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Ausgabe:

1993

Spalte:

929-931

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Rehkopf, Friedrich

Titel/Untertitel:

Griechisch-deutsches Wörterbuch zum Neuen Testament 1993

Rezensent:

Steyer, Gottfried

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929

Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 11

930

sich ab: (a) „Aspekt" ist nicht mit „Aktionsart" (wie sie die
komparative Philologie des 19. Jh.s bestimmte) identisch oder
nur als deren subjektive Seite anzusehen, sondern klar davon zu
unterscheiden, (b) Der Kern des Aspekt-Modells ist der Kontrast
von „Aorist" (perfektiver Aspekt) und „Präsens" (imperfektiver
Aspekt) (72). Die Aspekt-Theorie befaßt sich also mit einem
semantisch invarianten Kontrast der Verbformen, der nicht temporaler
Natur ist. Die Verbformen „Präsens" und „Aorist" sind
selbst schon in ihrer Morphologie primär nicht Ausdruck von
Zeitstufen, sondern von Aspekten. Einmütigkeit besteht darin,
daß dies jedoch nicht für das „Futur" gilt. Zur Diskussion stehen
zur Zeit die maximalen Positionen Porters, ob (a) das „Perfekt"
auch als Aspekt verstanden werden muß („Stativ" in einem
Drei-Aspekte-Modell), und ob (b) die „Stämme" semantisch
ausschließlich einen Aspekt bezeichnen (während die Zeitstufen
als deren semantische Codierung auszuschließen sind), also
eigentlich ..Aspektstämme" und nicht „Zeitstämme" darstellen.
Analysiert werden weiter die Aspekt-Fragen für die Modi außerhalb
des Indikativs wie die Rolle von Lexik, Kontext und deiktischen
Markierungen (78f: Aspekt-Unterschiede sind weithin
vom Kontext bedingt und als solche hochgradig redundant).

Die vier folgenden Beiträge im zweiten Teil des Buches wenden
sich unterschiedlichen Fragen zu (84-89 eingeleitet von Porter
): Ein mehr traditionell grammatisches Problem analysiert M.
S. Krause, der "The Finite Verb with Cognate Participle in the
NT" (187-206) in seiner emphatischen Bedeutung als einen bisher
vernachlässigten Semitismus bestimmt (ohnehin vorwiegend
in LXX-Zitaten). Methodisch bewußt von modernerer Linguistik
her analysieren hingegen wieder die restlichen Beiträge: J. T.
Rced "To Timothy or Not? A Discourse Analysis of 1 Timothy"
(90-118) untersucht den Brief textlinguistisch in seinen Makrostrukturen
(Sender/Empfänger und ihnen zugeordnete Handlungen
) und einer Mikrostruktur (3,14-15 als Briefziel) wie deren
Zusammenhänge zueinander, die "Timotheus" als den intendierten
Rezipicnten deutlicher hervortreten zu lassen. P. Danove "The
Theory of Construction Grammar and its Application to NT Gre-
ek" (119-151) wendet das jüngste Modell des Linguisten C. J.
Fillmore (für Prädikative und ihre nominalen Ergänzungen in
syntaktischer wie semantischer Hinsicht) exemplarisch auf den
transitiven Gebrauch von „hören" (mit Gen. bzw. Akk.) an mit
dem Ergebnis, daß die klassischen Regeln für den Gebrauch
modifiziert werden müssen: Entscheidend ist das zusätzliche Vorkommen
einer „Wirkung" ("+ impact") im Kontext (weiteres
Exempel ist die Lösung der textkritischen Frage von Uo 2,20).
Übergreifendere Fragestellungen geht schließlich von der Transformationsgrammatik
her M. W. Palmer an: "How Do we Know a
Phrase is a Phrase? A Plea for Procedura! Clarity in the Application
of Linguistics to Biblical Greek" (152-86): Verfahrensweisen
zur Geltungsprüfung syntaktischer Hypothesen gehen von der
Voraussetzung aus, daß "only phrasal constituents may serve as
sentence fragments" (184). "Phrase" als terminus technicus in den
Kategorien "Noun Phrase" (NP) bzw. „Verb Phrase" (VP) bezeichnet
"a set of elements which form a constituent" (181).

Der Pionier-Charakter der vorliegenden Untersuchungen markiert
einen verheißungsvollen Anfang, der den Weg zur Überwindung
eines Defizits weist: "None of our Standard NT Greek
Grammars takes into aecount the significant advances made by
general linguistic theory in this area" (74).

Saarbrücken Wolfgang Schenk

Rehkopf, Friedrich: Griechisch deutsches Wörterbuch zum
Neuen Testament. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht
1992. XII, 140 S. gr.80. Lw. DM 48,-. ISBN 3-525-50118-8.

Friedrich Rehkopf, der mit der 1975 erschienenen Neubearbeitung
der Blaß-Debrunnerschen Grammatik eine wissenschaftliche
Tat vollbracht hat, legt uns jetzt mit seinem Griechisch
-deutschen Wörterbuch zum Neuen Testament ein kleines
Werk vor, das auf die schnelle Orientierung eines breiteren
Benutzerkreises zugeschnitten ist. Lexikalisch hatte sich der Vf.
inzwischen verdient gemacht durch sein vor vier Jahren erschienenes
Septuagintavokabular.

„Drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter" (so lesen wir im Vorwort
unseres Wörterbuchs, was sich freilich arithmetisch und
grammatisch nicht unter einen Hut bringen läßt) hatten „die
Arbeit und die Freude an der Arbeit". Das Resultat besticht
schon durch das klar gegliederte Schriftbild im Dienste einer
genauen bedeutungsmäßigen Differenzierung. Der beabsichtigte
Mittelweg zwischen dürrem Vokabular und tiefschürfendem
Spezialwörterbuch wird z.B. gut gefunden bei den Textstellenangaben
: jeweils erstes Vorkommen in der Abfolge des NT mit
summarischer Häufigkeitsangabe. In andern Fällen mögen
Zweifel kommen, ob nicht manches an Beigaben fehlen könnte.
Von den permanenten Angaben über das zeitliche Auftauchen
eines Wortes in der uns überlieferten Gräzität ist z.B. für den
vorgesehenen Benutzerkreis kein Nutzen zu erwarten. Der Artikel
vor deutschen Substantiven, die als Übersetzung gegeben
werden - bei Bauer halbherzig abgekürzt - könnte als alter Zopf
ganz verschwinden.

Und nun ein persönliches Desiderium. In BDR (d.h. Blaß/De-
brunner/Rehkopf) führt der Letztgenannte in Nachfolge seiner
Vorgänger die Verben im Infinitiv auf. Hätte es der Vf. doch
auch in diesem Wörterbuch getan! Nur die Zähigkeit der Tradition
erhält den Widersinn aufrecht, daß in Fällen wie „Jtoteco -
machen" eine in den griechischen Texten nicht existente Form
mit einer deutschen grammatischen Form gekoppelt wird, die
bedeutungsmäßig nicht mit jener übereinstimmt.

Am Schluß der Einführung in das Wörterbuch bittet der Autor
sehr dringend um Verbesserungsvorschläge, das moderne Textverarbeitungsprogramm
mache die prompte Einarbeitung für
eine Neuauflage leicht. Es ist nur zu wünschen, daß diese Bitte
Gehör findet. Wie leicht streicht man Korrigenda kopfschüttelnd
an und läßt es dabei bewenden!

Im Blick auf das Ganze möchte ich sagen, die Zahl der nötigen
oder wünschenswerten Veränderungen ist groß, die Grauzone der
Zweifelsfälle je nach Beurteiler ist breit, und insgesamt wiegen
die Mängel - so wenig sie bagatellisiert werden dürfen - keinesfalls
so schwer, daß das handlich kurz gefaßte Buch im Rahmen
seiner Bestimmung nicht wirklich Nutzen stiften könnte.

Fragen sind noch zu stellen wegen des Anteils des Vf.s und
der Mitarbeiter an dem Werke. Wie kann es z.B. geschehen, daß
in Rehkopfs Wörterbuch ein Passus aus Rehkopfs Grammatik
mißverstanden und falsch ausgemünzt wird? Zu Mt 1,18 wird in
BDR 434, 1.3 für den Gelehrten erörtert, wie es statt f| yeveaig
oi)Tü)5 f|v im klassischen Griechisch auch oder noch lieber
heißen könnte. Dabei taucht das adjektivische Pronomen (alle
Pronomina außer den personalia sind zunächst adjektivisch!)
jtoioötoc, „von solcher Art" auf. Walter Bauer, der unter dem
Stichwort cruTwc; auf eben diese Stelle von BD(R) verweist,
spricht von einem (im Griechischen!) „wie ein Adjektiv gebrauchten
ovxwq , gibt aber wohlweislich keine Übersetzung. In
unserem Wörterbuch wird daraus „als Adjektiv gebraucht" mit
der Folgerung, daß es adjektivisch zu übersetzen sei. Wie einfach
wird jeder durchschnittliche Benutzer zunächst übersetzen:
„die Geburt war so" was sich dann unserer Sprache und dem Zusammenhang
gemäß in verschiedener Weise leicht zurechtrücken
läßt, nur nicht mit „derartig", das unser Buch anbietet.
Übrigens besteht an keiner Stelle des NT, wo ovuog mit etvat
verbunden wird (Mt 19,10; R 4,18; 1P 2,15), eine Notwendigkeit
, von der Übersetzung mit „so" abzuweichen. Man vergleiche
gute Übersetzungen.

Unklar bleibt mir, ob Rehkopf das Beispiel Mt 1,18 bei seiner
Neubearbeitung von BD mit voller Absicht hat stehen lassen,