Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1995

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

571

Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 6

572

der theologische Wirklichkeitsentwurf jedoch geht „alles in
allem... im Haschen nach hieb- und stichfesten Geistesprodukten
" auf (131). Theologie ist „nicht mehr als eine materiale
Reizkonfiguration", aus der „erst durch Lesen... erfahrbare religiöse
Wirklichkeit wird" (136). Unter solchen Voraussetzungen
ergibt sich „natürlich die Frage, was mit dem Erlöschen der
Gehirntätigkeit im Tode aus der subjektiv erbauten Glaubens-
welt eines Individuums wird" (136). Die Frage bleibt unbeantwortet
, denn auch die biblischen Grundlagen des Glaubens existieren
nur als „Images", als subjektiv imaginierte Vorstellungen
von Jesus, von Gott, von einer „Transzendenz" oder einer
anderen von Glaubenden fälschlich als auch außerhalb ihres
Glaubens für real gehaltenen Wirklichkeit.

Warum und worüber wird gestritten? Da es keinen „rechten"
und keinen „falschen" Glaubensinhalt geben kann, sind auch
stichhaltige Gründe für einen Streit um den Glauben bei näherem
Hinsehen nicht zu finden. Herrschafts- und Sicherheitsstreben
von Menschen ist die Quelle aller „Konflikte um den rechten
Glauben", die deshalb zwar erklärbar, aber dennoch sinnlos
und für den Glaubenden schädlich sind. Stattdessen empfiehlt
der Autor - mit Berufung auf Paulus (I Kor 13), das Johannesevangelium
(20,29) und das biblische Bilderverbot (Ex 20,4) -
die „Entthronung der religiösen Kognition" zugunsten einer
inhaltlich völlig unbestimmten Gläubigkeit in dem einzigen
Wissen, „daß meine morgige Gotteswelt eine andere sein wird
als meine heutige" (295f). Während die Analyse der mit der
Glaubensentstehung, -gestaltung, -weitergäbe und -Verteidigung
sich vollziehenden Vorgänge eine große Zahl treffender,
wenn auch selten neuer, Einzelbeobachtungen zutage fördert,
bleiben alle inhaltlichen Näherbestimmungen der verwendeten
religiösen und theologischen Begriffe bemerkenswert undeutlich
, blaß, manchmal widersprüchlich. Der semantische Gehalt
der verwendeten Begriffe (Gott, Glaube etc) bleibt oft unklar;
darum läßt sich trotz aller gut gemeinten Befriedungsversuche
feststellen: Wenn man die Entleerung des Glaubensaktes zu
einer inhaltlich beliebig füllbaren Gläubigkeit und damit die
Ausblendung der Wirklichkeit, um deren Erkenntnis auch ein
theologischer Streit lohnend und sinnvoll sein kann, als Lösung
des Problems nicht akzeptieren will, bleibt der Autor die Antwort
schuldig. An manchen Stellen läßt sich vermuten, daß er
so wenig nicht hat sagen wollen. Ist für den „ganzheitlich Glaubenden
" auch der interaktive Geistesverkehr eine Schöpfung, in
der er sich der „Versorgung und Fürsorge seines Schöpfers
anvertrauen kann" (291), läßt sich auf einer solchen Basis das
Gespräch vielleicht weiterführen. Das Ziel, die Vermeidung
unsinniger Kämpfe um den Glauben, hätte einen solchen Einsatz
verdient.

Reutlingen Manfred Marquardt

Bieler, Andrea: Feministisch - und in der Tradition der Bekennenden
Kirche? (JK 55. 1994, 594-595).

Blaser, Klauspeter: Les theologies Nord-Americaines. Genf: Labor et
Fides 1995. 165 S. 8° = Lieux Theologiques, 26. fFr 29.-. ISBN 2-8309-
0750-7.

Blatezky. Arturo: Unser Status confessionis (JK 56, 1995, 92-96).

Uobberahn, Friedrich Erich: Jesaja verklagt die Mörder an der menschlichen
Gemeinschaft. Ein exegetischer Versuch zum „erkenntnistheoretischen
Privileg" der Armen Lateinamerikas (EvTh 54, 1994, 400-412).

Engelhardt. Klaus: Ins Fragmentarische einleben. Evangelisches Profil
zeigen in unübersichtlicher Zeit (EK 28, 1995, 35-40).

Gensichen. Hans-Peter: Bedrohlicher Klimawandel. Eine theologische
Thesenreihe (EK 28, 1995, 231-232).

Green, Elizabeth E.: Indirizzi di cristologia feminista (Protest 49, 1994,
354-366).

Honig, A. G.: Aziatische christologie (KeTh 45, 1994, 288-299).

Jörns, Klaus-Peter: Die Historisierung .Heilige Zeit' und die Frage nach
unmittelbarer Evidenz religiös bedeutsamer Ereignisse (PTh 84, 1995. 166-
183).

Körte. Anne-Marie: De religieuze bronnen van de compassie: Feministische
theologie als kritische culturtheologie (TTh 34, 1994, 361-384).

Möllmann. Jürgen: Jesus zwischen Juden und Christen (EvTh 55. 1995.
49-63).

O'Neill. Mary Aquin and Mary McClintock Fulkerson: Elizabeth A.
Johnson She Who Is: The Mystery o God in Feminist Theological Discourse
(RSR 21. 1995, 19-25).

Rauchwarter. Barbara: Die Brotbitte und der Teufelskreis der Bedürfnisse
(JK 55, 1994, 658-663).

Salemink. Theo: De kleur van de ziel en de kleur van het lichaam: De
geschiedenis van christendom en racisme (TTh 35. 1995, 24-47).

Schönherr. Annemarie: Doppelt belastet, aber gleichberechtigt. Frauen
in der DDR vor und nach der Wende (JK 55, 1994, 613-617).

Stammler, Eberhard: Die Natur schlägt zurück. Vom Glanz und Elend
des Fortschritts (EK 28, 1995, 130-131).

Swidler, Leonard: Heutige Implikationen des jüdisch-christlichen Dialogs
Uber Jesus Christus (ZRGG 46. 1994, 333-351).

Verhoef. Eduard: W. C. van Manen, een Hollandse Radicale theoloog.
Kok: Kampen 1994. 91 S. 8°. ISBN 90-242-8475-9.

Volf. Miroslav: Fremd in der eigenen Kultur. Der Auftrag der Christen in
den ethnischen Konflikten unserer Zeit (EK 28, 1995, 154-156).

Wüst. Jürgen [Hrsg.]: Rei/.worte des Glaubens. Argumente - Kontroversen
- Positionen. Neukirchen-Vluyn: Aussaat 1994. 176 S. 8°. Kart. DM
29,80. ISBN 3-7615-4675-0.

Wyschogrod. Michael: Inkarnation aus jüdischer Sicht (EvTh 55. 1995.
13-28).

Praktische Theologie: Katechetik,
Religionspädagogik

Adam. Gottfried: Glaube und Bildung. Beiträge zur Religionspädagogik
I. 2., erw. Aufl. Würzburg: Stephans-Buchhandlung
1994. 304 S. 80 = Studien zur Theologie, 6. Kart.
DM 32,-. ISBN 3-9800234-8-6.

- : Religiöse Bildung und Lebensgeschichte. Beiträge zur
Religionspädagogik II. Würzburg: Stephans-Buchhandlung
1994. 334 S. 8° = Studien zur Theologie, 10. Kart. DM 32,-.
ISBN 3-9800234-6-X.

In beiden Bänden sammelte der Vf. an verschiedenen Stellen
publizierte Aufsätze, aber auch Unveröffentlichtes, und gibt so
dem Leser die Möglichkeit, sich über eine religionspädagogische
Position aus jüngster Zeit zu orientieren.

Fast alle Beiträge beider Bände beachten eine Sprache, die
auch dem Nicht-Theologen die Möglichkeit zuspielt, das Gemeinte
zu verstehen. Das ist ein für theologische Publikationen
seltener Vorzug, dem allerdings auch ein Nachteil entspricht:
das Fehlen einer durchgehenden Begrifflichkeit und die für das
Fach zuweilen unabdingbare Auseinandersetzung mit der aktuellen
und auch historischen Diskussion in Theologie und Erziehungswissenschaft
. Ich werde es in der Folge unterlassen, fehlende
Literatur anzumahnen, möchte aber doch pauschal auf das
angezeigte Phänomen hinweisen.

Der erste hier anzuzeigende Band des jetzt Wiener Religionspädagogen
umfaßt in drei Kapiteln Beiträge aus den Jahren
1980 bis 1992, der Zeit der Würzburger Tätigkeit in der Lehrerbildung
. Das I. Kapitel „Evangelium und Bildung" kreist um
das Verhältnis von Bildung und Erziehung, Glaube und Lernen.
Es ist interessant, daß die Ausführungen des Autors über die
Suche nach dem Sinn im Horizont von Gottesfrage, Glaube und
Erziehung stehen. Hier erfährt man im Gegensatz z.u Ausführungen
bedeutender Systematiker etwas davon, daß es auch
Sache des Lehrers und des Theologen ist, die Sinnfrage besonders
junger Menschen ins Kalkül theologischer Arbeit aufzunehmen
und bei aller Einsicht in die Vorläufigkeit menschlicher
Sinnantworten als Thema der Theologie zu reflektieren. Sinn-