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Ausgabe:

1995

Spalte:

354-356

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Eckholt, Margit

Titel/Untertitel:

Vernunft in Leiblichkeit bei Nicolas Malebranche 1995

Rezensent:

Fitschen, Klaus

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Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 4

354

auJ diese Frage muß klaren, ob Adam Wodeham unbedeutend
war oder nur unberücksichtigt geblieben ist, weil er schwer
zugänglich war.

Adam Wodeham (um 1298-1358) war ein Schüler von Wilhelm
Ockham in Oxford, das dieser 1324 verlassen mußte, um
sich in Avignon zu verantworten. W. fiel es zu, Ockhams Logik
, Philosophie und Theologie in England zu verteidigen und
fortzuentwickeln, Er führte die Auseinandersetzung mit den
Lehren des Petrus Aureoli (um 1280-1322) weiter und bekämpfte
leidenschaftlich den Ockhamgcgner Walter von Chatton
(f um 1344).

W. spielte eine herausragende Rolle für Weiterbildung der
ockhamistischen Tradition. Kr beeinflußte Gregor von Rimini
(um 1300-1358), der 1343/44 in Paris lehrte. In diesem Jahrzehnt
war W. in Paris eine bekannte Autorität, die großen Einfluß
auf Theologen der Augustinereremiten und der Zisterzienser
ausübte. Aber auch in der zweiten Hälfte des 14. Jh.s fand er
noch Beachtung. Heinrich Totting von Oyta (um 1330-1396)
fertigte eine Abbrevatio von W.s Oxforder Sentenzenvorlesung
an. Zu W.s Rezipienten müssen neben anderen auch Petrus von
Ailly (1351-1420) und Peter von Candia (um 1340-1410) gezählt
werden, für den W. ebenso wichtig wie Johannes Duns
Scotus und Ockham gewesen sein soll. Letzte Spuren finden
sieh noch in Gabriel Biels (1410-1495) Sentenzenkommentar,
der 1501 in Tübingen gedruckt wurde.

Diese beachtliche Wirkung W.s fand deshalb nicht die ihr angemessene
Beachtung, weil sein Werk kaum zugänglich war.
Uber Jahrhunderte stand als gedruckte Quelle nur die Kurzfassung
der Oxforder Vorlesung zur Verfügung, die Heinrich Totting
von Oyta angefertigt hatte und 1512 in Paris herauskam.
Erst 1988 hat Rega Wood als nächste Druckausgabe W.s „Trac-
tatus de indivisibilibus" veröffentlicht.

Die nun vorliegende Ausgabe entstand aus der Sentenzcnvor-
'esung. die W. zwischen 1329 und 1332 im Franziskanerkloster
zu Norwich gehalten hat. Vorher hatte er über die Sentenzen
des Lombarden in London gelesen. Nach Norwich erläuterte er
die Sentenzen des Lombarden noch einmal an der Oxforder
Universität.

Von der Norwicher Vorlesung, der Lectura secunda. ist lediglich
eine Handschrift überliefert. Sie enthält nur das erste
Buch und stellt eine reportatio dar, also eine überarbeitete
Nachschrift der Vorlesung. Rs läßt sich erkennen, daß W. sie
durchgesehen und mit Randbemerkungen versehen hat, die
dann die überlieferte Abschrift in den Text aufnahm.

Die Handschrift - von der kein Faksimile beigegeben ist -
war offenbar nicht leicht zu lesen, deshalb hat die Hgn. über die
Entzifferung gewissenhalt Rechenschaft abgelegt (4()*-46*):
Manche ungewöhnliche Schreibweisen wie „ffat" für „facit".
„inquid" für ..inquit" oder „Hok" für „Ockham" geben zwar
Auskunft über Spracheigentümlichkeiten, erschweren aber das
Erschließen. M anche Abbreviaturen stehen für mehrere Wörter,
so dasselbe Zeichen für „dieimus" und für „Dcus", ein anderes
lür „creatura" und „causa". Die beigegebene Liste von Abbreviaturen
mit ihren Auflösungen (42*-45*) erlaubt nicht nur, den
textkritischen Apparat besser zu verstehen, sondern bietet
zugleich Hilfe, weitere Handschriften des 14. Jh.s zu lesen. Diffizile
Kenntnisse der erkenntnistheoretischen Diskussion des
14. Jh.s waren die Voraussetzung dafür, um entscheiden zu
können, ob mit derselben Abbreviatur „intentio" oder „intellec-
tio" gemeint ist (vgl. 48*f). Für die Aullösung sind Zitate, die
W. anführte, und solche, die andere aus W. benutzten, ausgewertet
worden. Dabei hat sich ergeben, daß W. Originalmanuskripte
von Duns Scotus benutzt hat (I I *).

Eine Besonderheit der vorliegenden Sentcnz.envorlesung
'iegt darin, daß sie für Franziskaner bestimmt war und daher
vorwiegend auf franziskanische Theologen einging, so auch
besonders auf Duns Scotus, den W. manchmal gegen Ockhams

Deutung verteidigt. Die Hgn. meint daher, man könnte die
„Lectura secunda" W.s mit „Franciscan theology in the four-
teenth Century" betiteln, zumal W. danach in Oxford stärker auf
Oxforder Autoritäten Bezug nahm (36*). Das ist eine bemerkenswerte
Beobachtung, denn sie verlangt für die Interpretation
scholastischer Werke, ja Argumentation nach einer stärkeren
Berücksichtigung ihres Entstehungsortes, als es oft geschieht.

Wenn es aber einen so wichtigen Unterschied zwischen W.s
.Sentenzenvorlesung in Norwich und Oxford gibt, der exemplarische
Studien ermöglicht, dann ist es notwendig, daß der Edition
der „Lectura secunda" bald die der Oxforder folgt, zumal
deren Text besondere Beachtung fand.

Die vorliegende Ausgabe entreißt also nicht Unerhebliches
der Vergessenheit, sondern schallt Voraussetzungen, die Darstellung
der Theologie- und Philosophiegeschichte des Spätmittelalters
zu vertiefen.

Leipzig Helmar Junghans

Bieberstein Klaus: Der Gesundlcnuustuusch /.wischen Karl dem Großen
und Härtin al-RasId und seine Bedeutung für die Kirchen Jerusalems
(ZDPV 109, 1993, 152-173).

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Lecheler. Fugenie: Stellung und Bedeutung des Kulmbacher Augustinerklosters
: dargestellt anhand seines Bücherverzeichnisses (Aug[L] 44.
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Lutterbach, Hubertus: Der locus resurrectionis - Ziel der irischen
Peregrini. Zugleich ein Beitrag zur Fsehatologie im frühen Mittelalter (RQ
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Riedel. Ingrid: Hildegard von Bingen. Prophetin der kosmischen Weisheit
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Koni«, Franz: Frzbisehof Egbert von Trier (977-993) (TThZ 103, 1994.
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Stratmann. Martina: Karls des Kahlen Auseinandersetzung mit dem
Klerus von Ravenna (875): ein Briefwechsel (ZKG 105. 1994, 329-343).

Wriedt. Markus: Seelsorgerliehe Theologie am Vorabend der Reformation
: Johann von Staupitz als Fastenprediger in Nürnberg (ZBKG 63. 1994.
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Dogmen- und Theologiegeschichte

Eckholt, Margit: Vernunft in Leihlichkeit bei Nicolas Male-
branche. Die christologische Vermittlung seines rationalen
Systems. Innsbruck-Wien: Tyrolia 1994. 480 S. 8° = Innsbrucker
theologische Studien, 41. Kart. DM 84,-. ISBN 3-
7022-1932-3.

Die vorliegende Untersuchung ist die überarbeitete Fassung
einer 1992 von der Tübinger kath.-theol. Fakultät angenommenen
Dissertation (Betreuer: Peter Hüncrmann), die 1993 mit
dem Karl-Rahner-Preis ausgezeichnet wurde. Die Vfn. charak-