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Ausgabe:

1995

Spalte:

1003-1005

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Trunk, Dieter

Titel/Untertitel:

Der messianische Heiler 1995

Rezensent:

Becker, Jürgen

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Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 11

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ses de la Reforme, par les femmes qui y ont recu l'ordination
pastorale.< Non, mais je remarque seulement que la Reforme
tendit ä ramener lesfonctions ministerielles a un Service de la
Parole evangilique, que les femmes peuvent parfaitement rem-
plir« (159). Hierauf zu antworten fällt schwer; es gibt eine
Aggressivität in der theologischen Argumentation, die einem
die Sprache verschlägt.

Der Vf. will also jene Praxis in der katholischen Kirche legitimieren
, keine Frauen zum Priesterdienst zuzulassen. Dazu holt
er exegetisch weit aus. Im großen und ganzen sind die Befunde,
die erarbeitet werden, korrekt; aber sie werden interpretiert vom
Frühkatholizismus aus (tradition apostolique), der als normativ
angesetzt wird; von einem wirklichen Hören auf das Neue
Testament (vor allem auf seine frühen Schichten) kann also keine
Rede sein.

Die Argumentationslinie des Vf.s verläuft folgendermaßen:
Er gibt zu, daß die ntl. Ethik zwischen Mann und Frau Egalität
herstellt; allerdings beziehe sich diese Egalität nur auf den
Bereich »moeurs«, nicht auf den Bereich »droit«. Von diesem
Unterschied her ergibt sich eine McAr-Gleichstellung in den
Diensten und Ämtern. Natürlich lasse sich kein direktes Verbot
im Neuen Testament finden, Frauen zu ordinieren. Aber man
müsse sich fragen, ob die zu beobachtende Praxis die Frauenor-
dination bestätigt oder nicht. Nun haben die Frauen zwar zur
Zeit des Neuen Testaments aktiv am Leben der Kirche teilgenommen
. Vor allen Dingen - das gesteht der Vf. durchaus ein -
haben sie in der Verkündigung mitgewirkt. Aber sie hatten keinen
Zugang zu presbyterat, episcopat, pastorat und presidence
(der Vf. übersieht, daß es diese Einrichtungen in ntl. Zeit überhaupt
noch nicht gab). »C'est sous une forme reduite de la dia-
konia que Phoebe. diäkonos de l'eglise de Cenchrees, partieipe
ä l'animation de cette communaute locale. Au llc siede, la con-
servation de la tradition apostolique n'introduit sur ce point
aueune innovation« (154).

St. Blaise Walter Rebell

Trunk, Dieter: Der messianische Heiler. Eine redaktions- und
religionsgeschichtliche Studie zu den Exorzismen im Matthäusevangelium
. Freiburg-Basel-Wien: Herder 1994. XIII.
457 S. gr.8° = Herders biblische Studien, 3. geb. DM 88.-.
ISBN 3-451-23150-6.

Die Arbeit von D. Trunk ist seine Würzburger Dissertation, die
H.-J. Klauck betreute. Sie beginnt mit einem Satz zur Standortbestimmung
: ..Geisterglaube und Exorzismen haben wieder
verstärkt Konjunktur" (1). Der ..wichtigste Beitrag dieser Arbeit
" angesichts des „schwierigen Erbes Jesu" (I) - gemeint ist
sein Auftrag. Dämonen auszutreiben - soll darin bestehen, „die
neutestamentlichen und antiken Wurzeln der jahrhunderteallen
kirchlichen Exorzismuspraxis sichtbar zu machen", um „Maßstäbe
zu gewinnen", dieses Phänomen zu beurteilen (2). Dies
geschieht insbesondere dadurch, daß nach dem matthäischen
Verständnis der Exorzismen gefragt wird, dessen Zurückhaltung
der Exorzismusüberlieferung gegenüber schon öfters aufgefallen
ist (6). Dazu bedient sich der Vf. verschiedener methodischer
Schritte, nämlich der Beschreibung des Motivrepertoires
von Wundergeschichten, der Erörterung kulturspezifischer
Deutemuster und der Frage nach den realen Lebenswelten
und -erfahrungen, die sich in den Texten spiegeln (2). Dies
bedeutet, daß er stark interdisziplinär arbeitet, wobei die klassischen
exegetischen Fragen nicht zu kurz wegkommen.

Bevor die Texte erschlossen werden, wagt der Vf. eine Phänomenbeschreibung
zur Besessenheit (7-39). Sie beginnt mit
der Voraussetzung: „Dämonen existieren insofern, als es die
Wirkungen gibt, die man ihrer Existenz zuschreibt" (10). Daraufhin
wird die Dämonie unter pathologischer, parapsychologischer
, kulturanthropologischer und religionswissenschaftlicher
Deutung behandelt, der Exorzismus definiert, der neutestament-
liche Textbestand beschrieben, um abschließend als theologische
Deutung anzubieten: „Die Besessenheit ist das plakativste
Realsymbol für den entfremdeten, versklavten, im Unheil befindlichen
Menschen... Das Wirken der Dämonen kennzeichnet
die Verfassung einer heilsbedürftigen Menschheit" (38).

Mit diesen Vorentscheidungen im Rücken widmet sich der
Vf. dann in einem ersten großen Hauptteil der Analyse der matthäischen
Texte, wobei er jeweils einer zunächst synchronen
eine diachrone Analyse folgen läßt. Ein „Zwischenergebnis"
(236 ff.) macht den Ertrag der Analyse leicht zugängig: Matthäus
drängt die Exorzismen aus ihrem markinischen Rang,
indem er Zahl und Umfang der Überlieferungen reduziert und
z.B. am markinischen Zeugnis der Dämonen für Jesu Messia-
nität fast kein Interesse mein- zeigt. Für Matthäus erhält Jesus
seine exorzistische Macht durch den endzeitlichen Gottesgeist
und setzt ihn zur Rettung der Menschen ein. Dabei werden die
Exorzismen zu außergewöhnlichen Heilungen, was man u.a.
daran erkennt, daß Jesus nicht mehr mit dem Dämon rede), sondern
mit dem Kranken. Endlich werden die Exorzismen in den
Zusammenhang der jesajanischen Heilsverheißungen gestellt.
Warum verfährt Matthäus mil der exorzistischen Überlieferung
so restriktiv? Das soll vor allem an der aktuellen Frontstellung
des Evangelisten gegenüber Wanderpropheten liegen. Nicht
unwichtig ist endlich die Zuordnung der Exorzismen Jesu zu
einer anderen Christologie als bei Markus: Der markinische
Gottessohn wird zum Gottesknecht und Davidsohn, zum Messias
Israels, der als messianischer Wundertäler auftritt und auf
dessen außergewöhnliche Zuwendung zu seinem Volk ein starker
Akzent fällt.

In einem nahezu gleich umfangreichen weiteren Hauptteil
untersucht der Vf. danach das religionsgeschichtliche Feld (242
ff.), nämlich den dämonologischen und theologischen Hintergrund
im Alten Testament und in den frühjüdischen Schriften
(242 ff.), vergleicht die Gattungen von hellenistischen und rab-
binischen Wundergeschichten (298 ff.), erörtert die kompromittierende
Verwandtschaft zur Magie (375 ff.) und blickt auf die
Exorzismen bei den christlichen Apologeten (41 1 IT.).

Die bedeutenden Ergebnisse dieses zweiten Hauptteils sind
folgende: Obwohl die Dämonologie der frühjüdischen Texte zu
den wichtigsten Voraussetzungen für die lirchristliche Rede
über Dämonen zählt, ist kein eigentlicher Exorzismus in der Art
der Synoptiker aus diesem Bereich überliefert. Das wird soziologisch
erklärt: Die Texte mit dämonischen Angaben kommen
von Gelehrten aus religiösen Kreisen, die zu den populären
Erzählungen, denen die Erzählungen mit Dämonenaustreibungen
zuzusehreiben sind, in Distanz standen (291). In der hellenistischen
Literatur finden sich drei Texte (Josephus. ant 8.46-
48; Lucian, Philops 16, und Philostrat, VitAp 4,20), die mit synoptischen
Exorzismen vergleichbar sind. Sie gehören geographisch
in den östlichen Mittelmeerraum. Die Zahl der Exorzisten
zur Zeit Jesu scheint also nicht sehr groß gewesen zu sein.
Die geographische Konzentration von Exorzismustraditionen
aus dem Osten des Römischen Reiches zeigt an. daß wohl erst
Christen und Juden den Exorzismus in den Kernländern des
römischen Reiches populär machten (357). Der Vergleich mit
der seit dem I. Jh. nach Christus belegten jüdischen Magie
belehrt, daß die magische Beschwörung zur Machtatisübung
über die dämonischen Numina gerade bei Jesus fehlt. Auf dieses
unentbehrliche Instrument des Magiers verzichtet Jesus
ganz (394).

In einem knappen Schlußteil (426 ff.) sammelt der Autor
nochmals die Ergebnisse und wagt auch mit Rückbindung an
den Einstieg in seine Arbeit einen Ausblick. Er hebt nochmals
die besondere Motivik der synoptischen Exorzismen im Unter-