Martin

Die Festschrift ist dem Benediktiner, Priester und Zenmeister Willigis Jäger gewidmet, der seit 2003 spiritueller Leiter des Benediktushofes in Holzkirchen ist. Das Buch versammelt 28 Beiträge nicht nur aus dem engeren Schüler- und Schülerinnenkreis, sondern auch von vielen Repräsentanten einer genauso profilierten wie freien Spiritualität auf christlicher und/oder einer anderen religiösen Grundlage, etwa David Steindl-Rast und Raimon Panikkar. Dabei bleibt die Textsammlung solide, dialogisch und kritisch reflektiert rückgebunden an Religionstraditionen (ökumenisch offener) katholischer und zen-buddhistischer Lehre und Praxis, so sehr sich auch eine Perspektive andeutet, die nicht nur trans-konfessionell, sondern trans-religiös ist (z. B. 101).

Wer konzeptionell und praktisch über J.s eigene Schriften und die Zeitschrift »Kontemplation und Mystik« hinaus etwas über die »Würzburger Schule der Kontemplation« und die Arbeit des Benediktushofes erfahren will, wird in diesem Studien- und »Lesebuch« (im besten Sinne des Wortes) fündig. In der Gesamtanlage wie in den meisten der einzelnen Beiträge wird unübersehbar deutlich, dass es in der spirituellen Schule J.s ­ und so auch in der Festschrift ­ um eine »fundamentale Vernetzung und fruchtbare Beeinflussung der Bereiche Vernunft, Mystik und Weltgestaltung, die gegenwärtig scheinbar unaufhaltsam auseinander zu driften drohen« (Michael Bangert, 109), gehen soll.Einige Beiträge markieren ältere und neuere Spuren dieses Programms ­ so z. B. und gleich zur Eröffnung Ursula Baatz¹ Aufsatz zur Geschichte des Zen und zu dem notwendigen Prozess seiner Entnationalisierung und Universalisierung. Am Horizont taucht die Frage auf, ob die »Zen-Praxis vom Buddhismus abgelöst werden kann« und wie und ob Zen geradezu »in die Kirche gehört« (Robert Kennedy, 34 ff.). Über andere Beiträge lernt der Leser die Tiefe und Breite der zen-buddhistischen Schulrichtung kennen, zu der J. konkret gehört (Sanbô-Kyôdan-Schule). Wo nach den »Zeugnissen des Ursprungs« gefragt wird, findet man auch Kapitel zu Jesus, Paulus und zu »Zen und Meister Eckhart« (Ji¹un Kubota, 95 ff.). Acht Beiträge thematisieren »Aspekte des Weges«; sie befassen sich mit dem Begriff und der Übung der Kontemplation, des Shikantaza (»nichts anderes tun als sitzen«, 189) und des Yoga. In diesem Zusammenhang plädiert Christoph Quarch für die »spirituelle Kraft des Erotischen« (234 ff.). Dieser Beitrag zu Traditionen der Braut- und Liebesmystik ist darum wichtig, weil sonst eher kognitiv orientierte Seins- und Gottesmystik in den Blick kommt. Über die Frage der »Alltagstauglichkeit« (vgl. 12) kommt allerdings die Christusmystik, sofern sie als Nachfolgemystik verstanden wird, keineswegs zu kurz (vgl. besonders den Aufsatz von Michael Bangert, 109 ff.).

Realisiert wird dieser Aspekt aber auch immer wieder im letzten Teil, in dem es um die »Felder der Wirkung« geht. Dort wird z. B. erörtert, was das Programm J.s und seiner Schule in so verschiedenen Arbeitsbereichen wie biblischer Exegese, Religionsunterricht und im Managementtraining bewirken könnte. Ein Generaldirektor in der Europäischen Zentralbank (Gerald Grisse) fragt: »Wie kann Zen für Manager den Umgang mit Lebensrisiken beeinflussen?« (336; vgl. auch das Interview mit den GründerInnen des Lasalle-Instituts »Zen-Ethik-Leadership« in Bad Schönbrunn, 26 ff.); und im Beitrag von Hans Wielens wird das Hintergrundkonzept der »Zen-Akademie für Führungskräfte« in Münster deutlich. Die »ðweichenÐ Themen der Spiritualität« sollen »mit den ðhartenÐ Themen der Wirtschaft kombiniert« werden (360). In diesem letzten Teil finden sich aber auch noch einmal Spuren zu und Dialoge mit Philosophie, Natur- und Literaturwissenschaften. Das Konstrukt einer »philosophia perennis« (283) ist dabei nahezu allgegenwärtig. Besonders erwähnenswert finde ich schließlich Wilfried Belschers Konzept der integrativen Berücksichtigung außergewöhnlicher Bewusstseinsphänomene ­ gegen das »fraglose und selbstverständliche Monopol« des »Alltags-Wachbewusstsein« (303).

Wie in vielen Festschriften findet man leider kein Sach- und Namensregister. Das würde sich bei diesem Sammelwerk durchaus lohnen. Denn wichtige Referenzautoren wie Albert Schweitzer, Jean Gebser und Ken Wilber tauchen an verschiedensten Stellen immer wieder auf; und auch die Ermöglichung einer leichteren Zusammenschau der Beiträge zu den Stichworten wie »Alltag«, »Gebet«, »Kontemplation«, »Mystik«, »Übung«, die in den Definitionen und Sachaspekten sehr variationsbreit ausfallen, wäre hilfreich. Bisweilen fehlen exaktere Zitatnachweise.