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Ausgabe:

1995

Spalte:

375-377

Kategorie:

Kirchenrecht

Autor/Hrsg.:

Heckel, Martin

Titel/Untertitel:

Gleichheit oder Privilegien? 1995

Rezensent:

Campenhausen, Axel

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Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 4

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disch für Abwechslung. Der Band reicht vom 1. Advent bis Karfreitag
und enthält für Heiligabend je einen Beitrag zur Christvesper
und -mette, während ein solcher für Epiphanias fehlt.

E. W.

Borggref'e, Friedhelm: Minderheiten predigen. Ein Beitrag zur homiletischen
Situation heute (ZGP 12, 1994, 16-20).

Dingcmans, G.D.J.: Die kommunikative Kraft der Predigt K. Barths und
K. H. Miskottes ( ZDT 10, 1994, 49-70).

Landau, Rudolf [Hrsg.]: Gottes Sohn ist kommen. Predigten und Bilder
zur Weihnacht. Stuttgart: Calwer 1994. 189 S. m. 8 Farbtaf. X". Lw. DM
29.80. ISBN 3-7668-3298-0.

Neven, G. W.: K. Barth und K. H. Miskotte als Prediger (ZDT 10. 1994,
9-14).

Reinstädtler, A.: Homiletische Arbeit zwischen Theorie und Praxis der
Predigt bei Karl Barth (ZDT 10, 1994, I5-32).ZDT

Stiewe. Martin: Theologiestudium und Predigt (DtPfrBl 94, 1994, 311-
313).

Stoevesandt. Hinrieh: Der Auftrag der Prdigt im Anschluß an K.H. Miskotte
(PTh 84. 1995, 114-127).

Wartenberg-Potter, Bärbel: Über die Frage, ob der Verlorene Sohn ein
Halbwaise war. Sichtbarmachen biblischer und heutiger Frauen in der Predigtarbeit
(In: [Schottroff, L.:] Für Gerechtigkeit streiten. Gütersloh: Kai-
ser/Gütersloher Verlagshaus 1994. 30-34).

Weigandt, Peter: Evangeliumsverschnitt. Fragen zum Schriftverständnis
der lutherischen Predigtperikopen (ZGP 12, 1994, 17-20.

Wintzer, Friedrich: Homiletische Literatur (ThR 59. 1994, 410-430).

Kirchenrecht

Heckel, Martin: Gleichheit oder Privilegien? Der Allgemeine
und der Besondere Gleichheitssatz im Staatskirchenrechl.
Tübingen: Mohr 1993. XIV. I 15 S. gr.8° = Jus Ecclesiasti-
cum, 47. Lw. DM 44,-. ISBN 3-16-146146-0.

Das Grundgesetz enthält einen allgemeinen und einen besonderen
Gleichheitssatz: Nach Artikel 3 Absatz 1 sind alle Menschen
vor dem Gesetz gleich. Im Absatz 3 wird im besonderen
hinzugefügt, daß niemand wegen seines Geschlechtes, seiner
Abstammung, seiner Rasse, Sprache, Heimat, seines Glaubens
oder seiner religiösen und politischen Anschauung benachteiligt
oder bevorzugt werden darf. An weiteren Stellen des Grundgesetzes
wird dies noch einmal bekräftigt. Der Gleichheitssatz als
solcher ist leer. Gleichheit kann auch immer nur eine relative
Gleichheit sein, sonst läge ja Identität vor. Gleichheit setzt also
auch Verschiedenheit voraus. Gleichbehandlung abstrahiert von
bestimmten Verschiedenheiten. Erst aus dem Kontext der Verfassung
ergibt sich, wo Gleichheit geboten ist und wo Ungleichbehandlung
nicht erlaubt ist.

Mit der glücklichen Wiedervereinigung hat die unzutrefffen-
de Überzeugung an Boden gewonnen, daß das Gleichheitsgebot
der Verfassung Differenzierungen verbiete, als ob die Gerechtigkeit
eine Nivellierung zum Ziel habe. Verfehlt ist auch die
Ansicht, daß Säkularisierung des Religiösen eine Folge von
Religionsfreiheit und Trennung von Staat und Kirche sei. Dagegen
wendet sich Heckel mit dieser ebenso grundlegenden wie
aktuellen Monographie.

In einem ersten Teil widmet er sich dem Allgemeinen Gleichheitssatz
, skizziert die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes
dazu. Ziel der Egalisierung im Staatskirchenrecht ist
nach H. der Privilegienabbau, die Gleichheit des verfassungsrechtlichen
Angebotes an alle Religionsgemeinschaften, nicht
aber eine Gleichsetzung des Religiösen mit dem Säkularen. Die
Verfassung selbst behandelt das Religiöse anders als das Nichtreligiöse
. Diese Ungleichbehandlung ist also verfassungsrechtlich
gewollt: Glaubensäußerungen werden anders behandelt als Meinungsäußerungen
, die Religionsausübung anders als die Berufsausübung
, der Religionsunterricht anders als der Mathematikunterricht
, das Kirchengut anders als privates Eigentum, Religionsgemeinschaften
anders als Privatvereine usw. (43, 88). Gleich
muß aber die rechtliche Ausgangslage sein.

H. unterstreicht nachdrücklich, daß die rechtliche Gleichheit
der Chance für alle Religionsgemeinschaften ernst genommen
werden muß. Gleichzeitig zeigt er auf, daß die Gleichheit der
Normen nicht zur Nivellierung, sondern im Gegenteil gerade zur
Differenzierung der Lebensverhältnisse führt. Die Berechtigten
machen nämlich nach ihrem unterschiedlichen Vorverständnis
Gebrauch von den Möglichkeiten, und sie haben ein verschiedenes
Ziel dabei. Genau das war. wie H. zeigte. Intention schon des
Verfassungsgebers in der Deutschen Nationalversammlung von
1919. Damals sollten nicht die tatsächlichen Unterschiede im
religiösen Bereich eingeebnet, sondern nur die Rechtsvorsprünge
, die Privilegien also, der Großkirchen beseitigt werden und
zwar insbesondere in der Form, daß neuen und kleineren Religionsgemeinschaften
die gleichen Chancen eröffnet werden, der
Körperschaftsstatus ihnen nach objektiven Gesichtspunkten
ebenso zur Verfügung gestellt wird und sie auch Religionsunterricht
und Kirchensteuern haben können, sofern die äußeren Voraussetzungen
dafür gegeben sind. Der Verzicht auf eine den
großen Kirchen entsprechende Ausnutzung der Chancen macht
nun allerdings die Situation der alten und großen Kirchen nicht
deshalb rechtswidrig, weil eine kleine Religionsgemeinschaft
vielleicht aus theologischen Überzeugungen den Stattts einer
Körperschaft des öffentlichen Rechts ablehnt oder mit dem
Zehnten besser fährt als mit der Kirchensteuer oder aus Ablehnung
der Slaatsschule am Religionsunterricht nicht teilnehmen
will. Jede Religionsgemeinschaft darf also die Religionsausübung
nach ihrem Selbstverständnis regeln. Deshalb ist die Differenzierung
der religiösen Landkarte kein Widerspruch, sondern
eine Folge der rechtlichen Gleichbehandlung der Religionsgemeinschaften
in ihrer Untersehiedenheit. Der Gleichheitssatz des
Artikel 3 erscheint so als eine Komplementärgarantie zur Religionsfreiheit
mit dem Ziel, nicht Nivellierung herbeizuführen,
nicht Differenzierung zu unterbinden, sondern um rechtliche Bevorzugung
oder Benachteiligung auszuschließen.

In einem zweiten Abschnitt (69ff.) wendet sich der Vf. dem
Besonderen Gleichheilssatz zu, der als Maßstabregelung der
Differenzierungsziele und -krilerien den Allgemeinen Gleichheitssatz
spezifiziert. Nachdrücklich wendet sich H. dagegen,
die Merkmale Rasse, Geschlecht oder Religion als Anknüpfungspunkt
für gesetzliche Regelungen auszuschließen. Der
Kampf gegen Rassendiskriminierung oder Benachteiligung der
Frau haben den Umstand verdunkelt, daß eine Verletzung des
Gleichheitssatzes auch darin bestehen kann, daß man durch einheitliche
Regelungen unterschiedliche Sachverhalte ignoriert.
Wenn, wie in der ehemaligen DDR, alle nach den Prinzipien
der herrschenden Weltanschauung behandelt werden, so ist das
zwar eine Gleichbehandlung. Gleichwohl kommt aber nicht jedem
das Seine zu, sondern sind diejenigen privilegiert, deren
Selbstverständnis mit der gleichen Behandlung konform ist,
und diskriminiert sind durch die gleiche Behandlung diejenigen
, die ein anderes Selbstverständnis, eine andere Religion,
eine andere Religionsausübung wünschen. Das hat im Staatskirchenrecht
Tradition, wofür H. das ganze Arsenal der Rechtsgeschichte
zur Verfügung steht.

Mit besonderem Nachdruck wendet er sich gegen die in der
neueren Literatur verbreitete These, daß Artikel 3 III GG es
nicht erlaube, an Rasse. Geschlecht oder Religion anzuknüpfen
oder mit Rücksieht darauf zu differenzieren, was in banalen
Zusammenhängen leichter einleuchtet, als im staatskirchen-
rechtlichen Zusammenhang (Männer werden nicht „benachteiligt
", wenn ihnen der Zutritt zur Damentoilette versagt bleibt).
„Der Staat genügt seiner Gleichhcitspflicht aus Artikel 3 I und