Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1995

Spalte:

673-674

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Peters, Albrecht

Titel/Untertitel:

Kommentar zu Luthers Katechismen 1995

Rezensent:

Hägglund, Bengt

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

673

Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 7/8

674

dem gegenwärtig beliebt gewordenen Reden von Engeln in
einer breiten Kulturszene.

Luthers apostolisches Selbstverständnis und ein auf ihm
beruhendes Selbstbewußtsein anhand des Briefwechsels bis
1523 untersucht Timothy J. Wengen ("Martin Luther's Movement
toward an Apostolic Self-Awareness As Reflected in His
Early Leders" y. ..As aposlle in the mold of the Apostle Paul"
tritt er. unterstützt von humanistischer Umgangsform und vom
Zuspruch der Zeitgenossen, seinen Briefpartnern gegenüber
auf, indem er damit Handlungskompetenz beansprucht. Ls wäre
interessant, diesen Aspekt von Luthers Selbstverständnis mit
anderen Aspekten der Wertung seiner Rolle durch ihn selbst
und seine Verehrer zu vergleichen.

Franz Posset äußert sich erneut zu einem Thema, dem er
bereits gründliche Studien gewidmet hat, dem Einfluß Bernhards
von Clairvaux auf Martin Luther. („Bernhard von Clair-
vauxs Sermone zur Weihnachts-, l asten- und Osterzeit als
Quelle Martin Luthers"). Es gelingt ihm, bestimmte Bereiche
der schriftlichen Überlieferung des Zisterzienserabtes als Quellen
für Luther aus/uschließen, dafür aber den Einfluß des Santo
33 der Hoheliedpredigten, der Schrift De consideratione ad
Eugenium Papam und der ersten Predigt In annuntiatione
(Mariae Verkündigung) bis in die letzten Lebensjahre des Wit-
tenberger Reformators hervorzuheben.

Einen unveröffentlichten Text, der in den Zusammenhang
von Luthers sowie Bugenhagens und Caspar Crucigers Briefwechsel
geheilt, stellt Bernd Moeller mit der kommentierten
Edition des Ordinationszeugnisses für den nach vielen Zwi-
schenstationen als Superintendent in Hildesheim tätigen Bartholomäus
Wolfart vom 17. September 1544 vor. Nicht ganz so
umfangreich wie in den zurückliegenden Jahrgängen präsentiert
sich die Lutherbibliographie 1994. Den kleinen technischen
Fehler auf S. 186. wo die beiden Satzkolumnen am Beginn der
Seite vertauscht sind, werden die. die die Bibliographie benutzen
, selbst korrigieren können.

Leipzig Hrnst Koch

Peters. Albrecht: Kommentar zu Luthers Katechismen. 5:

Die Beichte. Die Haustafel. Das Traubüchlein. Das Taufbüchlein
. Mit Beiträgen von F. Schulz u. R. Keller. Hrsg. von
G. Seebaß. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1994. 221
S. gr.8». Kart. DM 38.-. ISBN 3-525-56184-9.

Der letzte Band in Albrecht Peters Katechismus-Kommentar
behandelt die oben genannten Teile des kleinen Katechismus,
die erst nach der Erstausgabe hinzugefügt wurden. Damit werden
einige sowohl für die kirchliche Praxis wie auch für das
Verständnis der Theologie Luthers besonders wichtige Themen
mit der für dieses Kommentarwerk charakteristischen Kombination
von historischer Gründlichkeit und systematischer Analyse
vorgestellt. Die nuancierte Darstellung von Luthers Auffassung
der Beichte kann dabei als instruktives Beispiel erwähnt
werden.

Warum wurde die kirchliche Praxis bezüglich der Beichte so
verschiedenartig in den lutherischen Landeskirchen entwickelt,
einerseits eine Belebung der Einzelbeichte im Zusammenhang
mit dem Gottesdienst, andererseits ein Übergang zum allgemeinen
Sündenbekenntnis (offene Schuld) und zur Empfehlung der
brüderlichen Ratgebung? Diese unterschiedliche Ausformung
der konkreten Manifestationen der Buße hat ihre Entsprechung in
den verschiedenen Perspektiven in Luthers eigener Auffassung
der Beichte, wie es hier ausführlich gezeigt wird. Eine wichtige
Quelle ist natürlich die ..Kurze Vermahnung zu der Beicht", die
im Großen Katechismus in einer der ersten Autlagen hinzugefügt
wurde. Da der Text in der Jena-Ausgabe der gesammelten

Schriften und auch im Konkordienbuch ausgelassen wurde,
bleibt dieser wichtige Beitrag sonst meistens unbeachtet.

Die Beichtvermahnungen Luthers bewegen sich im Spannungsfeld
zwischen der Freiheit von der mittelalterlichen
Zwangsbeichte und der starken Empfehlung des konkreten
Vollzugs der evangelischen Buße, der in der Einzelbeichte
geboten wird. Der Akzent liegt auf der Absolution, nicht auf
unserem Bekennen. P. reflektiert auch die Stellung der Beichte
in der Gegenwart und meint, daß Luthers positive Würdigung
der Einzelbeichte verdient, ins Zentrum gerückt zu werden. Er
zitiert Luther: „wenn ich zur Beichte vermahne, so tue ich
nichts anders, denn dass ich vermahne, ein Christen zu sein"
(Gr. Kat.; BSLK 732, 40ff.). Was er über „Verfall und Erneuerung
der Einzelbeichte" schreibt, behandelt die Entwicklung
von der Reformation Uber die Orthodoxie und den Pietismus bis
in unsere Tage. Eine Neugestaltung der Einzelbeichte in der
lutherischen Kirche von heute findet P. im Gegensatz, zu vielen
anderen Beurteilungen möglich und nötig.

Im Abschnitt über die Haustafel, die in der kirchlichen Erziehung
auf lutherischem Gebiet durch die Jahrhunderte eine einzigartige
Bedeutung hatte, zeigt P.. wie sie in vieler Hinsieht
eine Parallele zum Dekalog bildet, vor allem aber eine Aktualisierung
der neutestamentlichen Haustafeln bedeutet.

Das Traubüchlein wie auch das Taufbüchlein, die als selbständige
Arbeiten zu betrachten sind, wurden schon in einigen
der ersten Auflagen dem Katechismus beigefügt (in der Verbreitung
des kleinen Katechismus in anderen Ländern aber oft
ausgelassen). Der Kommentar bietet hier eine ergiebige Darstellung
der Geschichte und Vorgeschichte von Luthers Auflas
sung der Ehe und Eheschließung sowie auch des Aufbaus der
Taufliturgie. Ein altes Rätsel bringt P. seiner Lösung näher: wie
Luther die Sintflut-Erzählung mit der Taufe verbindet. Beispiele
aus Luthers Predigten zeigen, wie er mit diesem Bild auf Gericht
und Gnade als Inhalt der Taufe hinweisen will.

Die Hausgebete Luthers, die im kleinen Katechismus von
Anfang an vorliegen, gehören zu den bekannteten und bis in
unsere Zeit lebendigsten Abschnitten des Katechismus. Sie
werden hier nicht von P. selbst kommentiert, sondern von Frieder
Schulz, der schon zum Lutherjubiläum 1983 eine vorzügliche
Untersuchung zu diesem Abschnitt des Katechismus publiziert
hatte. Sie wird hier aufs Neue gedruckt, was von P. selbst
in einem Gespräch mit dem Hg. empfohlen wurde. Kurzgefaßt,
aber sehr inhaltsreich ist dieser Kommentar. P. schließt mit
einer Reflexion darüber, daß Luthers Billgebet vor Tisch die
form einer Epiklese erhält - „Segne, was du uns bescherei
hast" - während beim Abendmahl eine „Gaben-Epiklese" aus
bestimmten Günden ausgeschlossen war.

Der Band endet mit einer Bibliographie Peters' von 1983 bis
1994. bearbeitet von Rudolf Keller, der auch eine frühere
Bibliographie (bis 1983) im Aufsatzband von Peters. „Rechenschaft
des Glaubens", Göttingen 1984. verfertigt hatte.

Lund Bengt Higghmd

Schmidt-Lauber. Gabriele: Luthers Vorlesung über den
Römerbrief 1515/16. Ein Vergleich zwischen Luthers
Manuskript und den studentischen Nachschriften. Köln-Weimar
-Wien: Bühlau 1994. VII. 164 S. 4» = Archiv zur Weimarer
Ausgabe der Werke Martin Luthers. Texte und Untersuchungen
. 6. Lw. DM 88.-. ISBN 3-412-1 1193-7.

Ziel der Arbeit ist es. durch den Vergleich zwischen der Edition
des Manuskripts, das Luthers Vorbereitung für seine Vorlesung
über den Römerbrief enthält, und den Editionen der erhaltenen
gebliebenen studentischen Nachschriften „einen Beitrag zu dem
Bild des Hochschullehrers Luther" zu liefern (VII). Die Einlei-