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Ausgabe:

1995

Spalte:

192-194

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Conquista und Evangelisation 1995

Rezensent:

Prien, Hans-Jürgen

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Theologische Literaturzeitung 120. Jahrgang 1995 Nr. 2

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Spanien mit zehn anderen Augustiner-Eremiten in der zweiten
Gruppe nach Peru. Er trat dort in der Zeit der Stabilisierung von
Regierung und Kirche des Vizekönigreiches nach der Epoche
der Bürgerkirege ein. Die Ordensprovinz dehnte sich in der 2.
Hälfte des 16. Jh.s auf den ganzen Andenraum Südamerikas
aus. 1558 erhielt Fray Luis vom ersten Bischof und Erzbischof
Limas, dem Dominikaner Jerönimo de Loaysa, die Priesterweihe
. Er mußte zunächst einen Philosophiekurs im Konvent in
Lima, dann einen Theologiekurs im Konvent Trujillo halten.
Nach gründlichen Sprachstudien erfüllte er mit Begeisterung
seine Missionsaufgabe bei den Uro in der Nähe des Titicaca-
Sees. Der Vf. bedient sich immer noch der Terminologie der
Kolonialzeit, wenn er die religiösen Überzeugungen der Indios
als Idolatrie und superstitio bezeichnete (47). Nach einer weiteren
Missionsaufgabe wurde Fray Luis auf dem Kapitel von
1563 mit 28 Jahren zum Definitor gewählt und zum theologischen
Lektor ernannt, 1566 zum Prior des Konvents in Charcas,
dem heutigen Sucre, und 1569 zum Prior des Hauptkonvents in
Lima, wo er die Leitungs-, Lehr- und Predigtaufgaben wahrnahm
. Schon mit 35 Jahren wählte ihn das Ordenskapitel 1571
zum Provinzialprior, 1576 zum Provinzial und Magister der
Theologie. 1577 berief ihn Vizekönig Toledo auf den ersten
theologischen Lehrstuhl der San Marcos-Universität von Lima,
auf dem er bis 1591 wirkte. Seine von den Zeitgenossen gerühmte
Theologie läßt sich nicht beurteilen, da alle seine Auf-
zeichnungenn verlorengegangen sind. Die entscheidende Quelle
ist der erhalten gebliebene Teil seiner Korrespondenz, namentlich
mit der Krone, sowie die Zeugnisse seiner Zeitgenossen
. Fray Luis wirkte 1583 auf dem 3. Provinzialkonzil, dem
wichtigsten des Erzbistums Lima, unter Toribio de Mogrovejo
mit. Er war ein geschätzter Ratgeber des Erzbischofs und der
Vizekönige.

1591 wurde Fray Luis von Philipp II. als Bischof von La Pla-
ta mit Sitz in Asunciön präsentiert. Bevor er dort hinging,
ernannte ihn Vizekönig Garcia Hurtado de Mendoza im Rahmen
der für die Kolonialzeit typischen engen Zusammenarbeit
von Staat und Kirche im Patronatskirchensystem wegen seiner
Unbestechlichkeit und seines klaren Urteils zum königlichen
Visitator zur Lösung eines Korruptionsskandals in der Audien-
cia von Charcas und zur Regelung von Landkonflikten. Noch
während jener Visitation erreichte Fray Luis 1592 die königliche
Verfügung, die ihn für das Bistum Quito promovierte, das
als eines der bedeutendsten des Vizekönigreiches angesehen
war. Die päpstlichen Ernennungsbullen bekam er erst 1594 in
Lima, von wo er die lange Reise nach Norden antrat und unterwegs
in Trujillo vom Erzbischof Mogrovejo die Bischofsweihe
erhielt. Quito war 14 Jahre vakant gewesen. Ca. 50.(XX) erwarteten
die Firmung. Allein auf der Anreise von Guayaquil nach
Quito firmelte der neue Bischof 10.(XX) Christen. Indem Soll's
sich in jedem Ort gründlich informierte, langte er bereits mit
erheblicher Situationskenntnis in Quito an. Seine theologische
und pastorale Kompetenz und seine lange Landeserfahrung
kamen ihm bei seiner neuen Aufgabe zugute. Durch zwei Diö-
zesansynoden sorgte er 1594/96 für die Umsetzung der Beschlüsse
des Tridentinums und des Limense III und schritt sogleich
zur Gründung eines Priesterseminars. Die Weichenstellungen
dieser Synoden wirkten lange nach. Eine der Schattenseiten
des Patronatskirchensystems zeigte sich darin daß die
erforderliche Bestätigung der Synodalbeschlüsse durch den
Indienrat erst 1615 bei seinem Nachfolger eintraf! Die Folge
dieses enormen Verzuges war, daß Lopez de Soh's keine weitere
Diözesansynode abhielt. Auch sonst hatte er manche Auseinandersetzungen
mit der Audiencia in Quito durchzustehen, die
sich in seine Jurisdiktion einmischte.

Der Bischof zeigte sich als wahrer Bettelmönch bei seinen
zahlreichen Pastoralbesuchen, d.h. als solidarischer Christ. Er
akzeptierte nur einfachste indianische Unterkünfte und ließ von

einem Begleiter auf dem Weg ständig Liebesgaben aus seinem
persönlichen Einkommen an Bedürftige verteilen. Er wurde
immer von einem sprachkundigen Priester begleitet. Er weilte
meist drei Tage in einer Ortschaft, wo er ständig predigte, den
Katechismus lehrte, taufte, firmelte und die Beichte hörte und
besonders das Gebet in der Muttersprache förderte. Er ließ den
Katechismus des Limense III in verschiedene Indianersprachen
übersetzen und drang auf gründliche Sprachkenntnisse bei allen
Pfarrern, die wie der Bischof selbst in Indiosprachen kalechisie-
ren und predigen sollten. Außerdem drängte er auf die regelmäßige
Predigt des Evangeliums an Sonn- und Feiertagen und
förderte eine auf das Individuum und auf den ganzen Menschen
in seinen Bedürfnissen zugeschnittene religiöse Unterweisung.
Er bemühte sich um höhere Schulbildung für Kazikensöhne und
Indianer und strebte offenbar auch das Priesteramt für sie an.
Ob er aber tatsächlich einen Indianer zum Priester geweiht hat,
ist nicht überliefert. Lopez de Soh's war ein überzeugter Anhänger
der in Spanien verbreiteten marianischen Frömmigkeit, die
er in seinem Bistum durch den Ausbau von Wallfahrtsheiligtü-
mern und Gründung von Klöstern etwa der Konzeptionistinnen
förderte, ein Aspekt der spanischen Evangelisierungsarbeit in
Amerika, der nicht unterschätzt werden darf.

Der Bischof geißelte gegenüber den zuständigen Behörden die
gesetzwidrige Behandlung der Indianer und schrieb dem König
resigniert, 20 Jahre mache er nun Vorschläge zur Abhilfe, aber es
geschehe nichts. Er setzte sich besonders für die gerechte Entlohnung
der Indianer ein, angefangen bei solchen, die in kirchlichen
Diensten standen und verteidigte hartnäckig das Recht auf Kirchenasyl
eines Indios, der sich von ungerechten Richtern verfolgt
an den Altar der Bischofskirche geflüchtet hatte und dort trotzdem
verhaftet worden war. Genauso konnte er sich beim König
für Beamte der Audiencia einsetzen, die auf Grund von Intrigen
abgesetzt worden waren. Für strukturverändernde Reformen
etwa des Kommendensystems kämpfte er nicht.

Soh's blieb auch als Bischof überzeugter Mendikant. der auf
das Bescheidendste lebte und sein ganzes Einkommen mit den
Armen teilte. Als er 1606 mit 72 Jahren um seinen Rücktritt
eingekommen war, erhielt er stattdessen von König Philipp III.
die Ernennung zum Erzbischof von Charcas. Und als er auf dem
Weg nach Charcas schon seinen Tod erwartend im Augustinerkonvent
in Lima daniederlag, erreichte ihn die königliche Ernennung
zum Erzbischof von Lima, die höchste kirchliche
Würde im kolonialen Südamerika. Das Domkapitel von Lima
hatte ihn als einzig würdigen Nachfolger des bedeutenden und
später heiliggesprochenen Toribio de Mogrovejo empfohlen.

Köln Hans-Jürgen Prien

Sievernich, Michael, Camps, Arnulf, Müller, Andreas, u.
Walter Senner |Hg.|: Conquista und Evangelisation. 500

Jahre Orden in Lateinamerika. Mainz: Grünewald 1992. 482
S. 8°. Kart. DM 42,-. ISBN 3-7867-1649-8.

Unter den zahlreichen Sammelbänden, die im 5(X). Jahr der
endgültigen „Entdeckung" der Neuen Welt durch die Europäer
erschienen sind, ragt der vorliegende durch Quantität und Qualität
der Information über das immer noch ungenügend bearbeitende
Gebiet der Tätigkeit der Orden heraus. Er beschränkt sich
allerdings inhaltlich auf die drei für die Kolonialzeit wichtigsten
Orden, nämlich die Franziskaner, die Dominikaner und die
Jesuiten und räumlich auf die Gebiete der präkolumbianischen
Hochkulturen in Mexiko und Peru und der Völker der Kulturstufe
der Jäger, Sammler und Ackerbauer in Brasilien und Paraguay
, so daß sowohl der spanische wie der portugiesische Kolonialraum
exemplarisch erfaßt ist.