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Ausgabe:

1995

Spalte:

1065-1068

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Donner, Herbert

Titel/Untertitel:

Aufsätze zum Alten Testament aus vier Jahrzehnten 1995

Rezensent:

Thiel, Winfried

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1065

Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 12

1066

Das Wort wahrnehmen: Ulrich Kühn. Die Situation des Menschen als
Kriterium der Schriftauslegung. Anmerkungen zu einer Luther-Predigt (43-
50); Rainer Stahl, „Alles setztest du ihm zu Füßen" (51-62); Gerhard Wallis
. Glauben. Verstehen und Handeln. Gedanken eines Exegeten über eine
systematisch-praktisch-theologische Frage (63-72); Matthias Petzoldt. Vom
Schopfer und von der Schöpfung reden. Fundamentaltheologische Anmerkungen
zum wissenschaftstheoretiKhen Status christlicher Schöpfungslehre
(73-87); Wolfgang Ratzmann. Erzählung als Kommunikationsfaktor im
Predigiprozeß (89-96).

Dax Zeugnis des Landes: Karl-Martin Beyse. Biblische Landeskunde -
geographische Bibelkunde.' Gedanken zu einem theologischen Lehrfach
(97-105); Dieter Vieweger. Erwägungen zur Lokalisation von Mattana aus
Num 21.18t'und Maschana aus dem Onomastikon des Eusebius (107-126).

Das Volk in seiner Gesehiehte: Uwe Gleßmer, Leviten in spiit-nachexili-
scher Zeit Darstellungsinleresse in den Chronikbüchern und bei Josephus
(127-151); Arndt Meinhold. Ein .totes' Volk wird lebendig. Zeitbedingte
Anmerkungen zu Ezechiel 37 (153-163); Kurt Nowak. Deutsch-christliche
Kirchenpolitik im Dritten Reich im Zeichen des Antisemitismus (165-184).

Der bedrängte Mensch: Siegfried Wagner, Leiderfahrung und Leidbe-
wältigung im biblischen Ijobbuch (185-210); Werner Vogler, „Einsamkeif
im Neuen Testament (211-219); Christoph Goßmann. coen rwi ■ eatsr. nnr.
Anmerkungen zum Ort des Menschen bei Qohalät (221-223); Jürgen Ziemer
. Schreie aus der Not: Überlegungen für eine Seelsorge mit den Psalmen
(225-235).

Den geraden Weg wandeln: Matthias Albani. „Das Werk seiner Hände
verkündigt die Feste". Die doxologische Bedeutung des Sonnenlaufes in
Psalm 19 (237-256); Timotheus Arndt. „Die Tora leuchtet besser" (257-262).

Die Beiträge, die hier im einzelnen nicht besprochen werden
können, sind - wie in Festschriften üblich - von sehr unterschiedlicher
Herkunft und Natur. Sie reichen von der zusammenfassenden
Deutung des Buches Ijob unter dem Leitmotiv
..Leiden" durch S. Wagner bis hin zu einer aktuellen und lesenswerten
Bibelarbeit von A. Meinhold. Eine ganze Reihe Aufsätze
, wie etwa die von U. Gleßmer, W. Vogler, J. Ziemer, setzen
sich mit Themen auseinander oder bei Themen ein, die von dem
Jubilar selbst behandelt wurden. Das gilt auch für die beiden
Beiträge der Hgg.. die von sehr verschiedener Seite aus für die
Einheit von Psalm 19A und I9B plädieren. K. Koch wird weithin
auf Zustimmung stoßen, wenn er zur Auslegung des Hohen
Liedes fordert, daß gerade unter theologischem Aspekt die
kanonische Perspektive ..in einem wirklichen historisch-kritischen
Kommentar nicht übergangen werden" sollte.

Demgegenüber möchte man K.-M. Beyse. wenn er die Rede
von der Palästinakunde als sogenanntes „fünftes Evangelium"
verteidigt, die darauf von ihm selbst zitierte Anwort des Nestors
der Palästinaforschung Gustaf Dalman entgegenhalten: „Nein,
und abermals Nein!" Insgesamt weisen die Beiträge dieser Festschrift
zugleich auf das weitreichende Forschungsinteresse des
Jubilars hin, dessen Bibliographie (einschließlich der Filmkritiken
) den Abschluß des Bandes bildet (263-272).

Halle/Saale Ernst-Joachim Waschke

Altes Testament

Donner, Herbert: Aufsätze zum Alten Testament aus vier
Jahrzehnten. Berlin-New York: de Gruyter 1994. VII. 311
S. gr. 8° = Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentlichc
Wissenschaft. 224. Lw. DM 168.-. ISBN 3-11-014097-7.

Der Band enthält 15 Arbeiten des Kieler Alttestamentiers aus
den Jahren 1959-1992. mit Ausnahme der letzten Beiträge chronologisch
angeordnet. Außer zwei zunächst in Englisch publizierten
Arbeiten, die nun im deutschen Text erscheinen, sind
alle Aufsätze in der Originalgestalt, meist auch im ursprünglichen
Druckbild, wiedergegeben. Ausführliche Register schlies-
sen den Band ab.

„Art und Herkunft des Amtes der Königinmutter im Alten
Testament" (1-24) leitet D. aus dem hethitischen Kulturkreis her,
wo die Königin (tawananna) eine besondere Amtsfunktion innehatte
. Dasselbe läßt sich in Ugarit und - etwas abseits von
den sonstigen Belegen - im neuassyrischen Reich beobachten.
Durch die hethitischen Nachfolgestaaten in Syrien und durch
die Kanaanäer wurde die Amtsvorstellung anscheinend an Israel
vermittelt, wo sie nur in Juda im Zusammenhang der Daviddynastie
belegt ist. Ein ebenfalls nicht originär israelitischer
Funktionsträger ist „Der .Freund des Königs'" (25-33). der auf
einen ägyptischen Amtstitel zurückgeht, im AT aber nur wenig
bezeugt ist. EAT 288,1 1 und Gen 26,26 könnten Zwischenglieder
darstellen. Das im Alten Vorderen Orient wohlbekannte
Rechtsinstitut der Adoption hat Israel offenbar nicht gekannt.
Zu diesem Ergebnis kommt D. durch eine Untersuchung einschlägiger
Dokumente aus der Umwelt Israels, die in einem
Anhang abgedruckt sind. Die atl. Texte, die in der Regel als
Zeugnisse für die Existenz, der Adoption in Israel angeführt
werden (Gen 30,1-3; 48,5.12; 50,23; Ruth 4.16 f. u.a.), belegen
nur familienrechtliche Anerkennungsakte. Israel benötigte die
Adoption anscheinend nicht, da es andere Institutionen (Leviratsehe
, Lösepflicht) zur Verfügung hatte. Eine Schwierigkeit
bieten allerdings die Texte, die die Annahme des judäischen
Königs zum Sohn Jahwes proklamieren (2Sam 7,14; Ps 2,7; Jes
9,5); hier kann D. keine überzeugende Erklärung vorlegen
(„Adoption oder Legitimation?", 34-66).

Auf diese verwaltungs- und rechtsgeschichtlichen Untersuchungen
folgen exegetische Beiträge. Den ' Jerobeam I. in den
Mund gelegten Satz von lKön 12,28 interpretiert D. so: „Die
Polemik richtet sich in diesem Falle nicht gegen den Polytheismus
des Königs, sondern gegen einen ihm unterstellten Poly-
jahwismus (genauer: Dyojahwismus)." (72) Diese These, für die
D. nur 2Sam 15,7 („Jahwe in Hebron") anführen konnte, hat
indessen durch die Texte von Kuntillet Agrüd weitere Bestätigung
gefunden („Hier sind deine Götter, Israel!", 67-75). „Die
literarische Gestalt der alttestamentlichen Josephsgeschichte"
(76-120), d.h. ihr novellistischer Charakter, der stark von den
sonstigen Vätergeschichten der Genesis absticht, bietet für D.
den Anstoß dazu, die Aufteilung des Komplexes auf die Penta-
teuchquellen J und E zu bestreiten: „Die Kriterien der Penta-
teuchquellenscheidung versagen an Gen. 37-50." (94) Daher ist
anzunehmen, daß die Josephsgeschichte eine in sich geschlossene
Novelle darstellt, die von dem jehovistischen Redaktor (R-""-)
dort eingesetzt wurde, wo die älteren Quellen vom Zug der
Jakobsippe nach Ägypten berichteten. Spuren dieser älteren Darstellung
sind noch in Gen 41,50-52; 46.1aß-5a; 48; 50,23-25
erhalten. Diese Erklärung wirkt ziemlieh kompliziert, und auch
die Spannung zwischen Ismaelitern und Midianitern in Gen 37 -
um nur diese zu nennen - wird man kaum auf einen ungeschickten
Glossator zurückführen können. So darf man wohl weiter
(z.B. mit L. Schmidt. Literarische Studien zur Josephsgeschichte.
BZAW 167, Berlin-New York 1986, 121-310) die Josephsgeschichte
als aus J und E zusammengesetzt beurteilen. Die Ambivalenz
des Bildes von Bileam im AT untersucht D. in „Bileam
pseudopropheta" (121-132). Die beiden unterschiedlichen negativen
Bileamüberlieferungen (Dtn 23,5b.6; Jos 24.9f; Neh 13.2
bzw. Num 31,8.16; Jos I3,21f) entstanden durch Nachinterpretation
der „klassischen" Bileam-Perikope Num 22-24 unter negativem
Vorzeichen. Sie bestimmten auch das Bileambild im Früh-
judentum. im NT und in der Alten Kirche.

Eine weitere Arbeit untersucht ausführlieh die Traditionen
über „Die Verwerfung des Königs Saul" (133-164). Sie zeigen,
daß sich Israel immer wieder Gedanken über das Scheitern seines
ersten Königs gemacht hat. Einer „alte(n) Sagenüberlieferung
unter dem Gesichtspunkt der Ambivalenz Sauls" (163), lSam
l4.23b-46. folgen chronologisch die Verwerfungsgeschichten
I 3,7b-15a (wohl „aus priesterlichen Kreisen um David". 163); 28