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Ausgabe:

1995

Spalte:

989-990

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Boecker, Hans Jochen

Titel/Untertitel:

1. Mose 25,12 - 37,1 1995

Rezensent:

Seidel, Hans

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Seite 1

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989

Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 11

990

führt haben, während in Juda und Israel für die Königszeit derartige
Stadttempel (mit Ausnahme der nur literarisch belegten
Staatsheiligtümer in Jerusalem, Bethel und Dan) bislang nicht
nachgew iesen werden konnten. Eine Zusammenfassung zum
historischen Bild der Anfänge der Philister (179-185) beschließt
den Textteil.

Hier wird leider nicht aut die These, die Philister seien mit den Ortschatten
Palaeste oder Palaistinos auf dem Balkan in Verbindung zu bringen,
eingegangen (was N. allerdings auf Grund seinerThese sicherlich ablehnen
würde). Es folgen die (leider nicht unter die Seiten gesetzten) Anmerkungen
, ein umfangreiches Literaturverzeichnis, ein Ahbildungs- und Abkürzungsverzeichnis
sowie die Register.

Lüne Stärke dieser Monographie ist sicherlich auch, daß in ihr
die Porschungsgeschichte berücksichtigt wird, um Alttesta-
mentlern und Archäologen aufzeigen, wie es zu der traditionellen
Sieht einer kriegerischen Landnahme der Philister kam. N.
ist dafür zu danken, daß er einen breiteren Öffentlichkeit den
neueren Stand der Forschung zu diesem komplizierten Thema
vermittelt. Seine These, die Philister im Rahmen der palästinischen
Kultur verstehen zu wollen, wird sicherlich die Diskussion
zu dieser Thematik neu stimulieren.

Kiel Wolfgang Zwickel

dem Leser erläutert oder eingestanden werden, daß sie Aer Ausleger
nicht zu deuten vermag. Gen 31 geht der Vf. ebenfalls von
einem jahwistischen Grundtext aus. der durch Zusätze (z.B. V.
18) erweitert wurde. Hier erkenne man eine deutliehe Grundintention
, die durch göttliche Einflußnahme den Charakter der
Erzählung zugunsten Jakobs und zuungunsten Labans verändert
. Welche Adressaten sind im Blick .' Diesen redaktionskritischen
Ansatz einer Grunderzählung mit Ergänzungen versuch!
der Vf. durchzuhalten, selbst dort, wo er problematisch erscheint
(z.B. Gen 34). Rückfälle in alte litcraikritische Modelle
bleiben freilich nicht aus. So in Gen 35, wo V. 6.9-13.15.22b-
29 einem priesterlichen Autor und V. 1-5.7 der deuteronomisti-
schen Redaktion zugeteilt werden. Man fragt sich nur. wie solche
literarkritischen Vorstellungen mit den Erkenntnissen der
Erzählforschung und der Textlinguistik zusammenpassen, vor
allem wenn der Vf. häufig den Begriff „Erzählung" anwendet.

Insgesamt bieten die Auslegungen eine gut lesbare Zusammenlassung
der wichtigsten Textaussagen auf der Basis einer
zurückhaltenden Verwendung neuerer Forschungsansätze. Ein
kurzes Literaturverzeichnis und ein Stellen- sowie Stichwortregister
erhöhen die Brauchbarkeit dieses für die Gemeindearbeit
und darüber hinaus sehr empfehlenswerten Kommentars.

Leipzig Hans Seidel

Altes Testament

Boecker, Hans Jochen: l.Mose 25,12-37,1. Isaak und Jakob.

Zürich: Theologischer Verlag 1992. 152 S. gr.8» = Zürcher
Bibelkommentare. Kart. DM 32,-. ISBN 3-290-10862-7.

Die Fortsetzung des l. Teilbandes (I.Mose 12-25). der aus der
Feder von W. Zimmerli stammte, übernahm H. J. Boecker als
eine Aulgabe, die durch alle Vorgaben im Bereich der Penta-
teuchforschung des letzten Jahrzehnts so belastet ist. daß man
den Mut des Autors nur bewundern kann. Er selbst gesteht in
der Einleitung, daß „die wissenschaftliche Situation äußerst
verworren und im einzelnen kaum noch zu übersehen ist". In
der Krise der Pcntatcuchforschung sind die bisher anscheinend
überzeugenden Modelle der Pentateuchentstehung kritisch befragt
oder sogar in Frage gestellt worden. Der Zürcher Bibel-
koninientar ist so angelegt, daß kein Raum für eine ausführliche
Diskussion der neuen Erkenntnisse bleibt und eine Diskussion
um differeilte Ansätze nur begrenzt möglich ist. Der Vf. steht
nun vor der Frage, ob er in dem bisher üblichen Modell der
Urkundenhypothese, in dem auch Zimmerli seinen Kommentar
geschrieben hat. fortfahren will (und kann!), und welche neuen
Erkenntnisse. z.B. aus den Arbeiten von K. Berge, E. Blum. W.
Groß, K. Koch. R. Rendtorff, H. H. Schmid. W. H. Schmidt u.a.
er aufnehmen kann (und will!).

Der Vf. verfährt vorsichtig. Meistens läßt er die Quellen-
scheidung fallen. In z.B. Gen 30,25-43 spricht er von einem
..einheitliehen jahwistischen Text", der an einigen Stellen
erweitert worden sei. wodurch sich Verstehcnsschw iei igkeiten
ergäben (z.B. V. 32). ..Natürlich stellt sich die Frage, wie es zu
derartigen, das Ganze unverständlich machenden Ergänzungen
gekommen ist" (78). Dem Leser wird aber eine unbeweisbare
Vermutung zugemutet, die das Problem nicht löst: „Es mag hier
der seltene Fall vorliegen, daß die Tradenten die komplizierten
Vorgänge, die geschildert werden, nicht mehr verstanden und
deshalb die verwirrenden Einfügungen vorgenommen haben"
(78). Damit würde die Kompositions- und Redaktionsarbeit ad
absurdum geführt. Redaktionsarbeit ist ein sinnvoller Textver-
arbeitungsprozeß und adressatenorientiert. Es sollten daher
nicht nur Zusätze (wie auch V. 43) festgestellt, sondern ihr Sinn

Darr. Katheryn Pfisterer: Isaiah's Vision and the Family of
God. Louisville. Kent.: Westminster John Knox Press 1994.
280 S. 8° = Literary Currents in Biblical Interpretation. Kart.
$ 21.99. ISBN 0-664-25537-X.

Die Arbeit ist eine „Leser-orientierte" Untersuchung. Was das
bedeutet, beschreibt die Vfn. im einleitenden Kapitel (bes. 23
ff.): Der von ihrem Ehemann John A. Darr in dessen Dissertation
('Glorified in the Presence of Kings": A Literary-Critical
Study of Herod the Tetrarch in Luke-Acts, Phil. diss. Vanderbilt
University. 1987) und seiner in der gleichen Reihe wie dieser
Band erschienenen Monographie (On Chararacter Building:
The Reader and the Rhetoric of Characterization in Luke-Acts.
Literary Currents in Biblical Interpretation. Louisville 1992)
eingeschlagene methodische Weg will die rhetorischen Strukturen
eines vorliegenden Textes unter dem Gesichtsw inkel eines
vorgestellten zeitgenössischen Lesers mit Berücksichtigung von
dessen kulturspezifischen Faktoren erschließen - wobei die
gewohnten historischen, sozialen, linguistischen und literarischen
Aspekte nicht als bedeutungslos betrachtet werden sollen.
Wie die Durchführung eines solchen Programms (dessen Ahnherr
vor allem W. Iser ist. bes. in: The Art of Reading: A Theo-
ry of Aesthetic Response. 1978) praktisch aussieht, kann man
an der vorliegenden Arbeit studieren. Auch wenn die genannten
Aspekte in einer reservatio mentalis durchaus als wichtig anerkannt
werden, sieht die Vfn. für ihre Arbeitsweise bewußt von
ihnen ab. So mag es z.B. durchaus zutreffen, daß das Buch
Jesaja literarisch aus unterschiedlichen Schichten besteht, die
aus verschiedenen historischen Perioden stammen (wie etw a Jes
40-55 aus dem Exil) - wenn man sich auf den Standpunkt eines
Lesers aus dem 4. Jh. stellt, der das ganze Buch von Anfang bis
zum Ende als ein Werk durchliest, kann man Eindrücke schildern
, die ein solcher Leser ("He belongs to postexilic Israel's
cognoscenti. a scribe or religious leader and educator enjoying
such legal rights and social Standing as were possible at the
beginning of the fourth-century BCE": 30). der solche historischen
und literarkritischen Fragestellungen noch nicht kannte,
gewonnen haben könnte. Sind auf diese Weise andere Aspekte
ausgeklammert, öffnet sich das Feld für eine vorwiegend rhetorisch
-ästhetische Werkanalyse, die nun die Metaphorik des
Jesajabuches als ganzen unter ausgewählten Gesichtspunkten in