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Ausgabe:

1995

Spalte:

1109-1111

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Schulz, Peter

Titel/Untertitel:

Edith Steins Theorie der Person 1995

Rezensent:

Wulf, Claudia

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Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 12

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trollieren? War das soziale und ökonomische Leben je so ein- aber das ganze weitere Werk durchziehend. Das ..reine Ich" der

lach, daß Menschen eme vermeintliche Natürlichkeit ausleben phänomenologischen Betrachtungsweise bleibt zwar als Tra-

konnten? Alle diese Fragen bleiben um gerechter Urteile willen gendes (s. „Ewiges und endliehen Sein", vgl. Schulz, 155 f.)

wichtig. Ein bedächtiges Studium der Sozialgeschichte lehrt präsent, ist aber, so Stein, nicht mit dem Subjekt gleichzuset-

underes an Menschen zu erkennen als die angeblich ideologie- zen. Zu diesem gehören wesentlich die Qualitäten/Anlagen, die

britische Sieht, die sich voll Unbedachtsamkeit einen ideologi- den Kern der Person ausmachen und insbesondere, hier ein

sehen Maßstab wählt, dessen Realisierung auch in unserer Zeit Rückgriff auf die Dissertation, in den Gefühlsakten erfahrbar

fraglich ist. sind. Der Kern erweist sich als „primum movens" (73). als Trä-

Diese ..Kritische Anthropologie" bleibt ein privates Manifest des Autors, ger der freien Akte und der Verantwortung, als letzter Einheits-

** HC auch entsprechend sorglos bearbeitet hat. Wurde er doch nicht grund der Person. E. Stein unterscheidet zwischen den dem

immer seiner Sekundärliteratur glauben! Aber auch an bloßer Sorgfalt fehlt Kern zuzuordnenden Anlagen, die sieh entfalten aber in ihrem

ex wenn Rogers einmal den abgekürzten Vornamen K". dann wieder C" Grundbestand feg, sind, und dem Charakter, der sich entwickelt
fuhrt (112. Anm. 14; 147. Anm. 39). Wo im Lukas-Evangelium das Wort . . *

Gottes von der sexuellen Enthaltsamkeit und der Auferstehung her definiert Beides w.rd in der Konfrontation des phänomenologischen

Mtl soll (170). bleibt unerfindlich. Eine Anmerkung 66 führt folgenden Ansatzes mit der scholastischen Philosophie wiederbegegnen.
T"l: „fehlt!" Der Kirchenvater Origenes wird zu Orgigcnes (102). Der Zuvor jedoch noch ein Blick auf einen anderen Unterschied

englische Sozialkritiker heißt plötzlich de Mandevill (296). Und die Sub- zwischen E. Stein und ihrem Meister Husserl. Husserl hält die

Manz der „res_ cogitans" bei Descartes wird vermehrt zu „res cogitantes'' Bewußtseinsstruktur und die Struktur des sich ihm zeigenden

(289). Daß ..Pogrome" zu „Progromen" werden, überrascht nicht (274). objekts fur ejnander entsprechend, wobei die Bewußtseins-
tine ganze Anzahl von Autoren muß um die Schreibung ihrer Nachnamen ,~~ _, . , . .. „. ■ ■

h-.„ , r, „ .7 '' struktur als vorgangig zur und konstituierend lur die Ob|ekt-

ojngen (so z.B. O. Marquart - 298).

struktur verstanden wird. Diesem „transzendentalen Ideal is-

B(x.hu Christofer Frey mus" (40) Husserls sind neben E. Stein viele seiner Schüler

nicht gefolgt. E. Stein spricht der Objektstruktur Eigenständigkeit
zu. Die Bewußtseinsstruktur entspricht ihr zwar und verSchulz
Peter- Edith Steins Theorie der Person. Von der Be- mag das, was den Sinnen nicht erfaßbar ist. zu ergänzen, sie ist
wußtseinsphilosophie zur Geistnietaphysik. Freiburg-Mün- jedoch nicht konstitutiv für d.e Objektstruktur. Sic zeigt das auf
eben: AlbCT 1994 276 S %0, Lw. DM 86.-. ISBN 3-495- an einer Grenze: Wo die Objektstruktur der Bewußtseinsstruk-
47804 3 tur nicht entspricht, bleibt lediglich der Eindruck von etwas Diffusem
, eine Aufnahme des Objekts ist dem Bewußtsein dann
Die von Peter Schulz vorgelegte Dissertation verfolgt die The- nicht mögüch. Sch. sieht hierin eine Abwendung Steins vom
«. dal! die in den frühen Werken Steins auffindbaren phäno- Idealismus und eine Hinwendung zum Realismus und kritisiert,
monologischen Einsichten zur Person durch ihre spätere Aus- daß H.-B. Gerl-Falkovitz bei Edith Stein beide Ansätze erkennt,
einandersetzung mit der klassischen Seinsmetaphysik auf eine M.E. läßt sich jedoch letztere Aufassung leichter halten. Auch
breitere Grundlage gestellt und dadurch erst eigentlich abgesi- Sch. beschreibt insbesondere in den Ausführungen zu „Person
chert" (13) werden Sch zieht zur Darstellung wisscnschaftli- und Akt" daß den intentionalen Akten ein qualifiziertes und
Che W erke Siems heran und weist die Entfaltung des Personbe- qualifizierendes Etwas (vgl. 125) zugrunde liegt, dessen Er
griffs darin nach schlossenheit für die Realität durch eben die es prägenden Qua-
^ Edith Stein gehl in ihrer Dissertation ..Das Problem der Ein- litäten bestimmt ist (124/125: 131; 26. vgl. auch das Zita, aus
'ühlung" aus vom reinen Ich" dem in der phänomenologi- „Person und Akt" [als Fußnote 261: „Die eigentümliche Struk-
sehen Betrachtungsweise zukommt. Ausgangspunkt der inten- tur der seelischen Einheit hangt von dem eigentümlichen Gehalt
»onalen Akte zu sein mittels derer der Mensch sich den Phä- des Erlebnisstromes ab und umgekehrt - wie wir sagen müssen,
nomenen zuwende, die dann wiederum das Subjekt konstitu- nachdem sich uns die Seele konstituiert hat - der Gehalt des
ieren. In der Dissertation betrachtet E. Stein ausführlieh das Erlebnisstromes hangt von der Struktur der Seele ab") Beide
Gegebensein des Lehes und inwiefern es sich unterscheidet Ansätze - Realismus und Idealismus - stehen hier ,n der Tal
VOI1 dein aller anderen ()biekte. Das Gefühl eröffne! den eigent- unvermittelt nebeneinander und scheinen nach E. Stein euian-
lirhm z i s-, i ,,„. ,i,„ M.-nsrhen Fs ist der auch nicht auszuschließen.

ucnen Zu«anu zur personalen Struklui des Mcnscncn. es isi . , „ , .„ . _

wertbestimm, d h wird durch Werte konstituiert, die die Per- Bis hierher hat die Entlaltung des Personbegntts durch L.

M>11 kralt freier Willensentscheidung im Sinne der Wertent- Stein ohne Auseinandersetzung mit der scholastischen Philoso-

»cheidung assimiliert. Diesem sich durch Wertaufnahme waa- phte stattgefunden . .... „. ^

feinden Bereich der Psyche stehen bleibende Eigenschaften Lese beginn, erst ,m Werk -Potenz und Akt . Hier erfähri

gegenüber. Ein weiteres Werk E. Steins, ..Psychische Kausa- der bisher entwickel e Personbegnff noch einmal eine JDynami-

litüt". legt jedoch durch die Beschreibung der Motivation als sierung d.h. das Moment der Entfaltung und Entwicklung

aktiv,,, ? u i . i * i . ,„„i ,i,.r nsvehischen Kau- sowie die mit dem Menschsein gegebene Grenze dieser Mog-

'"viivei Verbmdunu psychischer Akte und tlcr psyemsenen is.au c r . T

«Üitä. als Umsetzung von Lebenskraft in aktuelles Leben sowie henkelten kommen hier zur Sprache. Nachdem Edith Stein die

durch die Definition der Willensakte als freies Wollen (Willens- Vermittlung des phänon^nologischen wie des scholastischen

Ersatz) und dum. durch das Aulzeigen mannigfacher Verän- Aktbegntts gelungen ist, indem der phan. Ak.begntt gefaßt

dem,/ , x ik ,L -ii der Person nahe. wird als „Aktualisierung der realen Potenüalitäten der Person"

ferungsmöghchkeiten die ^^^^^ZciSt" (122), macht sie deutlich, daß Selbstbewußtsein, insofern es nie

üementsprechend erfolgt m „Individuum und üememscnaii , <^i, >

einem Werk das ich mit der Parallelität der personalen und der ganz erlangt w.rd. potentiell ist daß der Kern der Person sich

"es n , 7 e ' i ,,s,r luiv. einer doppel- enthüll, und entfaltet, aber insofern er nie ganz zur Entfaltung

^tu' ; d ^ k—• 11 weibt= 111 F-

die in der Dissertation Steins als'bleibende oder personale kenntnis Aktualität erlang,, aber mso.ern sie me ganz und alles

[,„., . , , ' | „„j rharaktereieenschaf- zu Erkennende zu umfassen vermag, ebenfalls potentiell bleibt.

^ u schalten beschrieben ^d^^0, Damit werden „die Begriffe Potenz und Akt... auch für die

-der psvelusche Eigenschaften, Per- Genese des geistigen Lebens der Person fruchtbar" (141)

mikL aber auf die ruhenden Sei, gemacht. Auch andere Begriffe wie der des Habitus (Charakt-

• bezogen bleiben, n diese Kfln derPu ereigenschaften als Habitu)s, der der Seele .gleichgesetzt mi.

Mi i Konzeption des Selbst (67) ... Wc^ Personalität

ändere ausgeführt in „Lintührung in die Philosopnic . uuu