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Ausgabe:

1995

Spalte:

54-55

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Simon, Reinhard

Titel/Untertitel:

Das Filioque bei Thomas von Aquin 1995

Rezensent:

Courth, Franz

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Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 1

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auch diese Schrift die ihr zukommende Aufmerksamkeit erfährt
. Die Hgg. wundem sich selbst, warum dieses opusculum
bisher so wenig Beachtung gefunden hat.

Besonders hinweisen möchte der Rez. auf den folgenden
Gedankengang des NvK: „Der Gegensatz ist also die Koinzidenz
der Gegensätze und die Gleichheit. Wir sagen. Gott ist der
Gegensatz der Gegensätze, der alles in allem ist. nämlich nichts
anderes, als wenn man sagt: Zusammengefalteter Ursprung,
absolute Koinzidenz oder unendliche Gleichheit." Und dies
erläutert NvK an der Geradlinigkeit des unendlichen Kreises. Die
Unendlichkeit Gottes wird gerade an der Kreisgestalt, um die
sich NvK ja in seinen zahlreichen mathematischen Schriften so
bemüht hat, deutlich dargestellt. Die Hgg. sehen mit Recht das
Ziel des ganzen Traktats darin: „In der Theologie geht es darum,
den Ursprung zu bedenken, wo das, was als gegensätzlich in endlichen
Dingen empfunden wird, koinzidiert". Die theologische
Erfüllung (so übersetzt man wohl „complementum" treffender
als mit Ergänzung) ist es. wenn alles Wißbarc (seibile) theologisch
auf vollkommenere Weise erfaßt werden kann. Ein größeres
Wissen kann der menschliche Geist (mens) nicht erreichen
als das. was (I Kor 13.12) wir nur durch einen Spiegel im Abbild
erkennen können (n. 13,31 ff.).

Folgende lndices sind beigegeben: einmal das Verzeichnis der
Autoren, die in den Apparaten genannt sind, dann das der Codices
und schließlich ein Wörterverzeichnis. Sie werden sieh dem
Benutzer als sehr hilfreich erweisen. Leider ergaben sich bei
Stichproben kleine, jedoch unwesentliche Fehler.

Freiberg Karl-Hermann Kandier

Peters, Albrecht: Kommentar zu Luthers Katechismen. Bd. 4:

Die Taufe. Das Abendmahl. Hg. von G. Seebaß. Göttingen:
Vandenhoeck & Ruprecht 1993. 202 S. 8°. Kart. DM 38.-.
ISBN 3-525-56183-0.

Mit dem 4. Band sind die Hauptteile des Kommentars zu Luthers
Katechismen zum Abschluß gebracht. Der 5. Band behandelt die
in den spateren Auflagen des Katechismus hinzugefügten Stücke
'Beichte etc.). Die früheren Bände wurden in dieser Zeitschrift
117, 1992. 285-287 (Band 1-2) und 119. 1994. 257-258 (Band 3)
besprochen.

Eine übergreifende Darstellung der Sakramentslehre Luthers
ln ihrem Verhältnis zur abendländischen Tradition leitet die Darstellung
dieses Bandes ein. Hier wie sonst in P.s Kommentar-
Werk liegt das Hauptgewicht auf den rein theologischen Frage-
Teilungen wie denen nach promissio-fides. dem Heilshandeln
°ttes, der Christusmeditation usw.. nicht so sehr auf den rein
'storischen Kontroversfragen oder der Frage nach der Entwickung
der neuen, reformatorischen Sakramentslehre. Eine Untersuchung
der verschiedenen Sakramentsdefinitionen bei Luther
aßt die Ergebnisse zusammen. In den Katechismen Luthers fin-
et man bekanntlich keine einleitende allgemeine Darstellung
er Sakramentenlehre. Der Vf. baut also hier auf ergänzendes
Material.

Die beiden Abschnitte über die Taufe und das Abendmahl bil-
j"en dann den Hauptteil des Buches. Die Gliederung folgt der

arstellung der beiden Katechismen, aber aus der Menge anderer
Beitrüge zu diesen Themen in Luthers Schrifttum kann der Vf.
nicht nur klärende Parallelen zu den Katechismen aufzeigen,
*°ndern auch zahlreiche Aspekte, die so deutlich nicht in den
Katechismen vorkommen.

Je Darstellung der Taufe ist in den Katechismen unpolemisch,
tür die Laienfrömmigkeit formuliert. Der unerwähnte Gegner
, der doch im Hintergrund vorausgesetzt ist. ist hier nicht die
f°rnische Sakramentstheologie, sondern die rationalisierende
• akramentsverachtung und die allgemeine Gleichgültigkeit.

In der Abendmahlsdarstellung ist in gleicher Weise nicht die
römische Messopferlehre der gedachte Gegner, die hier nicht
erwähnt wird, sondern die symbolische Deutung oder die Verneinung
der tatsächlichen Gegenwart des Herrn.

Es ist nicht Uberraschend, daß der Vf. mehrfach feststellen
kann, daß sich in den Katechismen wichtige Elemente der Sakramentslehre
des Reformators kaum wiederfinden lassen. Auffallend
ist z.B., daß (.las Communi-Motiv, das so deutlich in einigen
frühen Schriften zum Ausdruck kommt, in den Katechismen sehr
im Hintergrund bleibt. Derartige Entdeckungen kann der Vf. für
seine Darstellung fruchtbar machen. Ein wichtiges Anliegen für
ihn ist es. die Stellung der Sakramente in der Erfahrung und im
Leben eines Christen lebendig und wirklichkeitslreu darzustellen
. Seine frühere wissenschaftliche Arbeit an der Sakramentslehre
wie auch seine praktische Wirksamkeit als Seelsorger und
Pfarrer hat ihn für diese Aufgabe besondere Fähigkeiten geschenkt
.

Lund Bengt Hügglund

Simon. Reinhard: Das Filioque bei Thomas von Aquin. Eine
Untersuchung zur dogmengcschichtlichen Stellung, theologischen
Struktur und ökumenischen Perspektive der thomani-
schen Gotteslehre. Frankfurt-Bern-Berlin-New York-Paris-
Wien: Lang 1994. VIII, 182 S. 8« = Kontexte. 14. Kart. DM
59.-. ISBN 3-631-47061-4.

Die Studie wurde 1992 als Dissertation von der Ev. Theol.
Fakultät der Humboldt-Universität in Berlin angenommen.
Inspiriert ist sie von der Überzeugung, daß für die aktuelle ökumenische
Diskussion über das Filioque dem Aquinaten eine
weit über den kath. Raum hinausreichende ökumenische Bedeutung
zukommt. Dessen Erbe bestimme „unser heutiges
evangelisches wie katholisches Urteilen in trinitätstheologi-
schen Fragen wesentlich mit" (V). Verschiedentlieh weist der
Autor auf den deutlichen Schriftbezug (60) wie auch die sote-
riologischen Inhalte der thomanischen Gotteslehre hin. Die
Spannung von unerreichbarer Weltüberhobenheit Gottes und
seiner heilshaften Nähe belegt nach Simon das hohe Niveau
(96) dieser 77i«>-logie.

Die besondere Vorgehensweise der Arbeit liegt darin, daß sie
zunächst zwei nicht immer hinreichend beachtete Texte befragt:
Contra errores Graecorum sowie den Johannes-Kommentar. Unterstreicht
die eine Schrift den Väterbezug des Aquinaten, so die
andere dessen heilsökonomische Perspektive. Aber in keiner seiner
Schriften, seine systematischen Werke eingeschlossen, vermöge
es Thomas, die logische Notwendigkeit für den personbil-
denden Hervorgang des Heiligen Geistes aus Vater und Sohn zu
erweisen. Was er biete, sei nicht mehr als ein Konvenienzbeweis
(61). Schon hier die Frage: Ist für unseren Zusammenhang argumentativ
eine größere rationale Gewißheit zu erzielen ? Will Thomas
sie überhaupt erreichen'.' Als bestimmenden Grund dafür,
warum der Aquinate trotz der Relationenlehre und der psychologischen
Analogien Augustins nicht zu einem hinreichenden Verständnis
der innertrinitarischen Personen kommt, ist nach Meinung
des Autors die alles prägende Einheitssicht Gottes. Ihr stellt
Simon das dialektische Gottesbild des Aeropagiten gegenüber; es
umschließe Einheit und Vielheit in einer nicht mehr aufzulösenden
Spannung. Wegen der gedanklichen Inkonvenienzen in der
Argumentation des Aquinaten. sie gilt dem Autor als Typ westlichen
Denkens, sei heute eine Lösung der Filioque-Frage weniger
argumentativ als metatheoretisch (167), in einem geistlichen Prozeß
anzustreben. Damit ist gemeint: Die Kirchen des Ostens wie
des Westens sollten bestrebt sein, miteinander die Gottheit des
Vaters, des Sohnes und des Hl. Geistes in ihrem jeweiligen Werk
an uns Menschen zu erkennen und zu verherrlichen.