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Ausgabe:

1995

Spalte:

722-723

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Christus in euch 1995

Rezensent:

Döpmann, Hans-Dieter

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Theologische Literuturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 7/8

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armenischen Patristik' umschrieben werden könnte. Dazu gehören
unter anderem der Beitrag des Jerusalemer armenischen
Erzbischofs Shahe Ajamian zu der Psalmeneinleitung des
David Anhaght (d. h. des .Unbesiegbaren') (15-21), ebenso der
von Christian Hannick (damals Trier, jetzt Würzburg) zu griechisch
-armenischen Patristica in der Bibelexegese, wie sie sich
in armenischen Handschriftenkolophonen findet (79-86) und
der des unermüdlichen Heidelberger Konfessionskundlers Friedrich
Heyer zu den biblischen Bezügen in den Elegien des wohl
Populärsten armenischen Kirchenvaters, des hl. Gregor von
Narek (87-96).

Ein dritter wesentlicher thematischer Block ist der armenischen
Bibel in neuerer Zeit und in der Gegenwart gewidmet;
Vgl. dazu den für die west-östlichen kirchengeschichtlichen
Beziehungen wichtigen Beitrag von Barbara J. Merguerian
(Wellesley. MA) über die Aktivitäten amerikanischer Missionare
bei der Schaffung armeno-türkischer und moderner armenischer
Bibeleditionen im Osmanischen Reich im 19. Jh. (153-
169), bei welchen diese sich auf armenische Mitarbeiter stützten
. Von unmittelbarer Bedeutung für die Gegenwart ist der
Vortrag von Manuel M. Jinbachian. dem armenischen Straßburger
Koordinator der Vereinigten Bibelgesellschaften für Europa
, den Mittleren Osten und die ehemalige Sowjetunion, über
moderne armenische Bibelübersetzungen bis hinein in die achtziger
und neunziger Jahre des 20. Jh (97-123). Diesem Beitrag
•st nicht nur eine wichtige armenische Bibel-Bibliographie angefügt
, sondern auch eine ausführliche, exemplarische Betrachtung
zu den armenischen Übersetzungstraditionen so gewichtiger
neutestamentlicher Begriffe wie OCÖfia und ouy'E;.

Es wäre verfehlt, sich angesichts der armenischen Bibeltradition in zu
enger Optik lediglich auf das Wort zu beziehen und dabei die ikonographi-
schen Traditionen zu vernachlässigen. So widmet sich D. Kouymjian (Fres-
no, CA) der Entwicklung armenischer Evangclicn-Illuminierungen in deren
formativer Periode (9.-11. Jh.) (125-142), wobei deutlich ist. daß gerade
diese ikonographischen Traditionen in jügster Zeit in der Armenischen
Apostolischen Kirche ein Instrument in der Renaissance einer lebendigen
Katechese sind (vgl. z. B. die Ausgaben des Jerevaner theologischen Publikationszentrums
„Gandzasar". besonders die jüngst erschienenen, bewußt
nut armenische ikonographische Traditionen sich beziehenden katechetischen
Hefte).

Zum Beschluß sei noch auf zwei besondere Beiträge verwiesen
, die auch eine eng verstandene Themenbegrenzung überschreiten
: den der libanesisch-armenischen Soziologin A'i'da
Boudjikanian (Beirut, jetzt Montreal) zu ethischen und religiösen
Werten in der heutigen armenischen Bevölkerung des Libanon
(23-33) und den der armenischen Philologin an der Marlin-
Luther-Universität Halle-Wittenberg. Armenuhi Drost-Abgar-
jan über ..Biblisches in moderner armenischer Literatur" (47-
71). Gerade dieser Beitrag läßt am Beispiel von Parujr Sewaks
..Nmimerverstummendem Glockenturm" die in der Zeit sowjetischer
Religionsverfolgung dennoch indirekt weiterwirkende
armenische Bibelüberlieferung erkennen, an welche heute die
unmittelbare biblische Verkündigung wieder anknüpfen kann.

Aufgrund des beschränkten Raumes für diese Anzeige sind
nur wenige Hinweise auf den facettenreichen Inhalt der 20
Beiträge diese Bandes möglich, der dem Leser einen unverzichtbaren
Einblick in die Vielfalt und Intensität der Bibelwirkung
in einem Bereich gewährt, der in der west- und mitteleuropäischen
theologischen Arbeit häufig nicht wahrgenommen
wird.

Halle (Saale) Axel Meißner

1 Vgl. auch die schon im Jahre 1906 zu diesem Thema von dem armenischen
Theologen Artasches Abeghian in Marburg vorgelegte materialreiche
Dissertation über ..Vorfragen zur Entstehungsgeschichte der altarmcnischen
Bibelübersetzungen", die im vorliegenden Band, wenn ich recht sehe, leider
keine Erwähnung findet.

Heitz, Sergius |Hrsg.|: Christus in euch: Hoffnung auf Herrlichkeit
. Orthodoxes Glaubensbuch für erwachsene und heranwachsende
Gläubige. Erarb. von S. Hausammann und S.
Heitz. Verb. u. erw. Neuaufl. in Zusammenarb. mit der serbisch
-orthodoxen Mönchskite des heiligen Spryridon in Geilnau
. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1994. 272 S.
gr.8<>. Kart. DM 40- ISBN 3-525-56832-0.

Nachdem die Ausgabe von 1982 vergriffen war. konnte eine
Neuauflage mit wesentlichen Ergänzungen, z.B. zum Mönch-
tum sowie zu den Tugend- und Lasterkatalogen, erscheinen.
Bereits im nochmals abgedruckten Vorwort zur 1. Aufl. wird
verdeutlicht: „Hoffnung auf Herrlichkeit" verweist nicht vertröstend
in eine ferne Zukunft, sondern die jetzt schon wirkliche
Teilhabe an Gottes Schönheit, Güte, Unvergänglichkeit durch
die Verbundenheit mit dem Christus, der in uns wohnt. Deshalb
bedeutet Orthodoxie vor allem .rechte Gottesverherrlichung' im
Bekenntnis und Lob. Beim vorliegenden Glaubensbuch handelt
es sich um einen Erwachsenenkatechismus für deutschsprachige
orthodoxe Gläubige und Freunde ihrer Spiritualität, der in
131 Fragen und Antworten dem bei der Taufe und in den Gottesdiensten
gebeteten Glaubensbekenntnis, dem Konstantinopo-
Litanum vom Jahre 381, folgt und zugleich bewußt machen will,
was atts der T radition der Kirche häufig unreflektiert übernommen
wird. Verwiesen wird auf das Bemühen, die Konturen der
orthodoxen Theologie und Spiritualität scharf herauszuarbeiten
und gegenüber denen der anderen christlichen Konfessionen
abzugrenzen. Dies erfolgt in der Uberzeugung, daß es auch den
ökumenischen Bestrebungen dienlich ist. wenn die bestehenden
Differenzen nicht verwischt oder überspielt werden.

Jeder Frage folgt eine erläuternde Antwort, die sich auf einzelne
Bibelstellen stützt, dazu als .Biblische Begründung' eine Aufzählung
aller diesbezüglichen Bibelstellen. Den meisten Antworten
folgt schließlich ein Halte Fest: Dabei kann es sich um Bibelworte
handeln, z.B. aus der Bergpredigt, in erster Linie jedoch
um liturgische Texte, gottesdienstliche Hymnen, die kurz und
einprägsam den Sinngehalt zum Ausdruck bringen. Es wird
somit gerade auch dem nichtorthodoxen Leser der reiche Wortgehalt
der liturgischen Texte vor Augen geführt. Kirchen- und
dogmengeschichtliche Ausführungen - manchmal andeutend
historisch-kritisch - erläutern in gebotener Kürze innerorthodoxe
sowie die Konfessionen trennende Entwicklungen.

Der Glaubensgehalt wird in sieben Hauptabschnitten entfal
tet. Dazu hier nur andeutende Hinweise. /. Der Dreieinige Gott.
Dabei wird z.B. der Frage 6 über den anfanglosen Ursprung des
Sohnes im Vater eine Zwischenfrage angefügt, die sich auf die
in manchen gottesdienstlichen Texten erwähnte Häresie des
Arius bzw. die Väter des Ersten Ökumenischen Konzils von
Nikaia (325) bezieht. Frage 8 behandelt den Ursprung des
Zusatzes „filioque" und beurteilt dies aus orthodoxer Sicht.
Zusammenfassend heißt es dann in Frage 9: „Nicht die theologische
Erkenntnisbemühung wie in den westlichen Kirchen ist
der bevorzugte Ort, an dem in der Orthodoxie die göttliche
Dreieinheit zur Sprache kommt, sondern die Doxologie des
Gebetes und der Hymnen" (20).

//. Gott der Schöpfer und die Schöpfimg Gottes. Frage 13 zu
den für orthodoxes Gottesdienstverständnis charakteristischen
.himmlischen Hierarchien' der Engelwelt verbindet sich mit der
Antwort, Pseudo-Dionysius Areopagita habe „aufgrund von Andeutungen
der Heiligen Schrift die Welt der reinen Geister gegliedert
in eine dreistufige dreigliedrige Ordnung" (28). als Symbol
für die Vollkommenheit der himmlischen Welt. In Frage 17
über des Menschen Gott-,Ähnlichkeit' wird auf die „Theosis" als
Ziel der menschlichen Bestimmung eingegangen, dazu aufgefordert
, den mißverständlichen Begriff „Vergottung" (im Glossar
252 wird jedoch „Vergöttlichung" akzeptiert) zu vermeiden und
stattdessen von ..Vollendung des wahren Menschseins" zu spre-