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Ausgabe:

1995

Spalte:

66-67

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Bernhardt, Reinhold

Titel/Untertitel:

Zwischen Größenwahn, Fanatismus und Bekennermut 1995

Rezensent:

Werbick, Jürgen

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65 Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. I 66

grundlegend für die theologische Erkenntnislehre: In völl.ger Bernhard, Reinhold: Zwischen Größenwahn, Fanatismus

Abhängigkeit bleibt der Glaube auf das je-konkret ergehende und Bekennermut. Für ein Chnstentum ohne Absoluthe.ts-

Vergebungswort der Schrift angewiesen: B.s ganzes Pathos gilt anspruch. Stuttgart. Kreuz 1994. 240 S. 8<>. Kart. DM 32,-.

der Kritik aller Arten der Abstraktion von jener Widerfahrnis- ISBN 3-7831-1299-0.

Situation, und auch seine Methode der konzisen Interpretation r u ■ t a

..leibhafter" Texte entsprich, diesem Bewußtsein schlechth.nm- Bernhard stellt zunächst verschiedene Erscheinungsformen und

ger Ansewiesenheit Kontexte des (christlichen) Absolutheitsanspruchs dar und diffe-

Daß der .Entdeckungszusammenhang' dieser Konzeption renziert die einzelnen Geltungsansprüche, die ihn im konkreten

sicherlich die Beschäftigung mit Luther .st. ist mögheherweise Fall mitbestimmen können: Ansprüche auf Einz.gamgke, und

der Grund dafür, daß dieser eine starke Sonderstellung erhält. Ausschließlichen auf Universalität und Endgukigkc u

die in manchen Formulierungen in die Nähe einer in sich autori- unbedingte Verbind hchkeit. Vollkommenheit Untehlbarke. und

uttiven norma normans gerät Dabei is, B.s Kritik aller spekulati- Unüberbietbarkeit. Im Bereich des gegenwar igen Chnstentum

ven religiösen Emheitskonzeptionen durchaus gegenwartsoffen. sucht der VI. die religios-absolutistische Ha ng vo allem b

Freilich setzt sich B. kaum mit der gegenwärtigen Diskussion fundamentalistischen und nazistischen Strömungen aut. als

auseinander. Dies gilt zum einen für die theologische Wissen- unverrückbares festhalten am alleinigen, ausschließlichen und

Schaftstheorie: pJnenberg etwa wird nur mehrfach beiläufig als vollkommenen Wahrhe.tsbes.tz der eigenen Rehg,on - genauer

Vertreter eines unzulässigen Ausgreifens auf .Sinntotalität' er- gesagt: der eigenen Auflassung davon! (46), verbunden m.t

wähnt, He J; jZgel F Wagner überhaupt nicht; auch Ansätze einem antihermeneufschen Tatsachenpos.tivismus und einem

wie das ,n DeSund etwa durch D Ritsehl vorgestellte zum (moralischen) Rigorismus tendierenden Gesetzespos, ivis-

•story'-Konzept oder die Überlegungen zu einer „Biblischen mus: Die normativen Offenbarungstexte gel en als unmittelbare

Theologie" finden keine Beachtung, obwohl sich hier doch viel- Beschreibung von Co.. les.gesetzter Heilstatsachen und -bedin-

leicht Verwandtschal, feststellen ließe. Dieses Defizit gilt aber gungen, deren Verlautbarung nur in die verschiedenen Sprachen

auch für die philosophische Gesprächslage: Außer Austin und überse.zt, aber nicht in ihrem S,nn h.stonsch-hermeneutis h

dem späte,, Wittg^Sn wird die sprachphilosophische Diskus- ermittel, werden muß. Spezifische psychische und gesellscha, h-

*'on nicht au.ginf.en - obwohl 'doch' neuere Überlegungen. che Konfliktlagen^erweisen sich er ahrung^maß als abso 1, -

die analytische Sprachphilosophie einer Problemkontinuität zur musfördernd, da h,er die absolutistische ^ »S^»

tiassischen deutschen Philosophie des 18719. Jh.S auszusetzen rung bedrohter Identität und zur Mobilisierung des Wider tands

<D- Henrich. M I-Lk) möglicherweise auch für B.s inner- gegen kulturelle Entwurzelung und gesellschaftliche Deklassie-

theologische Abgrenzungen von Bedeutung sein könnten. Denn rung nutzbar gemacht werden kann

■» Spn.ch-VersTändnis'müß.e das Gesprich mit B. zunächst Theologisch brisanter sinc B.s Überlegungen zu den Wurzeln

ansetzen: Läßt sich die signifikative Funktion der Sprache so des spezifisch christlichen Absolutheitsanspruchs in der Ablo-

von ihrer perforTtivS Funktion abgrenzen, daß das Verhält- sung vom Judentum (Kap. 7,. m dessen Kon^xt auch dle klas-

* von ^igmfikationshenneneutik«- und .^präsenz" einzig ^^C^T^ZS^

uÄtS:Äl von Sprache nXe" Auslegung der Sendung und des Todes Jesu macht d,e-

-d BcwiwS , be! B s Slcicrmachcr-Kritik leitend ,St7 sen zum escha.ologischcn Ereigrus der-JgjHJ^

mHli.t ti -j c , , k„»b Horm«unterbetont luthe- e nenn neuen Heilsprinzip, in welchem Oottcs Heilswillen seine

°n entwickelt die 1 uther der Neuzeit nicht kategorisch entge- Anerkennung herausfordert. Diese Grundüberzeugung ver

genzusln e öt. u e c , d iinen.ale Übereinstimmung schärft sich etwa in der von Ausgrenzung bedrohten johanne,-

luthcri h vu Znc betont - wo B eine sehen Gemeinde zu einem „Notwehrabsolutismus", in lebens-

tiefe KSS' U'i X Z t ™,, tochl*n,- gefährlichen Bekenntnissi.uationen (vgl. Apg 4,17) zur empha-

elc Kluft jedenfalls zwischen den zwmghanisch oanniam klcnlirikati()l, nill dieser Heüswirktichkeit; sie artiku-

i ,c" Armierten Traditionen und dem genumen Luttertum ^ d dc„c„ Christi allein noch

^tetiert. Auch hier, in der Frage der re^nde (Sgenwarl angesichts übermächtiger Bedrohung gcra-

«yjeoe, müßte Bases Ansatz weiter tfasku ic, t * en. Je > ,d g g ^ ^ tonfeg^

£ alls liegen umgekehrt auch Fragen an Bj Deutong de J^«*^ Absolutismus in der Christentumsgeschich-

L" henums auf der Hand: So sehr naml.ch B.s Kr.unc ns<-h d J Abwerlung aller anderen Heilswege - zum

anfechtungsarmen Vorgriffs auf die eschatologische Einheit "J^^^taoliitinim" - wird und skizziert im letzten Tel

^Gericht und Gnade und sc, Insistieren auf diemeto auf- ^Jj^SSTlSS) die verschiedenen theologischen Mög-

hbare Vielfalt des Gotteswortes einleuchtet, »P«»"^ g£en nX dem überlieferten Absolutheitsanspruch des

^cheint doch sein Hinwcs auf den Widerspruch ,n Gut. selbst ^J^JSmugehen. Der exklusiv geltend gemachte Abso-

***** an ' Ch;C, r S;hlCC , ; iSSSSSSLs^ & tJkhJLt das Monopol

; »• Denn mag die Intention dabc, auch sc,,, de, sanften Ve ™3Lum a,s Heilsvermittlungsinstanz. Demgegenüber

h^osung des göttlichen Anspruchs zu wehren und ex.stenzi- ^^^^{„ä^J^ eine qualitative Über-

*j Erfahrungen der .Gottesfinsternis' theologisch deutbar zu -eh te «tt« Af . V» ^ ^ der

^'ten. so ,s, doch nicht auszuschließen, daß eme solche Abs - f - HeZermittiung, die in anderen Religionen

Gerung der Souveränität Gottes nicht geradezu das gefährdet. He Iswahrhut »"Ite^vermni g e

22» rBniit Hmsi - r ,si: die Gcw;ßhcit „IT «. S^-Ä ^ sind.

^ u 'St hier die luthenSChC LehrC V°m un,Versa?'en g0UU- ^Z^Te^LZ zur Ausgrenzung und Verwerfung

ChC" ^Willen nicht einen anderen Weg gegangen > ^^-^S ist der Inklusivismus von einer unver-

D"ch solche Fragen sollen von B.s Buch nicht wegfuhren, der -anderen Ummer ,5()) M

^dern seinen Anspruch aufnehmen: die eigene Position so kennbarer'^SSSSSSaStm 2 Ihre partikularen

CÄjii darzustellen, daß der Leser zur ^^^^^gam WabSS her erst

e'genen Urte.lsb.ldung herausgefordert wird (17). e.genthch versteht.

B selbst favorisiert das pluralistische Modell eines Christen-
Augsburg Bernd Oberdorfer tums ohne Absolutheitsanspruch. Grundlegend dafür ist ein