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Ausgabe:

1993

Spalte:

152-153

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Schrader, Franz

Titel/Untertitel:

Stadt, Kloster und Seelsorge 1993

Rezensent:

Haendler, Gert

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Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 2

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Yucay"). Bei der Verkündigung des Evangeliums in den neuen
Ländern prallen zwei theologische Muster, wie Jesus Christus
und sein Werk zu verstehen sei, aufeinander. Das eine Muster
rechtfertigt die Eroberung mit all ihren Folgen, das andere
denkt von den Betroffenen her, von den Indianern, und solidarisiert
sich mit ihnen. Es tut sich ein Abgrund auf zwischen Gott
und Gold, eine Polarisation, die bis heute ihre Schärfe nicht
verloren hat. Insofern ist dieses Buch, das als ein Teil einer
umfangreicheren Darstellung der Theologie Las Casas konzipiert
ist, der Versuch, den Prozeß der Eroberungsgeschichte
des Neuen Kontinents mit den Augen des Bartholome de Las
Casas zu sehen und das heißt für Gutierrez, mit den Augen der
Armen und Unterdrückten, die sonst in den Geschichtsbüchern
nicht vorkommen.

Das Besondere dieses Buches scheint mir der ausführliche
Anmerkungsteil zu sein, der den Autor als Kenner neuester historischer
Forschungen über die Conquista ausweist. Zugleich
macht er aber die Lektüre schwierig, da der Lesefluß ständig
unterbrochen werden muß, denn die Behauptungen des Textes
bedürften oft einer Erklärung aus dem Apparat.

Graal-Mürilz Dorothea Ortmann

Knoch, Wendelin: Die Frühscholastik und ihre Ekklesiolo-
gie. Eine Einführung. Paderborn: Bonifatius 1992. 142 S. 8o.
Kart. DM 16,80. ISBN 3-87088-702-8.

Der Vf. hatte 1983 eine Untersuchung zur Sakramententheologie
der Frühscholastik („Die Einsetzung der Sakramente durch
Christus", vgl. ThLZ 11, 1985, 839ff.) vorgelegt, jetzt läßt er
eine Einführung in die Ekklesiologie folgen. Im Beitrag von Y.
Congar im HDG ist darüber nur wenig zu finden. So schließt
der Vf. hier eine Lücke.

Das Büchlein bietet freilich mehr; das „und" im Titel ist
wörtlich zu nehmen. Es gibt eine kurzgefaßte Darstellung der
„Wege zur Scholastik" (13-35) und der „Epoche der Frühscholastik
" (36-50) allgemein und nicht auf die Ekklesiologie beschränkt
. Daß Vf. bei der Kürze der Darstellung keine neuen
Forschungen vorlegen kann, ist einsichtig. Aber er bietet, etwa
für den Studenten, die Darstellung einer Epoche, die sonst
kaum im Blick ist und gerade deshalb unsere Aufmerksamkeit
verdient, kann man doch die Scholastik nur dann verstehen,
wenn man die Entwicklung, die zu ihr führt, kennt.

Zunächst behandelt Knoch die „beherrschenden theologischen
Autoritäten", Hl. Schrift und Kirchenväter. Er legt dar,
daß die Frühscholastiker die grundlegenden Weichenstellungen
dafür vollzogen haben, daß die Theologie „als Wissenschaft im
Sinne der aristotelischen Wissenschaftsidee konzipiert" wird
(15). Als erste vollzieht die Schule von Laon den „Umbruch
von der pastristischen hin zur scholastischen Theologie dadurch
, daß ihre Magister...eine systematische Weitergabe der
Väterlehre erstreben" (21). Der Vf. geht der Pflege der artes
liberales und der Kunst der Kompilation nach, erklärt, was Flo-
rilegien und Katenen sind, und hebt hervor, daß schon in karo-
lingischer Zeit (Scotus Eriugena) die „Berechtigung eines von
eigener Rationalität getragenen wissenschaftlichen Mühens" erkannt
wurde (28). Berengar von Tours betont „die Gottebenbildlichkeit
der menschlichen Vernunft", Anselm von Canter-
bury wird unbestritten zum „kritischen Theologen, ... dem die
Rationalität des Glaubens und des Dogmas eine ständige Aufgabe
ist" (Hödl, 31f.).

Im Teil A „Die Epoche der Frühscholastik" wird schon die
Ekklesiologie stärker thematisiert, aber ebenso werden die
Kennzeichen theologischer Arbeit, die Entwicklung theologischer
Schulen und ihre theologischen Methoden benannt, sie
stehen „im Spannungsfeld von Tradition und Innovation" (46).

Im Teil B behandelt Knoch nun „Die Ekklesiologie der Frühscholastik
" (51-102). Er betont die Christozentrik der Ekklesiologie
, die er in der augustinischen Betonung der Kirche als Leib
Christi sieht, seit Mag. Simon ist sie „corpus Christi mysticum".
In der Christozentrik sieht er den Grund dafür, daß die Kirche in
keinem eigenen Traktat abgehandelt wird. Daneben tritt, bedingt
durch den Leib-Christi-Gedanken, die unmittelbare Beziehung
der Kirche zur Eucharistie. Zunehmend wird dann aber der Kirchenbegriff
vom geistlichen Amt her gefüllt. Die Kirche gilt
wohl bei Anselm von Laon als Heilsanstalt, als einzigen Heilsweg
(66), doch wird die Kirche „primär im gottesdienstlichen
Raum und somit im geistlichen Rahmen" erfahren (89). Daß
Knoch ausgewählte Glossen zu ekklesiologischen Kernaussagen
wiedergibt, ist hervorzuheben. Er macht damit deutlich,
daß im Zentrum der frühscholastischen Theologie die Bibelauslegung
stand.

Auch wenn diese Arbeit einer der vielen Versuche ist, das
Kirchenbild des Vaticanum II in diese Zeit vorzuverlagern, so
ist dem Vf. doch zu danken, daß er die Bedeutung des Gedankens
vom Corpus Christi (mysticum), der in der Tat in früh-
scholastischer Zeit maßgebend war, hervorhebt. Darauf hatte
auch Congar schon hingewiesen. Damit dürfte die Behauptung,
die Ekklesiologie hätten die Scholastiker den Kanonisten überlassen
, zumindest überzogen sein.

Eine Kleinigkeit am Rande: Der Ostgote Theoderich war
kein Kaiser (19), sondern Patricius; als solchem wurden ihm
von Ostrom kaiserliche Ehren zuerkannt.

Der Arbeit hätte es gut getan, wäre sie systematisch überarbeitet
worden. Dem Leser werden manche Gedankensprünge zugemutet
. Die „Vorbemerkungen" stellen durchaus einen eigenständigen
ersten Teil dar, sind sie doch auch umfangreicher als
Teil A. Auch Kap. 2 von Teil B wirkt deplaziert („Schriftkommentare
als dogmatische Quellenschriften").

Der Leser findet aber in dem Büchlein eine sehr kurzgefaßte
Einführung in die Frühscholastik und in ihre Ekklesiologie vor.
Als solche kann sie durchaus empfohlen werden.

Freiberg Karl-Hermann Kandier

Schräder, Franz: Stadt, Kloster und Seelsorge. Beiträge zur
Stadt- , Kloster- und Seelsorgegeschichte im Raum der mittelalterlichen
Bistümer Magdeburg und Halberstadt. Gesammelte
Aufsätze. Leipzig: St. Benno 1988. XI, 359 S. m.
zahlr. Abb. u. 26 Taf. 8° = Studien zur kath. Bistums- und
Klostergeschichte, 29. Kart. ISBN 3-7462- 0137-3.

Die Aufsätze konzentrieren sich auf einen geographisch engen
Raum: Das heutige Bundesland Sachsen-Anhalt. Zeitlich
wird mehr als ein Jahrtausend durchschritten. Am Anfang steht
Hildegrim( 827),der Bischof von Chalons, der auch „rector Hal-
berstadensis ecclesiae" war. Die Epoche der Ottonen kommt
mehrfach in den Blick. Vor allem werden mittelalterliche Klöster
untsucht mit vielen Einzelheiten. Es folgt eine Bilanz der
Reformation von der Klostergeschichte her: Im Hochstift Magdeburg
gingen „von 31 Klöstern 26 unter, während 5 Klöster
bestehen blieben. Im Hochstift Halberstadt gingen von 20 Klöstern
8 unter, während 12 Klöster bestehen blieben" (265).
Vorher differenziert Schräder deutlich zwischen klosterstürme-
rischen Tendenzen bei Karlstadt und Müntzer im Gegensatz zu
Martin Luther, der mehrfach vor übereilten Klosteraustritten
warnte und in einem Brief vom 6. 8. 1524 eine Möglichkeit
sah: „Wenn es soweit ist, daß das Kloster einmal zu rechter
Freiheit kommt, dann kann wieder einziehen, wer die Gnade
und die Lust dazu hat" (254: WAB 3,328). Bei der Neuzeit
wird das persönliche Engagement des Autors deutlich: ..Wir
alle wissen als Diasporapriester, wieviel wir den Mitbrüdern