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Ausgabe: | März/2016 |
Spalte: | 279-281 |
Kategorie: | Kirchenrecht |
Autor/Hrsg.: | Rees, Wilhelm, u. Joachim Schmiedl[Hrsg.] |
Titel/Untertitel: | Unverbindliche Beratung oder kollegiale Steuerung? Kirchenrechtliche Überlegungen zu synodalen Vorgängen. |
Verlag: | Freiburg i. Br.: Verlag Herder 2014. 310 S. = Europas Synoden nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, 2. Geb. EUR 25,00. ISBN 978-3-451-30714-0. |
Rezensent: | Peter Platen |
Der zu besprechende Band dokumentiert die Vorträge einer im Mai 2013 an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar veranstalteten Fachtagung, die ausweislich des Vorwortes von Joachim Schmiedl im Wesentlichen durch den Innsbrucker Kanonisten Wilhelm Rees vorbereitet und verantwortet wurde. Gerade mit Blick auf die im Titel dieses Bandes aufgeworfene Fragestellung richtet sich das Augenmerk vieler Interessierter aktuell vor allem auf die von Papst Franziskus einberufene römische Bischofssynode. Im Unterschied hierzu befasste sich die diesem Band zugrundeliegende Fachtagung mit den nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil abgehaltenen mitteleuropäischen Synoden auf nationaler Ebene.
Wilhelm Rees unternimmt gleichwohl eine grundsätzliche Erschließung des verhandelten Themas, indem er sowohl die Synoden und Konzilien in der Geschichte der römisch-katholischen Kirche wie die diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen der Gesetzbücher der lateinischen Kirche von 1917 und 1983 vorstellt. Dieses Ausgreifen über den sonstigen Fragehorizont dieses Bandes ist jedoch angezeigt, da eine isolierte Betrachtung der geltenden und früheren Regelungen für Synoden auf nationaler und diözesaner Ebene nicht geeignet wäre, die jeweiligen Besonderheiten deutlich werden zu lassen. So zeichnet er am Gegenstand der Entwicklung und Stellung von Synoden und Konzilien wesentliche Aspekte der Verfassungsgeschichte der katholischen Kirche nach, wenn er etwa die ablehnende Haltung des Apostolischen Stuhles gegenüber den Partikularsynoden und verschiedene staatliche Behinderungen in den Zusammenhang der Entstehung des Instituts der Bischofskonferenz stellt. Rees macht weiter deutlich, dass bereits das Recht des CIC/1917 über ein vielfältiges Geflecht synodaler Prozesse und Institutionen verfügte. Sodann nimmt er sich den Impulsen an, die mit Blick auf eine Wiederbelebung des Synodalwesens in der lateinischen Kirche vom Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) ausgegangen sind. Größeren Raum misst er der Diözesansynode nach dem geltenden Recht der lateinischen Kirche bei, wobei er darauf aufmerksam macht, dass verschiedene nach 1983 erlassene Dokumente des Apostolischen Stuhls weitergehende Einschränkungen formulieren. Rees fragt mit Blick auf den Umstand, dass im deutschsprachigen Raum kaum Diözesansynoden einberufen werden, ob die damit einhergehende mangelnde Mitverantwortung von Laien wenigstens durch die Einrichtung des Diözesanpastoralrats kompensiert wird oder werden kann. Nüchtern fällt auch sein Fazit hinsichtlich der auf der Ebene einer Kirchenprovinz oder dem Gebiet einer Bischofskonferenz im Kirchenrecht vorgesehenen, aber im hiesigen kirchlichen Leben nicht etablierten Partikularkonzilien aus, insofern damit die mit diesen Einrichtungen verbundene Mitverantwortung auch von Laien auf der Ebene aller Teilkirchen einer Bischofskonferenz oder aller Teilkirchen einer Kirchenprovinz nahezu restlos entfalle.
Sabine Demel legt dar, dass mit dem im Jahre 2010 initiierten »Dialog-« bzw. »Gesprächsprozess« der Deutschen Bischofskonferenz eine neue Ära synodaler Prozesse im Gange sei, doch mangele es an einer verbindlichen Verfahrensordnung. Sie plädiert dafür, auf dem laufenden Dialogprozess ein Verfahren zu beschließen, um das grundsätzliche und dringliche Prinzip der Synodalität auf allen Ebenen kirchlichen Lebens in die Tat umzusetzen. Weiter werden in je eigenen Beiträgen und mit durchaus unterschiedlichem Umfang die Statuten und Besonderheiten der im Nachgang zum Vatikanum II auf nationaler Ebene in Mitteleuropa durchgeführten Synoden vorgestellt. Mit Blick auf die Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland (1971–1975) legt Heribert Hallermann dar, dass es sich hierbei um einen neuen Typ von Synode gehandelt habe, sowohl hinsichtlich des Teilnehmerkreises als auch bezüglich der Einberufung wie auch der Leitung. Dominicus M. Meier OSB macht für die Pastoralsynode der Jurisdiktionsbezirke in der DDR (1973–1975) darauf aufmerksam, dass einerseits Vorgaben seitens des Apostolischen Stuhls, andererseits kirchenpolitisch motivierte Vorsicht gegenüber staatlichen Stellen zu einer Schwächung der synodalen Arbeit geführt hätten. Ganz anders verhalte es sich mit dem Niederländischen Pastoralkonzil (1966–1970), dessen in vielfacher Hinsicht experimentellen Charakter Józef B. M. Wissink deutlich werden lässt. Für die Synode 72 in der Schweiz (1972–1975) legt Manfred Belok dar, dass sie zwar im Kontext der nachkonziliaren Nationalsynoden stehe, selbst aber keine gewesen sei, sondern auf zwei Ebenen durchgeführt wurde: »als Diözesansynoden im Rahmen der sechs Bistümer und in der Gebietsabtei St-Maurice und gleichzeitig als interdiözesane Koordination auf gesamtschweizerischer Ebene« (127). Auch bei dem Österreichischen Synodalen Vorgang (1973/1974) handelte es sich nicht um eine Nationalsynode, sondern um eine Sonderform, für die keine Billigung des Apostolischen Stuhles erforderlich war. Dass es nicht gelungen sei, die Aussagen und Forderungen des Vatikanum II für die österreichische Kirche fruchtbar zu machen, führt Wilhelm Rees darauf zurück, »dass die Bischöfe und die für die Vorbereitung des ÖSV Mitverantwortlichen noch zu sehr in den Denkstrukturen der vorkonziliaren Kirche verhaftet bzw. nicht bereit waren, sich auf grundlegende Veränderungen und einen dynamischen Prozess einzulassen« (189).
Die Bezogenheit auf das Recht der lateinischen, d. h. römisch-katholischen Kirche brechen die Beiträge von Hanns Engelhardt, Peter Unruh, Anargyros Anapliotis und Helmuth Pree auf, die sich dem jeweiligen Stellenwert von Synoden in den Kirchen der anglikanischen Gemeinschaft, der evangelischen Kirche, den orthodoxen Kirchen wie den katholischen, d. h. mit Rom unierten Ostkirchen widmen. Arnaud Join-Lambert befragt den von ihm auch außereuropäisch erhobenen Befund von (Diözesan-)Synoden und sogenannten Parasynoden auf ekklesiologische und kanonistische Konsequenzen und erkennt in diesen Formen »eine ekklesiologische Brücke zwischen der alltäglichen Pastoralpraxis einer Diözese und dem theologischen Verständnis von Synodalität« (279). Das Phänomen der Vielzahl an parakanonischen und synodenähnlichen Gesprächsprozessen, die es in den deutschen Diözesen nach der Würzburger Synode gegeben hat, greift Thomas Schüller auf und stellt diesem Befund die bis zur aktuellen Diözesansynode im Bistum Trier lediglich vier Diözesansynoden gegenüber, die er jeweils kurz charakterisiert. Hierbei führt er die Augsburger Diözesansynode von 1990 als Beispiel dafür an, welche Risiken mit einer Synode einhergehen können, wenn Bischof und Synodale nicht zusammenfinden. Als den entscheidenden Grund für die weitgehende Zurückhaltung der deutschen Diözesanbischöfe bei der Durchführung von Diözesansynoden nimmt er das »tief in den Köpfen einer Reihe von Diözesanbischöfen und ihren bischöflichen Kurien eingewebte Misstrauen in den Glaubenssinn der Christgläubigen« (284) an. Umgekehrt könnten gerade die verschiedenen synodalen Prozesse dazu beitragen, dass auch die Universalkirche katholischer, vielfältiger und lebendiger werde. Von daher ist es durchaus stimmig und ein gut gewählter Abschluss für den zu besprechenden Band, dass Georg Holkenbrink über das Wagnis einer Diözesansynode berichtet, wobei sich seine Ausführungen auf den Prozess der Vorbereitung der bereits erwähnten aktuellen Trierer Diözesansynode beziehen.