Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1993

Spalte:

958-959

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Siegwalt, Gérard

Titel/Untertitel:

Dogmatique pour la catholicité évangélique II: La Réalisation de la foi. 1: L'Église chrétienne dans la société humaine. 2: Les médiations: L'Église et les moyens de grâce 1993

Rezensent:

Heyer, Friedrich

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

957

Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 11

958

als einer Verheißung umfassenden Friedens erschöpft, verbunden
bleiben. Das mag in der Sache selbst liegen: Eine abschließende
Antwort auf die Theodizee-Frage kann nicht erfolgen
, weil die Theologie selbst, wie Barth in diesem Zusammenhang
zeigt, kein geschlossenes und damit auch kein abschliessendes
System sein kann.

Bochum Christofer Frey

Mechels, Eberhard, u. Michel Weinrich |Hg.|: Die Kirche im
Wort. Arbeitsbuch zur Ekklesiologie. Neukirchen-Vluyn:
Neukirchener Verlag 1992. 269 S. 8°. ISBN 3-7887-1426-3.

Die Einführung des Sammelbandcs durch die Herausgeber
beschreibt die Intention: Daß die Kirche Kirche des Wortes sei,
könne heute kaum mit einem spontanen und unmittelbaren Verständnis
rechnen. Darum soll der grundlegende ekklesiologi-
sche Satz: „Die Kirche ist im Wort" neu durchbuchstabiert werden
. Das vorgelegte Arbeitsbuch wolle „eine Hilfestellung zur
Wiederentdeckung der konfessorischen Existenz der Kirche geben
." Die Kirche werde ihrem Herrn untreu, wenn sie sich als
sakrale Welt in der Welt absondere, aber auch wenn sie sich
gesellschaftlich funktionalisieren lasse. Was sie in der Welt darstelle
, müsse dem entsprechen, was sie hört und glaubt. Weil
die Gnade bedingungslos ist, müsse die Kirche eine offene
Institution der Freiheit sein; weil sie nicht folgen- und wirkungslos
ist, müsse die Kirche eine verbindliche und parteiliche
Institution des Glaubensgehorsams sein. Diese Vorentscheidungen
bestimmen die einzelnen Beiträge, ohne eine Uniformität zu
erzwingen. Doch ist durchweg die verpflichtende Kraft der Barmer
Theologischen Erklärung und mit ihr der Bibel wie der
reformatorischen Bekenntnisse wahrzunehmen.

Die ein/einen Beiträge des gehaltvollen Bandes können nicht
einzeln gewürdigt werden, obwohl viele Anstöße zur Diskussion
und zur Weiterführung reizen. Ich will aber wenigstens
die Autoren und ihre Themen nennen. Die drei Teile des Buches
deuten dabei „den klassischen ekklesiologischen Dreischritt
von Berufung, Auferbauung und Sendung der Gemeinde
an" (12).

In einem ersten Teil „Kirche des Wortes" handelt Eberhard
Busch über „Das Wort in der Kirche. Jesus Christus und die
Verkündigung". Wolf Krötke über „Gottes Wort und die Erfahrung
des Heiligen Geistes", Christian Link über „Das Evangelium
für die Armen und die Kirche der Reichen", Hans Theodor
Goebel über „Jesus Christus und die Religionen)" und Dietrich
Neuhaus über „Wort und Bild". Das breite Spektrum dieser
Beiträge verbindet die kritische Frage, wie weit Kirche denn die
ihr im Wort gewährte Freiheit auch wahrnimmt, statt sich ihr
fremden Bedürfnissen oder Bindungen dienstbar zu machen.

In einem zweiten Teil „Das Volk Gottes" behandelt zunächst
Hans-Joachim Kraus unter dem Titel „Die Kirche als Volk Gottes
" die biblischen Kenn/eichen des Gottesvolkes, Erwählung
und Sendung, und stellt von daher nicht nur die Frage nach dem
Verhältnis von Israel und Kirche, sondern auch nach dem Verhältnis
der erwählten Gemeinschaft und des Einzelnen. Eberhard
Mechels: „Volk Gottes - Volkskirche - Gemeindekirche",
Marlis Kurleß-Thiesbonenkamp:,.Die Gemeinschaft von f lauen
und Männern m der Kirche. Ökumenische Impulse zur
Ekklesiologie" und noch einmal Eberhard Mechels: „Kirche als
Institution" gehen der Frage nach der Gestalt der Kirche und
der notwendigen Veränderung dieser Gestalt nach.

Ein dritter Teil „Sendung in die Welt" schließlich beleuchtet
verschiedene Aspekte im Weltverhältnis der Kirche unter dem
Gesichtspunkt, daß Kirche nie für sich Kirche sein kann. Rudolf
Weth schreibt über „Kirche im missionarischen Prozeß" und
fordert dabei ein verbindliches Zusammengehen von Weltmission
und Volksmission. Ulrich Duchrow: „Parteilichkeit der
Kirche", Herbert Ehnes: „Das Recht in der Kirche. Zum Verhältnis
von Botschaft und Ordnung aus kirchenrechtlicher
Sicht", Michael Weinrich: „Kirche in der Säkularisation. Kon-
ziliarität jenseits von Konzilianz und Weltanschaulichkeit",
schließlich Ulrich Kuhnke und Norbert Mette: „Kirche in ökumenischer
Bewegung. Der ,Konziliare Prozeß für Gerechtigkeit
, Frieden und Bewahrung der Schöpfung'" greifen aktuelle
Fragen auf und zeigen, wie sich diese vom theologischen Ansatz
des Buches bearbeiten lassen.

Die Zielsetzung, die der Klappentext formuliert - nicht nur
die produktive Relevanz ausgewiesener theologischer Argumentation
solle wiederentdeckt, sondern ebenso solle ihre praktische
Brisanz und Ergiebigkeit unter Beweis gestellt werden -.
erreicht das Arbeitsbuch sicher nicht in jedem der unterschiedlichen
Beiträge voll und ganz. Doch sollte die theologische Position
, die sich hier artikuliert, in der gegenwärtigen ekklesiologischen
Diskussion keinesfalls überhört werden.

Der Umbruch S. 107/108 ist nicht in Ordnung; auch sonst
sind eine ganze Reihe von Trennungszeichen beim Zeilenumbruch
stehen geblieben, so auf S. 171 vier, auf S. 223 drei untereinander
, was den Leser irritieren kann.

Erlangen Friedrich Miluenberger

Siegwalt, Gerard: Dogmatique pour la Catholicite Evangeli-
que. Systeme mystagogique de la foi chretienne. II: La Realisation
de la foi. 1: L'Eglise chretienne dans la societe humai-
ne. 2: Les mediations: L'Eglise et les moyens de gräce. Paris:
Cerf; Genf: Labor et Fides 1991/92. 401 S. et 450 S. 8°.

Der Straßburger Dogmatiker Siegwalt hat mit zwei einander
folgenden Bänden seine groß angelegte Dogmatik, die er als
Mystagogie - argumentative Hinfiihrung zu einem Mysterium -
versteht, um eine gute Strecke Weges weitergeführt. Damit hat er
die Prolegomena hinter sich gelassen, über welche die Theologische
Literaturzeitung 114, 1989, 303-304 berichtet hatte und die
Albrecht Peters in Theologische Rundschau 53, 1988, 399-404
ausführlich besprach. Peters hatte die Intention des ganzen
Werks in S.s. Bezugnahme auf das Wort Grundtvigs ausgedrückt
gesehen: „Mensch zuerst und Christ danach, das ist ein Hauptstück
." Die Zuordnung Menschsein-Christsein sei von S. in eine
innere Dynamik gebracht: Der Schritt des Menschen zum Christen
erfolgt zunächst als ein Schritt von einer universalen Ontotogie
zur Christusoffenbarung, sodann erfolgt ein Gegenschritt
vom Christen zum Menschen, nämlich in die personalen, sozialen
und kosmischen Bezüge des Menschseins hinein. Insofern sei
S.s Arbeit ökumenisch zur Katholizität, zur östlichen Orthodoxie
ausgreifend angelegt, als das dreifache „solus" der Reformatoren
erweitert wird zu einem dreifachen „totus": tota gratia. totus
Christus, tota fide - ein Ausgriff aufs Pleroma. Soweit Peters'
Rezension, nach des Vf.s Tod publiziert.

Es kennzeichnet S.s Entwurf, daß sein erstes Kapitel, mit
dem er die „Glaubensverwirklichung" darstellen will, die in die
Gesellschaft eingebettete Kirche zum Thema hat. Er führt seine
Ekklesiologie mit der Doppclüberlegung weiter, daß das Vorhandensein
dieser Kirche Voraussetzung dafür ist, daß Gnadenmittel
ausgespendet werden, wie denn auch umgekehrt das Vorhandensein
von Wort und Sakramenten Voraussetzung dafür
ist, daß es Kirche geben kann. Glaube und Kirche sind das
Sekundäre, insofern sie Antwort auf den ausgespendeten Christus
sind. Doch was das Sekundäre ist, ist zugleich das Primäre
und zwar in der Weise, daß ohne Glauben und Kirche dieser
Christus nie würde in Erscheinung treten können.

Jede konfessionelle Abgrenzung ist von S. vermieden. Aber
Abgrenzungen fehlen nicht, ja, sie gehören zur Methode. Sorg-