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Ausgabe:

1995

Spalte:

1093-1094

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Offermann, Ulrich

Titel/Untertitel:

Christus - Wahrheit des Denkens 1995

Rezensent:

Kandler, Karl-Hermann

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Seite 1

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1093

Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 12

1094

Kenntnis des kanonischen Rechts gewonnen. Es geht ihm dabei Zu seiner Sicht der zentralen Bedeutung der Christologie für
um Legalität und um Legitimität. Mit Hilfe des Begriffs der das Denken von Nikolaus beruft der Vf. sich vor allem auf Cassi
„repräsentatio" versuch! NvK ..widersprüchliche)n) Systemvor- rer und Metzke, wenn er sein Christusverständnis als Fundament
Stellungen zu verknüpfen": Ein höchstes Entscheidungsamt in dessen bezeichnet, was er über Gott. Welt und Mensch sagt; er
der Kirche soll die Gesamtkirche repräsentieren. NvK meint zu will das ganze Werk von Buch III her lesen (2 f.).
dieser Zeil noch, daß in einem Streitfall ..die Entscheidung des Mit Recht betont der Vf. dabei, daß es NvK ..nicht um
Konzils immer mehr Gewicht als die des Papstes alleine" habe. Erkenntnisgewinn allein, sondern um den Selbstgewinn des
Wichtig ist ihm. daß jedes kirchliche Amt auf das Kirchenvolk Menschen" geht. Von der Widmung der Schrift an Julian Cesari-
bezogen ist und daß der Gedanke der „repraesentatio" durch ni her, die, wie auch der Rez. meint, oft zu wenig beachtet wird,
eine Wahl zum Ausdruck kommt (150. 156). Wie aber die Be- weiß NvK, daß er eine neue Denkmethode in theologischen Dingriffe
Konsens und Repräsentation im Verhältnis zueinander gen einführt; er spricht ja vom „prineipium nostrum". Durch sie
Stehen, erläutert die Vfn. erst am linde (183 f.). sie versteht will er zur Wahrheit gelangen. In der Verknüpfung von philoso-
Konsens als ..Ilmordnung des Menschen auf Gottes Wirklich- phischer und theologischer Erkenntnis sieht der Vf. das Besonde-
keit" und sieht in seiner Konsensfähigkeit „ein Merkmal des re von doct. ign., doch diese ist nun gewiß kein Spezifikum des
von Gott geschaffenen neuen Menschen"; wie aber beide. Kon- cusanischen Denkens, das Spezifikum liegt allein in seiner Denk-
sens und Repräsentation ..aufs engste miteinander verknüpft" methode der „docta ignorantia" (24 f.). Richtig ist dagegen, daß
sind, das wird nicht recht einsichtig. Mit Konsens ist schließlich der Vf. die Unterschiede in der Gottesdefinition zur Scholastik
die Wahrheitsfrage gestellt; „Kriteriologie" dafür ist der Hl. hervorhebt, wenn NvK Gott nicht das Prädikat ..Sein" zuschreibt
C;^ist (201, ein seltsamer Ausdruck!). Was „repraesentatio" als (44 f.). Sein Denken zielt auf Christus als das „maximum con-
Leitidee cusanischen Denkens für das Verhältnis des Unendli- tractum et absolutum", er ist das „vollkommenste Ziel über unseren
zum Endlichen austrägt, geht über DCC hinaus. Interes- re Fassungskraft hinaus" und in ihm ..findet das Denken die
sant ist die Bemerkung der Vfn., daß der Begriff Konsens im Bedingung der Möglichkeit seines eigenen Seinkönnens. ... Weil
röm. Kirchenrecht heute nur noch beim Eherecht auftaucht. sieh Gott als Unendlicher im Endlichen zeigt, kann das Denken,
Die vorgelegte Arbeit ist nicht immer leicht zu lesen. Es das zunächst in seinem Erkennen nur auf das Endliche ausgerich-
gelingl der Vfn sicher, wesentliche Begriffe von DCC zu erläu- tet ist. dieses Endliche transzendieren und sein ihm selbst verhörtem
, doch ist ihre Verknüpfung miteinander nicht deutlich genes Streben nach dem Unendlichen erkennen. In Jesus Chri-
genug zum Ausdruck gekommen. Man liest die Arbeit mit stus gibt sich das Unendliche als Ziel des Seienden zu erkennen
Gewinn, doch wird man sich auch kritisch mit ihr auseinander- und zwar gerade als l Inendliches". Wichtig ist die Erkenntnis des
setzen müssen Vt s- ^ tloct'ign' s'cn "als Interpretation des Konzils von Chal-

kedon" erweist, wobei diese nur dann richtig verstanden wird.

Freiberg/Leip/ig Karl-Hermann Kandier wenn die unio hypostatica ..nicht nur als die Person Jesu Christi

betreffend gesehen wird, sondern auch als ein bestimmtes Ver-

, _. ständnis des Menschen implizierend, der in Jesus Christus sein

Offermann. Ulrich: Christus - Wahrheit des Denkens. Eine y^ (3() f 62 ,57)

Untersuchung zur Schrift „De docta ignorantia" des Nikolaus - ^ Kap 4 ^'Vernunft auf der Suche nach dem Unendl,

von Kues. Münster: Aschendo.it 1991. VI, 226 S gr.8 - chen„ ^ de[, yf ^ R<jcht Jie Bedeutung mathematischer

Beträge zur Geschichte der Philosophie und Theologie Oes f^UKn ^ das spekulative Denken des Nikolaus hcrvor In dje.

Mittelalters. Texte und Untersuchungen. NF 33. Kart. UM ^ Zusammenhang überrascht es aber, daß er bei dem Ternar

49,80. ISBN 3-402-03928-1. Einheit-Gleichheit-Verbindung nicht die Anlehnung an Augu-

Der Vf legt hiermit seine 1989 an der Kath.-Theol. Fakultät stin erkennt (81). Daß die affirmative Theologie zu ihrem riclui-

Tübingen bei P Hünermann eingereichte Dissertation vor. Er gen Verständnis die negative Theologie als Korrektiv braucht

hebt hervor daß De docta ignorantia (= doct. ign.) bisher vor- (95). ist eine Erkenntms. die NvK durchhält. Vernunft begreift

wiegend philosophisch rezipier, worden ist. doch sieh, er das er als „Ausfaltung des Glaubens". Denken der Wahrheit kann

Ziel seiner Arbeit dann, „darzustellen, daß erst das dritte Buch. es nur innerhalb des Glaubens geben (175-177 zu [11,11) Be.

- also in erster I inie die Christologie den hermeneutisefaefl all semer Toleranz halt NvK an dem Absolutheitsanspruch des

Schlüssel zum Verständnis des Gesam.werkes enthält" (III). Der Christentums, an der Ildes orthodoxa. lest.
Rez. summt dem Vf darin völlig zu. daß doct. ign. ein vor allem Zur Bestimmung des Universums ist die Erkenntnis wichtig,

theologisch zu verstehendes Werk ist: Insgesamt erweist sich daß ihm seine Bestimmung als unendlich vom Endlichen her-

das ganze Werk ' als eine auf Jesus Christus hin zentrierte kommt. Ob es aber richtig ist zu sagen, daß es nur ein Verhält-

Explika.ion des apostolischen Glaubensbekenntnisses". Buch I nis des Endlichen zum Unendlichen und nicht umgekehrt geben

handelt von „Gott dem Vater, dem Allmächtigen '. Buch II vom kann, möchte der Rez doch bezweifeln (zu 105 f 113) auch

-Schöpfer des Himmels und der Erde" und Buch III „von Jesus wenn das Geschöpf „aliud" ist und Gott das ,,,on aliud". Durch

Christus als dem Ziel unserer Existenz.".....Eine Interpret»*», Jesus ( hnstus bekomm, menschliche Vernunft ihren Maßstab:

die meint, bei der Darlegung des Gedankenganges des Nikolaus Indem sie sich denkt als eine solche, die mit der absoluten
von Kues auf den dritten Teil... verzichten zu können, muß not- Größe, mit Gott, geeint ist. denkt sie. die alles mißt, Steh selbst
wendigerweise zu kurz greifen" (142). denn erst von ihm her als gemessene . Gott ist das Urbild des vernunftbegabten Men-
lassen sich I und II begreifen. Genau den genannten Fehler ha. sehen, dieser ist Gottes Abbild weil Christus das Selbstporträ.
die marxistische Cusanus-In.erpreta.ion begangen. Gottes (E. Bohnenstaedt) .st (156). Wahres Menschsein kann
Nach einer Einleitung (I ) stellt der Vf. (2.) vier „Interpret**- nur von ,hm her verstanden werden und der Tod des Mensehen
„__,.., _ , Million« von Kues" dar (R as Folge der Sunde nur von Christi Tod und Aulerstehung her.
onsansatze zur Christologie des Nikolaus von Nues uai »ix. e. XI.,v< D
Haubsl I Dovon H L Bond C Schönborn). In Kap. 3 ent- dem Ende unserer Sterblichkeit. Das wirkt sich m NvK s Rechtwickelt
er ..Das Programm von' .De docta ignorantia'". in Kap. fer.igungslehre aus: „Unsere Rechtfertigung geschieht daher
4 thematisierte, „Die Vernum, auf der Suche nach dem Unend- nic^h. aus uns. sondern aus Christus (171 zuffl,6).
liehen" m Kau 5 Das Nicht-Unendliche in der Sicht der nicht- Offermanns Untersuchung stellt insgesamt einen tiefsinnigen
Wissenden Vernunft", in Kap. 6 „Jesus Christus: Das Ziel der theologischen Kommentar zu De docta ignorantia dar.
Vernunft" und in Kap. 7 faßt er zusammen: „Grenzen und Perspektiven
der Christologie des Nikolaus von Kues".

Freiberg/Leipzig Karl-Hermann Kandier