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Ausgabe:

1995

Spalte:

998-999

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Young, Ian

Titel/Untertitel:

Diversity in pre-exilic Hebrew 1995

Rezensent:

Mustafa, Arafa

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Theologische Literatur/eitung 120. Jahrgang 1995 Nr. I I

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gelang! sein literarisches Schaffen zum Höhepunkt. Sein Lehenskreis
schlieft sich 1X88 in einem er/.gebirgischen Dorf.

Im /weiten Teil beschreibt der Vf. die Geschichte der literarischen
Werke Keils. Es sind Schriften zur „biblischen Archäologie
" (nach damaligem Verständnis weniger eine Ausgrabungs-
geschichte als eine Sachkunde des alttestamentlichen Israel)
sowie zur Einleitung ins AT. Sein Hauptwerk jedoch ist der
..Biblisehe Commentar über das Alte Testament", den er in Leipzig
begründet und gemeinsam mit Friedrieh Delitzsch verfaßt.
Siemens korrigiert die Überbetonung des Koautors in der deutsehen
Forschung, da Keil den weitaus größeren Teil des Kommentars
verfaßt hat und auch der Initiator war. Es ist Keils Ziel,
in der Schule seines Lehrers Hengstenberg ein kirchlich-konfessionelles
Standardwerte gegen den Rationalismus der Hegelschule
und der historisch-kritischen Theologie zu schaffen. Das
gelingt ihm auch - für ein Vierteljahrhundert - gemessen an
Auflagenstarke und Wirkungsgeschichte des „Keil-Delitzsch".
Er geht von einem heilsgesehichtlichen Otlenbarungsverständ-
nis aus. das sich um eine Xusamnicnschau von AT und NT
bemüht.

So versuchte er am Ende seiner Schaffenszeit eine Ausdehnung
des Kommentars auf das NT. die allerdings ein Torso
blieb. Jedoch geht Keil nicht biblizistisch vor. er prüft durchaus
kritisch seinen Forschungsgegenstand, bleibt aber etwa bei der
mosaischen Verfasserschaft des Pentateuch stehen. Zustimmung
findet er vor allem in den Kreisen seiner theologischen
Couleur (besonders auch in Übersee), aber am Ende seines
Schaffens werden seine Positionen von der Fachwelt Stück für
Stück überholt, werden zum ..theologischen Anachronismus"
(264); er findet keine Schüler. Bleibend ist der philologische
Ertrag seiner Forschung, auch das gesamtbiblische Bemühen.
Zum Schluß stellt der Vf. Keil im Gegenüber zu drei theologischen
Weggenossen (Delitzsch. Kurtz und Hengstenberg) vor,
die bei aller Berührung auf dem Weg Von Rationalismus zur
Erweckungsbewegung unterschiedliche Facetten des Neuluthertums
zeigen.

Dem Vf. gelingt eine fesselnde Darstellung eines theologischen
Lebenswerkes - eine echte Lesefreude! Er hat gründlich
recherchiert - auch im englischsprachigen Bereich - und erstmals
eine vollständige Bibliographie Keils erstellt. Er hat an
und mit den Quellen gearbeitet, obwohl die Quellenlage nicht
günstig ist. da die politischen Zeitläufte an Keils Wirkungsstätten
vieles vernichtet haben. S.s Hauptfund ist ein als verschollen
gegoltener handschriftlicher Lebenslauf Keils, den er im
Anhang erstmals veröffentlicht. Der Vf. hat die Monographie-
gut gegliedert, die Anmerkungen weisen seine gründlichen
Kenntnisse aus. Übersichtlich und prägnant stellt er die jeweilige
Entstehungsgeschichte, die Schwerpunkte und die Zielrichtung
der einzelnen Veröffentlichungen, besonders der Kommentare
, ja auch der einzelnen Auflagen dar.

Anzufragen wäre dreierlei. Erstens der Ansatz: Die Reihenfolge
Leben - Werk - Keils Lebenslauf zwingt den Leser zu
einem dreimaligen Durchgang durch den Stoff. Sind nicht
Leben und Werk so eng verzahnt, daß sie auch in einem Gang
dargelegt werden sollten, so beliebt die getrennte Figur auch
ist? Zweitens: Die Werkgeschichte dominiert vor der Lebensgeschichte
. Obwohl er ihn ..als Menschen seiner Zeit plastisch
hervortreten" (X) lassen möchte, kann der Vf. zu Keils außerakademischem
(z.B. politischem) Wirken verhältnismäßig wenig
sagen. Drittens: Obwohl der Vf. sich um differenzierte Darstellung
bemüht, schlägt eine negative Beurteilung der Aufklärung
- der Ansatz der Erweckungsbewegung. über den die
Forschung aber inzwischen hinausgegangen ist - gelegentlich
durch. Das schmälert nicht die Lust und den Gewinn, die der
Rez. aus der Lektüre zog.

Markkleeberg Arndt Haubold

Young, [an: Diversity in Pre-Exilic Hebrew. Tübingen: Mohr
1993. XV. 256 S. gr.8° = Forschungen zum Alten Testament.
5. Lw. DM 158,-. ISBN 3-16-146058-8.

Das hier anzuzeigende Buch setzt sich das Ziel, eine neue Auffassung
der hebräischen Sprache der alttestamentlichen Zeit
vorzulegen, welche geeignet sein sollte. Fragen der hebräischen
Sprachzeugnisse besser als zuvor zu verstehen, Vieles von dem.
was hier dargestellt wird, ist bereits aus anderen semitischen
Forschungsarbeiten der letzten Jahrzehnte bekannt. Was neu zu
sein scheint, ist die Anwendung der gewonnenen Erkenntnisse
bei der Klärung der Herkunft und Datierung von einigen alttestamentlichen
Problemtexten.

Das I. Kapitel besteht aus zwei Abschnitten. Im ersten
Abschnitt (6-1 1) wird die These angeführt, daß das Hebräische
ursprünglich eine Fortsetzung einer schon vorher existierenden,
über den Dialekten stehenden literarischen Prestigesprache darstellt
, welcher sieh die ethnisch und sprachlich verschiedenen
Einwohner Kanaans schon in vorisraelitischer Zeil bedienten.
Eine Anzahl der Lehnwörter im Hebräischen könnte aus dieser
frühen Periode stammen. Im /weiten Abschnitt (11-21) argumentiert
der Vf., daß diese These am besten den Ursprung des
Bibelhebräischen in Hinblick auf das Problem der geschichtlichen
Herkunft und Zusammensetzung Israels erkläre. Der Vf.
unterscheidet zwei Spielformen des Hebräischen, die er nicht
als zwei Strata der Sprachentwicklung, sondern als bloße Stilwandlung
betrachten will: a) archaisches Biblisch-Hebräisch in
der vormonarchischen Zeit, angeblich mit /ahlreichen Elementen
aus einem aramäischen Substrat:

b) Standardhebräisch seit der Monarchiezeit, welches die
aramäischen Elemente bewußt vermieden habe:

Im 2. Kapitel (22-71) wird das Hebräische in den Zusammenhang
der anderen nordwestsemitischen Nationalsprachen gestellt
, zu denen das Phönizisehe (22-32), das Moabitische (33-
39). das Edomitische (39-43). das Amnionitisehe (43-49) und
der Dialekt von Deir Alla gerechnet werden. Dabei werden
Überblicke über die wichtigsten grammatischen Erscheinungen
und die Schriften dieser Sprachen gegeben. Im Anschluß daran
wird (54-63) das Verhältnis /wischen dem Hebräischen und
Aramäischen behandelt. Außerdem weiden die Stellung der
griechischen und persischen Fremdwörter und deren Verwendung
als Datierungskriterien für biblische Texte besprochen.

Das 3. Kapitel (71-96) beschäftigt sich mit der theoretischen
Möglichkeil einer Diglossie im vorexilischen Hebräischen
sowie mit Ausdrücken der Umgangssprache und dem Verhältnis
/wischen dem archaischen, Standard-, Spät- und mischni-
schen Hebräisch. Der Vf. argumentiert, daß das Erscheinen von
mischnischen Sprachelementen in biblischen Büchern kein eindeutiger
Beweis für eine späte Datierung sei. da beide Sprachen
für eine längere Zeit nebeneinander existierten. Vielmehr ist die
Aufnahme solcher mischnischen Sprachelemente in die Standardsprache
auf die Haltung des Vf.s gegenüber den beiden
Formen der Sprache zurückzuführen.

Das 4. Kapitel (73-121) behandelt die Geschichte der hebräischen
Schrift, die Datierung der hebräischen Inschriften auf
Grund der Paläographie, die vorexilische Orthographie und die
hebräischen Inschriften. Dabei werden die phonologischen.
grammalischen und lexikalischen Unterschiede /wischen der
offiziellen Sprache dieser Inschriften und der literarischen Sprache
der biblischen Prosatexte besprochen.

Das 5. Kapitel (122-171) untersucht Fälle der Sprachverschiedenheit
im Alten Testament. Nach einem Überblick über
das Korpus und die Charakteristik des archaischen Biblisch-
Hebräischen, erörtert der Vf. die bestehenden Ansichten über
Sprache. Datierung und Herkunft der Bücher: Hiob, Sprüche 30
und 31. Kohelet und das Hohelied.