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1995

Kategorie:

Religionswissenschaft

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 10

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Verändert ist auch die "Chronology". Während K. sich in der
1. Aufl. an die auf Max Müller fußende Ordnung der westlichen
Indologie anschloß, bringt er jetzt, "tentatively", für die Zeit vor
dem Gautama Buddha (bei ihm noch: 624-544 B.C.E.) Daten,
die sich aus neueren archäologischen und astronomischen Forschungen
von vornehmlich indischen Gelehrten ableiten lassen,
beginnend mit Mehrgarh, ca. 6500 B.C.E., dann, unter anderem
, die „Große Flut" (ca. 3100 B.C.E.), eine Ramacandra-Peri-
ode (ca. 2350-1950 B.C.E.) und das "age of Krishna' (ca. 1400
B.C.E.) einbeziehend.

Beigegeben sind jetzt auch drei Kartenskizzen, der gegenwärtigen
Bundesstaaten, der größeren alten und heiligen Orte,
der größeren modernen Städte. Die Bibliographie ist um 90, nur
zum Teil neuere Titel, davon etwa ein Drittel von indischen
Autoren, erweitert.

Die Lektüre dieses Werkes ist jedem am Hinduismus Interessierten
zu empfehlen. Es ist reich an Informationen, Erkenntnissen
, weiterführenden und anregenden Reflexionen und auch an
Spannung. Versäumt worden ist nur, vor dem Druck noch einmal
die Korrektheit und Einheitlichkeit der überwiegend angewandten
wissenschaftlichen Umschrift der Sanskritwörter (die
aus drucktechnischen Gründen in dieser Rezension wegfallen
mußte) zu überprüfen, im Text wie auch im Glossar.

Marburg Martin Kraatz

Motabaher. Hossein: Vom Nationalstaat zum Gottesstaat.

Islam und sozialer Wandel im Nahen und Mittleren Osten.
Stuttgart-Berlin-Köln: Kohlhammer 1995. 195 S. gr.8«. Kart.
DM 39,80. ISBN 3-17-013222-9.

Hier legt ein muslimischer Soziologe eine Untersuchung über
die sozialen Bewegungen in der Region des Nahen und Mittleren
Ostens vor, deren Weg vom Nationalstaat zum Gottesstaat
zu führen scheint. Die ersten zwei Kapitel (Entwicklungs- und
Unterentwicklungstheorien: 9-22; Historische Bestimmungsmomente
gesellschaftlicher Stagnation: 31-50) geben eine
Übersicht über die vorhandenen soziologischen Analysen und
Theorien, derer sich der Autor bei seiner Untersuchung bedienen
will. Trotz aller Brauchbarkeit von Teilerkenntnissen darf
man nicht übersehen, „daß die Länder des Nahen und Mittleren
Ostens weder Europa noch Nordamerika sind", daß sie ihre
gesellschaftlichen Entwicklungen „ihre spezifischen Eigentümlichkeiten
haben" (156).

Im Kapitel III (51-88) wird nachgezeichnet, wie das Osmani-
sche Reich sich zu einem Gottesreich gestalten und entfalten
konnte und wie es durch die Dominanz des europäischen Einflusses
in den letzten Jahrhunderten doch immer deutlicher zu
einem Teil der Peripherie im weltpolitischen System wurde.

Als Folge dieser Marginalisierung des zentralen islamischen
Staates der Region kam es zum Versuch, Nationalstaaten zu bilden
, wobei die Begriffe von Staat und Nationalstaat nicht
deckungsgleich sind mit dem, was sich im europäischen Westen
entwickelt hatte: Darüber wird im Kapitel IV berichtet (89-
110). Hier stellt der Autor mit Recht fest: „Die Staaten im Nahen
und Mittleren Osten sind heute noch eher Territorialstaaten
, obwohl sie sich als Nationalstaaten bezeichnen" (97). Die
Gründe der Stagnation und die Hindernisse zur Bildung eines
Nationalstaates in der Nahost-Region sieht er im Fehlen des
Individualisierungsprozesses, im Fehlen der Volkssouveränität
und Selbstbestimmung und im angenommenen Widerspruch
zwischen Gottesrecht und den Menschenrechten (105-108).

Im V. Kapitel (111-172) wird die aktuelle Situation mit ihren
sozialen Bewegungen und ihrer Suche nach einer neuen Identität
beschrieben. Begriffe wie Re-Islamisierung, Politisierung
der Religion. Renaissance des Islams. Renativismus, Chilias-

mus, welche zur Beschreibung der Aufbruchsstimmung im
Nahen und Mittleren Osten verwendet werden, werden hier
kurz vorgestellt und mit einigen kritischen Bemerkungen versehen
. Nach der Überzeugung des Autors ist Modernisierung teilweise
zu einem Symbol der Bedrohung und nicht zuletzt der
Fremdbestimmung geworden. Sehr viele in der Bevölkerung
haben das Gefühl, daß sie ohnehin zu den Verlierern gehören
und daß ihre Würde unbeachtet bleibt (122-123). „Die Säkularisierungsmaßnahmen
wurden ohne eine soziale Verankerung
eingeleitet; den Menschen wurde und wird keine Ersatz-Identität
anstelle des Islam geboten. Die neue Gesellschaftsform hat
ferner nicht die Kraft, sich ganz durchzusetzen, und die alte
Form war nicht in der Lage, sich selbst überlassen zu bleiben"
(123). So führt „der durch die Moderne verursachte Bruch in
der Kontinuität der traditionellen Lebensweise, der mit Orientierungslosigkeit
verbunden ist, zu einer extremen Abwehr gegen
den modernen gesellschaftlichen Zwang" (124).

Die These, die die Zustimmung des Autors eher findet, ist,
daß die Bewegungen im Nahen und Mittleren Osten dahin streben
, aus dem Islam ein Instrument der politischen Ideologie zu
machen. In welche Richtung sich die Gesellschaften dieser
Region bewegen werden, wird abhängen „von ihren gegenwärtigen
Werterwartungen sowie von ihren Wertansprüchen im inneren
sozialen Bereich wie auch von der interdependenten Partnerschaft
mit der exogenen Gesellschaft" (156-157).

Der Autor ist belesen, er hat in diesem Buch ein reichhaltiges
Material zusammengestellt und daraus ausgiebig zitiert. Dafür
wird der Leser dankbar sein, auch wenn der Grad der systematischen
Aufarbeitung des Materials den Erwartungen nicht entspricht
. Mit Recht erkennt der Autor der religiösen Seite der
Problematik eine besondere Bedeutung zu (52). aber die religiöse
Argumentationsweise wird zu wenig berücksichtigt. Ohne
dieses kann aber der Leser nicht sehen, warum die Werterwartungen
und die Wertansprüche der islamisch gesprägten Gesellschaften
in eine der Moderne zugeneigte Richtung oder in eine
defensive Aggression gegen diese Moderne gehen wird. Mit der
Soziologie allein kann die Frage, deren religiöse Seite unverkennbar
ist, nicht gelöst werden.

Münster Adel Theodor Khoury

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