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Ausgabe:

1993

Spalte:

1044-1045

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Titel/Untertitel:

Grosser Bildatlas der Kreuzzüge 1993

Rezensent:

Winkelmann, Friedhelm

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1043

Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 12

1044

Werden aber wirklich „die theologischen Implikationen der Frage
nach dem Wissen Christi... nur zusammen mit dem philosophischen
Hintergrund entwickelt", wie Hg. meint (XXVI)? Ist
nicht durch B.s Unterscheidung von Wissen und Weisheit angedeutet
, daß Gott die entscheidende Gabe, die Weisheit, schenkt?
In Christus unterscheidet B. die ungeschaffene und die geschaffene
Weisheit, die durch die ungeschaffene Weisheit Anteil bekommt
an der ratio aeterna. Als Mensch hatte Christus nur eine
beschränkte Erkenntnis. So bleibt er der Zweinaturenlehre mit
ihren Konsequenzen (zwei Willen, zwei Energien usw.) treu.
Aber auch in diesen Quaestiones zeigt sich B. als der Scholastiker
, der zugleich Mystiker ist. Negative Aussagen erscheinen
ihm geeigneter als affirmative, um die wahre Weisheit erfassen
zu können. Doch nimmt er keine antiphilosophische Haltung
ein. Er weiß um die Endlichkeit menschlichen Erkennens, fordert
aber zugleich rationales Denken. Der Einfluß Augustins ist
bei ihm größer als bei den Dominikanertheologen seinerzeit. In
der Conclusio der qu. 5 meint B., „daß die Seele Christi, sofern
sie Geschöpf ist, durch beiderlei Weisheit weise gewesen ist,
nämlich durch die geschaffene wie durch die ungeschaffene
Weisheit: durch die ungeschaffene Weisheit wie durch ein
ursprünglich bewegendes, lenkendes und zur Ruhe bringendes
Prinzip, durch die geschaffene Weisheit wie durch ein formendes
, befähigendes und emporhebendes Prinzip, so daß sie sich
völlig bis zu jener ungeschaffenen Weisheit erstrecken kann".
(153) Und im Epilog sagt er, weil das im Innern gebildete Wort
(im Unterschied zum göttlichen Wort) „endlich ist, kann weder
die Seele Christi noch irgendeine andere Seele das ewige göttliche
Wort oder unendliches Wissbares begreifen, mag sie auch
zu diesem durch einen Überstieg hinaufgetragen werden." Das
Übersteigen ist für B. „gewiß die äußerste und vortrefflichste
Weise des Erkennens". (229) An diesen Zitaten wird einerseits
die eigentliche Absicht B.s deutlich, die doch „theologischer" ist
als Hg. es wohl zugeben möchte, andererseits die manchmal
etwas gekünstelte Übersetzung (man muß sich auch nicht
bemühen, für „item" dauernd neue Übersetzungsmöglichkeiten
zu finden).

In den Anmerkungen liegt kein über Stellenangaben hinausführender
Kommentar vor. Ihnen folgen Register.

Der Wert des Buches liegt sicher in erster Linie darin, daß -
vor allem für Studienzwecke - eine ausgezeichnete Einführung
in die scholastische Methode vorliegt. Sie sollte genutzt werden
. Der Leser kann aber auch einen Einblick in die Denkweise
B.s gewinnen. Dafür ist dem Hg. zu danken.

Freiberg Karl-Hermann Kandier

I Infi mann, Fritz: Die „Conferentiae" des Robert Holcot O. P.
und die akademischen Auseinandersetzungen an der Universität
Oxford 1130-1332. Münster: Aschendorff 1993.
XIII, 135 S. gr.8° = Beiträge zur Geschichte der Philosophie
und Theologie des Mittelalters. Texte und Untersuchungen, 36
NF. Kart. DM 78,-. ISBN 3-402-03931-1.

Die anzuzeigende Untersuchung behandelt einen kleinen, aber
wichtigen Abschnitt der Theologie- und Philosophiegeschichte
des Spätmittelalters. In den ersten Jahrzehnten des 14. Jh.s geht
an der Universität Oxford, die inzwischen eine ebenso große
Bedeutung wie die von Paris erlangt hat, die Zeit der „Summen"
mit ihrer Synthese von Philosophie und Theologie, Verstand und
Offenbarung, Natur und Übernatur („via antiqua") zu Ende, und
es entsteht in Abgrenzung von Thomismus und Augustinismus
eine neue geistige Richtung („via moderna"), die in Wilhelm von
Ockham (gest. 1349) ihren wichtigsten Vordenker hat. Der von
ihm vertretene Nominalismus verdrängt nach und nach den an

den europäischen Universitäten vorherrschenden Realismus.
Hoffmann verdeutlicht diesen Vorgang am Wirken des Dominikaners
Robert Holcot (gest. 1349): Nur wenige Jahre, nachdem
Ockham seine Oxforder Lehrstätte aufgrund einer Anklage bei
der Kurie in Avignon verlassen mußte (1324), stellt Holcot radi-
kal-nominalistische Disputationsthesen auf („Sex articuli per
modum conferentiae disputati").

Inhaltlich werden in diesen Thesen, die im 1. Teil des Buches
interpretiert werden (1-64), folgende Themen aufgegriffen: In
der Erkenntnistheorie geht es Holcot um die Bedeutung des'Sat-
zes (Aussagenlogik) und die Rolle der Species (Erkenntnisbild)
beim Erkennen. In der Theologie wird der Akt des Glaubens
und die Gewissensverpflichtung (die Frage des irrigen Gewissens
) diskutiert. Mit seinen Thesen, in denen er sich mit den
Franziskanern William Crathorn und Walter Chatton auseinandersetzt
, stellt Holcot die Geltung der aristotelischen Logik für
den Glaubensbereich in Frage und begründet dies anknüpfend
an Ockhams Theo-logik damit, daß die tatsächliche Ordnung
allein in der freien Bestimmung Gottes begründet sei.

Im 2. Teil seines Buches (65-127) legt H. auf der Basis von
sechs Handschriften eine kritische Edition der „Conferentiae"
Holcots vor. Sie ermöglicht es, die gründlichen Darlegungen
der Einführung am Originaltext zu verfolgen. Beide Teile sind
jeweils mit einem Namens- und Sachregister versehen (128-
135). Mit der vorliegenden Untersuchung über die „Conferentiae
" faßt H. den Ertrag seiner mehr als drei Jahrzehnte währenden
Beschäftigung mit der Oxforder Theologie- und Philosophiegeschichte
zusammen (vgl. „Die Schriften des Oxforder
Kanzlers J. Lutterei", Leipzig 1959; „Die theol. Methode des
Oxforder Dominikaners R. Holcot", Münster 1972 und „Crathorn
, Quästionen...", Münster 1988). Ihm ist für einen wichtigen
Beitrag zur Erforschung des Spätmittelalters zu danken.

Osnabrück Heinrich Holze

Riley-Smith, Jonathan [Hg.]: Großer Bildatlas der Kreuzzü-

ge. Aus dem Engl, von M. Diers. Freiburg-Basel-Wien: Herder
1992. 200 S. m. zahlr. färb. Abb. u. Farbktn. 4«. Lw. DM
78.-. ISBN 3-451-22535-2.

Hg. und Mitarbeiter dieses Atlanten fußen auf den Traditionen
englischer mediaevistischer und orientalistischer Geschichtswissenschaft
und sind durch Arbeiten zu den Kreuzzügen
bereits hervorgetreten.

Das vorliegende detaillierte Kartenwerk geht davon aus, „daß
das Studium der Kreuzzüge nicht auf die Feldzüge in den Nahen
Osten beschränkt werden kann, sondern auch die Feldzüge in
Afrika, Spanien, dem Baltikum und weiteren Teilen Europas
umfassen muß" und „daß die Kreuzzugsbewegung ihren Höhepunkt
im 13. Jh. erreichte, im 14. Jh. noch machtvollen Einfluß
besaß und ihre Popularität - wenigstens in einigen Schichten der
Gesellschaft - bis zum Ende des 16. Jh.s, zum Teil noch darüber
hinaus, beibehielt" (5). Es liegt also eine sehr weitgespannte Auffassung
des Themas vor. Der Benutzer erhält auf den über 120
Karten nicht nur Informationen über Feldzüge, Grenzen, Missionen
, Besiedlung, Schlachten u.s.w., sondern es wird auch weiter
Raum den Entwicklungen der muslimischen Welt, den Mongolen
, der osmanischen Expansion, der Geschichte der Ritterorden
eingeräumt. Jede Karte ist einem speziellen Thema gewidmet,
das in einem kurzen beigefügten Text Charakterisierung erfährt,
zum Teil begleitet von einem Quellenzitat, einer Grafik oder
einer Abbildung. Die Karten selbst sind sehr übersichtlich gestaltet
. An den Beginn des Buches ist eine Zeittafel gestellt (10-19),
die synchronoptisch die Rubriken „Kreuzzüge im Nahen Osten",
„Kreuzzüge in Europa und Nordafrika", „Hintergrundereigntsse"
auflistet. Eine Erklärung wichtiger Begriffe, ein Ortsregister und