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Ausgabe:

1995

Spalte:

588-590

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Schütte, Heinz

Titel/Untertitel:

Glaube im ökumenischen Verständnis 1995

Rezensent:

Link, Hans-Georg

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Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 6

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weise vertreten. Es ist unter Umständen sogar von Vorteil, aus
einer gewissen Distanz die Entwicklungen darzustellen, um
nicht Eintagsfliegen zu Protokoll zu geben. Ob es ein Indiz für
die Richtigkeit dieser Feststellung ist, daß der L. Band 81 Seiten
, der 2. aber mit 177 Seiten mehr als das Doppelte des
Umfangs hat? Es will jedoch scheinen, daß man, gerade unter
der Zielsetzung der Orientierung von ökumenischen Aktivitäten
, eine bessere zeitliche Abfolge hätte erreichen müssen.

Vom äußeren Schriftbild sind beide Bände ermüdend für die
Augen. Der Satz ist so klein, daß man beim Lesen große Mühe
hat. Sind im 2. Band einige Einleitungen und Kommentare
etwas größer gesetzt, so vermißt man dies im 1. Band fast gänzlich
. Dies bedeutet, daß dort ganz überwiegend Originaltexte im
Kleindruck zitiert werden.

Die Ausgangslage wird mit Hilfe der Stichwörter Mission,
Dialog, Entwicklung, Rassismus und Menschenrechte präzis
umrissen.

Anhand einer frühen Bewertung der Vollversammlung von
Nairobi von Walter Arnold und anhand des Berichts des Prüfungsausschusses
über die Arbeitsschwerpunkte erhält der
Leser einen umfassenden Einblick in die Aktivitäten der drei
Programmeinheiten, wie der ÖRK damals strukturiert war.
„Glauben und Zeugnis", „Gerechtigkeit und Dienst" sowie „Bildung
und Erneuerung".

Ein Schriftwechsel zwischen dem Vorsitzenden des Generalkomitees
der Allafrikanischen Kirchenkonferenz (AACC), John
Gatu, und dem EKD-Ratsvorsitzenden. Helmut Class, zur
„nuklearen Kollaboration" zwischen der Bundesrepublik und
der Republik Südafrika sowie die Einschätzung von Bischof
Kunst sind abgedruckt. Die Verstimmung zwischen der EKD
und afrikanischen Kirchen konnte in Nairobi nicht aus der Welt
geschafft werden, wurde aber durch eine Erklärung von Kirchenpräsident
Hild und Präsident Held - damals noch mit diesem
Titel - gedämpft und bewirkte, daß vom 11.-13.5.1976 in
der Evangelischen Akademie Arnoldshain eine Begegnung zwischen
AACC und EKD stattfand, deren Kommunique vor der
Botschaft der Vollversammlung von Nairobi abgedruckt ist.

Die Aufnahme der Ergebnisse von Nairobi werden im 3.
Kapitel des l. Bandes dargelegt, wobei der 4. Teil zu unterstreichen
scheint, daß langfristig die Frage nach einem veränderten
Lebensstil in den Mittelpunkt rückte.

Was sich im 1. Band schon andeutet, zeigt sich vollends im 2.
Band: Der überwiegende Teil der Texte ist den miteinander verzahnten
Problembereichen Südafrika und Rassismus gewidmet.
Die Turbulenzen und Kontroversen, die das ÖRK-Programm
zur Bekämpfung des Rassismus (PCR = Program to Combat
Racism; oft als Antirassismusprogramm übersetzt), besonders
der „Sonderfond", innerhalb der EKD auslöste, werden ausführlieh
dokumentiert. Liest man die Einzelheiten im nachhinein,
das heißt nach den überraschend-positiven Veränderungen in
Südafrika, dann bewahrheitet sich das weitsichtige Programm
des ÖRK in großen Teilen. Die Kritik aus Deutschland, und
zwar nicht nur aus dem evangelikalen Lager, erweist sich als
sehr provinziell; es ist aus der sicheren Distanz beurteilend und
legt wenig Solidarität an den Tag. Die politische Ethik, exemplarisch
veranschaulicht am internationalen Handeln der Kirchen
, erweist sich offenbar als ein für deutsche Landeskirchen
neues und ungewohntes Feld der Auseinandersetzung. Insbesondere
erhält die Frage der Gewaltanwendung, um Veränderungen
, wie die Abschaffung der Apartheid, herbeizuführen,
besonderes Gewicht. Es ist sehr auffallend, wie wenig man in
den deutschen offiziellen Texten der Tatsache ins Auge schaute
, daß die Gewalt ursprünglich von dem Apartheidsystem selber
ausgegangen ist und daß sich christliche und anders motivierte
Gruppen bis zum äußersten bemühten, einer Gewaltanwendung
eine Absage zu erteilen. Da aber das Apartheidsystem
zu immer schärferen und gewaltsameren Methoden Zuflucht

suchte und die Spirale der Gewalt immer höher schraubte, blieb
den Gruppen, die gegen diese Art des politisch-sanktionierten
Rassismus kämpften, gar keine andere Wahl als die Gewaltanwendung
. In christlichen Kreisen berief man sich häufig auf
Dietrich Bonhoeffer.

Insgesamt wird man aber auch dies sagen können: Für die
EKD galt, daß sie, selbst bei Meinungsverschiedenheiten in
Sachfragen und bei dadurch ausgelösten Vertrauenskrisen, die
ökumenische Gemeinschaft in aller Regel als bindend betrachtete
und daß es bei einem gegenseitigen Mahnen blieb. Man hat
der Versuchung nicht stattgegeben, die ökumenische Gemeinschaft
aufzukündigen, wie es vielfältig aus konservativen Kreisen
verlangt wurde.

Bensheim Erich Geldbach

Schütte, Heinz: Glaube im ökumenischen Verständnis.

Grundlage christlicher Einheit. Ökumenischer Katechismus.
Paderborn: Bonifatius; Frankfurt/M.: Lembeck 1993. 216 S.
8°. Kart. DM 19,80. ISBN 3-87088-758-3 u. 3-87476-289-0.

Bei diesem Buch handelt es sich um das Kernstück eines dreiteiligen
Werkes, das Heinz Schütte „Ökumenischer Katechismus
" nennt. Bereits 1991 erschien als erster Band „Kirche im
ökumenischen Verständnis" und in absehbarer Zeit soll die Tri-
logie mit einer Publikation „Christsein im ökumenischen Verständnis
" abgeschlossen werden, die sich mit dem Leben und
Handeln aus christlichem Glauben befassen wird.

Seit Jahrzehnten liegt bereits ein „Ökumenischer Katechismus
" vor, der 1985 in 8. Aufl. neu bearbeitet von Hanfried Krüger
herausgegeben ist (Ev. Verlagswerk Frankfurt/Main). Er
gibt in formalem Anschluß an die Fragen und Antworten des
Heidelberger Katechismus von 1563 unter 74 Fragestellungen
„eine kurze Einführung in Wesen, Werden und Wirken der Ökumene
". Bei diesem aus evangelischer Feder stammenden Büchlein
von knapp 100 Seiten steht die ökumenische Bewegung mit
dem Genfer Ökumenischen Rat der Kirchen im Mittelpunkt.
Ganz anders verfährt der katholische Ökumeniker Heinz Schütte
aus Paderborn, früher Bonn, in dem Hauptwerk seines Ökumenischen
Katechismus. Er steht dem Anliegen von Luthers
Kleinem Katechismus mit den inhaltlichen Erläuterungen „Was
ist das?" wesentlich näher, wenn man diesen Vergleich mit den
reformatorischen Katechismen gelten lassen will.

Seh. folgt in der inhaltlichen Entfaltung des christlichen
Glaubens dem Ökumenischen Glaubensbekenntnis von Nizäa-
Konstantinopel aus dem Jahr 381. Er schließt sich mit dieser
Grundentscheidung einerseits dem katholischen Erwachsenen-
Katechismus von 1985 an, andererseits dem ökumenischen Studiendokument
der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung
„Gemeinsam den einen Glauben bekennen" (1991).
M.a.W. Sch. befindet sich mit seinem Grundansatz der Glaubensentfaltung
in guter ökumenischer (iesellschaft, die auch die
orthodoxen Kirchen von vornherein mit im Blick hat.

Methodisch verfährt Sch. so, daß er in den Überschriften der
detailliert durchnumerierten Abschnitte selbst formulierte the-
senhafte Zusammenfassungen zum jeweiligen Thema voranstellt
. Wenn man den „Kurzkatechismus" am Ende des Buches
(185-196) zusammenhängend liest, gewinnt man einen starken
Eindruck von der Weite und Tiefe des gemeinsamen ökumenischen
Glaubens. Sch. erläutert seine Thesen zuerst mit Belegen
aus dem Alten und dem Neuen Testament, was bei einem katholischen
systematischen Theologen durchaus bemerkenswert
ist. Auszüge aus Bekenntnis- und/oder Konzilspassagcn folgen
häufig. Dann kommt der entscheidende Abschnitt „Texte aus
der Ökumene". Sie reichen vom neuen Codex Juris Canonici
(CIC von 1983) bis zu Karl Barths Dogmatik. Dankenswert