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1995

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Kirchengeschichte: Neuzeit

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 7/8

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mus. Ihn nicht recht wahrhaben zu wollen, obschon in den
Anmerkungen hier und da Titel erscheinen, die auf ihn verweisen
, erklärt sich wohl aus dem kritischen Impetus des Autors.
Wenn es generalisierend heißt, der „Katholizismus artikulierte
sich durchgehend als Sachwalter einer vormodernen Gesellschaftsordnung
" (399), so trifft das z.B. auf den politischen
Katholizismus der Zentrumspartei und den Sozialkatholizismus
im Gewerkschaftsbereich nicht zu.

Mit der Einschränkung, daß die Reichweite der Studie Grenzen
hat, ist sie anregend. Sie kann als Fortsetzung und Erweiterung
der Untersuchung von Ulrich Bröckling gelesen werden
(Katholische Intellektuelle in der Weimarer Republik. Zeitkritik
und Gesellschaftstheorie bei Walter Dirks, Romano Guardini,
Carl Schmitt, Ernst Michel und Heinrich Mertens. München
1993). Was den vom Vf. behandelten Persönlichkeiten als tragfähige
Antwort auf das Thema Glauben und Leben, Christentum
und Kultur, Sinnfrage und Christusbotschaft etc. im Horizont
der Moderne galt, erscheint in seiner Interpretation überwiegend
als Ausdruck eines antimodern-konservativen Grundaffekts
. Ausnahmen wie Wittig und Guardini bestätigen ihm
den Regelfall. Wittig wird die Lösung des katholischen Glaubens
aus dem „Bann des feudal-aristokratischen Weltbildes"
attestiert (223). Guardini habe die „objektivistische Version des
Katholizismus" durch ein personales Christsein ersetzt. Dadurch
sei er „zu einem christlichen Denker in einer religionslosen
Zeit geworden, ein Denker der Moderne" (196, 197) Da der
Vf. allzu viele Konzepte auf den Prüfstand nimmt, tragen seine
Darlegungen an vielen Stellen eher thetische als analytische
Züge. Kann man Guardini und all die anderen Katholiken auf so
eingeschränktem Raum behandeln, auch wenn stets nur eine
bestimmte Perspektive interessiert, die Modernewahrnehmung
und -Verarbeitung? Etwas ermüdend ist das bei sieben von dreizehn
katholischen Denkern stets gleiche Untersuchungsschema:
„Seine Wahrnehmung der Moderne - Die Leistung der Religion
für den Menschen - Theologische Denkfiguren - Konsequenzen
für die Religiosität". Erst bei Karl Eschweiler löst sich der
Vf. von seinem Schema, um statt dessen die Eigenarten des
jeweiligen Konzepts in den Mittelpunkt zu stellen.

Als „Grundfiguren der theologischen Problemlösung" macht
der Vf. „ekklesiozentrische Lösungen" (Rückkehr zur „objektiven
Autorität der Kirche") und „auf den Glauben zentrierte
Lösungen" aus (355ff.) Er kritisiert die unbewußte theologische
Bedienung der „modernen Warengesellschaft" durch Anpreisung
der Religion als Sinngarant, Handlungsimpuls oder geistige
Form - eine Art von „negativer Modernität". Außerdem tadelt er
den a- und antihistorischen Denkansatz in der katholischen Theologie
, die Indienstnahme eines übergeschichtlichen, ewigen und
irrtumslosen Gottes für eine Kirche, welche die gleichen Attribute
für sich in Anspruch nahm. Er plädiert für „universale Lernbereitschaft
". Zu deren Voraussetzungen rechnet er die „Überwindung
des übergeschichtlichen Wahrheitsbegriffs"; sie ermögliche
eine „relecture" der Kirchen- und Theologiegeschichte als Mischung
von Wahrheitserkenntnis und Irrtum (400f.).

In dem Buch werden viele, allzu viele Aspekte berührt.
Selbst auf die Sozialgeschichte der „kirchlichen Anstalten" hat
der Vf. nicht verzichten wollen (346-353) - ein Thema, das
angesichts der anspruchsvollen Forschungsprobleme auf so
wenigen Seiten eigentlich nur verfehlt werden kann. Bemerkenswert
ist die Abständigkeit des Vf.s von der*protestantischen
Moderneforschung. Von den vielfältigen Publikationen aus diesem
Bereich, die sowohl thematisch wie methodisch für die
Studie hätten belangvoll sein können, hat der Rez. allenfalls
Spurenelemente entdecken können. Fesselnd ist das arbeitsintensive
Buch, wenn man es als historischen Beitrag zum Gegenwartskatholizismus
liest.

Leipzig Kurt Nowak

Assel, Heinrich: „Barth ist entlassen"... Emanuel Hirschs Rolle im Fall
Barth und seine Briefe an Wilhelm Stapel (ZThK 91, 1994, 445-475).

Balzer, Friedrich-Martin, u. Gert Wendelborn: „Wir sind keine stummen
Hunde" (Jesaja 56,10). Heinz Kappes (1893-1988). Christ und Sozialist in
der Weimarer Republik. Bonn: Pahl-Rugenstein 1994. 254 S. m. Abb. 8°.
Pp DM 29,90. ISBN 3-89144-197-5.

Beintker, Michael: Nachdenkliche Rückblenden auf das Verhältnis von
Kirche und Staat in der DDR (KZG 7, 1995, 300-3 18).

Beyer, Michael: Kirche im Zwielicht. Vergangenheitsbewältigung oder
Selbstvergewisserung? (ZdZ 49, 1995, 47-56).

Bleistein, Roman: Walter Mariaux und der Kirchenkampf des Dritten
Reichs (StZ 1 19, 1994, 795-805).

Boyens, Armin: Gespräche im Schaufenster. Das Gipfeltreffen zwischen
Honecker und den evangelischen Kirchenführern der DDR vom 6. März
1978 (KZG 7, 1995,209-235).

Bräuer, Siegfried: Das Zensurverfahren bei der Festschrift zur Tausendjahrfeier
des Bistums Meißen 1968 (HerChr 18, 1994, 131-146).

Campenhausen. Axel Frhr. von: Kirche im zweiten Jahrzehnt der DDR
(ZEvKr 39, 1994, 386-402).

Ceyssens, Lucien: Autour de la bulle Unigenitus Armand Bazin de
Besons (1654-1721): archeveque de Bordeaux (1698-1719) (Aug(L) 43,
1993, 85-101).

-: Quesnel ä Bruxelles (1685-1703) (Aug(L) 44, 1994, 137-176).

Foerster, Frank: Das evangelische Bistum in Jerusalem und die Gründung
des Jerusalem-Vereins zu Berlin im Jahre 1852 (JBBKG 59. 1993.
124-141).

Friedmann, Friedrich Georg: Christen und Juden: Postskriptum zu einer
Korrespondenz mit Karl Rahner (StZ 120, 1995, 30-36).

Fritz, Hartmut: Tapfer sündigen. Warum die DDR-KircJien mit dem
Staat reden mußten (EK 28, 1995, 7)

Fritze, Ernst: Michael Fritze (1603-1691), Joachim Betke (1601-1663)
und Arndts „Wahres Christentum": eine biographische Studie zum Frühpietismus
in der Mark Brandenburg (JBBKG 59, 1993, 22-70).

Geiss, Imanuel: Der Holzweg des Deutschen Sonderwegs (KZG 7, 1995.
191-208).

Greschat, Martin: Hofprediger aller Deutschen? Adolf Stoecker (1835-
1909) (EK 28. 1995, 167-169).

Henniger, Gisela: Evangelische Kirchengemeinden im Nationalsozialismus
: zur Geschichte der Auferstehungsgemeinde Berlin (HerChr 18, 1993/
94, 91-129).

Holtz, Sabine: Theologie und Alltag in der Frühen Neuzeit (BWKG 92.
1992, 59-71).

Junghans, Helrnar: Die „Herbergen der Christenheit" während und nach
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Kinzig, Wolfram: Philosemitismus (ZKG 105, 1994, 202-228. 361-383).

Kostka, Stanislas: Pere Ange Le Prouts, O.S.A. (1624-1697): edition de
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Krötke. Wolf: Beschädigte Wahrheit. Die kirchliche Stasi-Mitarbeit halte
verheerende Folgen für die christliche Glaubwürdigkeit (EK 28, 1995,
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dorf und die Brüdergemeine seiner Zeit. Hildcsheim-Zürich-New York:
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I'onnath, Heinz: Ein schändliches Urteil. Für den Bundesgerichtshof war
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Voigt, Karl Heinz: Aus westlicher Sicht. Ein Beitrag zur Aufarbeitung
unserer gemeinsamen Geschichte in Ost und West. Stuttgart: Christi. Verlagshaus
1995. 30 S. 8° = EmK-Forum, 2. Kart. DM 5,80. ISBN 3-7675-
9102-2.