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Ausgabe:

Januar/2007

Spalte:

72-73

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Spener, Philipp Jakob:

Titel/Untertitel:

Briefe aus der Frankfurter Zeit 1666­1686. Bd. 4: 1679­1680.

Verlag:

Hrsg. v. J. Wallmann in Zusammenarbeit m. M. Friedrich u. P. Blastenbrei. Tübingen: Mohr Siebeck 2005. XXX, 822 S. gr.8°. Lw. EUR 184,00. ISBN 3-16-148593-9.

Rezensent:

Dietrich Blaufuß

Die wissenschaftliche Edition der Briefe Speners schreitet fort (s. ThLZ 130 [2005], 187 ff.). Spener-Briefe aus 16 Jahren wurden in gut 21 Jahren Projektdauer in fünf Bänden mit insgesamt 3858 Seiten vorgelegt. Mit den Jahren 1681 bis 1686/erste Hälfte und 1688 bis 1704/05 verbleiben noch über 22 Jahre Spener-Korrespondenz. Die ðHalbzeitÐ dürfte sich in nicht allzu großer Ferne abzeichnen.

Wieder liegt ein stattlicher Band mit 852 Seiten vor und damit 193 (nicht 195; Vorwort von J. Wallmann, VI) Briefe Speners »vollständig in chronologischer Reihenfolge«. Ein Brief ist um seine lateinische Beilage gekürzt, die aber ­ in SSchr 13,331­334 greifbar ­ noch mit dem Druck des besprochenen Manuskripts verglichen werden kann (314 f.). Ein fraglicher Spener-Brief ist als Regest geboten ­ ohne den Drucknachweis (gegen VI). Nr. 196 bis 199 bieten vier An-Briefe bzw. Anschlusskorrespondenz.

Wie bei den bisherigen Bänden bleibt es bei den dankbar benutzten neun Beigaben vom Vorwort bis zum Schlüssel zu den drei großen, auch den vorliegenden Band zu 75 % tragenden Brief-Drucken 1700­1711 (1721). Zu wiederholen ist die Klage über Fehlendes: Sachregister, Verzeichnis der Briefe an Spener ­ wenn schon keine Regesten (gar Druck), Verzeichnisse der zitierten zeitgenössischen Werke (vorbildlich D. Döring im Pufendorf-Briefwechsel), Gestaltung der Nummerierung in den Briefüberschriften wie in der Leibniz-Akademie-Ausgabe, Mitführen der alten Seitenumbrüche.

Fast drei Viertel der über 80 Briefpartner sind mit nur je einem Brief vertreten, weitere 14 mit je zwei Schreiben, 45 Briefe gaben die Namen der Empfänger nicht preis. Für 14 Nummern sind weitere bekannte Drucke von (1693)/1710 bis 1931 berücksichtigt. Unbekannt waren bislang die sechs Fundorte von acht handschriftlichen Briefen; vier davon unvollständig und anonym gedruckt. An insgesamt 20 Orten waren Handschriften einzusehen, Halle (30), Augsburg (11) und Berlin (9) an der Spitze (bei Frankfurt a. M. fehlt die Signatur). Aufhorchen lässt das Laubach betreffende »nicht mehr auffindbar (Š)« und »derzeit nicht zugänglich (Š)« (40, Anm. 3; 426, Anm. 2). Es bleibt dabei: Neuerschließung der Briefe ist die Leistung dieser Ausgabe.

Die Sachkommentierung bewegt sich auf Niveau und leistet die Identifizierung oft nicht genannter Empfänger, Datumsermittlungen/-berichtigungen, Ergänzung von verkürzt genannten Schriften, Ermittlung und biographische Klärung verschlüsselt genannter Personen, historisch-sachlicher Hintergründe von nur angedeuteten Vorgängen, Beziehungen von Schreiben untereinander u. v. a. m. Dafür wird ein großer Apparat von Veröffentlichungen genutzt, nicht immer nach der neuesten Fassung (531.660), manches verschweigend (s. u.).

ðHöhepunkteÐ repräsentiert dieser Band nicht ­ außer einem Spener wichtigen ðfrühaufklärerischenÐ Angriff (s. Vorwort, VI­X). Der in Frankfurt ja nicht auf Spener beschränkte Pietismus bleibt später nicht von der offenen Separation verschont. Es bestehen (noch) breite Kontakte zu »den älteren Repräsentanten der Orthodoxie, die sich später teilweise gegen ihn wenden [Š].« Beachtet seien die Briefe an Johann Wilhelm Petersen (zu streichen sind im Vorwort [IX] und Register sechs nicht einschlägige Briefnummern); Spener traut ihn am 7. September 1680 mit Johanna Eleonora von Merlau ­ ein für den Pietismus wichtiges Ereignis. Im Augsburg bleibt G. Spizel regelmäßiger Korrespondent. Anders bei dem Briefwechsel nach Rothenburg/T. »Der Tod von Johann Ludwig Hartmann 1680 reißt in ihn eine Lücke.« (IX) Es begegnet eine große Anzahl ðneuerÐ, auch in dem Standardwerk Paul Grünbergs (1893/1906 = 1988) ungenannter Namen ­ verwiesen sei auf die bravouröse Identifizierung des Kaufmanns Samuel Knauer in Leipzig (632, Anm. 1). Der beginnende Briefaustausch mit dem Erbauungsschriftsteller Christian Scriver (Holger Müllers Dissertation zu Scriver 2002/03, 467) kann dokumentiert werden ­ mit Hinweis auf den hsl. Ermunterungsbrief an Spener 1686 (Dresdner Berufung; Druck DZCW 4, 1853, 309­314, und exakt bei Müller: www.ub.uni-heidelberg.de/archiv/3118, Dokument 22, 310­318).

Bei solch schwierigen Texten unterlaufen immer irrige Seiten- und Verweiszahlen (gehäuft IX), ein »iudice«, wo im Spenerschen Bibliothekskatalog wohl ein ­ sinnvolleres! ­ »indice« steht (568, Anm. 3), ein misereat in D2 (del. App. zu 654,101), ein in die Irre führender Querverweis (115, Anm. 41), falsche Angabe bei »Inhalt« (XIV: Nr. 140/141). Eine ­ schon 1971 vorgenommene ­ Datumskorrektur verweist unerklärt auf »Katalog«: das ist das sehr hilfreiche masch. Korrespondenzverzeichnis G. Spizel von 1934, mit Ergänzungen 1971 z. B. in SStB Augsburg und HFSt Halle (177, Anm. 10). Eckige Klammern [ ] in den Briefüberschriften als Hinweis auf Empfängermitteilung sind zu oft gesetzt (z. B. Nr. 147, 167, 185). Weiteres wie irrige lateinische Endungen möge auf sich beruhen (288,18), zu nennen ist jedoch Folgendes:

1) SBr führt unter »Abgekürzt zitierte Literatur und Quellen« nur SWW ­ jedoch nicht die eigene Ausgabe! ­ unter »Spener« ein einziges Mal in SBrD[resden] 1 an. An einschlägigen Stellen wird diese kritische Ausgabe SWW verschwiegen (93, Anm. 2; 166, Anm. 7; 291, Anm. 29 [SWW I/2,1­351!]).

2) Ein ðUnfallÐ sind auf den Seiten 795 bis 797 und 820 bis 822 die falschen Brief-Nummer-Angaben: ab Nr. »88« wohl durchweg um eine Ziffer zu hoch angesetzt. Hier werden rund 110 Nummern mehrfach genannt. Dies Missgeschick leitet sich wohl von der nachträglichen Herausnahme einer ehemaligen Nr. »86« her, die auf S. 787, Anm. 1, ðüberlebtÐ. ­ Jenes ðVirusÐ hat Register und Querverweise innerhalb von SBrF[rankfurt] 4 wohl nicht durchweg befallen.

3) Es ist unter Niveau von SBr, herangezogene Briefe späterer Zeit oft nicht nachzuweisen (löblich: 459, Anm. 7). Schon aus SBrD 1 sind leicht zehn Beispiele unbelegt verwendeter Schreiben mit ermittelbaren Empfängern in SSchr 13 bis 16 (1987/1999) zu nennen. Auch in SBrF 4 sind schnell (mehr als) zehn Beispiele zu finden, wo Briefe späterer Zeit ohne Fundortangabe verwendet werden: Über die Hälfte davon ist in SSchr 15 und 16 (1987, 1989) nachzuweisen.