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Ausgabe:

1995

Spalte:

29-30

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Knoppers, Gary N.

Titel/Untertitel:

Two nations under God 1995

Rezensent:

Särkiö, Pekka

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 1

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Stellen, Begriffe und Redewendungen von dem aufgezeigten men, wo genau diese Bearbeitungsschichten liegen. Er teilt mit,

mythischen Hintergrund her aufhellen lassen. daß sein Hauptinteresse nicht auf der Literarkritik per se, sondern
auf der Aussageintention des Dtr über Salomo, Jerobeam

Leipzig Siegfried Wagner und Josia liegt (Vol. 1,51).

Die Schwierigkeit liegt jedoch darin, daß der Autor die ganze
Zeit von einem Deuteronomisten spricht, obwohl er nicht liter-
ar- und redaktionskritisch bewiesen hat, daß die Texte einheit-

Knoppers, Gary N.: Two Nations under God. The Deuterono- lieh sind und von einem Redaktor stammen. Er kann nicht die

mistic History of Solomon and the Dual Monarchies. I: The redaktionellen Prinzipien des Dtr untersuchen, wenn er nicht

Reign of Solomon and the Rise of Jeroboam. XVII, 302 S. 2: weiß, wo die Bearbeitung des Dtr zu finden ist. Anhand der Er-

The Reign of Jeroboam, the Fall of Israel and the Reign of Zählung über die Traumoffenbarung in Gibeon (lKön 3,4-15),

•losiah. XVII. 349 S. Atlanta: Scholars Press 1993/94. 8° = weist er auf einige frühere Untersuchungen hin, denen zufolge

Harvard Semitic Monographs, 52/53. ISBN 1-55540-913-X. die alte Erzählung spätere dtr-Bearbeitung enthält (Vol. I, 81).

Er präzisiert jedoch nicht, wo die redaktionellen Aussagen zu

Gary N. Knoppers beschäftigt sich in seiner zweibändigen finden sind. Die Behandlung der Erzählung durch K. ist vorwie-

Monographie mit einem wichtigen Thema, das die Ziele des gend eine Paraphrasierung des Textes.

deuteronomistischen Geschichtswerks (DtrG) betrifft. Er be- In ähnlicher Weise gibt der Autor zu, daß es in dem Abtrachtet
die historiographischen Schwerpunkte des Dtr in bezug schnitt 9,10-10,29 Zusätze gibt. Er untersucht diese aber nicht,
auf die Geschichte Israels vom davidisch-salomonischen Groß- Er möchte im Gegenteil viele Wiederholungen und Spannungen
reich bis zum Niedergang Judas. Der Autor erhellt die Frage der innerhalb des hebräischen Textes - herkömmliche literarkriti-
beiden verschiedenen Staaten Juda und Israel, die einen ge- sehe Kriterien der Uneinheitlichkeit eines Textes - mit der
meinsamen Gott hatten, und handelt über die Problematik, die Textkritik oder mit dem eigenartigen Stil des Vf.s erklären
sich damit verbindet. (Vol. I, 123).

Der Autor untersucht die Texte über die glanzvolle Regie- In einem anderen Zusammenhang betrachtet K. die Span-
rungszeit Salomos und deren Niedergang als eine Folge des nung zwischen zwei Abschnitten, nämlich zwischen den Stel-
Götzendienstes Salomos (1 Kön 1-11). Jahwe wurde zornig und len, die von der Fronarbeit Salomos erzählen: Nach 1 Kön 5,27f.
entnß Salomo die zehn Stämme, die er dem Diener Salomos, waren die Israeliten unter die Zwangsarbeit Salomos gestellt.
Jerobeam, gab. Dtr idealisiert die erste Hälfte der Regierungs- Auf der anderen Seite wird in 1 Kön 9,20-22 bestritten, daß die
zeit Salomos wegen David. Die zweite Hälfte der salomoni- Israeliten Zwangsarbeit leisten mußten. Demgegenüber leisteschen
Zeit färbt Dtr dunkel und liefert damit eine theologische ten nach den Versen 20f. nur die übriggebliebenen Kanaanäer
•Begründung für den Zorn Jahwes und den Niedergang des salo- sklavische Fronarbeit. K. zieht die richtige Schlußfolgerung,
monischen Großreichs (1 Kön 11,1-13). daß die Salomo-kritischen Verse 5,27f. und die Salomo ent-

Die Schilderung des Dtr über Jerobeam, den König des Nord- schuldigenden Verse 9,20f. von zwei verschiedenen Redaktoren

reichs, ist als eine Antithesis zu der vorwiegend positiven Salo- stammen (Vol. I, 5, Anm. 5 u. S. 125).

rnohistoriographie zu verstehen. Nach Dtr folgte Jerobeam Diese Beobachtung ist ein wichtiger Ausgangspunkt für die
nicht den kultischen Regeln des Dtn, sondern ließ Bilder von Ermittlung der komplizierten Textgeschichte der atl. Salomo-
ungstieren in Betel und Dan errichten. Dies war nach Dtr der Historie: Aus diesen Stellen wird nämlich klar, daß ein Verfas-
'-rund für den Niedergang Jerobeams und Israels, was durch ser Salomo kritisch gegenübersteht, während ein anderer Vernas
Orakel Ahias explizit geäußert wird (lKön 14,7-16). Das fasser Salomo entschuldigt. K. stellt dem Text aber keine weite-

akel Ahias ist wie eine Antithese, ein Gegenmotiv zur Dyna- ren kritischen Fragen, weshalb ihm dieser Lösungsweg ver-

sfeverheißung Davids zu verstehen. schlössen bleibt.

Salomo verursachte den Niedergang seines Reichs durch die Eine interessante Frage entsteht aus der spezifischen Parallelere
, die er den fremden Göttern bauen ließ (lKön 11,1-12). lität zwischen dem Königsgesetz in Dtn 17,14-20 und der Schilach
Dtr bedeutete die Reform Josias eine Synthese: Josia ver- derung der salomonischen Prachtcntfaltung in 9,10-10,29. Der
lichtete den Ursprung der Sünde Salomos, indem er die Fremd- Autor beachtet die Ähnlichkeiten zwischen beiden Abschnitten.
eOtteraltäre zerstörte (2Kön 23,13-20). Dadurch wurde er ein Er tut dies jedoch nur mit wenigen Zeilen (Vol. I, 125), ver-
"-yitimer Erbe der davidischen Dynastieverheißung (2Sam 7). spricht aber in einer künftigen Untersuchung auf die Frage

K. ist ein Verfechter der Doppelredaktionstheorie, die auf F. genauer einzugehen. Meiner Ansicht nach verbirgt sich hier ein

I7- Cross (1973) zurückgeht. Nach der Theorie von Cross habe wichtiger Ausgangspunkt für die Lösung des Werdegangs der

ein Redaktor (Dtr1) den Grundbestand des DtrG in der Zeit dtr Salomogeschichte.

osias verfaßt. Die babylonische Eroberung Judas und die Zer- Als ein Ergebnis seiner Untersuchung hält K. fest, daß Dtr

Störung des Tempels 586 v.Chr. gaben einen Anlaß, die Ver- keine eindeutig negative bzw. positive Einstellung zur Monar-

Ll'->ung an David von der ewigen Dauer seiner Dynastie her chie gehabt habe. Dtr habe mehrere prophetische und deutero-

eu /u beurteilen. Nach dieser politisch-theologischen Kata- nomische Traditionen kombiniert, die teilweise sogar wider-

strophe während des Exils habe ein Zweitverfasser (Dtr2) in sprüchlich sind. K. ist der Meinung, daß Dtr mit seiner Bearbei-

-K-ön 23,25b-25,30) seine Erklärung über die letzten Augen- tung ein einheitliches Ganzes erreicht hat (Vol. II, 252f.). Der

'icke Judas in DtrG hinzugesetzt. Autor findet unter dem Signum „Dtr" eine Vielfältigkeit der

K- sieht mit seinem Lehrer F. M. Cross in den Königsbüchern Traditionen und Ideen.
Zwei Hauptthemen: die Sünde Jerobeams als ein Symbol von Daraus entsteht meine Frage, wie kohärent die Aussageinten-

sraels Untreue und die Verheißung an David als ein Symbol tionen des Dtr eigentlich sein können. Ist es nicht her wahr-

von der Treue Judas. Das zweite Thema bekommt seine Erfül- scheinlich, daß K. unter dem Signum „Dtr" Abschnitte von

Ur>g in Josia, der die Zentralisation des Kultes nach den Satzun- mehreren Redaktoren mit verschiedenen Zielen zusammenge-

§en- des Dtn durchführte (2Kön 22-23). faßt hat?
K. teilt die Auffassung der zwei Forscher der Cross-Schulc.

• D. H. Mayes und S. L. McKenzie, über mehrere Redaktio- Lahti Pekka Siirkiö

nen im deuteronomistischen Geschichtswerk (Vol. I, 51 f.).
ngeachtet dessen leistet er keine Literarkritik, um zu bestim-