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Ausgabe:

1995

Spalte:

488-489

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Glauben lernen heute 1995

Rezensent:

Schmidt, Günter R.

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487

Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 5

488

Schibalski in einem vorzüglich systematisch aufbereiteten
Expose über den in der TA mit vielen Publikationen vertretenen
Bereich der „Organisationsberatung*' referiert (245-252), bietet
der Artikel „Theologie und Transaktionsanalyse'* von H. Harsch
vergleichsweise wenig Information. Anstelle der erwarteten -
weil dem Profil dieses Handbuchs entsprechenden - themenzentrierten
Synopse solcher theologischen Versuche, in denen die
TA konstruktiv rezipiert und produktiv auf theologisch relevante
Fragestellungen bezogen wurde (Interpretationsmodelle für Predigtgeschehen
, Seelsorge, Exegese u.a.), begegnet dem Benutzer
unter dem Kapitel „Rezeption der TA durch die Theologie"
(360-365) zunächst eine ausführliche, Zensuren verteilende Kritik
an den theologischen TA-Kritikern F. Hedman, Th. Oden, H.
Fischer. Diese Erörterungen führen über belehrende, wenngleich
durchaus zutreffende Richtigstellungen in den Werken
der genannten Autoren kaum hinaus. Freilich gehören solche
kompakten Miniatur-Rezensionen wohl kaum in ein Handbuch,
in dem man nicht informiert werden will, wie man TA unzureichend
versteht, sondern was sie - in diesem Fall der Theologie -
gebracht hat bzw. potentiell bedeuten kann. Dieser Mangel betrifft
auch die m.E. in einem Handwörterbuch nicht angebrachte,
auf frühere literarische Auseinandersetzungen zwischen Harsch
und Fischer zurückgehende Polemik gegen diesen (die in anderem
Kontext gewiß verständlich wäre 364f.).

Die Erwähnung der theologischen Rezeption der TA in „einzelnen
Handlungsfeldern der Praktischen Theologie" zuvor beschränkt
sich auf die Nennung von Namen und Publikationen
(360). Unter der Überschrift „Erfolgversprechende Themen der
Begegnung von TA und Theologie" (366f.) wird man als Leser
wiederum nicht in laufende Gespräche einbezogen, sondern ausgiebig
mit einer Idee des Vf. konfrontiert: Harsch schlägt vor
(und führt dies auch in einer interessanten Ideenskizze sofort
aus), einmal das transaktionsanalytische Menschenbild mit der
Trinitätslehre zu korrelieren. Als Fazit zu dem von ihm hier
gewählten Gliederungspunkt halte ich diese Überlegungen jedoch
für allzu schmal ausgefallen, und die resümierende Bemerkung
, daß „hier noch ein weites Feld für intensive Forschung
und gegenseitiges voneinander Lernen" sei (367), für unbefriedigend
. Es gibt Artikel zum Thema TA und Theologie, die
gründlicher informieren (vgl. etwa bei Walter Rebell, Psychologisches
Grundwissen für Theologen, Ch. Kaiser, 1988, 198.
258-263).

Der Umstand, daß Leonhard Schlegel perspektivisch aus seinem
„persönlichen Verständnis von Psychotherapie und Transaktionsanalyse
" geschrieben und sich dabei „in erster Linie auf
die englischsprachigen Werke von E. Berne" und seinen Schülern
gestützt hat (VI), ist sicher legitim und hat das vorliegende Werk
in der Tat zu einem zuverlässigen Hand-Buch werden lassen. Das
heißt natürlich auch, daß es viele Publikationen zur TA nicht
(oder zumindest nicht expressis verbis) dokumentiert oder auch
nur erwähnt. Vergeblich sucht man nach „Klassikern" wie
Richard G. Abells (auch ins Deutsche übersetztem) Own your
own life (1977), nach Dudley Bennets vielzitierten Büchern wie
z.B. Im Kontakt gewinnen (1986), nach einem der zahlreichen, anspruchsvollen
Aufsätze von Gisela Kottwitz oder wenigstens
einem dieser Namen. So dankbar man als potentieller Benutzer
für die dadurch erreichte Übersichtlichkeit sein wird, sollte man
sich darüber im klaren sein, daß der Gebrauch dieses Werkes u.U.
zu unangemessenen Verallgemeinerungen verführen kann, wenn
man es nicht in einem weiteren Horizont zu lesen bereit ist, als
ihn der Vf. unmißverständlich in seinem Vorwort abgesteckt hat:
„Es war nicht möglich, das ganze Schrifttum zur TA zu berücksichtigen
. Das hätte nur verwirrend gewirkt" (VI). Dies doch auf
eine nicht verwirrende Weise zu tun, bleibt einem enzyklopädischen
Wörterbuch zur TA vorbehalten.

Münster Wilfried Engemann

Ökumene: Catholica

Fox, Helmut, u. Wolfgang Pauly: Glauben lernen heute. Der

„Katechismus der Katholischen Kirche" auf dem Prüfstand.
München: Ehrenwirt 1994. 272 S. 80 = EGS-Texte. Kart. DM
30,-. ISBN 3-431-03348-2.

Die Autoren wollen den 1993 erschienen „Katechismus der
Katholischen Kirche" (KKK), der die gültige katholische Lehre
für die ganze Welt zusammenfassen und als Grundlage regionaler
Katechismen dienen will, „befragen, ob und inwiefern er eine
Hilfe bei der konkreten Katechese in der Gemeinde oder beim
Religionsunterricht in der Schule sein könnte" (13). Sie machen
darauf aufmerksam, daß der Umfang des Katechismus „eine Beschränkung
auf die wichtigsten Inhalte unausweichlich" mache.
Nach der Einleitung „Geschichte und Aufbau der Katechese''
folgt die Darstellung der Gliederung des Katechismus selbst:
Credo, Sakramente, christliches Leben, Gebet. Die einzelnen
Themen werden jeweils nach dem Dreischritt: „Was steht im
KKK?", „Kritische Reflexion", „Didaktische Hinweise", abgehandelt
. Dabei tendieren die Autoren dazu, sich zum KKK sehr
kritisch zu verhalten und bei den didaktischen Hinweisen eher
der eigenen Theologie zu folgen.

Bereits mit dem literarischen Genus ,Katechismus' sehen die
Autoren die Gefahr gegeben, daß die der christlichen Botschaft
angemessenere narrative Darstellung durch eine ihr weniger
angemessene doktrinale zurückgedrängt wird. Erst recht stehen
sie schon dem bloßen Versuch eines „Weltkatechismus" reserviert
gegenüber: Mag er sich als noch so kulturübergreifend
geben, so wird er doch unvermeidlich eurozentrisch sein. Bedenklich
scheint ihnen auch, daß bei der Ausarbeitung keine
Frau beteiligt war. Im folgenden können nur einige Teilthemen
genannt werden, deren Behandlung im KKK die Autoren besonders
kritisch sehen: Die Anthropologie tendiert zum Monogenis-
mus und zum Dualismus.

Der Schriftgebrauch des KKK ist uneinheitlich: Prinzipien der
historisch-kritischen Auslegung werden zwar bejaht, aber nicht
hinreichend beachtet. Die christologische Deutung von Lk 1
nimmt die Texte faktizislisch und biologistisch. In der Soteriolo-
gie orientiert sich der KKK zu sehr an Anselm von Canterbury. In
seinen Aussagen zur Eucharistie „entpuppt sich das Werk weitgehend
als Produkt festgeschriebener römischer Schultheologie"
(149). Die Frage nach dem Zeitpunkt der Realpräsenz ist falsch
gestellt. „Die Entfaltung des priesterlichen Dienstes gemäß der
Auffassung des Konzils von Trient .direkt' von Jesus her zu
begründen, mutet beim heutigen exegetischen Befund abenteuerlich
an." (151) Besonders deutlich werden die Autoren bei der
Kritik an der Ehelehre und der Sexualmoral des KKK: Geschiedene
Wiederverheiratete sollen nach ihrem Gewissen entscheiden
, ob sie an der Kommunion teilnehmen (170), voreheliche
Sexualität muß differenzierter beurteilt werden.

Ein paar kritische Fragen seien gegenüber den KKK-Kritikcrn
selbst erlaubt: Konnten sie eigentlich erwarten, daß der KKK
etwas anderes als die kirchenamtliche katholische Lehre darlegt,
wie sie auch vor seinem Erscheinen schon bekannt war? Kann
man von einer christlich-theologischen Äußerung, die sich an
der Schrift und der dogmatischen Tradition orientiert, die Voraussetzung
erwarten, eine andere Religion sei der christlichen
gleichwertig? (60) Darf die Pluralität der Religionen und Weltanschauungen
vom Faktum zur Norm werden? (193f.) Kann
man der Position des KKK mit solcher Selbstverständlichkeit
Theologumcna entgegensetzen, die ihrerseits unter Theologen
umstritten sind? (z.B. 102 unten) Kann man die Humanwissenschaften
in der Weise normativ ins Spiel bringen, wie es die
Autoren versuchen? (228)