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Ausgabe:

November/2019

Spalte:

1134–1135

Kategorie:

Altertumswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Díaz Hernández, Roberto A., Flossmann-Schütze, Mélanie C., u. Friedhelm Hoffmann [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Weltentstehung und Theologie von Hermopolis Magna I: Antike Kosmogonien. Beiträge zum internationalen Workshop vom 28. bis 30. Januar 2016.

Verlag:

Vaterstetten: Verlag Patrick Brose 2019. XII, 167 S. = Tuna el-Gebel, 9. Kart. EUR 49,90. ISBN 978-3-944207-16-2.

Rezensent:

Stefan Bojowald

Die Publikation bildet den ersten Band zum Projekt »Weltentstehung und Theologie von Hermopolis Magna. Tuna el-Gebel als Teil einer Kulturlandschaft in Mittelägypten von der Spät- bis in die Römerzeit (ca. 600 v. Chr.–400 n. Chr.)«, das von Pelizäus-Museum Hildesheim, Joint Mission der Universitäten Kairo und München in Tuna el-Gebel und Institut für Ägyptologie und Koptologie der Ludwig-Maximilians-Universität München initiiert wurde. Der konkrete Anlass wurde durch den Workshop »Antike Kosmogonien« geboten, der vom 28. bis 30. Januar 2016 in München tagte. Der Inhalt des Werkes läuft auf folgendes Schema hinaus:
In der Einleitung klärt F. Hoffmann über Hintergründe und Ziele des Projektes auf.
O. Dufault bindet das Prinzip Mot in der »Phönizischen Geschichte« des Philo von Byblos an die späte demiurgische Form der ägyptischen Göttin Mut an. Die Gleichung lässt sich lautlich durchaus absichern (21). Die Göttin Mut griff im 1. Jt. v. Chr. nach Palästina aus (23), so dass eine weitere Bedingung erfüllt ist.
S. Eisenhofer untersucht Ursprungsmythen und Herrschaftslegitimation im Reich von Benin. Die Angaben zu Alter und Entstehung von Institutionen und Kulturleistungen sind im zeitgenössischen Kontext zu betrachten (27).
N. Gschwind wertet Hiob 38,1–42,6 auf das Handeln Jahwes in creatio prima und creatio continua sowie den Weg des Protagonisten vom Gotteszweifler zum Gottvertrauenden aus. Der wahre Charakter Jahwes drückt sich in der weisen Schöpfung der Welt aus (38).
F. Hartenstein fragt nach kosmogonischen Übergängen in alttestamentalischen und altorientalischen Weltentstehungstexten. Der perserzeitliche Vorweltsbericht von Gen 1,2 hängt mit mesopotamischen und ägyptischen Traditionen zusammen (50).
S. el-Kholi vergleicht ägyptische und islamische Schöpfungsvorstellungen. Das Erscheinen Atums auf dem Urhügel und Sitzen Allahs auf dem Thron fasst der Autor als vermeintliche Parallele auf (61), was jedoch nicht überzeugt. Die Schöpfung der Naturelemente in den Pyramidentexten setzt er mit der Schöpfung von Erde/Himmel/Wasser im Koran gleich (63). Die Schöpfung des Menschen aus Lehm taucht in beiden Kulturen auf (68), was aber wohl universelles Gut ist.
M. Mai widmet sich Mutter Erde und Atomismus bei Lukrez. Die Erde stellt nach dem Verständnis des Lukrez ein eigenständiges Wesen dar, das einem zeitgebundenen Alterungsprozess unterliegt (72). Die Welt wird bei ihm als kontingentes Produkt einer Atomkonstellation gedeutet, das ohne Eingreifen von höheren Mächten auskommt (72). Die Artenkonstanz der Natur wird dort als Indiz für die Existenz mehrerer Welten interpretiert (73). Die Entstehung der Lebewesen durch zusammengeballte Atome aus der Erde wird dort ebenfalls propagiert (73).
L. Medini geht auf die »Kosmogonie von Straßburg« (P. Strasb. gr. 481/4.–5. Jh. n. Chr.) ein. Die hermopolitanische Ebene ist aus Indizien wie den Epitheta des Hermes zu erschließen (83). Das Opus steht dem Corpus Hermeticum nahe (85). Der Einfluss der griechischen Philosophie spiegelt sich in der Bezugnahme auf das geozentrische Weltbild des Ptolemäus und die Aufteilung der Welt in Klimazonen wider (90).
W. Sallaberger sucht nach dem »Sitz im Leben« von mesopotamischen Weltentstehungsmotiven. Die Hauptelemente für Kosmogonien des 3. Jt.s verkörpern Himmel und Erde, während das Wasser fehlt (105). Der »Sitz im Leben« der sumerischen Quellen ist in Festen zu finden (105).
R. Schulz exemplifiziert die Entstehung der Welt am Beispiel des ägyptischen Buches vom Fayum. Im Fayum hat die Achtheit der Urgötter die Verantwortung für das Hervortreten der Göttin Mehet-weret als Urflut und deren Präsentation als Himmelsgöttin getragen (121).
T. Schusser analysiert kosmogonische Vorstellungen in NHC II, 5. Die Existenz des Lichtreiches spielt in jener koptisch-gnostischen Schrift aus der Bibliothek von Nag Hammadi eine wichtige Rolle (126).
G. Unterberger richtet den Sinn auf Schöpfungsmythen der Dogon. Der Weltelternmythos in den Geheimtexten zeichnet sich durch einen geschlechterantagonistischen Aspekt aus (142). Die Lehre setzt einen materielosen Zustand des Nichts vor der Schöpfergestalt voraus (144). Der Raum wird durch das schöpferische Wort Gottes geschaffen (144).
M. Z. el-Shaieb handelt Tierkreiszeichen des griechisch-römischen Ägypten ab. Die Orientierung der Zodiake baut auf keinem einheitlichen astronomischen Prinzip auf (156). Die Konstellation der Zodiake wurde ab der Ptolemäerzeit aus Griechenland oder Mesopotamien übernommen (157).
Das Fazit wird wie folgt gefasst: Das Buch lädt zu einer positiven Bewertung ein. Die meisten Meinungen lassen sich durchaus diskutieren.