Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Dezember/2014

Spalte:

1541–1543

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Vickers, Jason E. [Ed.]

Titel/Untertitel:

The Cambridge Companion to American Methodism.

Verlag:

Cambridge: Cambridge University Press 2013. 398 S. m. 15 Abb. = Cambridge Companions to Religion. Kart. US$ 32,99. ISBN 978-1-107-40105-1.

Rezensent:

Beat Büchi

Dieses Buch, das in der Reihe »Cambridge Companions to Religion« erschienen ist, bietet eine gelungene Einführung in die Welt des amerikanischen Methodismus. Beigetragen haben dazu insgesamt 18 Autorinnen und Autoren, die, schaut man deren Publikations-listen und Wirkungsorte an, die Welt des amerikanischen Methodismus aus eigenen Erfahrungen kennen. Meinerseits rezensiere ich dieses Buch als Außenstehender. Ich bin weder mit dem amerikanischen Methodismus noch mit den europäischen Formen des Methodismus vertraut. Die Ausführungen des Buches lassen sich aber gerade von solchen Personen gewinnbringend lesen. Die be­deutsame Rolle des Methodismus in den USA wird schon im Klappentext deutlich: »In the midnineteenth century, Methodism exploded to become the largest religious body in the United States and the quintessential form of American religion.« Wer sich demnach mit der nordamerikanischen Kultur- und Religionslandschaft auseinandersetzen möchte, wird am Phänomen des Methodismus nicht vorbeikommen.
Das Buch gliedert sich in drei Großkapitel. Das erste heißt »The Making and Remaking of American Methodism«. Dieses Kapitel mit insgesamt vier Beiträgen bedient sich einer kirchengeschichtlichen Darstellung. Der Beitrag von Jason E. Vickers fragt dabei nach den gleichgebliebenen Charakteristika, die den Methodismus amerikanischer Prägung in den geschichtlichen Transformationen ausgemacht haben, und verweist dabei auf spezifische theologische Sensibilitäten: Die erste betrifft das Bewusstsein, dass sich der Methodismus einer »religious culture of revivals and awakenings« verdankt, die zweite, dass er sich im Laufe der Zeit in fünf »theologische Sprachen« ausdifferenziert hat, und die dritte, dass der Methodismus gegenwärtig einer Entwicklung der dogmatisch-theologischen Tradition bedarf. Die weiteren drei Beiträge skizzieren die Anfänge des Methodismus in Amerika im 18. und die Entwicklungen im 19. und 20. Jh. Nachdruck legen diese Verfasser auf das Faktum, dass der unterschiedliche Umgang mit der Sklaverei und der Rassenproblematik einen Hauptgrund für die Aufspaltung des Methodismus in verschiedene Richtungen darstellt – eine ernüchternde, jedoch wichtige Erkenntnis. Gut herausgearbeitet ist der große Stellenwert der Praxis der »Evangelisation« und der »Diakonie« – ein Sachverhalt, der sich mit den zeitgleichen europäischen pietistischen Bewegungen vergleichen lässt. Strukturell wird auf die diversifizierte Struktur einander ergänzender »Ver sammlungen«, die der institutionellen Stabilisierung und der inneren Mission dienten, hingewiesen: Die alle vier Jahre stattfindende Generalkonferenz, jährliche regionale Konferenzen, vierteljährliche lokale und wöchentliche örtliche Versammlungen erwiesen sich als äußerst wirksame Strukturen des Gemeindeaufbaus.
Ein technischer Lesehinweis sei hinzugefügt: Bei der Lektüre kann es lohnenswert sein, das Abkürzungsverzeichnis am Anfang des Sammelbandes zu kopieren, denn es werden häufig Abkürzungen verwendet.
Das zweite Kapitel »The Religious Culture of American Method­ism« geht in systematischer Methodik Themen nach, bei denen sich Prägungen des Methodismus gut aufzeigen lassen. Der Beitrag »Revivalism and Preaching« zeigt eindringlich, wie das Wanderpredigertum und die Geh-Struktur in die öffentlichen Bereiche des gesellschaftlichen Lebens das Selbstverständnis der frühen methodistischen Bewegung ausgemacht haben. Dargestellt wird der charakteristische Typus der Missionspredigt, deren Interesse die Er­zeugung eines Konversionserlebnisses bei den Hörern war. Der Stil der Predigten offenbarte den religiös-emotionalen Enthusiasmus der frühen methodistischen Bewegung und führte bei den Hörern oft zu sichtbaren und hörbaren körperlichen Reaktionen wie Weinen, Lachen oder In-Ohnmacht-Fallen. Diese Anzeichen wurden rückwirkend als Zeichen einer guten Predigt verstanden, was zunehmend die theologische Frage evozierte, was denn als Zeichen der Geistbewegtheit und was als Zeichen bloßer Emotionalisierung zu gelten hatte. Der bevorzugte Ort solcher Predigten waren die in immer größerer Zahl stattfindenden »Camp meetings« in freier Natur, die eine ganz eigene Art von Öffentlichkeit generierten und für den missionarischen Erfolg der methodistischen Bewegung entscheidend waren. Je institutionalisierter sich der Methodismus im Laufe des 19. Jh.s präsentierte und je fortschreitender die Urbanisierung war, desto häufiger meldeten sich auch kritische Stimmen zu dieser Praxis, da sich die Ansprüche an die Predigt mit diesen Veränderungen ebenfalls transformierten. Zunehmend wurde eine theologische Bildung für Prediger gefordert, und bis heute lassen sich Konflikte im Spannungsfeld zwischen der Tradition der Laienpredigt einerseits und geforderten spezifischen Berufsqualifikationen zur Ordination andererseits auf dem Hintergrund dieser historischen Konfliktsituation deuten.
Der dritte Abschnitt des Buches »Methodists and American Society« entfaltet in fünf Beiträgen die Rolle des Methodismus in ausgewählten amerikanischen Gesellschaftsbelangen. Diese be­treffen die Rassenfrage, die Bürgerrechtsbewegung, die Rolle der methodistischen Frau in Kirche und Gesellschaft, das Verhältnis zum Krieg und der Populärkultur. Gewidmet seien meine Bemerkungen dem Beitrag von Laceye C. Warner über die Rolle der Frau im Methodismus. Interessant sind ihre statistischen Zusammentragungen, die Erstaunliches zutage fördern. So hält sie etwa fest, dass um 1910 mehr als die Hälfte der amtlichen Missionare Frauen waren. In dieser Funktion zeigten sich viele Missionarinnen besonders innovativ und gesellschaftsprägend im Bildungs- und im Gesundheitsbereich. Erstaunt hat mich auch die Tatsache, dass schon 1853 die erste Frau innerhalb einer methodistischen Kirche offiziell ordiniert wurde. Neben dem ordinierten Amt hatten Frauen von Anfang der methodistischen Bewegung an Leitungs-rollen inne, beispielsweise als Sonntagsschullehrerinnen oder Lei-ter­innen von »class meetings«. Diese »class meetings« bildeten die Kernzelle methodistischen Gemeindeaufbaus. In überschaubaren Gruppen wurde christliche Praxis in Form von Bibelarbeit, Gebet, Katechese und seelsorgerlichem Austausch und Ermahnung ge­lebt. Drei Porträts der Frauen Frances E. Willard, Jesse Daniel Ames und Mary McLeod Bethune konkretisieren das Festgehaltene. Erwähnt seien hier auch die im gesamten Buch positiv in Erscheinung tretenden Abbildungen, die das Geschilderte vertiefen und historische Schauplätze und Personen nahebringen.
Insgesamt ist das Buch ein gelungener Überblick zu einer spezifischen Religionskultur. Graphisch ist das Buch lesefreundlich gestaltet. Endnoten nach jedem Kapitel ermöglichen die gezielte Vertiefung in ein Themenfeld und das ziemlich ausführliche Sachregister bietet eine gute Hilfe für eine Themenrecherche. Ebenso ist das Englisch unprätentiös und verständlich. Für den fortgeschrittenen Leser in methodistischer Literatur können Wiederholungen in den drei Großkapiteln, die sich der dreifachen Zugangsweise historischer, systematischer und gesellschaftsbezogener Methodik verdanken, vielleicht störend wirken. Für mich waren sie willkommene Repetitionen. Ich kann dieses Buch allen empfehlen, die einen von den Verfassern mit den Anliegen des Methodismus positiv verbundenen und kritisch-konstruktiv vorgetragenen Einstieg in die Welt des amerikanischen Methodismus suchen.