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Ausgabe:

1995

Spalte:

777-780

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Beyer, Rolf

Titel/Untertitel:

König Salomo 1995

Rezensent:

Niemann, Hermann Michael

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 9

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Textteil und im gesamten mehrfarbigen Layout die bayerische
Kirche von der EKD-Ausgabe entfernt.32 Im übrigen liegen
auch noch nicht alle landeskirchlichen Ausgaben vor. Sie wären
einer eigenen Betrachtung wert, und es lohnt sich bestimmt,
auch einige von ihnen in die Hand zu nehmen.

Der Textteil der EKD-„Normalausgabe" zeigt insgesamt ein
sehr anderes Gesicht als seinerzeit im EKG, wobei ja auch die
zwischen die Lieder eingestreuten Texte zu beachten sind. Daß
nicht nur auszugsweise die Leuenberger Konkordie, sondern
auch die Barmer Theologische Erklärung im Gesangbuch für
alle Landeskirchen steht, wäre noch vor wenigen Jahren nicht
selbstverständlich gewesen. Der Gebetsteil (ab Nr. 812) ist ertreulich
reicher in Gehalt und Vielfalt geworden. Stark überarbeitet
sind auch die Tageszeitengottesdienste, vor allem im
Blick auf die Psalmodien: Entsprechend neueren Forschungen
und Sicht weisen sind nicht nur die Psalmtonmodelle, sondern
auch die Kriterien der Textunterlegung modifiziert worden.
(Leider fehlt eine Übersicht über die jetzt vereinbarten Psalmtonmodelle
!) So begrüßenswert die Aufnahme der Taize-Ord-
nung (Nr. 789) ist, so bedauerlich ist es, daß die im VE vorgesehene
Ökumenische Vesper nach dem GL (vgl. VE 788) nun
doch nicht ins EG gelangt ist. Aufmerksam wird man den „Liturgischen
Kalender"' (Nr. 954) ansehen müssen, da sich zu einzelnen
Sonntagen nunmehr Wochenlieder angegeben finden,
die bisher nicht üblich waren.

Zu den „externen" Ergänzungen des EG gehören schließlich
- hier nur summarisch zu nennen - neue Begleitbücher (Orgel,
Gitarre. Bläser) und Vorspielsammlungen, ferner das in ersten
Lieferungen vorliegende Werkbuch (Vandenhoeck & Ruprecht.
Güttingen I993ff.) und das angekündigte Handbuch, das wie
sein EKG-Pendant den „wissenschaftlichen Apparat*' zum EG
liefern wird. Diese Ergänzungen werden zu gegebener Zeit
eigene Rezensionen erfordern.

7. Fazit

Die kritischen Fragen, die hier an das EG gestellt worden sind,
könnten den Eindruck vermitteln, ein Gesangbuch sei vornehmlich
daran zu messen, wie es sich originalgetreu oder revidierend

tradiertem Liedgut gegenüber verhalte. Und dem könnte sich
ein zweites Mißverständnis hinzugesellen, es sei für die Beurteilung
nicht so wesentlich, wie sich das Gesangbuch zum Liedgut
der eigenen Gegenwart stelle, welche Lieder es aufnehme
und welche nicht. Es soll aber nicht um einen solchen Scheinkonflikt
zwischen theoretisch-wissenschaftlichen Belangen und
praktisch-alltäglichen Bedürfnissen gehen! Gewiß wirken nicht
alle Entscheidungen des EG stringent. sind einige wohl auch
etwas zufällig /ustandegekommen (wer kennt nicht die Mechanismen
langjähriger Ausschußarbeit?). Hier hätten gründlichere
Klärungen vor allem germanistischer und musikwissenschaftlicher
Probleme im Vorfeld gut getan. Die theologischen Fragen
waren demgegenüber wohl besser aufgehoben. Und hinsichtlich
des neuen Liedgutes mag mancher „den großen Wurf" vermissen
, natürlich ist dieses nicht umfassend repräsentiert, sondern
nur selektiv. Ehe sich aber Zustimmung oder Ablehnung des
EG verfestigen, wäre zu bedenken: Die Arbeit mit dem Gesangbuch
beginnt, die Arbeit am Gesangbuch geht weiter. Und dazu
bedarf es auch zukünftig aktueller Liedsammlungen, die Neues
anbieten und in die allgemeine Rezeption einspeisen. Überblickt
man das Gesangbuch als ganzes, so wird man sagen können
: Als neu erweist es sich nicht durch Radikalität (weder
gegenüber der Vergangenheit noch gegenüber der Gegenwart),
sondern durch seine im Vergleich zum EKG größere Integrati-
onsbereitschaft. Daß nicht jeder und jede alle Lieder für sich
rezipieren werden, ist ein ebenso normaler Vorgang wie eine
detaillierte und ggf. kontroverse Diskussion.

Der theoretische, rezensierende Blick auf das Gesangbuch ist
naturgemäß nur das eine, das andere und wesentlichere ist es.
mit dem Gesangbuch umzugehen und Erfahrungen zu sammeln.
Seine Rezeption hängt nicht nur davon ab, welche Chancen ihm
im Gottesdienst, im Unterricht und in Gemeindekreisen gegeben
werden, sondern sehr stark auch davon, ob sich Kirchenmu-
sikerinnen und Kirchenmusiker wieder verstärkt als Vorsänger
und Singeleiter (Kantoren!) ihrer Gemeinden verstehen! Es sei
zum Schluß ein persönliches Wort erlaubt: Ich freue mich über
dieses Gesangbuch und bin gespannt darauf, wie es sich als
Begleiter in den nächsten Jahren bewähren wird.

Altes Testament

Beyer. Rolf: König Salome Vom Brudermörder zum Friedensfürsten
. Bergisch-Gladbach: Lübbe 1993. 344 S. m.
zahlr. Abb. i. Text u. auf Taf. z.T. färb. 8°. Lw. DM 42,-.
ISBN 3-7857-0669-3.

Vor dem Rez. liegt das anzuzeigende Buch, solide gebunden,
mit informativen Illustrationen sowie guten Schwarz-Weiß- und
Farbfotos auf Tafeln erfreulich ausgestattet, in ansprechendem
Stil geschrieben. Der Vf. setzt sich das hohe Ziel herauszufin-
den, ob das bibl. Salomobild der historischen Wahrheit entspreche
, will „historisches Urgestein" freilegen (16). Dabei ist er
sich der Schwierigkeiten bewußt, denn die biblischen Texte seien
400-700 Jahre jünger als die beschriebenen Ereignisse, auch
ging es den Verfassern/Sammlern nicht um Feststellung des
Geschichtsablaufs, sondern um theologische Deutung. Etwas
überraschend ist es da schon, daß er dennoch Texte wie die
••Thronnachfolgegeschichte Davids" (2Sam 9-20) u.v.a. ohne
weiteres als z.Zt. Salomos entstanden betrachtet; Gen 14 wird
als voi'siaatlich-historisch eingeschätzt (267ff.).

Der Einleitung folgen 7 Kapitel, deren erstes die Überschrift
trägt: „,Es lebe Salomo' - Der mörderische Salomo". Der Vf.
entwirft ein „Psychogramm" Salomos, denn noch nie habe jemand
den Hintergrund seiner finsteren Taten am Anfang seiner
Herrschaft (I Kön 1-2) durchleuchtet. Der Vf. erkennt Salomo
als „Angehörigen einer .archaischen' Bewußtseinskultur".

Mit dem 2. Kapitel beginnt die Betrachtung eines „gewandelten
Salomo" (lKön 3-10): Nicht mehr ein mörderischer, hinterlistiger
, sondern ein weiser, reicher und toleranter Salomo, ein
Dichter, Bauherr, Diplomat, Handelsherr. Verwaltungs- und
Wirtschaftsorganisator tritt hervor. Salomo stellt sich als „Kulturstifter
schlechthin" (308) heraus, Träger eines Friedenswerkes
von einmaliger Größe, König der „Abrüstung", des nationalen
Ausgleichs und der religiösen Toleranz (15t"). Es ist erstaunlich,
was der Vf. herausfindet: sogar zu „Salomos innerer Erfahrung"
dringt er vor: „Sein Lebensgefühl setzte auf Offenheit und Weite,
ausgeführt in jenem, was man traditionell .salomonische Weisheit
' oder neuerdings sogar .salomonische Aufklärung' zu nennen
bereit war" (17). Der Vf. zieht archäologische Ergebnisse aus
Jerusalem, Hazor, Megiddo und Gezer heran, die ihm zufolge in
salomonische Zeit weisen; jedoch haben sich diese Datierungen
in der neueren Fachdiskussion überwiegend nicht bewährt.

Das nächste Kap. behandelt den „weisen Richter" Salomo: Er
kehrt nach der blutig-kriegerischen Saul-/Davidzeit zum Konzept
des Friedenskönigtums zurück, dessen Atmosphäre an die
Patriarchen erinnere. Er steige nicht nur aus seiner frühen fiele
als „Bluträcher und Brudermörder" auf, sondern breche
auch mit seinem kriegerischen Vater, bis es „zum leuchtenden