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Ausgabe:

1993

Spalte:

974-975

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Titel/Untertitel:

Religionsunterricht und Ökologie 1993

Rezensent:

G., Ch.

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973

Theologische Literaturzeitung 1 18. Jahrgang 1993 Nr. 11

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nicht nur nach der Zukunft ihres jetzigen Lebens, sondern auch
nach dem, was jenseits des Todes sein wird. Dies sind ernstzu-
nchmcnde Hofi'nungs- und [dentitätsfragen. In seinen Untersuchungen
hat T. zwar feststellen können, daß die Themen „Sterben
und Tod" zu den religionspädagogischen Standardthemen gehören
, aber daß dieser Bereich dennoch ausbaufähig ist, während
die christliche Antwort von der Botschaft der „Auferstehung der
Toten" sehr vernachlässigt worden ist. T. formuliert seine Vermutungen
, die sich in seinen Untersuchungen dann bewahrheiten,
folgendermaßen: „Es könnte sich schließlich herausstellen, daß
ein für das Selbstverständnis des christlichen Glaubens wie für
die Identität des Schülers gleichermaßen bedeutsames Thema in
auffälliger Weise - oder eben in merkwürdig unauffälliger Weise
- bereits bei der Konzeption der Lehrpläne bzw. Curricula und in
der Folge natürlich auch in den Lehrbüchern und thematischen
Modellen schulischen Religionsunterrichts sträflich vernachlässigt
worden ist." (3) In dieser Verdrängung und Vernachlässigung
der zentralen Thematik sieht er zugleich auch die möglichen Ursachen
derzeitiger Krisen des Religionsunterrichts und der Religionsdidaktik
. Dies ist nicht nur bedauerlich, sondern höchst tragisch
für alle, auch für den Dialog mit nichtchristlichen Alternativangeboten
, da es hier um die zentrale Stelle des christlichen
Glaubens und christlicher Hoffnung geht: Auferstehung der
Toten. „Aulerstehung der Toten" ist kein beliebiges Thema für
die Religionsdidaktik: „Sein Ort und die Art des Umgangs mit
ihm bestimmen den Horizont ihrer Theorie und Praxis stärker mit
als viele andere ihrer Themen und Probleme."(9) Es geht hier
auch um die grundlegende Frage, ob der Mensch mit oder ohne
Gottesglauben erwachsen wird.

Im ersten Hauptteil untersucht T„ von der Fragestellung „Auferstehung
der Toten - ein Mythos?" ausgehend, die neuere Dis-
kussionslage. Auferstehung der Toten hat weder Platz in einer
sog. ..mythisch orientierten Vernunft" noch in dem „zum rationalisierenden
Logos hin .gebrochene(n) Mythos'". „Allein der zum
(end- (geschichtlichen Denken hin gebrochene Mythos, wie er
namentlich in der .transmythologischen' Gestalt frühjüdischer
Apokalyptik begegnet, gibt der Erwartung einer künftigen Auferstehung
der Toten Raum zur Entwicklung." (47) Anschließend
wird die religionsgeschichtliche Entstehung dieser Hoffnungshotschaft
untersucht. Vor- und außerchristliche Auferstehungserwartungen
, ebenso der Auferstehungsglaube des Alten Testamentes
und des Frühjudentums, werden kritisch gewürdigt.

Die Auferstehungshoffnung des NT bringt einen neuen
Schwerpunkt im Unterschied zum AT. Die Frage nach dem
Leben nach dem Tod steht jetzt im Vordergrund. T. sieht in den
Texten des NT eine deutliche Tendenz der „Diamythologisie-
rung": „Ausgehend von der Botschaft der Auferstehung Jesu werden
apokalyptische Zukunftsvorstellungen ebenso wie gnostisic-
rende jeweils entsprechend korrigiert, negiert, modifiziert. Maßgebend
ist dafür die theologische Intention, Gottes eschatologi-
sches Schöpfungshandeln als künftiges, im auferstandenen Jesus
Christus verbürgtes Heilsgeschenk herauszustellen und Versuche
.spiritualistischcn' oder .materialistischen' Festhaltens an .seelisch
-geistigen' oder .leiblichen' Identitäts- und Kontinuitätsgarantien
angesichts des Todes als verfehlt zu kennzeichnen." (88)
Er ist überzeugt, daß die neutestamentlichen Texte die „Auferstehung
der Toten" vom Wirken Jesu und seiner Auferstehung her
sehen. Diese „vertiefte Heilserwartung" gilt nicht nur den einzelnen
Menschen, sondern der ganzen Menschheit und allen Kreaturen
. Hier wird mit Gottes Kommen zum Gericht und Heil
gerechnet. Diese lebendige Hoffnung soll das Sein und Handeln
der Glaubenden prägen. Hier wird der Tod nicht verdrängt, sondern
ernst genommen.

Der Wirkungsgeschichte christlicher Auferstehungshoffnung
nachgehend, kommt T. u.a. zum Schluß: „Die Auferstehung der
Toten ist somit wesenhaft Gegenstand des Glaubens an Gottes
Verheißung - nicht etwa esoterischen Experimentierens oder philosophischer
Reflexion, weil diese menschlichen Wege letztendlich
der jetzigen Weltwirklichkcit verhaftet bleiben und darin
ihren (meta-)mythischen Charakter erweisen." (141) Hier ist die
zentrale Aufgabe der praktischen und systematischen Theologie
anzusiedeln, diese universale Hoffnungsperspektive christlicher
Eschatologie unverfälscht und zeitgemäß zu vermitteln. Gegenüber
dem säkularen Fortschrittsglauben, den spirituellen Angeboten
des "New-Age" ist die Auferstehung der Toten eine hilfreiche
Glaubensalternative, die es nicht zu verschweigen gilt.

Die Untersuchungen von entwicklungspsychologischen Forschungsergebnissen
haben deutlich gemacht, daß Kinder und
Jugendliche nicht nur wissen wollen, was die Christen zum Sterben
und Tod sagen können, sondern eindeutige, wenngleich auch
vorläufige Antworten zu dem Verbleib der Toten, zum Leben
nach dem Tod und dem „neuem" Leben erwarten. ..Alles in allem
zeigt sich eine Identitätsbildung in Kindheit und Jugend durchziehende
Fragehaltung, die das Phänomen des Todes zu transzendie-
ren sucht. Religionsdidaktisch besteht daher die Möglichkeit, ja
Verpflichtung, im Aufgreifen entsprechender Fragen und verschiedener
Antworten namentlich die christliche Verheißung der
Auferstehung der Toten einzubringen und ihre kritisch-konstruktive
Hoffnungsrelevanz zu verdeutlichen." (256) Gerade weil die
christliche Auferstehungshoffnung nicht zu den bevorzugten Themen
in christlicher Erziehung in den Familien gehört, sollte der
Religionsunterricht dies nicht ebenfalls vernachlässigen. Dort, wo
Tod, Leid und Sünde nicht zu den verdrängten Themen gehören,
wird die christliche Hoffnungsbotschaft ebenfalls zu behandeln
sein.

„Chancen der Aufersiehungsbotschaf't bestehen für Kinder und Jugendliehe
nicht nur in der Eröffnung einer sinnvollen transmortalen Perspektive (diese
fehlt, wie deutlich geworden ist. den wenigsten, denn sie ist in irgendeiner
Form beinahe lebensnotwendig), sondern in der Betonung der umfassenden
Ganzheitlichkeit des vorgestellten Heils, das Leibfichkeit, Kosmos. Menschheit
, ja alle Kreatur einschließt und insgesamt jene Lebenszugewandtheit fördert
, ohne die Totenauferstehung kaum attraktiv er-scheinen dürfte." (319)
Die Vermittlung christlicher Hoffnung darf nicht bei der Osterfreude stehen
bleiben, sondern sollte auch vom Sieg des „Gottessohnes" und dem Sieg über
unser aller Tod elenientarisierend sprechen.

Die Analyse von Unterrichtsmodellen, obgleich nicht auf
Vollständigkeit bedacht, untersuchte einen guten Querschnitt
von Publikationen, die durchaus auf die Religionspädagogik als
solche schließen läßt. Das Resultat war höchst enttäuschend.
„Offensichtlich schlägt jedoch die verbreitete Tabuisierung
christlicher Hoffnung über den Tod hinaus in allen Altersstufen
der Schülerlaufbahn religionsdidaktisch mehr oder weniger
durch: Entweder wird diese Hoffnung überhaupt nicht thematisiert
, oder es geschieht in einseitiger, reduktionistischer Weise"
(366). „Evangelische Religionsbücher und Unterrichtsmodelle
bieten von der ersten bis hinauf zur siebten, achten Jahrgangsstufe
kaum Erschließungshilfen für die christliche Auferstehungshoffnung
." (409) Die Fragen nach den Ursachen der Vernachlässigung
und die kritische Würdigung der bisherigen Versuche
, die Thematik zu berücksichtigen und angemessen zu
behandeln, geben sehr gute Anstöße für neue sachgemäße
Ansätze.

Braunschweig Manfred Kwiran

Birk, Gerd, u. Uwe Gerber [Hg.]: Religionsunterricht und Ökologie
. Eine Herausforderung an den BRU in Europa. Ergebnisse
der Hochschultage Berufliche Bildung '92. Alsbach/Bergstraße
: Leuchtturm Verlag 1993. 141 S. 8° = Hochschule &
Berufliche Bildung, 30. ISBN 3-88064-226-5.

Der Band enthält Beiträge zu den Hochschultagen Berufliche
Bildung '92 in Frankfurt. Einführend sprach U. Krolzik zu
„Ökologischen Notwendigkeiten" (13-25) und wies dabei auf