Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Januar/2020

Spalte:

3–16

Kategorie:

Aufsätze

Autor/Hrsg.:

Jürgen van Oorschot

Titel/Untertitel:

Anthropologie(n) des Alten Testaments in den expliziten und impliziten Menschenbildern. Eine redaktionsgeschichtliche und interdisziplinäre Aufgabe.

I Eine forschungsgeschichtliche Orientierung – oder: Auf welchem Hintergrund erfolgt die Debatte?


Seit Beginn des 21. Jh.s zeigt sich vor allem in der deutschsprachigen alttestamentlichen Wissenschaft ein breites Interesse an den Menschenbildern im Alten Testament. Mit Fug und Recht wird man von einer neuen Phase der Bemühung um die Anthropologie(n) in der Hebräischen Bibel sprechen können. Voran gingen drei Zugriffe auf anthropologische Themen, die in ihrem Kontext eine je eigene Prägung aufwiesen.

Seit dem ausgehenden 18. Jh. mit seiner Etablierung einer eigenständigen historischen und kritischen Exegese des Alten Testaments wird die exegetische Einzelforschung durch die Frage nach der oder den Theologien im Alten Testament begleitet. Entsprechend spiegeln die dabei geführten Debatten auch die Komplexität und Schwierigkeit des Bemühens, die unterschiedlichen Gottesvorstellungen, die über Jahrhunderte hin entstanden sind und uns ausschließlich in Traditionsliteratur vorliegen, angemessen in ih­rer historischen Situierung und in ihren Kontexten zu erfassen und sie im Zusammenhang der vorliegenden kanonischen Auswahl zu bestimmen.1 Von der Mitte des 19. Jh.s an ist dabei von den Menschenbildern im Alten Testament entweder im Rahmen der Theologie des Alten Testaments oder als Teil einer Kultur- bzw. Reli-gionsgeschichte die Rede. Ersteres führen etwa Gustav Friedrich Oehler2 oder Walther Eichrodt3 vor. Oehler konzentriert sich dabei auf die theologischen Aspekte, vor allem auf die Sündhaftigkeit des Menschen. Eichrodt entfaltet seine Anthropologie in der vom Bundesgedanken her organisierten Theologie in den fünf Paragraphen des dritten Teils »Gott und Mensch«. Alfred Bertholet befördert die anthropologischen Einsichten durch kultur- und religionsgeschichtlich interessierte Beiträge.4 Eigenständig wird in dieser Zeit die Anthropologie nur selten zum Thema gemacht. Zu den wenigen Ausnahmen gehören Arbeiten, die gegen den erstarkenden Einfluss der Naturwissenschaften eine dezidiert biblische Anthropologie ins Feld führen. Dazu zählt eine kleine, für Pädagogen gedachte Schrift von Johann Gottlieb Friedrich Haussmann aus dem Jahr 18485 und Franz Delitzschs Werk »System der Biblischen Psychologie«6.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und in Reaktion auf einen empfundenen Orientierungsbedarf zur Anthropologie entstehen einzelne Arbeiten, die eher als allgemein theologische Beiträge für ein breiteres Publikum denn als fachspezifische anzusehen sind. So legt Walther Eichrodt unter dem Titel »Das Menschenverständnis des Alten Testaments« 1944 eine 78-seitige Schrift vor, die mit kräftigen Strichen eine theologische Anthropologie ins Alte Testament einzeichnet.7 Dies gilt in anderer Weise auch für die Vorlesungsreihe Walther Zimmerlis aus dem Jahr 1967, die er in dem Büchlein »Der Mensch und seine Hoffnung im Alten Testament« im darauffolgenden Jahr publiziert. In theologischer Gesamtverantwortung und Zeitgenossenschaft redet und schreibt hier ein Alttestamentler. Anders als Eichrodt gibt dabei nicht eine theologische Systematik die Anlage vor. Vielmehr profiliert Zimmerli die Rede von der Hoffnung orientiert an verschiedenen Literaturen des Alten Tes-taments. So führt er seine Leserschaft von der Weisheit und dem Hiobbuch über Psalmen, Jahwist, Priesterschrift, Deuteronomium sowie deuteronomistische Geschichtsschreibung zur Prophetie in ihren verschiedenen Stadien und zur Apokalyptik. Die Ausführungen erwachsen aus der einschlägigen Forschung und Lehre des Wissenschaftlers und stellen insofern eine Art Nebenprodukt dar. Dies sagt auch etwas über den Stellenwert anthropologischer Studien in der damaligen Zeit aus.

Mit Hans-Walter Wolffs einschlägiger »Anthropologie des Alten Testaments« wird 1973 erstmals ein umfassender Anspruch in diesem Feld angemeldet, auch wenn seine Durchführung die gerade markierte Linie fortführt. Über die Kreise der Fachkollegen hinaus soll denjenigen, die sich mit anthropologischen Problemen be­schäftigen, ein Zugang zu den biblischen Texten und ihrem Menschenbild eröffnet werden.8 Die Arbeit zur Anthropologie verbindet sich für Zimmerli und Wolff mit einem doppelten Anliegen: der Teilnahme am zeitgenössischen Diskurs zum Menschen und der Teilgabe sowie Konfrontation mit Elementen alttestamentlicher Anthropologie. Ersteres bleibt in den Schriften, so auch im Buch Wolffs, ausschließlich Signal, ohne dass sich Beispiele zur Mitwirkung an einem solchen Diskurs finden. Wolffs Anthropologie ist lange Zeit die materialreichste Arbeit zum Thema. Zwei Komponenten bestimmen sein Vorgehen. Zum einen werden die expliziten anthropologischen Texte in ihrem jeweiligen Kontext untersucht. Einzeltextanalysen und lexikalische Analysen anthropologischer Begriffe (»Anthropologische Sprachlehre«) liefern die materialen Gehalte der Anthropologie. Zum anderen wird die Vielfalt und Heterogenität der damit möglichen Befunde durch ein theologisches Grundpostulat gebündelt, das eine spezifische Theologie des Alten Testaments impliziert. »Es wird sich zeigen, daß die wesentlichen Beiträge Dialog-Charakter tragen«. »Vor allem im Gespräch mit Gott sieht der Mensch sich in Frage gestellt, erforscht und damit viel weniger festgestellt als vielmehr zu Neuem berufen. Der Mensch ist, so wie er ist, alles andere als das Maß aller Dinge.« Es geht Wolff um ein »theologisches Begreifen der anthropologischen Phänomene«.9 Trotz und vielleicht auch gerade aufgrund ihrer impliziten Vorentscheidungen beherrschte die Wolffsche An­thropologie lange Zeit die Debatte, da sie sich, ausweislich der breiten Rezeption, mit Fragen und Interessenlagen der Leser und Leserinnen deckte.

Seit Beginn des 21. Jh.s spiegelt sich in der alttestamentlichen Fachdiskussion10 ein unabweisbarer Sachverhalt: Anthropologi- sche Fragen sind in aller Breite ein Thema der Wissenschaften und Klärungen zum (Selbst-)Verständnis des Menschen gehören zu den Herausforderungen in unseren Gesellschaften. Entsprechend breit sind die Forschungsinteressen, immer wieder interdisziplinär an­geregt, teilweise im faktischen Gespräch mit anderen Disziplinen. Diese Einschätzung der Forschungssituation kann sich auf eine große Anzahl und Vielfalt anthropologischer Einzelstudien stützen. Schon ein Blick auf die drei 2009 und 2010 publizierten Sammelbände macht deutlich, wie breit gefächert solche Beiträge sind.11 Die vorgelegten Arbeiten reichen von der Begriffsanalyse (Th. Krüger; M. Rösel; A. Wagner; M. Dietrich und O. Loretz; S. Paganini) über interdisziplinär und heuristisch orientierte Studien zum Personverständnis (B. Janowski), zur Identitätskonstruktion (R. A. di Vito; S. Bunimovitz und A. Faust), zu Körperkonzepten (A. Nunn; A. Berlejung; D. Erbele-Küster; M. Häusl) und zu Emotionen (M. S. Smith; P. A. Kruger; A. Bender; E. Rolf; S. Gillmayr-Bucher) bis hin zu literarhistorisch bzw. alttestamentlich-theologisch interessierten Nachfragen (F. Sedlmeier; E.-J. Waschke; C. Frevel; M. Oeming; U. Rüterswörden; K. Liess; A. Schüle; L. Schwienhorst-Schönberger; M. Konkel; F.-L. Hossfeld; U. Berges; J. Schnocks). Die Beiträge orientieren sich dabei zum einen in traditioneller Weise an den fachspezifischen Fragestellungen, zeigen sich zum anderen durch Debatten aus den Bereichen der Historischen bzw. der Kulturanthropologie inspiriert, insbesondere von Arbeiten zur Mentalitätsgeschichte, zur Abkehr von essentialistischen Denkweisen, zu Körper und Körperkonzeptionen sowie zu feministischer Anthropologie.12

Der Grad der interdisziplinären Verwobenheit unterscheidet die neue Forschungssituation grundlegend von den Arbeiten bis zur Jahrtausendwende. Auf diesen Zusammenhang zwischen den kulturwissenschaftlichen Debatten und den alttestamentlichen Arbeiten hat 2016 Alexandra Grund-Wittenberg an gleicher Stelle hingewiesen.13 Insbesondere anhand der Themenfelder von Ehre und Scham, Gabe und Opfer sowie zu Ansätzen einer Sozialanthropologie hat sie herausgestellt, welche Befruchtung die alttestamentliche Debatte durch die Einbeziehung von Kultur- und Sozialanthropologie erfahren hat. So konturiert sich unser Bild der Kulturen und Religionen schärfer und der hermeneutische Horizont zu Praktiken und Vorstellungen weitet sich. Zugleich sensibilisiert dies für den hermeneutischen Wert und die Problematik von Theoriebildungen zweiter und dritter Ordnung.14 Ob diese Erweiterung des Methodenspektrums und der zum Vergleich herangezogenen Welten mit dem »Bedürfnis« verbunden werden sollte, »über die seit dem 19. Jh. dominierende Ausrichtung auf die Literaturgeschichte hinauszugelangen«,15 darf angesichts der Forschungs-situation 2019 und 2020 mit Fug und Recht bezweifelt werden. Der in diesem Beitrag vertretene Ansatz plädiert vielmehr für eine in-tegrative Verknüpfung von literarhistorischer Basisorientierung und kulturwissenschaftlicher Horizonterweiterung. Angesichts des reflektierten Gebrauchs literarhistorischer Fragestellungen, insbesondere in ihren redaktionsgeschichtlichen Syntheseleistungen in der 2.  Hälfte des letzten Jahrhunderts, besteht in der heutigen alttestamentlichen Wissenschaft kein Bedarf an holzschnittartigen Ge­genüberstellungen.

Potential und möglichen Ertrag methodisch pluraler Arbeit im Bereich der alttestamentlichen Anthropologie zeigen exemplarisch die bislang vorliegenden Ergebnisse einer Projektgruppe »Anthropologie(n) des Alten Testaments« der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie (WGTh) einerseits16 sowie die 2019 erschie-nene »Anthropologie des Altes Testaments« von Bernd Janowski andererseits.17 Die seit 2014 im jährlichen Abstand tagende Arbeitsgruppe führte zahlreiche der an anthropologischen Fragen inter-essierten Alttestamentler und Alttestamentlerinnen aus dem deutschsprachigen Raum regelmäßig zusammen. Nach einer breit angelegten Auftakttagung 2014 konzentrierten sich die Debatten 2015 und 2016 auf Fragen von Individualität und Selbstreflexion, des Zusammenhangs von Menschen- und Gottesbildern (2017), der Eigenart alttestamentlichen Denkens (2018) sowie auf die Frage nach Perfektion und Perfektibilität des Menschen (2019). Ausgehend von anthropologischen Themenfeldern, die bereits in Nachbardisziplinen oder in Bereichen der Kulturwissenschaften und Historischen Anthropologie eine Rolle spielten oder spielen werden,18 wurde dabei die Breite der alttestamentlichen Literaturen befragt. Exemplarisch zeigte sich dabei, wie leistungsfähig eine traditionelle exegetische Methodik in Fragen der Anthropologie sein kann, wenn sie integrativ synchrone und diachrone Aspekte verbindet, interdisziplinär informiert und hermeneutisch sensibel vorgeht. Da sich die Projektgruppe bislang nur am Rande mit ikonographischen oder materialen Aspekten beschäftigt hat, wird die Fortführung der Arbeit in einem »Netzwerk alttestamentlicher Anthropologie« (NATA), erneut unter dem Dach der WGTh, 2021 zunächst andere Schwerpunkte setzen (s. u.).

II Anthropologie(n) des Alten Testaments nach C. Frevel und B. Janowski


Ob und wie die Vielfalt von Einzelstudien durch eine Bündelung und systematische Konzentration in einer Anthropologie des Al-ten Testaments zusammenzuführen ist, beschäftigt die Debatten immer wieder einmal.19 Daran haben sich etwa Christian Frevel und wiederholt Bernd Janowski, so etwa 2014 in dieser Zeitschrift, beteiligt. Im Sinn einer Standortbestimmung markiert Christian Frevel 2010 Eckpunkte einer »Biblischen Anthropologie als wissenschaftliche[n] Aufgabe«.20 Zwei Pole signalisiert schon der Titel des Aufsatzes, und liest man die Beiträge des Autors zu den anthropologischen Debatten der letzten Jahre, so gewinnt man eine An­schauung zur Konzeption. Zum einen sollen auf dem Hintergrund einer wissenschafts- und zeitgeschichtlichen Analyse zu den Debatten der letzten Jahrzehnte anthropologische Schwerpunkte bestimmt werden. Diesem wissenschaftlichen Gegenwartsdiskurs soll dann die Bandbreite alttestamentlicher Menschenbilder ge­genübergestellt werden. »Das darf allerdings nicht nur in einer bloßen Aneinanderreihung geschehen, sondern muss eingebunden sein in eine Denkbewegung Biblischer Theologie, die beide Testamente als Einheit begreift und zusammen zu sehen sucht.«21 Die so gewonnenen Profile einer biblischen Anthropologie sollen dann exemplarisch in ihrer Lebensdienlichkeit in die heutigen Diskurse eingebracht werden (45–47). Diese Deutungs- und Orientierungskompetenz biblischer Konzeptionen habe mit der Historischen Anthropologie die kulturelle Bedingtheit anthropologischer Aussagen zu berücksichtigen. Über sie hinaus ist jedoch nach dem theologischen Narrativ zu fragen, in dem Menschsein thematisiert und Anthropologie theologisch wird. Die historisch und kulturell wahrgenommenen Selbstauslegungen des Menschen in Israel, Palästina und der südlichen Levante sollen zugleich theologisch zur Sprache gebracht werden und d. h. als »Selbstauslegungen, die im Selbstverständnis des Christentums normativen Charakter entfalten«22. Die Aufgabe einer Biblischen Anthropologie als Teilbereich der Biblischen Theologie wird dabei denkbar umfassend als historische und normative Verstehens- und Plausibilisierungsbemühung entworfen, die sowohl auf die Breite der Wissenschaften als auch auf die jeweilige Rezeptionsgemeinschaft des biblischen Kanons ausgerichtet ist. Diese Art alttestamentlicher und biblischer Anthropologie umfasst damit die gesamte theologische Denkbewegung und Aufgabe.23 Bestimmt man derart unabgegrenzt die Aufgabe einer alt-testamentlichen Anthropologie, so stellt sich nicht nur pragmatisch die Frage nach der Realisierbarkeit. Zugleich steht damit auch die Aufgabenteilung zwischen den theologischen Disziplinen in Frage. Eine derartige biblische Anthropologie und Theologie übernimmt neben ihren seit gut 100 Jahren angestammten disziplinären Aufgaben zugleich eine Zeitanalyse und die Gegenwartsverantwortung des christlichen Glaubens.

Von Bernd Janowski liegt nun seit Frühjahr 2019 nicht nur eine Konzeption,24 sondern erstmals nach 1973 wieder eine alttestamentliche Anthropologie ausgearbeitet vor, die in großer Sorgfalt die ganz unterschiedlichen Debatten des Faches dokumentiert und erschließt. Zugleich verbindet der Verfasser, seinem Entwurf entsprechend, eine Präsentation der konkreten Lebensumstände mit den literarischen Kontexten und einer Bestimmung von an­thropologischen Konstanten. Dabei versteht die Arbeit sich als »Theologische Anthropologie«, die »›mit Gottes orientierender Ge­genwart in dieser Welt‹ rechnet und den Menschen als fehlbares Geschöpf sieht, das dennoch nicht seine Gottesebenbildlichkeit verliert.«25

Der Verfasser des Buches blickt auf eine langjährige Beschäftigung mit Fragen alttestamentlicher Anthropologie zurück. Davon profitieren die Nutzer des mit 805 S. umfangreichen Bandes, der im Anhang Text- und Bildquellen zur Verfügung stellt (549–699) und mit einem ausführlichen Literaturverzeichnis nebst Stellen- und Sachregister (701–805) gut erschlossen ist. So präsentiert Janowski in nahezu enzyklopädischer Vollständigkeit Debatten zu alttestamentlichanthropologischen Topoi, erschließt wesentliche Literatur und ordnet Fragen und Ergebnisse jeweils knapp ein. Diese Darstellungen und Bewertungen werden durch eigene Textanalysen und Exkurse ergänzt und vertieft. Ausgesprochen verdienstvoll führt er dabei auch Diskurse vor, die in der Breite der alttes-tamentlichen Wissenschaft bislang eher wenig rezipiert wurden, wie etwa zu Fragen der Physiognomik (145–148), der Emotionenforschung (160–182), zu Krankheit und Heilung (177–182), zur Kommunikation als sprachlichem Handeln (271–276) oder zur anthropomorphen Rede in der Naturbeschreibung (324). Die Darstellung der materialen Aspekte alttestamentlicher Anthropologie erfolgt überwiegend in den Kapiteln II–V (43–403) und wird mit einem diachron angelegten Blick auf die »Bilder vom Menschen – Anthropologien im Alten Testament« in Kapitel VI ergänzt (405–517). Auch wenn die diachrone Tiefe der Textwelt vorausgesetzt ist,26 werden die »konkreten Lebensumstände« (21), sprich: »die drei Ebenen Natürliche Lebensbedingungen, Kulturelle Lebensformen und Religiöses Symbolsystem« (21) in den Kapiteln II–V (§ 2–9) weitgehend ohne historische Differenzierungen beschrieben. Die literarische Vielfalt alttestamentlicher Menschenbilder beschränkt Janowski auf eine Veranschaulichung aus seiner Sicht zentraler anthropologischer Aspekte: »die Anthropologie der Urgeschichte (Schöpfer und Geschöpf), die Priesterliche Anthropologie (Schuld und Versöhnung), die Anthropologie des Königtums (Herrschaft und Heil), die Prophetische Anthropologie (Stellvertretung und Neuschöpfung), die Anthropologie der Psalmen (Leben und Tod) und die Weisheitliche Anthropologie (Gerechtigkeit und Leiden)« (405).27 Die Auswahl zeigt das theologische Interesse dieser Anthropologie und die Darstellung eine Eigenart des gesamten Buches. So werden die anthropologischen und theologischen Topoi durch die Auslegung prominenter Textzeugen präsentiert. Auf diese Weise verfuhr Janowski bereits in seiner Anthropologie der Psalmen.28 Diese Textnähe und Einzelauslegung führt zu einer markanten Konkretheit der Aussagen, bezogen auf die jeweiligen Stellen. Zugleich führt diese Dominanz von Kerntexten jedoch auch zu einer Hintanstellung der literarischen und traditionsgeschichtlichen Kontexte, so, als könne man von anthropologischen Spitzentexten her suffizient eine An­thropologie entwerfen. Diese Anfrage ergibt sich vor allem zu Ka-pitel VI mit seinen zentral von Einzelanalysen durchzogenen Darlegungen zu Biographie (§ 2), Gender- und Generationenaspekten (§ 3), zur Leib- und Sozialsphäre des Menschen (§ 4 und § 5), zu Tätigkeiten und Kommunikation des Menschen (§ 6 und § 7) sowie zu Raum und Zeit (§ 8 und § 9).

Im weiten Feld der alttestamentlichen Anthropologie verbindet Janowski einen methodisch und inhaltlich integrativen Ansatz mit einem dezidiert theologischen Anspruch und Anliegen. Im Eingangs- und Schlusskapitel markiert er dies in der Debatte zu den »Grundfragen alttestamentlicher Anthropologie« (§ 1) und zum Abschluss in einem Resümee zu deren Grundzügen (§ 13). In Aufnahme des Stichwortes einer integrativen Anthropologie von Bohlken/Thies (9) plädiert er zunächst für die fachlich schon zu Zeiten von Hans-Walter Wolff naheliegende29 Berücksichtigung der Kulturen des alten Ägyptens, des Alten Orients und des antiken Mittelmeerraumes. Darüber hinaus seien Anstöße der Historischen Anthropologie, der Historischen Psychologie, der Genderforschung sowie der Kultur- und Kognitionswissenschaften aufzunehmen (19). Diese breite interdisziplinäre Vernetzung verbindet er mit einer thematischen Öffnung, wie sie der gegenwärtigen Diskussionslage entspricht und oben bereits dargestellt wurde. Damit öffnet er einen weiten Erwartungshorizont, sowohl was die Gegenstandsbereiche einer alttestamentlichen Anthropologie als auch was deren interdisziplinäre Erarbeitung angeht.

Damit nicht genug! Zwei weitere Anforderungen stellt er an eine alttestamentliche Anthropologie, mit denen er sich von einem schlichten Lob der Pluralität und einer Beschränkung auf die Deskription absetzt. »Die Rede von der Pluralität der alttestamentlichen Menschenbilder kann aber auch zum Dogma werden, wenn versäumt wird, nach den tragenden Elementen oder ›impliziten Axiomen‹ zu fragen, die wie die Erfahrung der Leiblichkeit, das Ethos der Gerechtigkeit oder das Bewusstsein der Endlichkeit für die anthropologischen Aussagen des Alten Testaments konstitutiv sind.« (42) An anderer Stelle bezeichnet er dies als Frage nach den »anthropologische[n] Konstanten, die seine [des Alten Testaments – J. v. Oo.] Menschenbilder jenseits sozial- und literarhistorischer Konkretionen umgreifen und prägen.« (38) Deren Bestimmung changiert im Buch zwischen unverzichtbaren Begriffen (38), Erfahrungsbereichen als conditiones humanae (528) und thematischen Schwerpunkten als den »Grundpfeiler[n – J. v. Oo.] der alttestamentlichen Anthropologie und Ethik« (539). Immer wiederkehrend begegnen die drei oben benannten Momente von Leiblichkeit, Gerechtigkeit und Endlichkeit, die als »Konzepte« (38) eine Erfahrung, ein Ethos und ein Bewusstsein als konstant markieren. Mit der Frage nach den Konstanten ist sachgemäß die Bemühung um eine Zusammenschau oder Systematisierung verbunden (41), welche die Frage nach der Einheit in der Vielfalt wachhält.

Dies verknüpft Janowski programmatisch zugleich mit der Forderung nach der Normativität einer alttestamentlichen Anthropologie als theologischer Anthropologie. So stellt er die Frage, »ob also eine alttestamentliche Anthropologie rein deskriptiv verfahren soll oder ob sie auch normative Aspekte beinhalten darf und sogar muss.« (38) Gestellt wird diese Frage – wie gesehen – im Rahmen des Hinweises auf anthropologische Konstanten und soll – so ist der Leser geneigt zu schlussfolgern – darin auch ihre Antwort finden. Wenn im Laufe des Buches, wie gezeigt, recht unterschiedliche Sachverhalte als Konstanten bestimmt werden, so scheint die Frage nach Normativität und Deskription im Bemühen um die Anthropologie zwischen den theologischen und nichttheologischen Disziplinen aus meiner Sicht noch weiterer Klärung wert. Damit zusammenhängend ist auch nach der Bestimmung einer alttestamentlichen Anthropologie als theologischer Anthropologie zu fragen (s. u. III.3).

III Anthropologie(n) des Alten Testaments – zu Aufgaben und Chancen des Forschungsfeldes


Dass im Bereich der Forschungen zur alttestamentlichen Anthropologie auch in Zukunft weiterführende Debatten zu erwarten sind, darauf weisen die Fülle an Einzelstudien sowie die neue, gerade vorgestellte Gesamtdarstellung deutlich hin. Wo liegen bei dieser Forschungslage die zukünftigen Aufgaben und Potentiale? Drei Hinweise sollen dazu die aus meiner Sicht vielversprechendsten Forschungsanliegen markieren.

1. Anthropologie(n) in redaktionsgeschichtlicher Differenzierung


Auch wenn seit den 1980er Jahren der Beitrag redaktionsgeschichtlicher Forschung zum Verständnis des alttestamentlichen Schrifttums nicht wegzudenken ist, liegt bislang keine alttestamentliche Anthropologie vor, welche die redaktionsgeschichtliche Differenzierung und Profilierung dieser Schriften für eine Nachzeichnung der Menschenbilder konsequent nutzt und auswertet. In Ansätzen sind Einzeluntersuchungen entlang von Literaturwerken und Re­daktionen immer wieder einmal vorgelegt worden.30 Auch befragt van Oorschot in seinem überblicksartigen Beitrag zur Anthropologie in den theologischen Fächern31 und Janowski in einem Kapitel seiner Anthropologie32 Literaturen und Redaktionen anthropologisch. Das Potential einer vertieften Auswertung redaktionsgeschichtlicher Forschung ist damit aus meiner Sicht jedoch bei Weitem nicht ausgeschöpft. Dies wird umso deutlicher, wenn man vergleichend den traditions- und redaktionsgeschichtlichen Ertrag im Bereich der Theologie(n) des Alten Testaments in den Blick nimmt.

Hier hat etwa E.-J. Waschke schon 2014 deutlich herausgearbeitet, dass die in den jüngeren Literaturen und Redaktionen zu beobachtenden Theologisierungsprozesse sachgerecht aufgenommen werden können, wenn eine Theologie des Alten Testaments sich an den Redaktionen ausrichtet.33 Versehen mit den entsprechenden Klärungen zum Theologiebegriff fragt Konrad Schmid in seiner 2019 publizierten »Theologie des Alten Testaments«34 danach, wo »das Alte Testament […] reflexive und synthetisierende Anstrengungen erkennen [lässt – J. v. Oo.], die zumindest ansatzweise als Theologie beschrieben werden können«. Diese »textlich indizierten theologischen Profile von Gesamtkanon, Kanonteilen, Büchern, Texten und Themen des Alten Testaments« sollen dann erhoben und »in ihren innenbiblischen Vernetzungen« dargestellt werden.35 Die Darstellung speist sich in ihrer historischen Rekonstruktion nicht zuletzt aus den Ergebnissen der redaktionsgeschichtlichen Synthesen, wie sie im Rahmen neuer Konsensbildungen36 seit der Jahrtausendwende entwickelt wurden. Auf dieser Basis auch zu anthropologischen Fragen eine methodisch umsichtige Tendenzkritik zu betreiben und so die spezifische Ver­bindung von Gottes- und Menschenbildern in den Blick zu neh­men, wird die redaktionsgeschichtliche Arbeit und die anthropologische zugleich bereichern. Ob die Darstellung bzw. das Erkenntnisinteresse dabei primär thematisch oder klassisch literarhistorisch ausgerichtet ist, stellt letztlich eine nebensächliche Frage dar. Entscheidend ist der Grad der diachronen Erschließung und der damit verbundenen historischen wie kulturellen Konkretion, die bei den Ergebnissen erreicht wird. Nur so lassen sich plastische und kontextualisierte Menschenbilder nachzeichnen.

2. Explizite und implizite Menschenbilder


Nun kann gegenüber einer solchen Vorgehensweise ein doppelter Einwand erhoben werden. Zum einen scheint diachron interessierte Exegese vielen methodisch zu spekulativ und hypothetisch. Hier leiden diese Fragestellungen unter methodischen Einseitigkeiten einer ehemals isoliert betriebenen Literaturkritik bzw. an bis heute zu beobachtenden, methodisch nicht integrierten redaktionsgeschichtlicher Arbeitsweisen37 und an der Undurchsichtigkeit der Forschungslage vor allem zum Pentateuch, wie sie in den letzten vier Jahrzehnten aufgrund der Ablösung alter und der sukzessiven Erarbeitung neuer Konsense zu beobachten war.38 Die methodisch integrative und zu neuen Synthesen findende diachrone Arbeit vermag solche Einwände zu relativieren. Am Ende zählen die Ergebnisse des Verstehensprozesses und d. h. in Fragen der Anthropologie Aussagen, die über allgemeine Formeln und abstrakte Synthesen hinausführen. Zum anderen lässt sich mit Recht einwenden, dass wir im Alten Testament an nur wenigen Stellen alttestamentliche Texte finden, die das Verständnis des Menschen ausdrücklich zum Gegenstand ihrer Darlegungen machen. Einen Metadiskurs oder eine De­batte zweiter Ordnung zur Anthropologie39 kennen diese Schriften nicht. Wie auch im Bereich der Theologie werden hier spätere Fragen und Begrifflichkeiten an die Text- und Lebenswelten des Alten Testaments herangetragen. Will man diesen Sachverhalt hermeneutisch und methodisch angemessen berücksichtigen, so empfiehlt sich eine Unterscheidung zwischen expliziten und impliziten Menschenbildern.40

Was finden wir im Alten Testament vor und welche Quellen stehen uns für eine alttestamentliche Anthropologie zur Verfügung? Auf diese Frage gab H.-W. Wolff eine naheliegende Antwort. Be­rücksichtigt werden sollen jene Bereiche, »wo innerhalb der Texte selbst erkennbar nach dem Menschen gefragt wird«.41 Ergänzend zu diesen expliziten anthropologischen Texten wird auf die lexikalische Analyse anthropologischer Begriffe zurückgegriffen. In diesen Bahnen bewegen sich bis heute viele Darstellungen, obwohl damit ein doppelter Reduktionismus verbunden ist. So hat bereits 2010 Andreas Wagner die übliche Auswahl von meist vier anthropologischen Grundbegriffen (nœfœsch, basar, ruaḥ und leb) als Verkürzung markiert.42 Gleiches gilt für die ausschließliche Berücksichtigung der expliziten Rede vom Menschen. In den meisten Fällen können und müssen wir indirekt aus den Erzählungen, Rechtstexten, Gebeten oder prophetischen Worten erschließen, welche Menschenbilder hier implizit enthalten sind. So sind sachgerecht und sachnotwendig die impliziten Anthropologien der Textwelten ebenso wie diejenigen der materialen Lebenswelten mitsamt deren sozialen, ökonomischen wie politischen Kontexten in die Analyse einzubeziehen. Deren Berücksichtigung und Er­schließung ermöglicht und fördert zudem einen interdisziplinären Brückenschlag etwa zur Archäologie, Kultursoziologie, Ökonomie oder Historischen Anthropologie. Zugleich gewinnen die anthropologischen Einsichten damit eine Konkretheit und historische Plastizität, die man in manchen Darstellungen vermisst.

Anthropologie fragt dabei als explizite Anthropologie nach Be­griffen, Aussagen und Begründungen von Aussagen, mit denen Menschen ihr Menschsein reflektieren.43 Dabei geht sie nicht von einer Wesensbestimmung aus und ist zu ihrem Vollzug auch nicht auf einen solchen Gesamtentwurf angewiesen. Vielmehr bleibt sie am aspekthaften Leben und an dessen Reflexion orientiert, am Fragmentarischen. Sie hat ihren dauerhaften Ausgangs- und Be­zugspunkt beim gelebten Leben. Dies schließt eine Systematisierung im Sinn einer gedanklichen Strukturierung oder thematischer Schwerpunktbildungen nicht aus,44 verneint aber eine We­sensbestimmung im Sinn einer definitorischen Abgeschlossenheit oder Fixierung.45 Anthropologie fragt als implizite Anthropologie über die direkte Reflexion des Menschen auf sein Mensch-Sein hinaus und untersucht sein sonstiges Sprechen und sein Handeln sowie die aus beidem erwachsenden Lebenswelten.

Erfolgt diese anthropologische Bemühung im Rahmen der alttestamentlichen Wissenschaft, so intendiert dies von der disziplinären Zielstellung her eine Nachzeichnung der Vielfalt und Einheit alttestamentlicher Menschenbilder. Diese historische informierte Deskription schließt im Rahmen der Arbeitsteilung theologischer Wissenschaften die normative und applizierende Bemühung nicht aus, sondern bereitet sie vielmehr vor und begleitet sie. Zwei Momente sind für die alttestamentliche Wissenschaft dabei fachlich und theologisch zentral: Konkretheit und Verfremdung. Gerade in der Bemühung um die Menschenbilder zielt sie auf kontextuelle Konkretheit und auf die Bewahrung des Abständigen und Fremden. Wird etwa für eine evangelische Theologie im 20. Jh. mit der Aussage von Traugott Koch,46 »daß keine Selbsterkenntnis des Menschen ohne Gotteserkenntnis ist, wie keine Gotteserkenntnis ohne Selbsterkenntnis des Menschen denkbar ist«, ein orientierender Satz formuliert, so gehört dieser Zusammenhang in seiner Allgemeinheit altorientalisch und damit alttestamentlich zu den selbstverständlichen Denkvoraussetzungen. Hier würde erst eine konkretisierende Rede zu den jeweiligen Menschen- und Gottesbildern Unterschiede markieren. Allein der Verweis auf ein Denken und Handeln in der Gegenwart Gottes bleibt hinter der Konkretheit zurück, die von den alttestamentlichen Texten her möglich ist.

Zugleich gilt es exegetisch das Moment der Verfremdung im Blick zu behalten. Auch wenn es verständlicherweise gegenwärtige Fragestellungen sein können, die anthropologische Nachfragen im Alten Testament motivieren, kann dies nicht die historische und kulturelle Abständigkeit der alttestamentlichen Überlieferung in den Hintergrund drängen. Gleiches gilt für die von den Exegetinnen und Exegeten mitgebrachte Vormeinung, dass die alttestamentliche Überlieferung einen wertvollen Beitrag zu den Diskursen der Gegenwart beisteuern kann. Verfremdung durch andere Sprachwelten, durch patriarchale Sozialordnungen, durch das so­ziomorphe Ineinander von Kosmos und Lebenswelt fernab einer naturwissenschaftlichen Denkweise, durch polytheistische Denkweisen oder eine diesseitige Lebens- und Zukunftserwartung – all dies gilt es exegetisch nachzuzeichnen und inhaltlich präsent zu setzen, wenn die realen Welt- und Lebenskontexte alttestamentlicher Menschenbilder ins Spiel gebracht werden sollen. Diese Aufgabe obliegt der alttestamentlichen Wissenschaft nicht im Sinn einer musealen Archivierung von wissenschaftlichen Beständen. Vielmehr erschließt erst diese Verfremdung wissenschaftlich an-gemessen alttestamentliche Anthropologie(n) und bringt theologisch die Andersartigkeit der biblischen Überlieferung in den Dis­kurs ein. Dass eine anthropologische und theologische Wahrnehmung des Fremden im Eigenen der Traditions- und Glaubenskontexte, eine Bewahrung des Fremden und die Verhinderung seiner Einebnung im Jahr 2019 eine zusätzliche aktuelle Relevanz hat, muss hier nicht ausgeführt werden.

3. Anthropologie als interdisziplinäres Bewährungsfeld


Die Forderung nach einer interdisziplinären Anlage anthropologischer Forschung liegt ebenso nahe wie die Gefahr, dass diese Forderung zum Gemeinplatz wird. Wenn Janowski in seinem vorgelegten opus das Stichwort einer integrativen Anthropologie aufnimmt und neben den klassischen Bezugswissenschaften eines Alttestamentlers dazu auffordert, Anstöße der Historischen Anthropologie, der Historischen Psychologie, der Genderforschung sowie der Kultur- und Kognitionswissenschaften aufzunehmen, dann formuliert er damit einen Konsens nicht nur seiner Fachdisziplin.47 Angesichts der wissenschaftlichen und pragmatischen Reichweite der anthropologischen Fragen sowie der mit ihnen verbundenen konkreten Herausforderungen ist es offensichtlich, dass allein disziplinäre Antworten kaum weiterführen. Und in der Tat sind die Sensibilisierung bei den Fragestellungen, die wechselseitige Ergänzung in den Einsichten und die exemplarische Vertiefung nirgends so geboten wie bei dem Versuch, die abständigen Menschenbilder und deren Lebenswelten auf dem Hintergrund unserer heutigen Fragen und Verstehenszusammenhänge wissenschaftlich zu be­schreiben. Forschungen zur Anthropologie sind interdisziplinär zu betreiben, nicht zuletzt im Kontext theologischer Diskurse, da nur so die disziplinäre Aufgabe sowie ein Beitrag zur Orientierungs- und Deutungsfunktion von Wissenschaft angemessen erbracht werden können.

Angesichts dieser Herausforderungen liegt es nahe, dass ergänzend zu den Studien einzelner Forscherinnen und Forscher die Anthropologie verstärkt als ein interdisziplinäres Bewährungsfeld für die alttestamentliche Wissenschaft und für die Theologie insgesamt entdeckt wird. Verdichtung der Kommunikation und Kenntnisnahme laufender Forschungen, Arbeitsteiligkeit in der disziplinären und interdisziplinären Durchdringung von Fragestellungen sowie Sprachfähigkeit und Syntheseversuche zwischen den theologischen Disziplinen und mit den naheliegenden Nachbarfächern – dazu bieten sich die Arbeits- und Problemfelder anthropologischer Forschung an. Hier blickt die Projektgruppe »Alttestamentliche Anthropologie(n)«, wie sie von der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie (WGTh) ab 2013 gefördert wurde, auf ermutigende Erfahrungen zurück.48 Die bislang disziplinäre Verdichtung wird mit einer Abschlusstagung 2020 hin zum Gespräch mit der Systematischen Theologie ausgeweitet und soll dann ab 2021 in einem »Netzwerk alttestamentliche Anthropologie(n)« (NATA) unter dem Dach der WGTh fortgeführt werden.49 Ein erster Arbeitsschwerpunkt des Netzwerkes wird sich materialen Aspekten einer Historischen Anthropologie des Alten Testaments zuwenden. Konkret ist dazu zunächst eine Tagung gemeinsam mit dem Deutschen Verein zur Erforschung Palästinas (DPV) für 2021 in Vorbereitung. Wünschenswert wäre es, dass sich aus der Dynamik solcher Forschungsdiskurse zwischen archäologischen, soziologischen und historisch-philologischen Disziplinen weiterführende Projekte ergeben, die exemplarisch konkrete Felder der Anthropologie in den Blick nehmen. Konkretion und Ausdifferenzierung der Fragestellungen bei gleichzeitigem Wagnis von Synthesen sollten dabei in einem produktiven Verhältnis stehen. So lehrt es jedenfalls die Geschichte der Historischen Anthropologie.50

Die bisherige Diskussion zu alttestamentlicher Anthropolo-gie drängt jedoch über solchen Diskurs mit nichttheologischen Fächern im Rahmen einer Historischen Anthropologie zum Alten Testament und seiner Lebenswelten hinaus. Wie wir bei Frevel und Janowski sehen konnten, stehen neben kulturwissenschaftlichen Interessen schon in der alttestamentlichen Binnendiskussion rasch auch Fragen von Synthese, Normativität und Gegenwartsbedeutung zur Debatte, wenn das Alte Testament anthropologisch be­fragt wird. So dokumentieren die Literaturen und Redaktionen des frühjüdischen Schrifttums selbst theologische und damit auch anthropologische Syntheseversuche.51 Dem wird daher auch das exegetische Verstehen nachzuspüren haben. Spätestens wenn da­bei Fragen nach anthropologischen Konstanten bzw. – und dies möchte ich davon noch einmal unterscheiden – nach theologischen Denkformen52 oder nach einer theologischen Anthropologie aufgeworfen werden, scheint mir die binnentheologische Interdisziplinarität nicht nur theoretisch, sondern eminent praktisch gefordert: Zu welchen orientierenden und deutenden Diskursen und Aussagen ist eine (christliche) Theologie in aller Ausdifferenzierung ihrer Fragestellungen und in deren Zusammenklang in der Lage, wenn es um die Anthropologie geht? Diese Frage stellt sich im Rahmen anthropologischer Forschung konkret und die Antworten haben aus meiner Sicht auch anhand konkreter Themenstellung und Herausforderungen zu erfolgen,53 seien sie aus der histo-rischen Analyse und Deskription oder aus gegenwärtigen wis-senschaftlichen oder gesellschaftlichen Debatten erwachsen.54 Im Sinn einer »Schriftpragmatik«55 kann hier eine interdisziplinäre Be­mühung um Menschenbilder einsetzen, die in exegetischem und theologischem Verstehen alttestamentliche Schriften erschließt und so Schriftbindung in einem gesamttheologischen Unternehmen praktiziert. So wirft die alttestamentliche Diskussion zu den Menschenbildern Fragen auf, zu deren angemessener Behandlung ein kirchengeschichtlicher Blick auf weitere Rezeptionsvorgänge, eine systematisch-theologische Expertise zu damit verbundenen Begriffen und Denkbewegungen sowie systematischen und zeitgenössischen Implikationen erforderlich sind. Religionspsychologische, praxeologische und ästhetische Fragen tun sich auf. Interdisziplinarität wird sich dabei in einem wechselseitigen Fragen und Antworten zwischen den historischen und gegenwartsorientierten Fächern, den Analysen und Synthesen hin und her bewegen, bei dem die Fächer ihre Expertisen mit je wechselnden Rollen einbringen.56 Öffnet sich also eine exegetische Disziplin wie die alttestamentliche Wissenschaft für den anthropologischen Diskurs, so be­tritt sie damit sachnotwendig das interdisziplinäre Bewährungsfeld Anthropologie – auch das Bewährungsfeld einer theo-logischen Interdisziplinarität. Und fragt man nach den Aufgaben und Chancen einer solchen Forschungsrichtung, so liegen sie auch in diesem Feld.

Niederschwellige und kreative Arbeitsformate und das fachlich-kollegiale Interesse Einzelner an den konkreten Themen versprechen dann auch für die kommenden Jahre entsprechenden Ertrag.

Abstract


Tackling the issue of Old Testament Anthropology, the article presents a short overview of the research from the midst of the 19th century up to the intensive debates in the last 20 years. It shows how the efforts towards Old Testament and Hebrew Bible anthropol-ogical understanding are nowadays interwoven with cultural studies and historical anthropology. In more detail the second part of the article discusses the approach of Christian Frevel and the recently published Anthropology of Bernd Janowski. On this background the third part elaborates both on the challenges and op-portunities of contemporary research in the area of Anthropol-ogie(s) of the Old Testament thereby outlining van Oorschot’s own approach. Key aspects are (1) an Anthropology in Redaction-History differentiation, (2) Explicit and Implicit Anthropology, (3) Anthropology as a test sit for interdisciplinary work.

Fussnoten:

1) Zu den Sachfragen vgl. C. Frevel, Die Frage nach dem Menschen. Biblische Anthropologie als wissenschaftliche Aufgabe – Eine Standortbestimmung, in: C. Frevel (Hrsg.), Biblische Anthropologie. Neue Einsichten aus dem Alten Testament, QD 237, Freiburg u. a. 2010, 29–63, der in einem knappen Entwurf den Problemhorizont umreißt und die Aufgaben einer Anthropologie des Alten Testaments im innertheologischen und interdisziplinären Gespräch bestimmt.
2) G. F. Oehler, Theologie des Alten Testaments, Stuttgart 31891.
3) W. Eichrodt, Theologie des Alten Testaments 1, 2 und 3, Leipzig 1933, 1935 und 1939.
4) A. Bertholet, Die israelitischen Vorstellungen vom Zustand nach dem Tode, Tübingen 21914. Die Studie ist erstmals 1897 publiziert worden, auf einer Vorgängerstudie gleichen Titels von Bernhard Stade aus dem Jahr 1877 basierend. 1914 erschien dann die hier zitierte, im Vergleich zur ersten »gänzlich umgearbeitete und erweiterte« zweite Auflage.
5) J. G. F. Haussmann, Die biblische Lehre vom Menschen dargestellt mit besonderer Rücksicht auf die Aufgabe der Pädagogik, Stuttgart 1848.
6) F. Delitzsch, System der Biblischen Psychologie, Leipzig 21861.
7) W. Eichrodt, Das Menschenverständnis des Alten Testaments, AThANT 4, Zürich 1944, 75. In welch starker Weise diese Art Publizistik unter dem jeweils wechselnden Einfluss der Zeit abgefasst wird, macht eine 1937 erschienene Publikation in erschreckender Weise deutlich – W. Eichrodt, Antisemitismus in alter und neuer Zeit (KZF 3), Zürich 1937; vgl. dazu C. Weber, Altes Testament und völkische Frage. Der biblische Volksbegriff in der alttestamentlichen Wissenschaft der nationalsozialistischen Zeit dargestellt am Beispiel von Johannes Hempel, FAT I/28, Tübingen 2000, 56–58.
8) Vgl. dazu H.-W. Wolff, Anthropologie des Alten Testaments, München 1973, 5 f. (Vorwort).
9) Wolff, Anthropologie, 17.
10) Vgl. J. van Oorschot, Zur Grundlegung alttestamentlicher Anthropologie – Orientierung und Zwischenruf, in: J. van Oorschot, M. Iff (Hrsg.), Der Mensch als Thema theologischer Anthropologie. Beiträge in interdisziplinärer Perspektive, BThSt 111, Neukirchen-Vluyn 2010, 1–41.
11) Vgl. B. Janowski, K. Liess (Hrsg.), Der Mensch im alten Israel. Neue Forschungen zur alttestamentlichen Anthropologie, HBS 59, Freiburg i. B. 2009, 41–68, und A. Wagner (Hrsg.), Anthropologische Aufbrüche. Alttestamentliche und interdisziplinäre Zugänge zur Historischen Anthropologie, Göttingen 2009. Dazu C. Frevel (Hrsg.), Biblische Anthropologie. Neue Einsichten aus dem Alten Testament, QD 237, Freiburg u. a. 2010.
12) Alle erwähnten Beiträge entstammen den drei Sammelbänden aus dem Jahr 2009 und 2010 – vgl. Anm. 11. In seinen kurzen forschungsgeschichtlichen Skizzen verweist C. Frevel, Menschenskinder!? Einige Anmerkungen zum Stand der Forschung zur alttestamentlichen Anthropologie – zugleich eine Einführung in den vorliegenden Band, in: Ders., Biblische Anthropologie, 8–28, hier: 11–14, auf die angeführten thematischen Trends.
13) A. Grund-Wittenberg, Kulturanthropologie und Altes Testament. Stand und Perspektiven der Forschung, ThLZ 141 (2016), Sp. 873–886.
14) Grund-Wittenberg, Kulturanthropologie, 882 f.
15) Grund-Wittenberg, Kulturanthropologie, 885 f.
16) Zu den Tagungen der Projektgruppe seit 2014 erschienen bislang J. van Oorschot, A. Wagner (Hrsg.), Anthropologie(n) des Alten Testaments, VGTh 42, Leipzig 2015; A. Wagner, J. van Oorschot (Hrsg.), Individualität und Selbstreflexion in den Literaturen des Alten Testaments, VGTh 48, Leipzig 2017; J. van Oorschot, A. Wagner (Hrsg.), Gott und Mensch. Zum Verhältnis von Gottes- und Menschenbild, VWGTh 52, Leipzig 2018. Zu den Tagungen 2018 (Monte Verità – »Archaelogy of Mind – Interdisciplinary Explorations in the Field of Old Testament Thinking«) und 2019 (Wittenberg – »Perfektion und Perfektibilität – ein Blick auf Konzepte und Gegenkonzepte in den alttestamentlichen Literaturen«) erscheinen die Publikationen 2020.
17) B. Janowski, Anthropologie des Alten Testaments. Grundfragen – Kontexte – Themenfelder, Tübingen 2019.
18) Zu Fragen der Perfektibilität und Perfektion handelt eine gemeinsam mit dem Interdisziplinären Zentrum für historische Anthropologie der Freien Universität Berlin für 2020 geplante Tagung.
19) Eine solche Diskussion kann mit Recht in Analogie zur Debatte um eine Theologie des Alten Testaments gesehen werden. Im Vergleich damit erweist sich die Thematisierung der Anthropologie alttestamentlich erneut als bislang eher randständig angesehene Frage.
20) C. Frevel, Die Frage nach dem Menschen, 29–63.
21) Frevel, Die Frage nach dem Menschen, 36.
22) Frevel, Die Frage nach dem Menschen, 53 f.
23) Als Themenfelder benennt Frevel dabei »Geschöpflichkeit und Unverfügbarkeit des Gewordenseins der menschlichen Existenz, ihr Zeitbezug in Endlichkeit und Vergänglichkeit sowie die Irreversibilität der individuellen Bio-graphie. Die im Wovonher und Woraufhin reflektierte transzendentale Verwiesenheit des Menschen, seine Selbstreflexivität, seine Leiblichkeit ebenso wie seine Sexualität. Ferner Relationalität, Sozialität, Kulturalität und konstitutiver Weltbezug der menschlichen Existenz. Dazu treten Freiheit und Verantwortung, Personalität und Individualität, moralische Unvollkommenheit und Sündhaftigkeit des Menschen. Die Themen Körper, Sprache, Performanz und Alterität gehen zwar in diesen Fragen nicht auf, sind aber davon auch nicht zu trennen« (53).
24) Zu seinen konzeptionellen Vorarbeiten vgl. B. Janowski, K. Liess (Hrsg.), Der Mensch, 181–211, B. Janowski, »Anerkennung und Gegenseitigkeit. Zum konstellativen Personbegriff des Alten Testaments«, und B. Janowski, Konstellative Anthropologie. Zum Begriff der Person im Alten Testament, in: C. Frevel, Biblische Anthropologie, 64–87; B. Janowski, Anthropologie. Versuch einer Grundlegung, 13.
25) Janowski, Anthropologie, 39 und 20. Das Zitat im Zitat stammt von Rebekka A. Klein, Die Inhumanität des Animal Sociale, NZSTh 51 (2009), 427–444, hier: 444.
26) Vgl. etwa die als »idealtypisch« (529) bezeichnete Rekonstruktion der geschichtlichen Entwicklung im Schlusskapitel (522–539).
27) Die Klassifizierung bietet in diesen Paragraphen drei Optionen: Literaturwerke (etwa Priesterschrift), Literaturbereiche (etwa Prophetie oder Psalmen) und Kanonteile (Überschriften der Paragraphen).
28) B. Janowski, Konfliktgespräche mit Gott. Eine Anthropologie der Psalmen, Neukirchen-Vluyn (2003) 22006.
29) Ob und wo dies explizit in den Darstellungen erfolgen sollte oder auch für Wolffs Analysen im Hintergrund vorauszusetzen ist, wäre gesondert zu bedenken – vgl. dazu abgrenzend Janowski, Konfliktgespräche, 19.
30) So wurde in zwei dokumentieren Tagungen – A. Wagner, J. van Oorschot (Hrsg.), Individualität und Selbstreflexion in den Literaturen des Alten Testaments, VWGTh 48, Leipzig 2017 – in den Fragen von Selbstreflexion und Ich-Bewusstsein partiell eine diachrone Differenzierung realisiert.
31) J. van Oorschot, Aspekte impliziter Anthropologien im Alten Testament, in: J. van Oorschot (Hrsg.), Mensch, TdT Bd. 11, UTB 4763, Tübingen 2018, 17–64.
32) B. Janowski, Anthropologie, 405–517.
33) E.-J. Waschke, Artikel »Theologie des Alten Testaments«, in: Wibilex, www.bibelwissenschaft.de/stichwort/33374/ (Zugriff: 6.8.2019).
34) K. Schmid, Theologie des Alten Testaments, Tübingen 2019.
35) Schmid, Theologie, VIII und IX.
36) Zu den literarhistorischen und religionsgeschichtlichen Synthesen der letzten 15 Jahre vgl. etwa W. Bührer, Neuere Ansätze in der Pentateuchkritik, VuF 64 (2019), 19–32; F. Hartenstein, Religionsgeschichte Israels – ein Überblick über die Forschung seit 1990, VuF 59 (2014), 2–28; U. Becker, Die Wiederentdeckung des Prophetenbuches: Tendenzen und Aufgaben der gegenwärtigen Prophetenforschung, in: BThZ 21 (2004), 30–60; J. Jeremias, Das Rätsel der Schriftprophetie, ZAW 125 (2013), 93–117; J. van Oorschot, Weisheit in Israel und im frühen Judentum, in: Altes Testament, VuF 48 (2003), 59–89.
37) Zu Kriterien einer methodisch sensiblen, »grenzbewußt(en) und inhaltsorientiert(en)« Redaktionsgeschichte vgl. K. Schmid, Dogmatik als konsequente Exegese? Überlegungen zur Anschlussfähigkeit der historisch-kritischen Bibelwissenschaft an die Systematische Theologie, EvTheol 77 (2017), 327–338, hier: 334 f.
38) Zur Debatte vgl. Anm. 36, und J. C. Gertz, B. M. Levinson, D. Rom-Shiloni, K. Schmid (Hrsg.), The Formation of the Pentateuch, FAT 111, Tübingen 2016.
39) Dazu vgl. J. Dietrich, Hebräisches Denken und die Frage nach den Ursprüngen des Denkens zweiter Ordnung im Alten Testament, Alten Ägypten und Alten Orient, in: A. Wagner, J. van Oorschot (Hrsg.), Individualität und Selbstreflexion in den Literaturen des Alten Testaments, VWGTh 48, Leipzig 2017, 45–65.
40) Dazu vgl. bereits J. van Oorschot, Aspekte impliziter Anthropologien im Alten Testament, in J. van Oorschot (Hrsg.), Mensch, 17–64. Zum Begriff der impliziten Anthropologie vgl. W. Dilthey, Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften: Gesammelte Studien, 7. Band, Göttingen 1992 (8. Aufl.), 279: In den Texten spiegeln sich unterschiedliche Menschenbilder meist implizit – sie »enthalten ein unausgesprochenes und vielfältig gebrochenes menschliches Selbstverständnis, eine […] implizite Anthropologie.« – und sind durchgängig nicht systematisiert. Zur Verwendung bei R. Bultmann und im neuen Entwurf einer Theologie des Alten Testaments vgl. K. Schmid, Theologie des Alten Testament, Tübingen 2019, 46–48.
41) Wolff, Anthropologie, 17.
42) Zu den kritischen Anfragen an diese Vorgehensweise vgl. auch Janowski, Anthropologie, 17–20.
43) So im Anschluss an W. Schoberth, Einführung in die Theologische Anthropologie, Darmstadt, 84, und seine Ausweitung der bei Neil Roughley allein für die philosophische Anthropologie verwendeten Bestimmung.
44) Hier missversteht Janowski, Anthropologie, 41 Anm. 164, meinen Versuch, Vielfalt und Einheit in den alttestamentlichen Menschenbildern zugleich zu thematisieren, etwa wenn nach den »anthropologischen Grundlinien« gefragt wird – van Oorschot, Mensch, 18; vgl. auch III.3.
45) Hier empfiehlt sich Zurückhaltung in der Nutzung der Rede vom Wesen des Menschen. Auch wenn man sie, wie Janowski, Anthropologie, 6 f., im Anschluss an Bohlken/Thies »im Sinn einer inhaltsoffenen Strukturformel« (7) denkt, liegt hier ein essenzialistisches Missverständnis leicht nahe.
46) T. Koch, Artikel Mensch IX, TRE 22 (1992), 548–567, hier: 548 f.
47) Zur mittlerweile breiten Debatte um die Interdisziplinarität vgl. u. a. J. Kocka, Realität und Ideologie der Interdisziplinarität: Erfahrungen am Zentrum für interdisziplinäre Forschung Bielefeld, in: Akademie der Wissenschaften zu Berlin (Hrsg.): Einheit der Wissenschaften: internationales Kolloquium der Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Bonn, 25.–27. Juni 1990, Berlin u. a. 1991, 127–144; H. Laitko, Interdisziplinarität als Thema der Wissenschaftsforschung, LIFIS ONLINE (26.10.11), https://leibniz-institut.de/archiv/laitko_26 _10_11.pdf (Zugriff 17.8.2019).
48) Vgl. dazu die Dokumentationen der Tagungen – s. o. Anm. 16.
49) Die Leitung und Koordination des Netzwerkes liegt in den Händen von Andreas Wagner (Bern), Markus Witte (Berlin) und Jürgen van Oorschot (Erlangen).
50) Vgl. dazu J. van Oorschot, Grundlegung (s. Anm. 10), (Absatz II) Die Parallelen zwischen den Debatten um eine Historische Anthropologie zur Positionierung des Fachs Altes Testament im Rahmen der Theologie wurden bereits in diesem Beitrag angemerkt.
51) Vgl. etwa M. Sæbø, Vom Zusammendenken zum Kanon, JBTh 3 (1988), 115–133; K. Schmid, Theologie, 105 f.
52) Vgl. J. Jeremias, Theologie des Alten Testaments, Grundrisse zum Alten Testament, Göttingen 2015, und demnächst B. Janowski, Gibt es ein Hebräisches Denken? Interdisziplinäre Erkundungen zum Thema »Denkformen im Alten Testament«, in: A. Wagner, J, van Oorschot, Archaeology of Mind. Interdisciplin-ary Explorations in the Field of Old Testament Thinking, Berlin u. a. 2020 [in Vorbereitung].
53) Keineswegs hilfreich erscheint mir dazu ein Nebeneinander von fundamentaltheologischen Debatten um das Schriftprinzip seitens der Systematischen Theologie und in der Exegese betriebenen Bemühungen um eine Fundamentalexegese. Dies dokumentiert mehr das Problem, als dass es ein Weg einer Lösung wäre. Zu Debattenlage und Aufriss der Probleme vgl. F. van Oorschot, Die Krise des Schriftprinzips als Krise der theologischen Enzyklopädie, EvTh 5.76 (2016), 386–400, und weiterführend: Schriftbindung evangelischer Theologie. Hrsg. von F. van Oorschot und F.-E. Focken in Zusammenarbeit mit C. Breu, W. Bührer, E. Maikranz, R. Meyer zu Hörste-Bührer, T. Stamer, K. Zeller und C. Ziethe (ThlZ.F), Leipzig 2020 [in Vorbereitung].
54) Die Zugänge zu den Forschungsthemen erfolgen angesichts der un-terschiedlichen Kontexte alttestamentlichen Arbeitens von gesellschaftlichen, religiös-kirchlichen Gegenwartsfragen her wie von eher traditionellen De­battenkontexten – vgl. oben Anm. 11 und 12.
55) Der mit diesem Stichwort verbundene Vorschlag zum exegetisch-dogmatischem Umgang mit den Fragen von Schriftprinzip und Exegese erwuchs aus einer interdisziplinären Arbeitsgruppe von Exegeten und Exegetinnen sowie Systematischen Theologen udn Theologinnen – vgl. F. van Oorschot, Krise, 396–400, hier: 396.
56) Ergebnisses einer solchen wechselseitigen Bereicherung dokumentiert in einer Übersicht etwa J. van Oorschot, Relation und Kontext anthropologischer Pragmatik und Reflexion, in: J. van Oorschot (Hrsg.), Mensch, 253–264.