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Ausgabe:

1995

Spalte:

217-219

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Wahrheit der Schrift - Wahrheit der Auslegung 1995

Rezensent:

Seils, Martin

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Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 3

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der Blütezeit der Religionswissenschaft um die Jahrhundert- Sie alle verdankten in Aneignung und Kritik der vorausge-
wende die Mystik als ein allgemeines religiöses Phänomen der henden Forschung seit dem 17. Jh. viel. Aber es ist auch nicht
Menschheit kennengelernt halten. Zur Überwindung des einsei- zu verkennen, daß ihre Forschungsergebnisse undenkbar gewesen
Ritschlschen Mystikbildes trau wesentlich auch Wilhelm sen waren, wenn sich nicht auf fast allen Gebieten der Mystik
Pregers ((eschichte der deutschen Mystik"77 bei. die Quellenlage erheblich verändert und verbessert hätte. Dazu
So stellten Nathan Soederblom. Albert Schweitzer, Rudolf aber steuerten sie selbst das meiste bei. So wurden sie zu Weg-
Otto und Friedrich Heiler im kaum des Protestantismus in bereitem einer ökumenischen Mystikforschung, wie sie späte-
grundlegenden Arbeiten in den ersten Jahrzehnten des 20. Jh.s stens seit dem Erscheinen der großen, von der Deutschen For-
die seit Ritschis Verdikt und aufgrund der heftigen Kritik der schungsgemeinselu.lt veranstalteten Meister Eckhart-Ausga-
Dialektischen Theologie offenbar erledigte Frage nach der Be- be79 in den dreißiger Jahren bis heute in Deutschland immer
deutung der Mystik auch für den christlichen Glauben wieder mehr praktiziert wird

neu zur Debatte Auf katholischer Seite, die um 1900 auch mit Wer die theologische Mystikforschung vor der Aufklärung

einem gewissen mystischen Traditionsbruch zu kämpfen hatte. mit kritischer Aufmerksamkeil zur Kenntnis mmmt. weiß, daß

waren es vor allem' die Jesuiten im Umkreis der »Revue d'As- ein Forschungsgegenstand wie die Mystik, will man semer Ein-

cetique et de Mystique« des »Dictionnaire de Spiritualite, As- heit und Vielheit, seinen Höhen und T.elen, seinem Glanz und

Clique et Mystique« und der Zeitschrift für Aszese und My- Schatten im Verstehen und Deuten auch nur annähernd gerecht

Stik", die die Mystikdiskussion neu entfachten. So wurde. werden, heute erst recht nur im Sinne der Ökumene der einen

hauptsächlich von französischen Dominikanern und Jesuiten. Christenheit mit ihrer Geschichte in vielen Strömen des Lebens

die Frage erörtert ob Mystik Fortsetzung und Intensivierung zu begre.len .st. Gefordert .st also die E.ns.eht in die Vielfalt

der Glaubenserfahrung (bes. Garrigou-Lagrangc OP) oder ein der Geschichte des Evangeliums wie sie uns zu einem nicht

qualitativ neues, außerordentliches Geschenk Gottes (bes. Pou- ger.ngcn Te.l in der christlichen Mystik begegne..«»
lain SJ) sei".78 Damit erhielt auch die theologische Mystiklor-

«*ung innerhalb der katholischen Kirche wieder neue Anstöße. 77 3 Bde Leipzig 1874-1893.

Neben den in den genannten Zeitschriften publizierenden Ge- 78 Josef södbwckArt. Mystik, in:Dinzelbacherto. Anm.22),(367-370) 369f.

lehrten sind als Erneuerer der Mystik und vor allem als Erlor- 79 StmIgart ,936ff

scher der Geschichte der Mystik im Katholizismus am Ende des 80 Vgi. Gerhard Ruhbach/Joset Sudbrack [Hg.], Große Mystiker. Leben

'9. und Anfang des 20. Jh.s auch die BenediktinerCuthbert But- und Wirken. München 1984: dies. [Hg.], Christliche Mystik. Texte aus

s /wei

Jahrtausenden.München 1989:7o'sef"sudbrack. Mystik. Selbsterfahrung

ler, Alois Mager und Alban Stolz, die Dominikaner Hc.nrch Jawwuen, _ GoUeMmg Majn/7StuUgart l988; ders..

Seusc Denifle Dominikus Planzer und Angelus Walz sowie der jm D,a| christliche Tradition, «stasiatische Traumon, vergessene

' . , min Karrer ZU nennen, , , ,„.„ vviwhun 1992' Kurt Ruh, Geschichte der aterriUUidigcheti

'•e.twetsc dem Jesuitenorden ungehörige Ott OKarar r d w (tab urg u - Km ^ ^

um hier nur diese Ordens.heologen «^öbne«^* Chri«ian Mysticism, bisher voL l. London
logischen Kollegen außerhalb der Orden und von I üs.jnkem. ^JW* , W); Bernd Jaspcrt |H,,. Leiden und We.shei. in

Philosophen und Germanisten bei ihrem Bemühen K.a B ^Mystik, Paderborn 1992.
terstützt bzw. zu weiteren Forschungen angeregt wurc

von Beliebigkeit und Verbindlichkeit der Textauslegung nach-

AllaemeineS FeStSChriften dacht werden. Dieses Konzept ist nicht besonders eng befolgt

Allgemeine, ^ g^^ ^ ^ Rcferiercndcn hat seul rhema gesucht und

seine hermeneutischen Ansichten zur Sprache gebracht. Wir

[Ebellm, (ierhard l Wahrheit der Schrift - Wahrheit der jm |ol den die jeweiligen Zielgedanken wieder

Al , , Vorlesungsreihe ZU Gerhard Ehe- fr N ,.imentler Hans Weder geht zum Thema .. Automat und Ausle-

Auslem..,».. Eine Zürch« VorieSUngsreU q^, J>-r Nun-anje. Schrifl eingegangenen ..Lehre Jesu"

hngs 80. Geburtstag am 6.Juhl992. Hg. VO m uml ,„,„,. clal, Auslegung ..die Gestalt des Zuredens"

Ä sF^ol. ISBN 3-290-10917-8. ^f^^^ KUls Weimar ^ unter der über-

, 007 schritt Ähren und Texte lesen" Clemens Brentanos Märchen „Gockel H.n-

a ••• i. im Sommcrsemester I9yz • , . . . Differenz zwischen dem Lesen von Ähren, von

An der Zürcher Un.vers.ta. wu de m S<— ^ ^HScS Shtund dem Lesen von Texten, das Brentano auch

eme Vorlesungsreihe gehalten, die dem in dicsc^ Iahrcstag dem , ' ,,ie Differenz der Wahrheiten" sei unaufhebbar. jedoch

leiden 80. Geburtstag Gerhard Ebelings und dem 30. ^ J^ML keh dat,.. die Wahrheit des Textes von sich aus den

des von ihm gegründeten Instituts für Hermeneutik g widmet bleitedjeMögl ^ ^ ^ ^ .ichtbar mach," (67). Dann wer-

war Das RtUinienthema ««^^^c^ ^rSSÄ^ Brat* frag, nach den ..Kritenen".

SehnR - Wahrhet. der Auslegung "»» , AllslcgUng J^^ 3. eine Interpretation als wahr oder falsch" beurteil,. Kr plä-

Gnmdgedankei, Ebelings auf, indemM jemn ^ lntc(panation. üie..dem Ethos der Wissenschaft entsprechend,

als ein Bez.iehungsgeschehen versteht, durch da» un« ^ ^'Vubjekt beiseite" W und m erkennen such,, „wie berttamte Text- und

Wahrheit sich herauszustellen vermag. IX-r Kauii. The<,riestücke wirklich intendiert sind" (94). .. .... .

sung ist aber weiter gezogen. Er J.^g£*£ ^^^^Z^^^^

seien Reiz darin, daß Vertreter aller ttx.a«Siegen Wirkungsvlnfonnati„„ und Wirkung und ist der Meinung.

auf hermeneu.ische Fragestellungen ^^^"ogen , J I "£ en.hal.ene ..Transzcndenzphanomcn" 1119, nur dort zur

ten zu Wort kommen. So sprechen hter . eben du ™»* wtrktg Lm.ne. wo solche Texte nicht in his.onsche .ntormat.on umge-

«och Uteraturwisaenschaftler. Philosophieh.stor.Kc ^ setzt worden sind (107).

Wissenschaftler. Altphilologen und Juristen von der hermeneu ^ Manfred ^^"^^^^«^ s-

Die Veranstalter der Vorlesungsreihe I alten des k,assischen humanistischen Gymnas.ums ein .yiemhcl

Proponiert. Zunächst sollte es um Probleme der ak« * System philosophischer Normen" bestand , 156), wahrend

vollziehenden Auslegung gehen, dann um Fragen, f ^tagc clic j^toche Applikation poetischer Texte... der Veran.wor-

aus dem Faktum der Vorgegebenhei. eines Textes lung jeden e.n,elnen anheimgegeben ist (158),
tehlleBHeh sollte über das auslegende Subjekt um