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Ausgabe:

1995

Spalte:

880-883

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Capes, David B.

Titel/Untertitel:

Old Testament Yahweh texts in Paul's christology 1995

Rezensent:

Hübner, Hans

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Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 10

880

numerierte „Lehrsätze", „Zusätze" und „Bemerkungen" gegliedert
und dadurch den Gebrauch im Unterricht und beim Lernen
wohl wirklich erleichtert. Ob sich diese Gliederung aber nicht
durch eine abgestufte topographische Gestaltung (etwa: Zusätze
und Bemerkungen in kleinerer Type als die Lehrsätze) noch
übersichtlicher gestalten ließe? Der Rez. gesteht, sich in dem
neuen System einstweilen noch ein wenig desorientiert vorzukommen
und in der konventionellen Gliederung des „großen
Bruders" schneller zu finden, was er sucht. Dem Abwerfen von
Bai las! ist das neue Verfahren ganz sicher zugute gekommen
(und vice versa); wer sich über etwas entlegenere ältere Forschungsmeinungen
und die Argumente dafür orientieren will,
sollte sich eher an den „großen Bruder" oder andere Einleitungen
halten.

Was den Umfang des Stoffes angeht, fällt gegenüber der
„Einführung" sofort die Einbeziehung der Apokryphen ins
Auge. Sie werden dabei, nachdem Kaiser und seine Schüler
ihnen in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit zugewendet
haben, keineswegs stiefmütterlich behandelt. Ihr Platz ist nicht
am Ende, sondern jeweils bei der Gruppe kanonischer Bücher,
an die sie sich sachlich-gattungsmäßig anschließen. Das Ganze
ist, allerdings in verfeinerter Form, so gruppiert wie in die „Einführung
". Der erste Band bespricht „Die erzählenden Werke"
(„Einführung": „Die Geschichtserzählungen Israels"), der zweite
„Die prophetischen Werke" („Einführung": „Die prophetische
Überlieferung Israels"), der dritte „Die Lied- und Psalmendichtung
" und „Die Weisheitsdichtung" (in der „Einführung"
unter einer einzigen Überschrift zusammengefaßt). Die dem
Gesamtwerk vorangestellten „Voraussetzungen der alttesta-
mentlichen Literatur" sind erfreulich angewachsen. Sie enthalten
jetzt sogar Tabellen zur Geographie und zur Geschichte,
nach denen der Anfänger z.B. die Höhe des bereits zur Zeit der
„Einführung" ausgetrockneten Hule-Sees lernen kann. Der alte
Paragraph über „Das kanaanäische Erbe" ist durch drei über
„Sprachen, Schriften und Schriftwesen", „Die Träger der altte-
stamentlichen Literatur" und „Die Voraussetzungen der atl.
Literatur in der mündlichen Überlieferung" (im Inhaltsverzeichnis
Druckfehler: „mündlichen Literatur") ersetzt, ein Paragraph
über den Text des Alten Testaments neu hinzugekommen,
nachdem die „Einführung" diesen Gegenstand mit Rücksicht
auf das Würthweinsche Lehrbuch übergangen hatte. Sozusagen
als Pendant dazu steht nach dem Vorbild der „Einführung" am
Schluß des dritten Bandes ein kurzer Paragraph über den
Kanon.

Wie jedes Lehrbuch ist auch Kaisers „Grundriß" weithin ein
Referat von Forschungsergebnissen und Meinungen anderer.
Aber Kaiser hat sehr entschieden auch seine eigene Meinung,
und sie prägt alle drei Bände. Man kann sie konzentrierter in
seinem Artikel „Literaturgeschichte. Biblische I" in der TRE
(XXI, 1991, 306-337) nachlesen, in äußerster Abbreviatur hat
er sie dem „Grundriß" in dem programmatischen Satz vorangestellt
, „daß das Alte Testament das Buch der Bewältigung des
Exilsgeschicks Israels ist" (1,20). Diese Grundannahme dürfte
heute mehr Zustimmung als Widerspruch finden.

Kaisers eigene richtungsweisende Beiträge zur Einleitungs-
wissenschaft reichen von den fünfziger Jahren und Genesis 15
(I, 71) bis in die neunziger Jahre und zu den Klageliedern (III.
32). Er berichtet darüber, indem er wie Otto Eißfeldt, der Ver-
fasser der klassischen „Einleitung" in unserem Jahrhundert, von
sich in dritter Person spricht, und bescheinigt sich bei Gelegenheit
..nicht leichtfertige Argumente" (II, 34 Anm. 25). Bei aller
staunenswerten Vielseitigkeit hat doch das Hauptgewicht seiner
Arbeit bei der Prophetie und hier im besonderen beim Buch
Jesaja gelegen. Dem entspricht, daß man den zweiten, nicht
zufällig umfangreichsten Band des „Grundrisses" auch dessen
Glanzstück nennen kann. Mit gutem Grund sind die Prophetenbücher
jetzt nach ihrer kanonischen Reihenfolge angeordnet.

Der Abschnitt über die Protojesajanische Sammlung ist seil der
letzten Auflage der „Einführung" von 6 auf 19 Seiten, also das
Dreifache gewachsen! Den Paragraphen über das Buch Ezechiel
, das ja in mancher Hinsicht eine Welt für sich darstellt, hat
K.-F. Pohlmann beigesteuert. Was die beiden anderen Bände
betrifft, so entspricht der erste am genauesten dem Programm
einer präzisen Darbietung des Einleitungsstoffes in pädagogisch
durchdachter Form; der dritte Band geht ebenso wie der zweite
teilweise zu ausführlicher Darstellung und Erörterung der For-
schungsprobleme über, bis dahin, daß das letzte besprochene
Buch, die Weisheit Salomos, dort weit mehr Platz erhält als im
ersten Band die Priesterschrift oder das Deuteronomium.

Bei einzelnen Kontroversfragen der heutigen Diskussion
überrascht die Zurückhaltung, mit der gerade ein meist so entschiedener
Mann wie Kaiser urteilt oder sein Urteil begründet.
So läßt etwa die Auskunft etwas ratlos, „die Hypothese einer
ursprünglich selbständigen Priesterschrift" sei „weiterhin vertretbar
, wenn auch partiell nicht ohne Schwierigkeit" (I. 52. vgl.
auch 59). Bei den sog. Konfessionen Jeremias beschränkt sich
Kaiser zunächst (II, 74, Lehrsatz 4, Zusatz 5) auf ein ganz kurzes
Referat der Standpunkte, um dann später (II, 79, Bemerkung
3) eher nachtragsweise und beiläufig zu erklären, aus den
dort (in Zusatz 5) genannten Gründen seien die Konfessionen
als jüngere redaktionelle Einfügungen zu betrachten; die Argumente
für ein solches Urteil sähe man gerade im Interesse der
studentischen Leser gern genauer beschrieben und gewichtet.
Es ist aber in Kaisers Sinn, dergleichen nicht überzubewerten,
sondern sich von der Frische anstecken zu lassen, mit der er uns
zuruft, Schwierigkeiten seien „auch in der Alttestamentlichen
Wissenschaft dazu da, daß sie gelöst und nicht daß sie verdrängt
werden" (1, 129, ähnlich II, 72). So weist das Buch oft über sich
seihst hinaus - hoffentlich auch noch auf recht viele Arbeiten
seines Autors.

Es weist erfreulicherweise auch darin über sich hinaus, daß
es immer wieder Hinweise zur geistesgeschichtlichen Einordnung
der in der Einleitungswissenschaft vertretenen Thesen gibt
und vor allem an zentralen Stellen unmittelbar theologisch
wird; vgl. etwa das in Bemerkung 5 zum Buch Josua über
„Glaube und kritisches Geschichtsbild" Gesagte (I. 1061'.).
Auch darum ist der rasche Abschluß dieses Werkes für die Studierenden
der Theologie eine gute Nachricht. Leider ist der
Preis, wenn man ihn für die drei Bände zusammennimmt, recht
hoch.

Göttingen Rudolf Smend

Neues Testament

Capes. David B.: Old Testament Yahweh Texts in Paul's
Christology. Tübingen: Mohr 1992. VII. 220 S. gr.8*> = Wissenschaftliche
Untersuchungen zum Neuen Testament, 2.
Reihe, 47. Kart. DM 69,-. ISBN 3-16-145819-2.

Die Ausgangsfrage, die David B. Capes in seiner bei /•.. Harle
Ellis angefertigten Dissertation stellt, lautet, ob gemäß der Analyse
der paulinischen Christologie durch Robin Scroggs der
Apostel "did not identify Christ with God in any Substantive
way" (1).' Daß dieser so urteilt, führt C. vor allem darauf
zurück, daß er nicht sorgfältig auf den christologischen Gebrauch
des Alten Testaments durch Paulus geachtet habe. C.
will nun genau dieser Frage nachgehen. Seine Aufgabenstellung
beschreibt er wie folgt (3):

"The purpose of this projecl is to analyse Paul s use of Old Testament
Yahweh texts and to derive from this analysis some implications Cor Iiis