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Ausgabe:

1995

Spalte:

876-878

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Die Präposition Kaph 1995

Rezensent:

Körner, Jutta

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Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 10

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Auf eine für das Geschieht*- und Arbeitsverständnis A.s wichtige und
grundlegende methodische Einführung ("History and Historiography")
folgt ein l.Kap. „The Land" (Name, Geographie, Klima. Wege, natürliche
Ressourcen). Kap. 2: "Prehistoric Time" hat mit Gary O. Rollefson ein
ausgewiesener Fachmann beigetragen. Kap. 3-5 widmen sich der Früh-,
Mittel- und Spätbronzezeit. Kap. 6 beschreibt das 12. Jh.v.Chr., die wichtige
Epoche des Zusammenbruchs der spätbronzezeitlichen Handels- und
Machtbalance im Bereich zwischen Ägäis und Mesopotamien mit seinen
Bevölkerungsumschichtungen und Wanderbewegungen. Kap. 7 deren Auswirkungen
in Palästina sowie die Charakteristika des 13. und 12. Jh.s dort,
also die Vorgänge und Gruppen, aus deren Bereich und Kreis später Israel
und Juda entstehen werden. Kap. 8 ist überraschend traditionell mit'Mudges"
überschrieben (freilich in Anführungszeichen) und behandelt dementsprechend
das mittelpalästinische Bergland im 12,-11. Jh.v.Chr. Kap. 9 widmet
wie auch spätere Kapitel - das ist auch ein besonders hervorzuhebendes
Verdienst des Buches - dem Ostjordanland (im 12.-10. Jh.v.Chr.) als Bestandteil
Palästinas erfreulicherweise mehr Aufmerksamkeit als oft üblich .
Kap. 10 beschreibt die Entwicklung hin zur Herausbildung eines "territorial
State" (Rez. würde statt von Staat eher von chiefdom sprechen^) am Ende
des 1 I. Jh.v.Chr. (biblisch: Zeit Elis. Samuels und Saals). Kap. I 1 handelt,
wo früher das angebliche „Großreich" Davids und Salomos seinen Platz
gehabt hätte, in angemessener Vorsicht von "Palestine under David and
Solomon", Kap. 12 von "Palestine after Solomon". In Kap. 13 und 14 geht
es um die Nordreichs-Dynastie der Omriden, die wegen ihrer kulturgeschichtlichen
Bedeutung (im Unterschied zu ihrer - aus theologischen
Gründen - kritischen Darstellung in der Bibel) mit Recht ein eigenes, nach
ihnen benanntes Kapitel gewidmet bekommen ebenso wie die ihre Nachfolgedynastie
, die Nimsiden, lange begleitende Aramäer-Gefahr. Kap. 15
beschreibt, wiederum verdienstvoll, "Transjordan in the Eighth and Seventh
Centuries", bevor Israel und Juda unter die eiserne Faust der Assyrer (Kap.
16 und 17) gerieten und ersteres unterging. Kap. 18-19 beschreiben, wieder
deutlich von Ubergeordneter Warte aus ("New Masters" und "The End of
the Vassal States" - im Inhaltsverzeichnis S. 6 muß es natürlich ebenfalls
statt "Chapter 19: The End of the Babylonian Campaigns" heißen: "The
End of the Vassal States") den Übergang der Oberhoheit über die palästinischen
Kleinstaaten von der assyrischen zur babylonischen (und zeitweise
ägyptischen) Herrschaft, der den Untergang Judas 586 v.Chr. einschließt.
Kap. 20 ("Palestine after the Babylonian Campaigns") stellt (auf 8 Seiten
vielleicht doch etwas zu knapp) die zugegeben nicht besonders gut dokumentierte
Periode zwischen 582 und 539 v.Chr. dar, die traditionell "Exil"
genannt wird. Kap. 21 beschließt die Darstellung mit der persischen Periode
.

Die Kapitel und ihre Überschriften verdeutlichen A.s alternative
(historische) Darstellung zur sonst üblichen, von der kanonischen
Darstellung bzw. Geschichtsgliederung ausgehenden
theologischen „Geschichtsschreibung". Wenn deutlich geworden
ist, daß die von A. vorgeführte Sicht und Darstellung der
Geschichte Israels und Judas im Rahmen des Alten Orients das
theologische Zeugnis des AT nicht beschädigt oder gar verdrängt
, sondern von historischen Fragestellungen entlastet, in
seinem theologischen Recht bestärkt und zur ursprünglich intendierten
theologischen Aussage befreit, kann ein solcher Ansatz
nur allseitig begrüßt werden.

Ein Spezifikum und eine Stärke des Buches bringt freilich
zugleich eine Schwäche mit sich. Der Reichtum an Informationen
und die Spannweite der Gedankenführung wird nicht jedem
einen leichten Durchblick durch die Stoffmassen erlauben.
Gliederung und Organisation von Stoff und Druckbild sind bei
A. gegenüber Donner und Miller-Hayes weniger geglückt.
Zwar bieten die 21 Kapitel gelegentlich noch „Unter-Überschriften
", aber nicht viele, und auch die sind im Inhaltsverzeichnis
weggelassen. Man kann nur hoffen, daß diese gewisse
Undurchsichtigkeit der Rezeption des sehr empfehlenswerten
opus magnum nicht schadet. Es erschließt sich freilich dem
geduldigen und interessierten Leser, und die Geduld bringt reichen
Gewinn. Immerhin helfen bei der Erschließung 80 Seiten
Indices (Bibelstellen, moderne Autoren, Personen- und Götternamen
, geographische und gentile Eigennamen sowie ein allgemeiner
Index; leider fehlt ein Index außerbiblischer Belege).

Da der Platz nicht für die Würdigung zahlloser interessanter
neuer Beobachtungen und Einsichten A.s reicht, verzichtet der
Rez. im Gegenzug auf die Auflistung (bei einem Buch solchen
Umfangs und solchen weitgespannten Gegenstands) selbstverständlich
auch zahlreich vorhandener Anfragen an Thesen des
Vf.s und möglicher Detailkritik.

Es handelt sich insgesamt weniger um ein umfassendes
„Pauk-Buch" für Studierende vor dem Examen, eher schon um
ein Buch für interessierte Theologen im praktischen Amt, die
sich nach lange zurückliegendem Kolleg zur Geschichte Israels
über den gegenwärtigen Stand der Forschung informieren
möchten. Auf jeden Fall liegt hier ein innovativer Gesamtentwurf
vor, den Studierende wie Lehrende und Forschende (auch
aus Nachbardisziplinen) nach der ersten Lektüre immer wieder
nachschlagen und zu Rate ziehen werden, ein Arbeits- und
Anregungsbuch im besten Sinne.

Zum Glück ist dieses bedeutende Werk nicht mit dem sonst
bei umfangreichen und zugleich wichtigen Büchern oft zu
beklagenden Manko eines hohen Ladenpreises belastet: Es gibt
neben der teureren leinengebundenen auch eine preiswerte broschierte
Ausgabe.

Rostock Hennann Michael Niemann

1 Martin Noth: Geschichte Israels. Güttingen 1950 (61966)

2 Herbert Donner: Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in
Grundzügen. Teil 1: Von den Anfängen bis zur Staatenbildungszeit. Göttingen
1984. Teil 2: Von der Königszeit bis zu Alexander dem Großen. Göttingen
1986.

-1 J. Maxwell Miller and John H. Hayes: A History of Ancient Israel and
Judah. Philadelphia. PA 1986.

4 Das wichtige Buch von T. L. Thompson: Early History of the Israelite
People. From the Written and Archaeological Sources (Studies in the History
of the Ancient Near East, 4) Leiden 1992. (vgl. ThLZ 119 [ 1994], 127-131)
liegt in derselben Tendenz, widmet sich allerdings weitgehend der wissenschaftsgeschichtlichen
und Methoden-Diskussion und zieht am Ende eine
Bilanz, die nicht nur die unterschiedlichen Ursprünge und Traditionen „Israels
" und „Judas", sondern auch den „intellektuellen Hintergrund" der Entstehung
der biblischen Geschichtsdarstellung im perserzeitlichen Juda (Yehud)
skizziert. Es handelt sich also nicht um eine „(Früh-)Geschichte Israels", sondern
um eine methodische Vorarbeit zu einer solchen auf neuer Grundlage.
Ein anderes, dem Titel und der Intention nach hierher gehöriges Werk: N. P.
Lemche: Ancient Israel. A New History of Israelite Society (The Biblical
Seminar). Sheffield 1988, das einen sehr kurzen Abriß bietet, dabei freilich
neben sehr innovativen Gedanken gelegentlich auch überraschend traditionelle
Auffassungen vertritt.

" Inzwischen sind - neben anderem - zwei wichtige Monographien zum
Ostjordanland erschienen, die A. nicht mehr heranzog bzw. heranziehen
konnte: Stefan Timm: Moab zwischen den Mächten. Studien zu historischen
Denkmälern und Texten. (Ägypten und Altes Testament, 17). Wiesbaden
1989; Ulrich Hübner: Die Ammoniter. Untersuchungen zur Geschichte. Kultur
und Religion eines transjordanischen Volkes im I. Jahrtausend v.Chr.
(Abhandlungen des Deutschen Palästinavereins. 16) Wiesbaden 1992.

6 Vgl. H. Michael Niemann: Herrschalt, Königtum und Staat. Skizzen zur
soziokulturellen Entwicklung im monarchischen Israel (Forschungen zum
Alten Testament. 6). Tübingen 1993.

Jenni, Ernst: Die hebräischen Präpositionen. 2: Die Präposition
Kaph. Stuttgart-Berlin-Köln: Kohlhammer 1994. 195 S.
gr.8°. Pp. DM 98,-. ISBN 3-17-012688-1.

Zweieinhalb Jahre nach dem Erscheinen des 1. Bandes über die
hebräischen Präpositionen - allgemein und zur Präp. Bet - legt
der Vf. die Darstellung der Präposition Kaf im 2. Band vor. Es
geht um die syntagmatisch-semantische Bedeutung und Verwendung
der Vergleichspartikel Kaf.

Dem „Vorwort" (5) schließt sich die „Widmung" (6) des Buches für den
Kollegen und Freund Klaus Seybold in Basel an. Dem „Inhaltsverzeichnis"
(7-9) folgen die „Abkürzungen" (10). Im Inhaltsverzeichnis wird auf „Teil
I: Erwägungen zum System der hebräischen Präpositionen" und auf „Teil
2: Die Verwendung der Präposition Beth" verwiesen; vgl. ThLZ 118. 1993,
731-733. Dieser 2. Band enthält „Teil 3: Die Verwendung der Präposition
Kaph" (1 1-165). Am Schluß stehen „Stellenregister" (166-193) und „Autorenregister
" (194-195).