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Ausgabe:

1993

Spalte:

74-76

Kategorie:

Kirchenrecht

Autor/Hrsg.:

Wiel, Constant van de

Titel/Untertitel:

De verkondigingstaak van de Kerk 1993

Rezensent:

Stevens, Paul

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Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. I

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Studium, 25 Jahre lang überwiegend praktische Richtertätigkeit,
nach der Konversion vom Katholizismus zur evangelischen
Kirche außer der Tätigkeit als Laienprediger die Absolvierung
emes nebenberuflichen theologischen Studiums mit Promotion
und Habilitation in Bonn, dann nebenamtliche Vorlesungstätigkeit
im Fach Kirchenrecht in Bochum und Bonn, sodann Übernahme
eines Lehrstuhles für Evangelisches Kirchenrecht in
Wien 1977. Für die letzten Jahres seines Dienstes war Stein ab
1984 wiederum in der Praxis als Leiter des Badischen Oberkirchenrates
mit dem außergewöhnlichen Titel „geschäftsleitender
rechtkundiger Oberkirchenrat" tätig.

Eine Festpredigt zum Toleranzjubiläum einer niederösterreichischen
Gemeinde aus dem Jahre 1981 zeigt die besinnliche,
Haie und gemeindeverbundene Art der Verkündigung Steins.

Seine rechtstheologische Position wird in einem ersten Abschnitt
deutlich (1,9-84). Nach einem geschichtlich und theologisch
bestimmten Plädoyer „Über die Bedeutung der Kirchen-
rechtswissenschaft für das Studium der Evangelischen Theologie
unter besonderer Berücksichtigung der österreichischen
Verhältnisse" (9-22), das auch didaktisch kluge Hinweise enthält
, wird die Frage beantwortet: „Inwieweit sind Schrift und
Bekenntnis höherrangige Normen gegenüber dem positiven
Recht?" (23-40). Schon hier klingt die Gabe an, biblische und
kirchengeschichtliche Sachverhalte zur Klärung heranzuziehen.
Kirchliche Gesetzgeber „sind Sklaven, die einen Herren haben
und die auch bei ihren rechtlichen Alltagsgeschäften nach dem
Siegel ihres Herren fragen" (39).

Mehr historischen Wert hat der Überblick zum Thema „Martin
Luthers Bedeutung für die Anfänge des evangelischen Eherechts
" (41-56). Zwei Aufsätze lassen besonders klar erkennen,
wie sehr der Vf. sich der Theologischen Erklärung von Barmen
für seine kirchenrechtliche Grundlegung verpflichtet weiß; vgl.
auch das Register. Mir ist die Bindung an Barmen in keiner kirchenrechtlichen
Veröffentlichung so eindeutig begegnet: „Der
Stellenwert der Beschlüsse von Barmen für die kirchenpolitische
Lage 1934 und für das Kirchenrecht insgesamt" (57-68). -
„Der kirchenrechtliche Ertrag des deutschen Kirchenkampfes
1933-1945, insbesondere im Blick auf die Evangelische Kirche
der Union" (69- 84). In diesem letzten Beitrag wird der Einfluß
von Barmen auf die Präambeln der evangelischen Kirchenverfassungen
nach 1945 und auf die Vorstellungen von Kirchenleitung
nachgewiesen.

In einem weiteren rechtstheologischen Abschnitt kommen
■ökumenische Fragen" zu Wort (II. 85-176). Stein tritt für eine
mögliche Ergänzung der reformatorischen Bekenntnisschriften
durch weitere Bekenntnisse ein: „Bekenntniskonsens und Bekenntniserneuerung
- Kirchenrechtliche Implikationen" (85-94).
Drei Beiträge gelten sodann der Ämterfrage: „Das geistliche Amt
in der rechtlichen Ordnung der Evangelischen Kirche A. und H.
B. in Österreich" (95-104). - „Das evangelische Verständnis des
geistlichen Amtes im Lichte des heutigen ökumenischen Gesprächs
" (105-116). - „Das Bischofsamt in Tradition und gegenwärtiger
Verfassung der evangelischen Kirchen Deutschlands"
(117-134). In diesen Beiträgen ist auch die Auseinandersetzung
mit dem katholischen Kirchenrecht präsent, die Stein in Wien
besonders zu pflegen hatte. Die Darstellung der Diskussion um
das evangelische Bischofsamt unter heutigen kirchlichen Bedingungen
sucht ihresgleichen. Drei weitere Artikel haben es mit
dem Disziplinarecht zu tun: „Braucht die Kirche noch ein Disziplinarrecht
?" (135-144). - „Kirchliches Disziplinarrecht" (145-
156). - „Die Weisungen Gottes und die Weisungen unter Christen
. Rechtstheologische Gedanken zum Streit der Evangelischen
Kirche in Österreich um die 'Berndorfer Trauung' 1965..." (157-
170). Der zuletzt genannte Artikel bringt besonders klar Steins
praktische Erfahrungen im richterlichen Amt mit zur Geltung. Es
ging darum, daß ein evangelischer Pfarrer gegen das Verbot seines
Superintendenten an einer katholischen Trauung mitgewirkt
hatte. Im übrigen wäre es gut gewesen, wenn die Steinschen Vorschläge
zur Änderung des Disziplinarrechtes schon vor der Wende
zu einer damals diskutierten Überarbeitung des derzeit in der
EKD geltenden Disziplinarrechtes geführt hätte, dessen Schwerfälligkeit
nun, wo die Frage nach der Amtsverschwiegenheit akut
zu gehäuften Verfahren führen wird, nicht überall auf Verständnis
stoßen wird. Einen rechtstheologischen Überblick schließt
der II. Teil ab: „Das neue katholische Kirchenrecht und die evangelisch
-katholischen Ehen" (171-176).

Dem Thema „Staatskirchenrecht" ist ein III. Abschnitt gewidmet
(177-206). Nun wird besonders deutlich, daß der Hg.
die meisten Beiträge des Buches unter dem Aspekt der Evangelischen
Kirche in Österreich zusammengestellt hat. Das schließt
freilich nicht aus. daß diese zugleich für den deutschsprachigen
Raum eine allgemeine Geltung besitzen. „Evangelische Kirche
im Rechtsstaat Österreich" (177-182). Besonders lehrreich für
katechetisch Verantwortliche dürfte das Plädoyer für den Religionsunterricht
in der Schule unter Minderheitsbedingungen
sein, die in Österreich mancherorts erheblich größer sind als im
Osten Deutschlands. Jedenfalls ist mit Steins Beitrag die These,
schulischer Religionsunterricht sei unter Minderheitsbedindun-
gen nicht zu verantworten, nicht mehr durchzuhalten.

Nicht zu verhindern war angesichts des Aufsatzcharakters
des Buches, daß sich einzelne Gedanken und auch historische
Hinweise wiederholen. Die Titel der Aufsätze wirken manchmal
etwas breit, sind aber dadurch auch besonders insruktiv.
Vier Register (Bibel, Rechtsquellen, Personen, Sachen) erleichtern
die Verwendung erheblich. Ein Literaturverzeichnis der
Schriften Steins hätte man gern zusätzlich gelesen. Aber auch in
dieser Form ist der Aufsatzband nicht nur lehrreich, sondern
auch biographisch gesehen eindrucksvoll.

Berlin Friedrich Winter

Wiel, C. van de: De verkondigingstaak van de Kerk. Kerke-
lijk Wetboek 1983 Canons 747-833. Leuven: University Press.
Leuven: Peeters 1990. 248 S. gr.8° = Annua Nuntia Lovanien-
sia, 31.

Der Vf., bis vor kurzem Inhaber eines der Lehrstühle für Kirchenrecht
an der Katholiek Universiteit Leuven, erörtert in der
vorliegenden Untersuchung das III. Buch des neuen Codex Iuris
Canonici (CIC) von 1983. Behutsam folgt er der Gliederung des
Kodexteiles. Nach kurzem Vorwort und Einleitung bespricht er
zunächst die vom Buch III vorangestellten Rechtsnormen, vom
Vf. „Allgemeine Normen" genannt (can. 747-755), sodann behandelt
er in Entsprechung zu den Tituli des Gesetzbuches die
Themen: Dienst am Wort Gottes (can. 756-780), Missionstätigkeit
der Kirche (con. 781-792), Katholische Erziehung (can.
793-821), Soziale Kommunikationsmittel, insbesondere Bücher
(can. 822-832), Ablegung des Glaubensbekenntnis (can. 833).
Am Ende steht hier jeweils eine sorgsam zusammengetragene
Bibliographie. Das Ganze schließt mit einer Zusammenfassung
auf niederländisch, englisch, französisch und deutsch, mit Personen
-, Ortsnamen- und Sachregister.

Eindrucksvoll beginnt der Vf. die Erörterung der fünf Tituli
jeweils mit einer ausführlichen Darstellung der geschichtlichen
Entwicklung. Hier schlägt offensichtlich sein Herz, hier liegt
klar der Wert der Arbeit. Das wundert nicht, weil zum Lehrauftrag
des Vf.s die kirchliche Rechtsgeschichte gehörte. Im Zuge
dessen veröffentlichte er eine „Geschiedenis van het kerkelijk
recht" (Leuven 1986), später in englischer Version „History of
Canon Law" (ebd. 1991). Auch die vorliegende Arbeit bietet
einen wirklichen Schatz an Einblicken in die Historie aufgrund