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Ausgabe:

1995

Spalte:

808-809

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Felber, Anneliese

Titel/Untertitel:

Harmonie durch Hierarchie? 1995

Rezensent:

Praetorius, Ina

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807

Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 9

808

Kirchengeschichte: Alte Kirche

Basilius von Cäsarea: De spiritu sancto. Über den Heiligen
Geist. Übers, u. eingel. von H. J. Sieben. Freiburg-Basel-
Wien-Barcelona-Rom-New York: Herder 1993. 368 S. 8° =
Fontes Christiani, 12. Kart. DM 44,-. ISBN 3-451-22132-2.

Die bisher wohlgelungene Reihe Fontes Christiani wird um einen
weiteren instruktiven Band bereichert. Die Einleitung bietet Angaben
zur Person des Basilius auf einem kleinen Umweg, der das
Interesse des Lesers verstärkt: „Bei den italienischen Humanisten
des Quatrocento stand Basilius wegen seiner Schrift Ad adules-
centes in hohem Ansehen, warb er doch für die Anschauung, daß
das antike Bildungserbe auch für einen Christen von hohem Nutzen
sein kann. So wurde auch schon früh die Aufmerksamkeit des
Erasmus von Rotterdam auf den Bischof von Caesarea gelenkt...
Je langer sich der Humanistenfürst mit Basilius befaßte, um so
größer wurde seine Begeisterung für ihn" (7). Erasmus ließ 1532
in Basel die Werke des Basilius griechisch drucken. Über die
Schrift De Spiritu Sancto des Basilius hatte Hermann Dörries
1956 ein Buch geschrieben; für ihn war jene Schrift „ein originales
Werk der geistigen Geschichte der christlichen Kirche, fern
allem Schulstaub und doch auch zu wissenschaftlichen Problemen
Stellung nehmend, Ausdruck zugleich seines persönlichsten
Empfindens und Erlebens; der würdige und anziehende Abschluß
dieses Lebens, dessen reifste Frucht es ist" (10).

Ausgezeichnet gelungen ist Sieben der wichtige Abschnitt
„Theologiegeschichtlicher Kontext", der mit Arius einsetzt (15)
und besonders das spannungsreiche Verhältnis des Basilius zu
seinem einstigen Freunde Eustathius von Sebaste schildert (21-
29). Über die Entstehung seiner Schrift hat sich Basilius geäußert:
Er begann 374 und dürfte sein Werk 375 abgeschlossen haben.
Der Vorschlag von Dörries, die Kapitel 10-27 als Mitschrift einer
zweitägigen Debatte zu verstehen, wird weitgehend zustimmend
referiert (35-39). Eine etwas andere Lösung hatte B. Pruche vorgeschlagen
, die jedoch von Dörries Lösung nicht weit ab liegt
(41). Der Abschnitt „Zur Geistlehre" geht auf systematische und
exegetische Gesichtspunkte ein (42-53). Die Arbeit des Basilius
wirkte nach auf ökumenischen Synoden bis hin zum Bilderdogma
787 und dann wieder auf dem Konzil von Florenz 1439 (59). Es
liegen 16 Handschriften vor (64f.). Nach der Editio princeps von
Erasmus 1532 war die Maurinerausgabe wichtig, die Garnier und
Maran 1721-1730 erarbeitet haben (von Migne übernommen: PG
29-32). Auch die letzte Ausgabe von B. Pruche in den Sources
Chretiennes hat die Maurinerausgabe zur Grundlage: Bd. 17.
1947, 2. Aufl. 1968. Am Schluß der Einleitung werden 10 Übersetzungen
in moderne Sprachen genannt, darunter die von M.
Blum in der Reihe „Sophia. Quellen östlicher Theologie", Bd. 8,
Freiburg 1967. Die Benutzbarkeit des Bandes 12 der Fontes wird
erhöht durch Verzeichnisse und Register (326-368). Der Leser
kann reiche historische Informationen über das vierte Jahrhundert
ebenso finden wie auch einen systematischen Einstieg in die Lehre
vom Heiligen Geist anhand einer zentralen Quelle.

Rostock Gert Haendler

Drobner, Hubertus R.: Lehrbuch der Patrologie. Freiburg-
Basel-Wien: Herder 1994. XLIV. 452 S. gr.80. ISBN 3-451-
23498-X.

Das Buch strebt zwei Ziele an: Es will „einerseits in einprägsamer
Form das Grundwissen des Fachgebietes darstellen, andererseits
durch eine treffende Auswahl der wichtigsten Quellen- und Literaturangaben
ein vertieftes Weiterstudium ermöglichen und so

sowohl als Studienbuch als auch als erstes Referenzwerk für den
Fachgelehrten dienen" (Vorwort). Ausführlich schildert D. die
allgemein-historischen Umstände, insbesondere am Anfang von
Teil III die Zeit Kaiser Konstantins, seiner Söhne und Nachfolger,
die Ausbildung der Patriarchate sowie die Synoden (156-182).

Hilfreich ist der Abdruck wichtiger Texte; zumal Synodalentscheidungen
werden wörtlich geboten: Das ursprüngliche Nicä-
num von 325 wird griechisch und deutsch nebeneinander gedruckt
(203); derselbe griechische Text steht später noch einmal
in Parallele zum Symbolum Nicaeno-Constantinopolitanum
von 381 (244f.), so daß man deutlich die Veränderungen, z.B.
den Wegfall ursprünglicher Verurteilungen sehen kann. Auch
das Symbolum des Konzils von Chalkedon wird im griechischdeutschen
Paralleldruck dem Leser vor Augen geführt (392f.).
Gut gelungen sind auch die prägnanten biographischen Kurzdarstellungen
der wichtigsten Personen, z.B. Cyprian (133-
135), Euseb (188-190), Athanasius (207-211), Hilarius (213-
216), Gregor von Nazianz (236-239), Ambrosius (257-263).
Chrysostomus (274-279), Hieronymus (285-291), Augustin
(326-345); die Päpste Leo der Große (384-389) und Gregor der
Große (415-420) haben breiten Raum, zuletzt erscheinen die
Biographien der ostkirchlichen Väter Maximus Confessor (437-
440) und Johannes von Damaskus (441 f.).

Zu fragen ist, ob die im Vorwort behauptete „treffende Auswahl
" nicht mitunter etwas knapp geraten ist. Zwar ist das Register
beeindruckend (446-452), - aber im Vergleich zu dem
Standardwerk von Altaner/Stuiber „Patrologie - Leben, Schriften
und Lehre der Kirchenväter" ergeben sich doch einige Defizite
. Im Register fehlt Papst Gelasius (im Text kurz erwähnt
145), völlig fehlt Papst Symmachus. Man sucht vergeblich nach
Victorin von Pettau. dem ältesten lateinisch schreibenden Ausleger
der Bibel, nach Arator, der die Apostelgeschichte in Versen
auslegte, nach Aponius und Gregor von Elvira, zwei lateinischen
Auslegern des Hohenliedes, nach Arnobius, dem Ausleger
der Psalmen, nach dem opus imperfectum in Matthaeum.
Rufin findet man unter dem ungewöhnlichen Namen „Rufin
von Concordia (Aquileja)", sein für das älteste Mönchtum so
wichtiges Werk „Vitae Patrum", 1990 in neuer Edition erschienen
, steht nicht unter seinen Werken verzeichnet (285). Caesari-
us von Arles, der doch wirklich wichtige Schriften hinterlassen
hat, fehlt ebenso wie Ennodius von Pavia, Faustus von Reji,
Fulgentius von Rüspe. Avitus von Vienne, der Spanier Orosius
und andere. Man wünscht diesem Buch bald eine zweite Auflage
, in der dann die Zahl der besprochenen Kirchenväter noch
erweitert werden könnte. Aber auch in der jetzigen Form ist es
ein nützliches Buch; vielleicht ist es gerade in seiner Beschränkung
für Studenten gut geeignet, einen ersten Einstieg in die
Werke der Kirchenväter zu bieten.

Rostock Gert Haendler

Felber, Anneliese: Harmonie durch Hierarchie? Das Denken
der Geschlechter-Ordnung im frühen Christentum. Wien:
Wiener Frauenverlag 1994. 188 S. 8» = Reihe Frauenforschung
, 26. ISBN 3-900399-94-8.

Die in Graz lehrende Theologin und Philologin Anneliese Felber
hat ein Buch gegen den derzeitigen feministischen Trend geschrieben
: Weil sie von der bis heute anhaltenden Wirksamkeit
der hierarchischen Geschlechterordnung der alten Kirche überzeugt
und betroffen ist. hat sie sich „entschlossen, eine Arbeit
zum negativen Frauenbild der christlichen Tradition vorzulegen,
obwohl die historisch-theologische Frauenforschung inzwischen
die Tendenz verfolgt, Frauen stärker als denkende und handelnde
Subjekte ins Zentrum zu stellen und Traditionen von Frauen ans
Licht zu heben." (7)