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Ausgabe:

1995

Spalte:

542-544

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Hauser, Martin

Titel/Untertitel:

Prophet und Bischof 1995

Rezensent:

Rogge, Joachim

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 6

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nun» dieses Textes entgegenzuwirken. Seine posthum erschienene
griechisch-lateinische Edition der Briefe Isidors von Pelusium
ist bis heute eine Pionierleistung.

Neben diesen patristischen Arbeiten Billys fällt sein Anteil an
der durch seinen Bruder Jean in der französischen Volkssprache
herausgebrachten Erbauungs- und Frömmigkeitsliteratur (vgl.
den ersten Teil der Untersuchung), nur wenig ins Gewicht.
Beeindruckend aber ist die genaue Analyse, mit der die Autorin
dem Einfluß Jacques de Billys auf seinen Bruder nachspült und
Beteiligungen nachweist.

Diese wissenschaftliche Präzision und .Solidität der Argumentation
ist kennzeichnend für die gesamte Untersuchung, die im
übrigen einen Katalog der Korrespondenz Billys mit ausführlicher
Beschreibung und Auflistung der ein/einen Briefe enthält.
Das Quellenverzeichnis bringt die gedruckten Schriften Billys
einschließlich der von ihm erstellten Vätereditionen.

Heidelberg Irene Dingel

|( iilvin:l: Daniel I (Chapters 1-6). Transl. by T. H. L. Parker.
John Calvin's Lectures on the Book of The Prophecies of
Daniel. Taken down by the effort and industry o J. Bude and
Ch. Joitn iiier. Grand Rapids: Herdmans; Carlisle: Paternoster
Press 1993. XII. 300 S. 8« = Calvin's Old Testament Com-
mentaries. ISBN 0-85364-573-6.

Mit diesem Band aus der Reihe der atl. Kommentare Calvins
sind nun 31 Vorlesungen über die ersten sechs Kapitel des
Danielbuches in modernem, aber eng an den Vorlagen des 16.
Jh.s (lat. 1561, franz. 1562, engl. 1570) orientierten Englisch
zugänglich. Ziel der Ausgabe, die sich nicht als wissenschaftliehe
Edition, sondern eher als Studienausgabe versteht, ist es.
Calvin auch durch die Übertragung hindurch möglichst mit seinen
eigenen Worten verständlich zu machen. Die Anmerkungen
beschränken sich daher auf ein Minimum und bieten neben den
im Erstdruck als Marginalien geführten Bibelstellen lediglich
das, was für das Verständnis dringend notwendig ist. Über ein
Stichwortregister, ein Namenregister, einen Index der genannten
Bibelstellen und ein Register der vorkommenden hebräischen
und aramäischen, lateinischen und griechischen Wörter
ist der Danielkommentar auch unter thematischen Gesichtspunkten
erschließbar.

Calvins Kommentare /u den Prophetenbüchern des Alten
Testaments sind alle, mit Ausnahme von Jesaja. aus seinen Vorlesungen
hervorgegangen, die wörtlich mitgeschrieben und
sodann /um Druck gebracht wurden. Ihre Lektüre vermittelt
deshalb noch etwas von der ursprünglichen Spontaneität der
freien, mündlichen Rede, die auf die stilistische Präzision eines
schriftlich konzipierten Kommentars verzichten kann, gelegentlich
das Lernziel zur Sprache bringt und eine Parallelisierung zu
den Tagesereignissen durchscheinen läßt. Als Calvin nämlich
im Juni 1559 in Genf seine Vorlesungen über das Buch Daniel
begann und bis in den April 1560 fortsetzte, hatte die erste
Generalsynode der französischen Kirchen soeben ihre Confessi-
on de Foi erstellt, und das kurz darauf unter König Heinrich II.
verabschiedete Edikt von Ecouen ging mit noch nie dagewesener
Härte gegen die Protestanten in Frankreich vor. Auf diesem
Hintergrund ist es zu verstehen, daß Calvin den Danielkommentar
in seiner Vorrede all denen zueignet, die sich in Frankreich
unter dem Druck der Verfolgung für das Fortschreiten des
Reiches Gottes einsetzten. Leider klingen solche historischen
Bezüge in der Einleitung der Hgg. oder des Übersetzers nur
sehr fragmentarisch an. Die Situation der französischen Glaubensgenossen
rückt damit in eine Analogie zu der Daniels unter
König Nebukadnezar. Vers für Vers entfaltet sie Calvin in
durchgehend historisch erzählender Auslegungsweise. Nur

gelegentlich werden kurze Polemiken. z.B. gegen Antoine Chevalier
, einen Genfer Kollegen Calvins und Hebräischprolcssoi.
gegen Sebastian Castellio oder auch gegen Lehren der Altgläubigen
eingeflochten. Ebenso selten kommen typische Themen
calvinischer Theologie zur Sprache. Wenn tatsächlich einmal
kürzere Ausführungen zur ordnenden und steuernden Providentia
Dei. zur gerechten reprobatio des nach Gottes verborgenem
Urteil Verworfenen oder zur gloria Dei in den Duktus der Auslegungen
eingefügt werden, so erhalten sie ihre Aussagekraft
von der zwar nicht explizit entfalteten, aber stets durchscheinenden
Parallelisierung mit der Bedrückung des französischen
Protestantismus her. Für Calvin zeigt die Geschichte des Propheten
Daniel exemplarisch, daß Gott, auch wenn er den Glauben
seiner Kinder auf eine harte Probe stellt, sie dennoch nicht
verläßt. Das Wechselspiel der Ereignisse ist nicht ein Resultat
existenzbedrohender Willkür, sondern eingebunden in die ordnende
Kraft der göttlichen Vorhersehung. Calvin will tieshalb
über seine 1561 auch in französischer Sprache gedruckten
Danielvorlesungen zum geduldigen Ertragen der Verfolgung
ermahnen, Stärkung in der Anfechtung des Glaubens vermitteln
und zum Bleiben im rechten Glauben ermuntern. Alle weltliche
Gewalt, die sich selbst erhöht und dadurch zugleich die Ehre
Gottes verdunkelt, muß letzten Endes angesichts des Fortschreitens
des Reiches Gottes ihrem Untergang entgegengehen. Diese
seelsorgerlichen Bezüge inmitten der konsequent durchgeführten
historischen Auslegung werden durch die Gebete, mit denen
Calvin jede dieser Vorlesungen schließt, noch einmal bestärkt.

Die vorliegende englische Ausgabe, die diejenige der Calvin
Translation Society aus dem 19. Jh. ersetzt, ermöglicht einen
unkomplizierten Zugang zu den atl. Vorlesungen Calvins, der
so einfach und schnell wie hier über eine wissenschaftliche Edition
nicht zu gewinnen wäre.

Heidelberg Irene Dingel

Hauser, Martin: Prophet und Bischof. Huldrych Zwingiis
Amtsverständnis im Rahmen der Zürcher Reformation. Freiburg
/Schweiz: Unviersitätsverlag 1994. 290 S. gr.8° = Ökumenische
Beihefte zur Freiburger Zeitschrift für Philosophie
und Theologie. 21. Kart. DM 46.-. ISBN 3-7278-0937-X.

Das Buch liest man. um sein Anliegen zu verstehen, am besten
von hinten nach vorn. Der Vf.. langjähriger reformierter Gemeindepfarrer
in der Schweiz, läßt schon durch seine Neben
und jetzigen Hauptfunktionen erkennen, daß er sich dem öku
menischen Dialog und der Konfessionskunde verbunden weil.!.
Der letzte Satz, in der Darstellung ist symptomatisch dafür, dal!
wir nicht nur ein historische Sachverhalte berücksichtigendes
opus vor uns haben, sondern einen Gesprächsbeitrag zum Sich-
Finden der großen christlichen Konfessionen auf dem Hintergrund
einer Aufarbeitung der reformatorischen Konvergenzen
und Divergenzen im 16. Jh.: „Was sich ursprünglich - im 16.
Jh. - in großer Nähe befunden hat. driftet jetzt auseinander...
Geht es - nachdem die Konvergenzen des 16. Jh.s erkannt und
ausgewertet sein werden - nicht darum, die auseinanderführenden
konfessionellen Entwicklungen gemeinsam zu überdenken
und im ökumenischen Sinn und Geist zu bearbeiten?" (226)

Im Vorwort zeigt H. auf. daß er selbst in seiner Lebensarbeit
das Seine zu tun gedenkt, um die Römisch-Katholische Kirche
und die evangelischen Kirchen wieder näher zueinander zu
bringen. Die aufgeführten Namen von Gesprächspartnern sind
dafür ein beredtes Zeichen. Und H. bohrt nun das Brett an der
dicksten und härtesten Stelle, nämlich beim Amts- und Kirchenverständnis
! Jeder Kundige weiß, daß auch angesichts vieler
Annäherungserfolge im Rahmen biblischer Exegetica und
sogar der Rechtfertigungslehre die Ekklesiologie das bislang