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Ausgabe:

1995

Spalte:

154-155

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Dünzl, Franz

Titel/Untertitel:

Braut und Bräutigam 1995

Rezensent:

Wiefel, Wolfgang

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Theologische Liieraturzeilung 120. Jahrgang 1995 Nr. 2

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her zu beweisen und weist die Messiaserwartungen der Juden
zurück. Stark betont er die Pflicht der weltlichen Obrigkeit, für
das wahre lutherische Christentum im Reich Sorge /u tragen
und alle anderen zu bekämpfen. Zwei Religionen auf einem
Territorium sind nicht möglich. Brochmand lehnt aber auch die
Zwangstaufe jüdischer Kinder ab. Gleichzeitig weist er eine
universale jüdische Bekehrung zurück.

Das außerordentliche Interesse an der hebräischen Sprache
verstärkte sich im 17. Jh. Danach hat man deutlich gesagt: ..Die
Juden lieben wir nicht, wohl aber ihre Sprache". Die Studien
verfolgten in erster Linie wissenschaftliche, keine polemischen
Interessen. Zahlreiche Bücher und Dissertationen wurden in
Kopenhagen gedruckt, wo Danemarks einzige Universität lag.
In volkstümlichen Schriften ist den Lesern die Sage von Ahas-
ver, dem ewigen Juden, begegnet. Insgesamt haben wir es hier
mit einer sehr zuverlässigen Darstellung des Verhältnisses von
Judentum und Juden in Danemark zur Kirche zu tun.

Uppsulu Harry Lenhummur

Kirchengeschichte: Alte Kirche

Alviar, .1 Jose: Klesis. The Theology of the Christian Vocation
aecording to Origen. Dublin: Four Courts Press 1993. 228 S.
gr.8*>. ISBN 1-85 182-104-X.

Alviar gibt eine umfassende Darstellung des Berulüngsgedan-
kens bei Origenes. Der durch Volker wiederentdeckte spirituelle
Origenes hat in diesem Werk eine weitere Würdigung erfahren.
Hs besteht im wesentlichen in einer systematischen Ordnung
von Zitaten aus Origenes und bleibt auf diesen selbst konzentriert
. Grundlage bildet die Vorstellung vom Menschen als Bild
und Gleichnis Gottes (genauer: als Bild des Bildes Gottes, nämlich
Christi). Während ..Bild" die Vernünftigkeit des Menschen,
aber auch darüber hinaus gehende Fähigkeiten bezeichnet, meint
..Gleichnis" das zu erstrebende Ziel als Vollendung in Stabilität
von Heiligkeit und Tugend. Dahin durch Anwendung der in seiner
Erschaffung gegebenen „Bild"-Voraussetzungen zu gelangen
, ist der Mensch berufen. Voraussetzung dafür ist die
menschliche Freiheit die als in der Erschaffung vermittelte Gabe
auch nach der Entfernung der Seelen von Gott - wenn auch
geschwächt - als auf Gott gerichteter Motor erhalten blieb,
wobei die Gnade das größere Gewicht in der Wirkung hat.
..Erwählung". ..Vocation" ist Zurückrufen zu Gott. Rufer sind
die Propheten, aber vor allem Christus selbst. Gerufen sind,
heilsgeschichtlich geordnet, alle, und zwar zur Gemeinschaft
mit Gott, zur Heilung, zur Seligkeit, zum heiligen Wandel auf
Erden in der Nachfolge Christi und zur Gemeinschaft in der Kirche
. Berufung ist Gnade. Kraftmitteilung für die weiteren
Schritte des Menschen. Ist der Mensch als Bild Gottes geschaffen
, und dazu bestimmt. Gleichnis zu werden, besteht letzteres
im Kampf unter göttlicher Hilfe und im Fortschritt zur Vollendung
, zur Vereinigung mit Gott. Der verschiedene Grad des
Fortschritts, aber auch schon die verschiedene Tiefe des Falls
und das unterschiedliche Mall mitgeteilter Gnade schafft einen
gestaffelten Kosmos der Seelen, der wunderbar von Gott geordnet
ist. Auch das Materielle (Körper. Welt) erscheint als durch
Gottes Vorsehung geordnetes Feld der Bewährung. Das Leben
steht so zwischen Verfallen an die Welt und einer Haltung, die
als ständiges Gebet, inneres Martyrium (Askese). Zeugnis in
Wort und Tat. Auszug aus der Welt beschrieben wird und die
zunächst nicht von den äußeren Lebensumständen abhängt.

üreilswuld Hans Georg Thümmel

Diinzl. Franz: Braut und Bräutigam. Die Auslegung des Can-
ticum durch Gregor von Nyssa. Tübingen: Mohr 1993. XI.
419 S. gr.8° = Beiträge zur Geschichte der biblischen Exegese
. 32 Lw. DM 178.-. ISBN 3-16-146033-2.

Gregor von Nyssa ist der Hermetiker unter den Kirchenvätern.
Im Gespräch mit ihm. der jüdisch-christliches Gottesbild und
platonische Denktraditionen auf höchster Ebene zusammenzuführen
suchte. Schriftausleger und religiöser Philosoph in
einem sein wollte, begegneten sieh (manchmal über Jahrzehnte
hinweg) exzellente Geister. Hans Urs von Balthasar und Jean
Danielou, Hermann Langerbeck und Walter Völker. Hermann
Dörries und Marguerite Harl - die Mehrzahl nicht zufällig auch
mit Philo von Alexandrien befaßt, den man in ähnlicher Weise
charakterisieren könnte wie den großen Kappadozier. In diese
Reihe ist nun der Regensburger Theologe Franz Dünzl eingetreten
, dessen Dissertation von seinen exegetischen Lehrern betreut
wurde, dem Neutestamentier Norbert Brox und dem Altte-
stamentler Anselm Schmitt.

Die Arbeit ist ganz auf das wichtigste Auslegungswerk Gregors
, die Homilien über das Hohelied, konzentriert. Der Titel
könnte andeuten, daß es sich um einen Gegenentwurf zur Lun-
denser Dissertation von Karen Bjerre-Aspegren, Bräutigam.
Sonne und Mutter. Studie zu einigen Gottesmetaphern bei Gregor
von Nyssa (1977) handelt, die ganz literarwissensehaftlich-
psychologischer Arbeitsweise verpflichtet war und am Anfang
einer dichter werdenden Reihe von Spezialabhandlungen mit
verschiedenen Ansätzen über Gregor von Nyssa in den letzten
Jahren stand. Der Vf. unterscheidet sich der Methode nach von
nahezu allen seinen Vorgängern. Er arbeitet konsequent synchron
, versteht also die Aussagen von ihrem unmittelbaren
Kontext her, sucht weder nach Querverbindungen in Gregors
Gesamtwerk noch nach Strata frühchristlicher, jüdischer oder
paganer Tradition (wie etwa Langerbeck). Stattdessen konfrontiert
er die Auslegung Gregors, die die Beziehung zwischen
..Braut" und „Bräutigam" durchweg auf das Verhältnis der Seele
bzw. der Kirche zu Gott bzw. dem Logos deutet, ständig mit
der gegenwärtigen Hohenliedexegese, für die der profan-erotische
Charakter des Canticum feststeht.

Die gattungsbestimmte Eigenart des Gregorschen Werkes als
einer Homilienfolge, die knapp herausgearbeitet wird, kommt
der synchronen Interpretation entgegen. Der Vf. stellt sich die
vorliegende Gestalt als nachträglich vom Vortragenden überarbeitete
Nachschrift von Homilien vor. die vor einer normalen
christlichen Gemeinde gehalten wurden - ähnlich wie zahlreiche
Schriften Philos öffentliche Lehrvorträge reproduzieren. Der Zeit
nach gehören sie in die letzten Lebensjahre (391-394). örtlich
nach Nyssa. Basis ist ausschließlich die griechische Bibel, in
deren Text freilich gelegentlich eingegriffen wird. In einer Auslegung
, die keinen Vers ausläßt, bleibt Gregor der Allegorese
treu, die die „somatische" Bedeutungsebene hinter sich läßt und
zur theoriu aufsteigt. Typologie im strengem Sinne spielt nur
gelegentlich hinein, zahlreich hingegen sind die Querverweise
innerhalb des Alten und im Blick auf das Neue Testament.

Der exegetische Mittelteil (57-223) folgt der Reihe der (15)
Homilien Gregors, die jeweils einige Verse umfassen und in
fortlaufender Folge das ganze biblische Buch auslegen. Dem
LXX-Text, von dem er ausgeht, wird die hebräische Version
gegenübergestellt, um zu zeigen, in welchen Fällen die dort
gegebene interpretatio graeca von Gregor eine christliche rel-
ecture erfährt. Durchgängig ist der Blick auf den literalen Sinn
unter Heranziehung der modernen Kommentare, wobei
Rudolph (KAT). Gerleman (BK), Krinetzki (BET), Keel (ZBK)
immer wieder zu Wort kommen. Hier ist ein Muster geschaffen,
das man sich für die Kommentierung weiterer exegetischer
Schriften der Kirchenväter, etwa des Origenes oder Ambrosius
wünscht. Gregor hält seine Methode bis zum Schluß durch.