Recherche – Detailansicht
Ausgabe: | November/2023 |
Spalte: | 1057-1070 |
Kategorie: | Aufsätze |
Autor/Hrsg.: | Wallraff, Martin |
Titel/Untertitel: | Was ist Theologie in der Spätantike?* |
Wer ist der erste christliche Theologe? Man könnte antworten: Wer zuerst so bezeichnet wurde. In diesem Fall wäre der Seher Johannes ein guter Kandidat, denn die Überschrift des letzten Buches der Bibel lautet: Apokalypse des Theologen Johannes (ἀποκάλυψις Ἰωάννου τοῦ θεολόγου). Zumindest in manchen Bibeln lautet sie so – immerhin in den allermeisten griechischer Sprache, technisch gesprochen: in der byzantinischen Texttradition. Natürlich kann man einwenden, die Überschrift sei nicht eigentlich Bibel, sondern nur »Schwelle« zur Bibel, also nicht Text, sondern Paratext, und man kann einwenden, dass selbst in diesem Paratext der Zusatz »des Theologen« zwar häufig, aber in den frühesten Zeugen gerade nicht belegt ist.1 Dennoch hat dieser spätere, nämlich mittelbyzantinische Zusatz dem Wort »Theologe (θεολόγος)« einen Eintrag im »Wörterbuch zum Neuen Testament« eingebracht2 – eigentlich erstaunlich für ein Wort, das im Neuen Testament gar nicht vorkommt und in seiner Umgebung – buchstäblich liminal – erst Jahrhunderte später.
Statt diese textphilologische Spielerei weiterzutreiben, hier die wichtige Ausgangsbeobachtung für den vorliegenden Aufsatz: In der christlichen Bibel selbst (und zwar das griechische Alte Testament eingeschlossen) gibt es das Wort nicht. Das gleiche gilt auch für die Theologie (θεολογία) und das Theologie treiben (θεολογεῖν). Keine Theologie in der Bibel – aber wenn es wahr ist, dass Paratexte »Schwellen zum Text« sind3, also am Übergang stehen zwischen Textwelten und Lesewelten, dass sie zwischen diesen Welten vermitteln, dann muss die Frage erlaubt sein: Was besagt für einen Leser die Schwellen-Information, dass ein Text von Johannes »dem Theologen« ist? Die Überschrift sagt hier offenbar etwas, das nicht aus dem Text selbst zu erheben ist. Der Leser muss aus seiner Lebenswelt ein Vorverständnis haben, was mit »Theologe« gemeint ist. Dieses Vorverständnis ist nicht notwendigerweise identisch mit unserem, ja sehr wahrscheinlich ist es das nicht. Darauf ist zurückzukommen. Wenn dem Christentum einerseits der Begriff der Theologie nicht in die Wiege gelegt worden ist und wenn andererseits in mittelbyzantinischer Zeit ein solches Vorverständnis da ist, bedeutet das: Die Theologie ist dem Christentum irgendwann in der Spätantike zugewachsen (jedenfalls wenn man Spätantike im denkbar weitesten Sinne versteht).
Das führt auf die im Titel gestellte Frage: Was ist Theologie in der Spätantike? Was meint ein Schreiber, was meint ein Leser, wenn einem Eigennamen der Ehrentitel »der Theologe« zugesetzt wird? Oder allgemeiner: Welche Assoziationen und welche Botschaft transportiert das Wort »Theologie« in der Spätantike? Diese Fragerichtung, also der eingeschlagene Pfad der Wortgeschichte soll gleich im ersten Abschnitt weiter verfolgt werden. Doch zunächst hier noch der Hinweis auf eine zweite Verständnismöglichkeit des Themas und damit zugleich auf den zweiten Abschnitt. Was ist Theologie in der Spätantike? – das kann auch bedeuten: Gibt es in der Spätantike etwas, das in etwa dem entspricht, was wir heute unter Theologie verstehen? Gibt es Theologie der Sache nach – unabhängig von der Terminologie? Also nicht Wortgeschichte, sondern Begriffsgeschichte.
Der Titel »Johannes der Theologe« besagt vermutlich nicht das gleiche wie das, was wir meinen, wenn wir von Karl Barth oder Wolfhart Pannenberg als Theologen sprechen. Theologie als Wort und Theologie der Sache nach koinzidieren in der Spätantike zunächst und auf lange Zeit nicht. Was als »Theologie« bezeichnet wird, ist nicht notwendigerweise Theologie im modernen Sinn, und wo Theologie getrieben wird, klebt möglicherweise nicht das Etikett »Theologie« drauf. Oder noch anders gesagt: Der moderne Theologiebegriff ist der Spätantike (noch) fremd, er formt sich nicht in den ersten Jahrhunderten des Christentums. Es wird noch bis ins hohe (lateinische) Mittelalter dauern, bis aus beiden Wurzeln ein Gesamtpaket wird, das dann zum modernen Theologiebegriff führt.4 Das ist ein Prozess, der hier ausdrücklich nicht behandelt wird, sondern nur in der beschriebenen Weise die beiden spätantiken Wurzeln – um dann aber doch am Schluss zu fragen, ob aus dieser historischen Diskussion etwas für Theologie heute folgt.
I Was bedeutet theologia in der Spätantike?
»Apokalypse Johannes’ des Theologen« – der Beiname ist, wie gesagt, erst ab mittelbyzantinischer Zeit in der biblischen Überlieferung belegt. Das bedeutet aber nicht, dass er nicht auch vorher schon anderswo bekannt wäre. Im Gegenteil: denn nur vor diesem Hintergrund wird das Eindringen in die Bibel verständlich. Das Vorverständnis ist vorausgesetzt. »Der Theologe« ist in Byzanz bereits so etwas wie ein fester Titel für Johannes. Ein früher Beleg findet sich schon im 3. Jh. bei Origenes, dort auf den Evangelisten Johannes bezogen, und noch genauer auf den Prolog des Evangeliums.5 Es mag sein, dass Johannes den Beinamen gerade diesem Text zu verdanken hat: »Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott« (1,1) – wer so schreibt, wer sich so poetisch-abstrakt ausdrückt, kann tatsächlich als Theologe gelten. Doch hat Origenes, wenn er das sagt, das Gleiche im Sinn wie der moderne Gebrauch impliziert? Vermutlich nicht. Für ihn ist der »Theologe« beinahe ein Synonym zu »Prophet«: Man kann »eine volle ›Theologie‹ hinsichtlich des Verhältnisses des Vaters zum Sohn und des Sohnes zum Vater von den Propheten lernen«6. Etwa zur gleichen Zeit bezeichnet ein anderer christlicher Autor Mose als »Theologe und Prophet«7. Und gut 100 Jahre später spricht Basilius von den Theologen des Alten Testaments, die Christus verkündet haben – gemeint sind wiederum die Propheten.8 Das entspricht nicht modernem Gebrauch. Und umgekehrt hätte keiner der genannten Autoren – weder Klemens noch Origenes noch Basilius – sich selbst als »Theologen« bezeichnet, obwohl sie es nach heutigem Verständnis sind.
Es ist kein Zufall, dass der christliche Gebrauch von theologos zuerst in Alexandrien bezeugt ist, denn dort gibt es einen wichtigen Vorläufer. Bei Philo wird Mose mehrfach und ohne weitere Erklärung als »der Theologe« bezeichnet. Diese Redeweise ist geradezu zum Titel erstarrt (also vermutlich bereits etabliert), obgleich die Bezeugung in dieser Form singulär ist. Nur an einer Stelle wird die Aussage inhaltlich näher präzisiert, wenn es nämlich heißt, dass Mose den Kosmos als geschaffen beschreibt, »indem er dabei sehr tiefsinnig über Gott sprach« bzw. »sehr feierlich Gott pries«.9 Es ist schwer, aus dieser einen Stelle den semantischen Gehalt des Titels sicher zu erschließen, aber vermutlich spielt sowohl das Reflektierend-Beschreibende als auch das Doxologisch-Preisende mit hinein, wenn Mose als »der Theologe« erscheint.
Singulär ist der Befund bei Philo, insofern es keine unmittelbaren Parallelen in der sonstigen vorchristlichen Gräzität gibt.10 »Theologe« ist dort insgesamt kein sehr bedeutendes Wort – seine große Karriere liegt erst noch vor ihm –, und die vorhandenen Belege gehen in eine etwas andere Richtung. Theologen par excellence sind Personen wie Hesiod oder Orpheus – vor allem letzterer, also der große Sänger und Dichter der griechischen Mythologie. Damit rückt der Theologe ganz nah an den Dichter, und in der Tat ist die Junktur »Poeten und Theologen« geläufig.11
Neben Philo mag auch dies im Hintergrund der ersten christlichen Belege stehen. Es war von der poetisch-abstrakten Sprache des Johannes-Prologs die Rede: Möglicherweise ist es aus heutiger Sicht eher das Abstrakte und für die Alten eher das Poetische, das diesen Text »theologisch« macht. Dazu würde passen, dass der Beiname »Johannes der Theologe« sich gerade an der Apokalypse festsetzt – in ihrer überbordenden und teils bizarren Bildwelt wäre das aus heutiger Sicht vermutlich kein besonders theologisches Buch der Bibel. Poetische Qualitäten kann man ihr indes zuerkennen.
Wenn theologos in den Lexika als »Gotteskünder« übersetzt wird (durchaus zu Recht), dann eben in diesem Sinn: nicht der Verkünder im Sinne der protestantischen, diskursiven Kanzelrede, sondern der inspirierten, poetischen Gottesrede. Noch bei den ersten christlichen Theologen, die diesen Beinamen verliehen bekommen, schwingt diese Bedeutung mit. Gregor von Nazianz ist schon seit dem 5. Jh. »der Theologe« schlechthin13 – und über lange Zeit ist er der einzige, der diesen ehrenden Beinamen erhält: »Auf der Höhe der [abstrakten] Lehrmeinungen und in der ›Theologie‹ war er so übermäßig beschlagen, dass er – obgleich viele durch Weisheit ausgezeichnete Männer zu vielen Zeiten ›theologisiert‹ haben – als einziger nach dem Evangelisten Johannes als ›Theologe‹ bezeichnet wurde, und zwar kam ihm diese Bezeichnung gewissermaßen als Ausnahme zu.«14 Es war sicher mindestens ebenso die poetische Kraft seiner Sprache wie das argumentative Gewicht seiner Gedankenführung, die ihm diese Ehre eingebracht haben, denn im gleichen Zusammenhang wird berichtet: »Die einen waren fasziniert von der Süße seiner Rede, die anderen begrüßten die Präzision seiner Lehrmeinungen.«15
Das Abstraktum »Theologie« ist demnach auch nicht angemessen mit »Lehre von Gott« übersetzt. Es genügt, an den locus classicus bei Plato zu erinnern.16 Im Staat wird diskutiert, was Städtegründer können und wissen müssen. Dichter sind sie nicht – sie müssen deshalb nicht mythologein können, Mythen erzählen. Sondern nur ihre Grundregeln (typoi) kennen. »Was sind nun diese Typen in bezug auf die Theologie?« – fragt der Gesprächspartner, und dann folgen einige Grundregeln, und zwar nicht im Sinne der diskursiven Gottes-Lehre, sondern der narrativen Gottes-Rede, nämlich in Epos, Lied und Tragödie. Theologie als Teilgebiet der Mythologie: wie immer man mythos hier übersetzen mag – entscheidend ist, dass es um narrative, nicht primär diskursive Kompetenz geht.
Lehrhafte Aspekte der Gottesrede sind damit natürlich nicht ausgeschlossen, aber es werden die Christen sein, die diesen Aspekt mehr und mehr in den Vordergrund rücken. Bei Origenes findet sich dafür ein schöner Beleg in einer der kürzlich in München aufgefundenen Psalmenhomilien: »Die Gnade Gottes schenkt mir zu ›theologisieren‹, so dass ich aus der ›Theologie‹ Gott denken und ihn erkennen und seinen Namen erhöhen und ihn loben kann.«17 Die Belege verdichten sich bei seinem Enkelschüler Euseb von Caesarea,18 und so geht es weiter in die »goldene Zeit« der Patristik. Es ist durchaus erstaunlich, wie beliebt das Wort Theologie in der Spätantike wird.19 Wie gesagt: in der Bibel ist es gar nicht belegt und im klassischen Griechisch keine zentrale Vokabel. Es ist nicht falsch von »Theologie« als einer Schlüsselvokabel der Spätantike zu reden. Sie drückt etwas aus vom Geist dieser Epoche.
Ist es nur das Diskursiv-Lehrhafte, das das Wort so beliebt macht? Das würde zu kurz greifen. Was sich in der Spätantike abzeichnet, ist keine Verschiebung, sondern eine Erweiterung des semantischen Spektrums. Das wird in dem gerade zitierten Satz aus der Origenes-Homilie sehr deutlich. Erweiterung übrigens auch in eine weitere Richtung. Wenn Euseb sagt, dass er über die »Ökonomie und Theologie« Christi sprechen will,20 dann meint er: das menschliche Wirken und das göttliche Wesen. Mit »Theologie« sind Göttlichkeitsaussagen gemeint.
Daneben aber bleiben auch die alten Bedeutungen bestehen, die gerade schon beim »Theologen« deutlich wurden: das vollmächtige Gottes-Künden, die poetische Gottesrede und vor allem das lobpreisende Reden zu Gott. »Wenn du ein Theologe bist, betest du wirklich an, und wenn du wirklich anbetest, bist du ein Theologe«, sagt Evagrius Ponticus.21 Mit diesem Zitat sei der erste Durchgang abgeschlossen, obwohl es lohnend wäre, das breite Spektrum der Bedeutungen noch weiter differenziert auszuleuchten. Diese Bedeutungen unterscheiden sich definitiv vom modernen Theologiebegriff. Müsste man diesen Unterschied auf einen kurzen Nenner bringen, könnte man sagen: Theologie in der Spätantike ist und bleibt (auch) Doxologie.
II Gibt es so etwas wie (moderne) Theologie in der Spätantike?
Diese Frage ist ungleich schwieriger, aber auch ungleich reizvoller. Schwieriger ist sie allein deshalb, weil die Bedeutung des Wortes theologia relativ gut erforscht ist – in Lexika und Spezialuntersuchungen. Dagegen ist diese zweite Frage überraschend selten zum Gegenstand der Diskussion gemacht worden. Man setzt das meist implizit voraus. Origenes hätte sich selbst, wie gesagt, nicht als Theologen bezeichnet, aber dass er es für uns ist, ist so evident, dass man darüber gar nicht reden oder nachdenken muss. Dass für uns sogar die gesamte ältere Kirchengeschichte manchmal ganz auf Theologie zusammenzuschnurren droht, zeigt sich etwa an populären Examensthemen: Anfänge der Trinitätslehre, christologische Streitigkeiten, Abwehr von Doketismus und Modalismus, Zwei-Naturen-Lehre, theotokos-Titel, monotheletische Streitigkeiten etc. Die gelegentlich eingestreuten Christenverfolgungen oder frühen Mönche wirken da fast wie sekundäres Beiwerk. Daran haben auch die Lehrbücher ihren Anteil. Man gewinnt, wenn man sie liest, den Eindruck einer theologieversessenen Zeit: Es werden Traktate geschrieben, es wird auf Synoden debattiert, es werden neue und immer feinere Begrifflichkeiten geschaffen, es werden falsche Lehren verurteilt, es werden Häretiker bekämpft, und das alles in einer Ernsthaftigkeit und Intensität, die je nach Geschmack bewundernswert oder abstoßend wirkt.22 Mit Goethes Worten:
Zwei Gegner sind es, die sich boxen,
Die Arianer und Orthodoxen,
Durch viele Säcla dasselbe geschicht,
Es dauert bis an das Jüngste Gericht.23
Dieser Eindruck einer theologieversessenen Zeit hat sich indes nicht nur bei den Nachgeborenen eingestellt. Schon Zeitgenossen konnten es so empfinden. Gern zitiert ist das Bonmot von Gregor von Nyssa, der klagt: »Fragst du [beim Einkaufen], wieviel Obolen es macht, so philosophiert dir dein Gegenüber etwas von ›Gezeugt‹ und ›Ungezeugt‹ vor. Erkundigst du dich über den Preis eines Stückes Brot, so erhältst du zur Antwort: ›Größer ist der Vater, und der Sohn steht unter ihm.‹ Lautet deine Frage: ›Ist das Bad schon fertig?‹, so definiert man dir, dass der Sohn sein Sein aus dem Nichts habe.«24
Sogar den Theologen selbst wurde es also schließlich zu viel. Auch wenn Gregor in diesen Sätzen sicherlich überspitzt, will er doch offenbar sagen, dass es porentief durch die ganze Gesellschaft ging. Natürlich waren die Trägerkreise eine kleine Minorität von Intellektuellen, und natürlich waren viele Detailfragen nur mit entsprechender Vorbildung angemessen zu verstehen. Aber es war eben auch kein Wolkenkuckucksheim oder Elfenbeinturm ohne jeden Kontakt zur Basis. Aus heutiger Sicht ist es erstaunlich, wie breite Kreise die Debatten wenn nicht verstanden, dann doch immerhin für relevant gehalten haben. Darauf ist zurückzukommen.
Dennoch sollte man sich keine Illusionen machen. Das Bild in den Lehrbüchern ist allein durch die selektive Überlieferung des historischen Materials verschoben. Was wir heute von den Christen der Spätantike haben, ist tatsächlich zu einem sehr erheblichen Teil theologische Textüberlieferung. Das liegt nicht daran, dass Christen in dieser Zeit nichts anderes taten als solche Texte zu produzieren, sondern es liegt zum guten Teil an den spezifischen Interessen der Nachwelt.25 In dem Augenblick, in dem die Theologen nicht mehr einfach nur Theologen waren, sondern Kirchenväter wurden, in dem Augenblick also, in dem sie Kinder, Enkel und Urenkel zeugten, für die die Lehre der Theologen autoritativ und gegenwartsrelevant blieb – in diesem Augenblick stiegen die Überlieferungschancen der entsprechenden Schriftstücke ganz erheblich. Dass ein theologischer Traktat aus dem 4. Jh. überlebt, ist wahrscheinlicher als ein Mietvertrag, aber auch als ein Gebetbuch oder das Protokoll einer Gemeindeversammlung. Einmal gar nicht zu reden von all denjenigen Lebensvollzügen des Christentums, die nie irgend einen textlichen Niederschlag gefunden haben.
Wir tun also gut daran, eine gewisse Parallaxe der Wahrnehmung zuzugestehen und bei unserer Art, Geschichte zu schreiben, entsprechend zu korrigieren. Doch selbst wenn man das tut, bleibt es dabei: Es gibt im spätantiken Christentum einen großen Sektor, den wir ohne zu zögern mit »Theologie« etikettieren würden, obwohl die Zeitgenossen das nicht unbedingt und zumeist eher nicht taten. Nochmals: es ist erstaunlich, dass man dieses »Wiedererkennen« von Theologie zumeist implizit und selbstverständlich vollzieht – ohne genauer zu fragen, wie das möglich ist und was da geschieht.
Wenn man darüber nachdenkt, wird es tatsächlich schnell schwierig, und zwar hauptsächlich deshalb, weil es nötig ist zu wissen, was Theologie ist, um Theologie in der Spätantike als solche identifizieren zu können. Mit anderen Worten: Was man findet oder nicht findet, hängt sehr stark von der zugrunde gelegten Definition ab, und diese ist bei näherem Zusehen natürlich kontrovers. Es gibt offenbar eine Art implizites gemeinsames Vorverständnis – sonst gäbe es etwa keine theologischen Fakultäten –, aber wie fragil dies ist, zeigt schon ein Blick in die diversen europäischen Kulturkreise. Was Theologie im englischen, französischen oder italienischen Sprachraum ist, unterscheidet sich signifikant vom deutschen. Von konfessionellen Prägungen, Schulbildungen und persönlichen Präferenzen einmal gar nicht zu reden.
Im Sinne einer Arbeitsdefinition und um etwas Konkretes in der Hand zu haben, sei zunächst einmal das Standard-Nachschlagewerk »Die Religion in Geschichte und Gegenwart« in ihrer vierten Auflage zugrunde gelegt. Wenn man das tut und daher Theologie als »methodisch reflektierte Explikation der Grundgehalte des christlichen Glaubens« fasst, muss man freilich einen deutschen und einen protestantischen bias gleich in Rechnung stellen. Das wird deutlich, wenn es weiter heißt: Explikation, »wie sie im Kontext akademischer Bildungsinstitutionen […] geübt wird«26. Damit wären nicht nur die meisten Kirchenväter ausgeschlossen, sondern auch große Teile heutiger Theologie weltweit, etwa im globalen Süden, aber sicher nicht nur dort. Das wäre also weiter zu fassen, und auch die Beschränkung auf den christlichen Glauben ist an dieser Stelle nicht hilfreich. Damit wäre die Diskussion über die Möglichkeit oder Unmöglichkeit jüdischer oder islamischer Theologie schon beendet, bevor sie überhaupt begonnen hat. Vor allem aber – was hier im Moment relevanter ist – wäre der historischen Frage nach Theologie in der Antike vor dem Christentum und außerhalb des Christentums ebenfalls sofort der Boden entzogen.
Genau diese Frage muss aber gestellt werden dürfen, denn meine These lautet, dass das Wort »Theologie« in der klassischen Antike zwar eher marginal, aber »die methodisch reflektierte Explikation religiöser Grundwahrheiten« zentral und auf hohem Niveau etabliert war. Diese These ist eigentlich so evident, dass man sie gar nicht ausführlich begründen muss. Plato selbst hat, wie gesehen, das Wort Theologie nur an einer Stelle und in einer speziellen Sinngebung verwendet, aber dass etwa der Timaios über weite Strecken eine Explikation im genannten Sinne darstellt, kann man kaum bestreiten27. Es ist kein Zufall, dass christliche Theologen gerade in diesem Werk ihre eigene Denkbewegung wiedererkannten. Weitere Beispiele erübrigen sich. Es genügt, etwa an Ciceros De natura deorum zu erinnern oder überhaupt an die Lehrbildung der Stoa, in der das rationale Rechenschaftsablegen für religiöse Wahrheiten eine tragende Säule darstellt. Man kann ohne weiteres von einer »Theologie der Stoa« sprechen – wie in einer rezenten Münchner Habilitationsschrift geschehen.28
Das bedeutet für die gestellte Frage: Wenn man im Christentum der Spätantike ein intellektuelles Unternehmen der beschriebenen Art erkennen will, wenn man also dort »Theologie« im Sinne der modernen Definition erblickt, dann ist das kein exklusives Privileg dieser Religionsgemeinschaft. In großen Teilen der griechischen Geistesgeschichte funktioniert die Trennung zwischen Philosophie und Theologie in moderner Weise nicht. Es ist geradezu ein Markenzeichen dieser Kultur (im Unterschied zu anderen antiken Kulturen, etwa im alten Orient), dass sie auch Religiöses der methodisch reflektierten Explikation aussetzt. Daran knüpft das Christentum an, und ohne diese Vorläufer ist christliche Theologie in der Spätantike nicht denkbar. Im übrigen bleibt auch in dieser Zeit Theologie keinesfalls auf das Christentum beschränkt. Jamblich ist nicht weniger Theologe als Laktanz, Porphyrius nicht weniger als Euseb, ja selbst der Apostat Julian hört zwar auf, Christ zu sein, aber nicht, Theologie zu treiben.
Es ist eine banale Einsicht, dass Celsus und Origenes, dass Porphyrius und Euseb zwar weltanschauliche Gegner waren, aber doch die gleiche Sprache sprachen. Sonst wäre ein Dialog schlicht nicht möglich gewesen. Es gab eine intellektuelle Koine, eine gemeinsame Reflexion des Religiösen, die über grundlegende inhaltliche Differenzen hinweg verband, gewissermaßen eine religionsübergreifende Theologie.
Das alles ist interessant, aber vielleicht auch nicht allzu erstaunlich. In dem oft und detailliert beschriebenen Prozess der »Hellenisierung des Christentums«, oder hier spezifischer: der umfassenden Rezeption der Denkwelten antiker Philosophie, wurden eben nicht nur materialiter Begriffe und Ideen übernommen, sondern auch grundlegende Diskursformationen. Natürlich wäre es reizvoll, von hier aus weiter zu fragen und etwa zu untersuchen, in welchen konkreten institutionellen Gestalten sich diese Diskursformationen manifestierten, also etwa Philosophenschulen und den christlichen Schulbetrieb in den Blick zu nehmen.29
Ebenso wäre es reizvoll, den Spieß umzudrehen und zu fragen, wie sich die »Theologie« außerhalb des Christentums in dem Prozess verändert hat. Es ist ja bei Rezeptionsprozessen niemals so, dass einer nur gibt und der andere nur nimmt; vielmehr geht auch der Gebende verändert aus dem Prozess hervor. Der Hellenisierung des Christentums entspricht bis zum gewissen Grad auch eine Christianisierung des Hellenentums oder zumindest eine Transformation, die sich eben der gemeinsamen intellektuellen Koine verdankt. Man würde, wenn man so fragt, etwa darauf kommen, dass die philosophische Theologie in der Spätantike immer mehr zu einer praxis pietatis drängte, die ihr zuvor fremd gewesen war. Die magischen Praktiken eines Jamblich (»Theurgie« genannt) oder die »Tagzeitengebete« eines Proclus wären Beispiele.30
Es wäre lohnend, diese Spuren weiterzuverfolgen, doch abschließend sei noch einmal ganz spezifisch gefragt: Was ist christliche Theologie in der Spätantike? Also ausgehend von der Vorstellung, dass Theologie als solche nicht auf das Christentum beschränkt ist, ist nach dem spezifischen Beitrag des Christentums zu fragen, um gewissermaßen im scharf einfallenden Seitenlicht Profilunterschiede herauszuarbeiten – auch um den Preis einer gewissen Überzeichnung.
Nochmals zu Gregor von Nyssa und seinem Brot-und-Bad-Zitat:31 Hätte ein solches Zitat auch von einem philosophischen Lehrer der Zeit kommen können? Hätte eine rein philosophische Debatte die Kraft gehabt, bis zum Brotverkäufer und zum Bademeister vorzudringen? Vermutlich eher nicht. So sehr es auch wahr ist, dass eine bestimmte Form des Platonismus zur Standardform des Denkens in der Spätantike geworden war, und so sehr es wahr ist, dass philosophisch-theologische Reflexion zum Bildungskanon zumindest der städtischen Eliten gehörte: eine solche Eindringtiefe in praktisch alle Schichten der Gesellschaft erreichte keine Schulphilosophie. Warum nicht?
Der entscheidende Unterschied liegt im Resonanzkörper der jeweiligen communities. Theologie im christlichen Kontext geht immer auch mit Gemeinschaftsbildung oder besser: Gemeindebildung einher. Theologen im christlichen Kontext sind oft (wenngleich nicht immer) auch gemeindeleitende Personen. Die »methodisch reflektierte Explikation religiöser Grundwahrheiten« ist sicherlich zum Teil eine intellektuelle Aktivität auf hohem Niveau mit dem Ziel, die Wahrheit zur Sprache zu bringen. Man könnte sagen: sie ist Selbstzweck, oder: sie ist Wissenschaft. Zum Teil ist sie aber auch Mittel zum Zweck der Gemeinschaftsbildung oder Erklärung eines gemeinsamen Lehr- und Glaubensfundaments. Umgekehrt gilt dann aber ebenso: Theologische Differenzen bleiben eben nicht in den Hörsälen und Studierstuben der Gelehrten, sondern führen ganz schnell zum Verlust an Gemeinschaft, zum Auseinanderbrechen von Gemeinden. Diese negative Seite der Medaille bekommen wir in den Quellen in extenso und mitunter auf abstoßende Form vorgeführt: Unausgesetzt Streit bis zur Spaltung, permanentes Aus-der-Gemeinschaft-Werfen (lateinisch: Ex-kommunikation), immer wieder »Lehrverurteilungen kirchentrennend« mit Ausrufungszeichen (nicht wie in Münchner Tradition mit Fragezeichen).32
Es ist nun einmal für den Historiker so, dass Streit meist mehr Quellen produziert als Einigkeit. »Wenn Friede herrscht, fehlt es den Geschichtsschreibern an Stoff« – so konstatierte schon ein spätantiker Kirchenhistoriker.33 Doch es ist besser, es positiv zu formulieren, denn nur in dieser Form tritt das wirklich Neue, geradezu Revolutionäre der christlichen Theologie in gewünschter Klarheit hervor: Es geht um Gemeinschaft durch Lehre oder griechisch: koinonia durch dogma, und zwar Gemeinschaft im reli- giös qualifizierten Sinn: Heilsgemeinschaft. Das ist neu im antiken Diskurs. Das galt in dieser Form nicht für das Judentum, es galt nicht oder nur in einem sehr eingeschränkten Sinn für Philosophenschulen, es galt auch kaum für die diversen »neuen Kulte« der Spätantike (Mithraskult etc.), und es galt erst recht nicht für die klassisch-römische pietas. Der Kitt der Vergesellschaftung basiert im Christentum nicht primär auf ethnischen oder rituellen Kriterien, nicht auf politischen oder ökonomischen Interessen, sondern auf theoretischen Lehrdebatten. Nochmals anders und noch zugespitzter formuliert: Einheit und Wahrheit gehören zusammen, oder wiederum auf griechisch: Ökumene und Dogmatik lassen sich nicht trennen.
Das sei an einem konkreten Beispiel illustriert. Die genannte Achse lässt sich sicherlich ins dritte, wahrscheinlich auch ins 2. Jh. zurückverfolgen. Doch wer das Potential dieser spezifischen Konstellation in erstaunlicher Tiefe erkannte und fruchtbar zu machen suchte, war Kaiser Konstantin im frühen 4. Jh. Es war das erklärte Ziel seiner Religionspolitik, »die Sinnesart aller Völker in Bezug auf das Göttliche zu einer gemeinsamen Geisteshaltung zu vereinen«34. Das ist weder so naiv, wie es auf den ersten Blick wirkt, noch so aggressiv christianisierend gemeint, wie es oft gedeutet wurde. Dieses Zitat und alle folgenden stammen aus dem Jahr 324 – möglicherwiese dem Jahr der maximalen Annäherung des Kaisers an das Christentum. Selbst in diesem Jahr sollen alle Gesinnungsgruppen die »Süße der Gemeinschaft (koinonia)«35 genießen, wie er es ausdrückt, also nicht nur die Christen. Indes: er hat erkannt, dass das Christentum bei seinem Ideal von Einmütigkeit und Friede nicht nur nicht stört, sondern womöglich gerade den entscheidenden Kitt liefern kann. Weil der Kaiser an die spezifische Achse von Einheit und Wahrheit glaubt, kommt es zu einer ganzen Serie von höchst eigenartigen Lehrschreiben, geradezu theologischen Traktaten, »Enzykliken«, wie sie keiner seiner Vorgänger und Nachfolger in Umlauf setzte. Die Frage, wie viel davon Konstantin höchstpersönlich abgefasst hat, braucht hier nicht zu interessieren (vermutlich eher wenig) – entscheidend ist, dass es diese Schriftstücke gibt und dass darin mitunter eine Art kaiserliches Lehramt in religiösen Dingen spricht. Das hatte es vorher so nicht gegeben.
Den entscheidenden Punkt erkennt man auch hier wieder in negativer Sicht, im Konfliktfall, wo der erstrebte Zusammenhang gestört ist. Das war der Fall, als Konstantin nach seinem Sieg über Licinius in dem genannten Jahr 324 schmerzhaft erkennen musste, dass die Kirche im Osten die Achse von Einheit und Wahrheit nicht so heiter und überzeugend lebte, wie er sich das vorgestellt und gewünscht hatte. In Alexandrien schwelte ein Streit, den ein Presbyter namens Arius ausgelöst hatte. Konstantin richtete sogleich ein sehr ausführliches Lehrschreiben an die Kontrahenten, in dem er zur Eintracht mahnt. Bemerkenswert ist weniger, dass die kaiserliche Kanzlei nicht eigentlich in die Sachdebatte eintritt (und die Feinheiten womöglich auch gar nicht so recht verstanden hat), sondern dass ihnen die spezifische Differenz zwischen einer Philosophenschule und den christlichen Wahrheitsdiskursen nicht klar oder hier nicht willkommen ist. Philosophen – so heißt es dort sinngemäß – differieren oft in einzelnen Lehrpunkten, aber das stellt ihre grundsätzliche kollegiale Solidarität nicht in Frage.36 Es kann nicht angehen, dass eine große Gemeinschaft, für deren Leitung ihr Verantwortung tragt, wegen kleiner Lehrdifferenzen gespalten ist.37 Vielmehr soll es »über die göttliche Vorsehung unter euch einen Glauben, ein Verständnis, eine einzige Ansicht über das höchste Wesen geben«38.
Konstantin will die christliche Achse von Wahrheit und Einheit für die gesamte Gesellschaft nutzbar machen. Die Risiken und Nebenwirkungen einer solchen politischen Inanspruchnahme sind aus heutiger Sicht vermutlich leichter erkennbar, als sie es für die Zeitgenossen waren. Ich breche den Gang durch die Spätantike hier ab und frage zum Schluss nach dem möglichen Ertrag für eine heutige Standortbestimmung.
III Was ist Theologie heute? oder: Kann die Spätantike zur Beantwortung einen sinnvollen Beitrag leisten?
Sie kann es, aber sie kann es nicht in einer normativen Form: Die Kirchenväter-Zeit ist nicht so etwas wie ein Urmeter, an dem sich alles andere und alles Spätere messen lassen muss. Sondern eher so, dass wir heute mit dem Namen »Theologie« ein Sammelpaket bezeichnen, das ohne Rekurs auf die spätantiken Wurzeln nicht verständlich ist. Es ist wahr, dass das Wort und die Sache erst im hohen Mittelalter fest und auf Dauer zueinander finden (wie eingangs bereits festgestellt), aber es ist auch wahr, dass das Wort eine erste Phase der Hochkonjunktur in der Spätantike hatte und dass die Sache selbst in der gleichen Zeit zu einer zentralen Ausdrucksform des Christentums wurde.
Theologie, so wie sie sich heute darstellt, ist porentief vom Christentum geprägt, und diese Prägung geht auf die Spätantike zurück. Diese Entwicklung ist ohne Zweifel irreversibel. Es gibt keine Theologie und es wird in absehbarer Zukunft keine geben, die von dieser christlichen Färbung loskommt, und es gibt kein Christentum, das auf Dauer ohne diese spezifische Diskursformation auskommt, also ohne »methodisch reflektierte Explikation der Grundgehalte des Glaubens«.
Das bedeutet im Umkehrschluss allerdings keineswegs, dass Theologie immer und ausschließlich auf das Christentum beschränkt sein muss. Im Gegenteil gibt es gute Argumente dafür, in den Diskurs, in die Denkbewegung alle diejenigen mit einzubeziehen, die dazu bereit sind. Ob etwa Juden und Moslems das wünschen oder nicht wünschen, ist von ihnen selbst zu entscheiden – doch aus christlicher Sicht gibt es keinen Grund, es ihnen zu versagen.
Mit dem Markenzeichen »Theologie« kann ein Gesprächsangebot für die ganze Gesellschaft gemacht werden. Theologie als Forum für den Austausch über Religiöses. Bei Konstantin – oder vielleicht mehr noch: bei seinen christlichen Beratern – zeigt sich: Die spezifisch christliche Bindung von religiöser Wahrheit und Gemeinschaft muss nicht an den Gemeindegrenzen halt machen. Sie drängt ins Öffentliche, sie stellt sich dem politischen Diskurs. In Berlin und anderswo spricht man heute von »public theology«; in München wurde vor kurzem ein schönes Büchlein über »öffentlichen Protestantismus« publiziert.39 Dass ein solches »go public« risikobehaftet ist, zeigte sich gerade schon in der Spätantike, und es gilt auch zu anderen Zeiten. Es besteht etwa die Gefahr theokratischer Gesellschaftsordnungen oder Grenzüberschreitungen des Religiösen, aber wenn eine christliche Tradition über Antidote dagegen verfügt, dann ist es der Protestantismus.
Es ist oft eher umgekehrt so, dass man dem Protestantismus nicht die Pluralismus-Theorien erklären muss, sondern den der Theologie inhärenten Einheitsbezug. Dass wir heute mit dem Anathematisieren und Exkommunizieren weniger schnell bei der Hand sind als die Theologen der Spätantike, muss kein Nachteil sein. Dass aber auch für uns theologische Erkenntnisbemühungen auf Gemeinschaft ausgerichtet sind und gegebenenfalls das Risiko zerbrechender Gemeinschaft in sich tragen, ist dennoch festzuhalten. Wenn etwa in München und anderswo mit Stolz auf zwei oder gar drei »Theologien« an der gleichen Hochschule verwiesen wird, dann ist das einerseits tatsächlich ein Standortvorteil. Doch andererseits eignet der Rede von mehreren »Theologien« um der Sache selbst willen etwas Anstößiges und Uneigentliches. Theologie drängt ihrem Wesen nach zum Singular.
Dass es so viele Theologien wie Konfessionsfamilien gibt, mag wahr sein, ja sogar: so viele Theologien wie Theologen, aber das ist nicht eigentlich das Spezifische und Spektakuläre. Schleiermacher hat den Bezug zur christlichen Gemeinschaft explizit ausgesprochen und zum Programm erhoben: »Dogmatische Theologie ist die Wissenschaft von dem Zusammenhange der in einer christlichen Kirchengesellschaft zu einer gegebenen Zeit geltenden Lehre.«40 Im Zeitalter der Globalisierung und Ökumene kann dieser Anspruch nur global gedacht und auf das Christentum insgesamt bezogen werden – wie es ja der Intention nach in der Spätantike schon der Fall war. Theologie ist also ihrem Wesen nach ökumenisch, auf Einheit bezogen.
Das gilt übrigens nicht nur im Blick auf die verschiedenen konfessionellen Traditionen, sondern auch im Blick auf die reicher werdenden globalen Landkarten. Nochmals an Schleiermacher angelehnt, kann man fragen: Soll der Knoten der Geschichte so auseinander gehen – die wissenschaftliche Theologie mit dem Norden und der lebendige Glauben mit dem globalen Süden? Natürlich ist es nicht so, dass Theologie auf hohem Niveau nur im globalen Norden getrieben wird, und es ist glücklicherweise auch nicht so, dass man in den globalen Süden reisen muss, um die Vitalität des gelebten Glaubens zu erfahren. Sehr wohl aber gibt es im Norden wie im Süden die Gefahr neuer Theologie-Defizite. Es gibt große, aufstrebende Gemeinde- und Gemeinschaftsbildungen, besonders im pentekostalen Bereich, für die der angesprochene Zusammenhang von Theologie und christlichem Glauben nicht mehr selbstverständlich ist. Es gibt sie überall: in Europa, in USA, vor allem aber in Afrika und in Lateinamerika, also im globalen Süden.
Natürlich kann die Reaktion darauf nicht darin bestehen, eine bestimmte Diskursformation erstens zu einer Spezialität des globalen Nordens oder gar Europas zu erklären und zweitens dann dorthin zu exportieren, wo man dieses Produkt gar nicht haben will. Sehr wohl aber ist es Aufgabe wissenschaftlicher Theologie, ihre Gesprächshorizonte möglichst breit zu fassen. Also etwa für das Fach Kirchengeschichte: Gegenstandsbereich ist das Christentum in seiner ganzen Breite, also nicht nur eine bestimmte konfessionelle Tradition oder ein Kanon von historischen Konfessionskirchen und schon gar nicht ein geographisch umgrenztes Territorium. Damit aber nicht genug: Christentum ist nicht nur Gegenstand, sondern auch gemeinsamer Gesprächshorizont. Beispielsweise: Christen unterschiedlicher Prägungen lesen die gleichen Kirchenväter verschieden. Auch die Reflexion darüber ist Kirchengeschichte. Wenn das Fach sich theologisch definiert, muss es ihm darum gehen, in dieses Gespräch mit einem möglichst breiten Resonanzkörper einzutreten. Auch die Patristik ist heute eine globale Erkenntnisbemühung – offen für alle, die sich daran beteiligen wollen, und mit dem Interesse, auch scheinbar theologieferne Formationen ins Gespräch zu ziehen.41
Um zum Schluss zu kommen und auf die Spätantike zurückzulenken: Es ist seit langem bekannt, dass das Christentum durch die Auseinandersetzung mit der spätantiken Philosophie, insbesondere mit dem Platonismus, inhaltlich eine tiefe Prägung erfahren hat. Das betrifft vor allem die Trinitätslehre und bestimmte Ausprägungen der Christologie. Man muss nicht alle Entwicklungen und Prägungen ex post gutheißen und verteidigen. Doch man kann nicht dahinter zurück. Noch tiefer als die Prägung in materialer Hinsicht ist aber die grundsätzliche Öffnung für eine methodisch reflektierte Explikation religiöser Grundwahrheiten – und nicht nur Öffnung, sondern ihre Etablierung als Grundlage der Gemeinschaftsbildung. Auch dahinter kann man nicht zurück – man sollte es aber auch gar nicht wollen. Gerade in Zeiten der latenten oder expliziten Lust am Postfaktischen ist es gut, an den Ernst zu erinnern, mit dem es christlicher Theologie um Wahrheit geht. In dieser Hinsicht hat spätantike Theologie der Sache nach bleibende und wegweisende Bedeutung.
Abstract
The search for theology in late antiquity has two sides. On the one hand, we have the (pre-)history of the word theologia, which underwent a great semantic expansion and witnessed an increase in usage (without, however, becoming equivalent to the modern meaning of the word). And on the other hand, the intellectual activity of what would today be called »theology« and its development. Both play a major role in late antiquity, but without ever coming to signify one and the same thing. After an examination of these two aspects, the question of the consequences for modern-day theology is considered.
Fussnoten:
* Der Text geht auf meine Münchner Antrittsvorlesung zurück. Der Duktus des Vortrags wurde teilweise beibehalten.
1) Die heute gebräuchliche Handausgabe (Nestle-Aland, Novum Testamentum Graece, hg. v. Barbara und Kurt Aland e. a., 28. Revid. Aufl., hg. v. Institut für Neutestamentliche Textforschung Münster/Westfalen unter der Leitung von Holger Strutwolf, Stuttgart 2012) gibt den Titel Ἀποκάλυψις Ἰωάννου, im Wesentlichen gestützt auf den Codex Sinaiticus (4. Jh.). Im Apparat wird auch die oben im Text zitierte vollere Form des byzantinischen Textes angeführt. Genauere Auskünfte über die Bezeugung der verschiedenen Formen des Titels ist vom Projekt dereditio critica maior zu erwarten. Sie wird an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal unter der Leitung von Prof. Martin Karrer erarbeitet. Dem Wuppertaler Team verdanke ich die folgenden Informationen: Die ersten Bezeugungen des Ehrenbeinamens »der Theologe« gehen auf das 10. Jh. zurück. In diesem Jahrhundert bezeugen die folgenden Handschriften den Beinamen: GA 046, 93, 456, 2329, 2351. Da das Gesamtprofil dieser fünf Handschriften sehr unterschiedlich ist (Überlieferungsgemeinschaft mit sehr verschiedenen Texten), kann man davon ausgehen, dass sich der Beiname in der Gelehrtenkultur der makedonischen Renaissance entwickelt und alsbald breit durchgesetzt hat. Die Zeugen späterer Zeit sind zahlreich.
2) Walter Bauer, Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur, 6. völlig neu bearb. Aufl. hg. v. Kurt Aland und Barbara Aland, Berlin 1988, Sp. 724.
3) Die Terminologie geht auf Gérard Genette zurück. Dessen erste einschlägige Publikation trug den Titel Seuils (Paris 1987, dt. Übersetzung u. d. T. Paratexte, Frankfurt 1992). Zur Übertragbarkeit dieser Terminologie auf den Bereich mittelalterlicher (speziell: biblischer) Handschriften vgl. Patrick Andrist, Toward a Definition of Paratexts and Paratextuality. The Case of Ancient Greek Manuscripts, in: Bible as Notepad. Tracing Annotations and Annotation Practices in Late Antique and Medieval Biblical Manuscripts, hg. v. Liv Ingeborg Lied/Marilena Maniaci (Manuscripta Biblica 3), Berlin 2018, 130–149.
4) Vgl. O[swald] Bayer/A[lbrecht] Peters, Art. Theologie, in: HWP 10, Basel 1998, Sp. 1080–1095, hier Sp. 1085. Dieser Prozess ist insbesondere mit den Namen von Albertus Magnus und Thomas von Aquin verbunden. Dieser Artikel ist auch zum Folgenden stets mit heranzuziehen. Für die Wortgeschichte ist weiterhin relevant Ferdinand Kattenbusch, Die Entstehung einer christlichen Theologie. Zur Geschichte der Ausdrücke θεολογία, θεολογεῖν, θεολόγος, in: ZThK 38 (1930), 161–205, sowie unter den Neueren v.a. Christoph Markschies, Kaiserzeitliche christliche Theologie und ihre Institutionen. Prolegomena zu einer Geschichte der antiken christlichen Theologie, Tübingen 2007, 15–27.
5) Origenes, fr. 1 in Jo. Dort begegnet der Ausdruck an zwei Stellen (GCS Origenes 4, 483,14 und 484,7 Preuschen). Insbesondere im zweiten Fall wirkt der θεολόγος schon wie ein etablierter Beiname. Die Authentizität dieses Fragments ist nicht über jeden Zweifel erhaben (vgl. etwa Markschies [wie Anm. 4], 24, Anm. 56). Tatsächlich ist die Zuschreibung an Origenes in den Handschriften nicht einhellig bezeugt. Zumindest ein Zeuge enthält sie aber explizit und eindeutig (Moskau, GIM, Sinod. gr. 119 [GA 050], f. 3r); auch inhaltliche Erwägungen sprechen eher für die Zuschreibung an den Alexandriner.
6) πολλὴν θεολογίαν σχέσιν τε πατρὸς πρὸς υἱὸν καὶ υἱοῦ πρὸς πατέρα ἔστι μαθεῖν … ἀπὸ τῶν προφητῶν. comm. Jo. 2,205 (GCS Origenes 4, 92,15 f. Preuschen, Übersetzung von Hans Georg Thümmel, Origenes’ Johannes-kommentar. Buch I–V [STAC 63], Tübingen 2011, 174). Origenes kann auch von den »alten Theologen der Griechen (ἀρχαῖοι θεολόγοι Ἑλλήνων)« sprechen – und damit (in kritischer Abgrenzung) die klassische Götterlehre meinen (C.Cels. 1,25).
7) Klemens von Alexandrien, str. 1,22,150,4 (GCS Clemens 23, 93,11 f. Stählin/Früchtel).
8) Basilius, Adv. Eun. 1,14 (SC 299, 222,21 Sesboüé).
9) … ὅθεν οὐκ ἀπὸ σκοποῦ καὶ τὴν γένεσιν ἀνέγραψεν αὐτοῦ [sc. τοῦ κόσμου] μάλα σεμνῶς θεολογήσας.De opificio mundi 2 (3,16 f. Cohn). Mose als (ὁ) θεολόγος ist an vier Stellen belegt: Mos. 2,115; praem. 53; quaest. Gen. 2,59; 3,21. Der konsolidierte Sprachgebrauch, der aus dieser Terminologie spricht (außer bei der zweiten Stelle wird der Name nicht einmal genannt: man versteht offenbar auch ohne dies, um wen es geht), ist Chance und Problem zugleich. Chance, weil es diese Sprechweise weit über das Niveau des Zufälligen hinaushebt. Problem, weil die Kontexte der zitierten Stellen aufgrund der Formelhaftigkeit wenig über darüber aussagen, was genau dieser Beiname bedeutet.
10) Tatsächlich erscheint bei Henry George Liddell, Robert Scott et al., A Greek-English Lexicon. With a Revised Supplement, Oxford 1996, s. v. θεολόγος Philo isoliert als Bedeutung Nr. 2 – der ganze Rest als Nr. 1. Dieser ist zum Folgenden zu vergleichen.
11) Plutarch,De defectu oraculorum 436D;Sextus Empiricus, Adversus mathematicos 9,192; Philodemus, De pietate frg. 86A.
12) Das ist etwa der Fall in Bauer/Aland (wie Anm. 2). Geoffrey W. H. Lampe, A Patristic Greek Lexicon, Oxford 1961[-68], 628, übersetzt mit »one who teaches about God«.
13) Zuerst bezeugt beim Konzil von Chalcedon 451 (ACO 2,1,3, 114,14 Schwartz); die selbstverständliche Form der Zitation zeigt, dass sich der Sprachgebrauch bereits als Titel verfestigt hat.
14) Ἐν δὲ δογμάτων ὕψει καὶ θεολογίᾳ τοσοῦτον αὐτῷ τὸ περιὸν τῆς δυνάμεως, ὥστε, πολλῶν κατὰ πολλοὺς τοὺς χρόνους θεολογησάντων ἀνδρῶν ἐπὶ σοφίᾳ γνωρίμων, μόνον τοῦτον μετὰ τὸν εὐαγγελιστὴν Ἰωάννην θεολόγον ὀνομασθῆναι, καὶ οἷον ἐξαίρετον αὐτῷ ταύτην ἀπο-κληρωθῆναι προσηγορίαν. Gregorius presbyter, Vita Gregorii 16 (CChr.SG 44, 176,46–51 Lequeux). Die Reichweite dieser Vita kann man sich kaum groß genug vorstellen, wie die knapp 200 bekannten Handschriften zeigen. Der Herausgeber datiert den Text ans Ende des sechsten oder an den Beginn des 7. Jh.s (16). Der Titel »Theologe« begegnet dort auch sonst (außer im Titel noch in Kapitel 12,7 – sowie vor allem gleich zu Beginn des Proöms, wo Gregor als ὁ τῆς θεολογίας ἐπώνυμος bezeichnet wird, 1,2).
15) Οἱ μὲν γὰρ τῇ γλυκύτητι τοῦ λόγου ἡλίσκοντο, οἱ δὲ ἠσπάζοντο τῶν δογμάτων τὸ ἀκριβές. ebd. (CChr.SG 44, 176,25 f. Lequeux). Hier und im vorigen Zitat habe ich δόγμα nicht mit Dogma übersetzt, um nicht einem allzu technischen Verständnis Vorschub zu leisten.
16) Das Folgende nach rep. 2,379a.
17) Hier mit dem kurzen Hauptsatz, zu dem das Zitat den langen Nebensatz bildet: Ὅτε τοίνυν δίδωσί μοι ἡ χάρις τοῦ θεοῦ θεολογεῖν, ὥστε δύνασθαι ἐκ τῆς θεολογίας νοεῖν τὸν θεὸν καὶ γινώσκειν αὐτὸν καὶ ὑψοῦν τὸ ὄνομα αὐτοῦ καὶ μεγαλύνειν αὐτόν, δίδωσί μοι ψαλμόν. hom. in Ps. 80 I,4 (GCS N.F. 19, 485,18–20 Perrone) bei Auslegung von Ps. 80,3 LXX: »Nehmt einen Psalm und gebt die Trommel, die liebliche Laute, dazu die Harfe.« Ich habe θεολογεῖν und θεολογία unübersetzt gelassen, denn in modernen Sprachen ist der Doppelcharakter des Reflexiv-Lehrhaften und des Hymnisch-Doxologischen kaum wiederzugeben (reduktiv zugunsten des Ersteren etwa »riflettere« und »riflessione su Dio« bei: Perrone, Origene. Omelie sui salmi, Bd. 2, Rom 2021 477 – daher die lange Anm. 12, die hier wesentlich zur Präzisierung beiträgt, dort auch weitere Parallelen, v. a. hom. in Ps. 67 II,3 und hom. in Ps. 77 I,5). Insgesamt ist das Nomen θεολογία bei Origenes ca. 35 Mal belegt.
18) Vgl. Bayer/Peters (wie Anm. 4), Sp. 1082.
19) Man vergleiche die Belege in Lampe (wie Anm. 12), s. v. θεολογία.
20) Am Ende seines programmatischen Proöms hält Euseb fest, dass er seine Kirchengeschichte beginnt ἀπὸ τῆς κατὰ τὸν Χριστὸν [...] οἰκονομίας τε καὶ θεολογίας, h. e. 1,1,8 (GCS N.F. 6,1, 8,25–27 Schwartz).
21) Εἰ θεολόγος εἶ, προσεύξῃ ἀληθῶς, καὶ εἰ ἀληθῶς προσεύξῃ, θεο-λόγος εἶ.De oratione 60 (PG 79, 1180B).
22) Um nur ein Beispiel zu nennen: Das weit verbreitete Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte. Bd. 1. Alte Kirche und Mittelalter, von Wolf-Dieter Hauschild und Volker Drecoll, Gütersloh 2016, widmet der Alten Kirche etwa 500 Seiten; die gute Hälfte dreht sich um theologische Debatten (fair enough – angesichts der im Titel ausgedrückten Themenstellung).
23) Johann Wolfgang Goethe, Gedichte 1800–1832, hg. v. Karl Eibl, Frankfurt a. M. 1988 (J. W. Goethe, Sämtliche Werke. Briefe, Tagebücher und Gespräche 1. Abt. 2), 736 (Zahme Xenien IX).
24) Ἐὰν περὶ τῶν ὀβολῶν ἐρωτήσῃς, ὁ δέ σοι περὶ γεννητοῦ καὶ ἀγεν-νήτου ἐφιλοσόφησε· κἂν περὶ τιμήματος ἄρτου πύθῃ· μείζων ὁ πατὴρ, ἀποκρίνεται, καὶ ὁ υἱὸς ὑποχείριος. εἰ δὲ τὸ λουτρὸν ἐπιτήδειόν ἐστιν εἴποις, ὁ δὲ ἐξ οὐκ ὄντων τὸν υἱὸν εἶναι διωρίσατο. Gregor von Nyssa,De deitate filii et spiritus sancti (GNO 10,2, 121,7–12 Rhein).
25) Zur Reflexion über die Auswirkungen des Überlieferungs-Filters vgl. Arnold Esch, Überlieferungs-Chance und Überlieferungs-Zufall als methodisches Problem des Historikers, in: Ders., Zeitalter und Menschenalter. Der Historiker und die Erfahrung vergangener Gegenwart, München 1994, 39–69.
26) Christoph Schwöbel, Art. Theologie, in: RGG4 8, Tübingen 2005, Sp. 255–306, hier Sp. 255.
27) Man konsultiere etwa eine Monographie wie die von Filip Karfík, Die Beseelung des Kosmos. Untersuchungen zur Kosmologie, Seelenlehre und Theologie in Platons Phaidon und Timaios (Beiträge zur Altertumskunde 199), München 2004.
28) Vgl. Stefan Dienstbeck, Die Theologie der Stoa (Theologische Bibliothek Töpelmann 173), Berlin 2015.
29) Vgl. dazu Markschies (wie Anm. 4), 43–108.
30) Vgl. neben vielem anderen Carine Van Liefferinge, La Théurgie. Des Oracles chaldaïques à Proclus, Liège 1999; Tagzeitengebete: Marinus,Vita Procli 11.
31) S. oben bei Anm. 22.
32) Unter dem Titel »Lehrverurteilungen – kirchentrennend?« leistete der »Ökumenische Arbeitskreis Evangelischer und Katholischer Theologen« seit 1986 wichtige Beiträge zur ökumenischen Verständigung. Federführend waren über lange Zeit Karl Lehmann und Wolfhart Pannenberg.
33) Εἰρήνης γὰρ οὔσης ὑπόθεσιν οἱ ἱστοριογραφεῖν ἐθέλοντες οὐχ ἕξουσιν. Sokrates, h. e. 7,48,7 (GCS N.F. 1, 395,7 f. Hansen).
34) … τὴν ἁπάντων τῶν ἐθνῶν περὶ τὸ θεῖον πρόθεσιν εἰς μίαν ἕξεως σύστασιν ἑνῶσαι… Konstantin an Alexander [von Alexandrien] und Arius, in: Euseb, v.C. 2,65,1 (GCS Eusebius 1,1, 74,5 f. Winkelmann). Das Schreiben ist auch in die Dokumente zur Geschichte des arianischen Streites (hg. v. Hanns-Christof Brennecke u. a. [Athanasius Werke 3,1,3], Berlin 2007) aufgenommen (Dok. 19 = Urk. 17 Opitz). Allerdings gibt es keine von Euseb unabhängige Textüberlieferung.
35) Es lohnt, das im Zusammenhang zu zitieren: ὁμοίαν τοῖς πιστεύουσιν οἱ πλανώμενοι χαίροντες λαμβανέτωσαν εἰρήνης τε καὶ ἡσυχίας ἀπόλαυσιν. αὕτη γὰρ ἡ τῆς κοινωνίας γλυκύτης κἀκείνους ἐπανορθώσασθαι καὶ πρὸς τὴν εὐθεῖαν ἀγαγεῖν ὁδὸν ἰσχύσει. Konstantin an die östlichen Provinzbewohner, in: Euseb, v. C. 2,56,1 (70,33–71,1 Winkelmann).
36) »Ihr wisst doch wohl, dass auch die Philosophen […] oft in irgendwelchen Aussprüchen über einzelne Punkte verschiedener Ansicht sind und doch, auch wenn sie sich kraft ihrer wissenschaftlichen Tüchtigkeit trennen, durch die Einheit der ganzen Lehre sich wieder miteinander verständigen (ἴστε δήπου καὶ τοὺς φιλοσόφους αὐτοὺς […] πολλάκις δὲ ἐπειδὰν ἔν τινι τῶν ἀπο-φάσεων μέρει διαφωνῶσιν, εἰ καὶ τῇ τῆς ἐπιστήμης ἀρετῇ χωρίζονται, τῇ μέντοι τοῦ δόγματος ἑνώσει πάλιν εἰς ἀλλήλους συμπνέουσιν)«. Aus dem oben (Anm. 34) bereits zitierten Schreiben, v. C. 2,71,2 (77,2–5 Winkelmann).
37) »Es gehört sich nicht und ist nicht statthaft, dass euer Streit über unbedeutende und ganz geringfügige Fragen für ein so großes Volk Gottes, das unter eurer Einsicht geleitet werden sollte, Anlass zu Zwiespalt wird (ὑμῶν γὰρ ἐν ἀλλήλοις ὑπὲρ μικρῶν καὶ λίαν ἐλαχίστων φιλονεικούντων, τοσοῦτον τοῦ θεοῦ λαόν, ὃν ὑπὸ ταῖς ὑμετέραις φρεσὶν εὐθύνεσθαι προσήκει, διχονοεῖν οὔτε πρέπον οὔθ’ ὅλως θεμιτὸν εἶναι πιστεύεται).« Ebd., v. C. 2,71,1 (76,22–77,1 Winkelmann).
38) περὶ μὲν οὖν τῆς θείας προνοίας μία τις ἐν ὑμῖν ἔστω πίστις, μία σύνεσις, μία συνθήκη τοῦ κρείττονος. Ebd., v.C. 2,71,7 (78,2 f. Winkelmann).
39) Christian Albrecht/Reiner Anselm, Öffentlicher Protestantismus. Zur aktuellen Debatte um gesellschaftliche Präsenz und politische Aufgaben des evangelischen Christentums (Theologische Studien NF 4), Zürich 2017.
40) Friedrich Schleiermacher, Kritische Gesamtausgabe. Bd. 13/1, Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt, hg. v. Rolf Schäfer, 2. Aufl., Berlin 2011, § 19.
41) In dieser Hinsicht hat der Band zum 50. Geburtstag der Association internationale des Études patristiques (AIEP) programmatische Bedeutung auch für die Zukunft, vgl. Patristic Studies in the Twenty-First Century. Proceedings of an International Conference to Mark the 50th Anniversary of the International Association of Patristic Studies, hg. v. Brouria Bitton-Ashkelony, Theodore de Bruyn, Carol Harrison, Turnhout 2015, mit diversen einschlägigen Beiträgen.