Recherche – Detailansicht
Ausgabe: | 1993 |
Spalte: | 69-70 |
Kategorie: | Religionspädagogik, Katechetik |
Autor/Hrsg.: | Degen, Roland |
Titel/Untertitel: | Gemeindeerneuerung als gemeindepädagogische Aufgabe 1993 |
Rezensent: | Grethlein, Christian |
Ansicht Scan: | |
Download Scan: |
69
Theologische Litcraturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 1
70
rischen Übersicht" des Abtes Rauttenstrauch, der die Studienordnung
auch für die Pastoraltheologie entworfen hatte.
P. führt nicht nur im Detail in die einzelnen Abschnitte des
..Leitfadens für die in den k.k. Erblanden vorgeschriebenen
(Ionischen Vorlesungen über die Pastoraltheologie" ein (1. Religionsunterricht
, Katechese, Predigt, Privatunterricht, II. Sakramente
; Anhang über die nötigen Eigenschaften des Seelsorgers
und dessen klugen Betragens), sondern versucht in konsequenter
Weise auch das in der Pastoralgeschichte gezeichnete Bild
Giftschütz's zu korrigieren. In den historischen Darstellungen
gilt nämlich Giftschütz als der untheologische Pragmatiker, der
josephinische Religionsdiener für die praktische Amtstätigkeit
zu unterweisen hat, wobei die Wünsche des Staates in der
Durchführung wichtiger waren als die kirchliche Tradition.
Der Rettungsversuch mißlingt aber aufs Ganze gesehen.
Denn gerade das, was P. zur Rettung des theologischen Charakters
immer wieder herausarbeitet, demonstriert gerade in tragischer
Weise eben den untheologischen Grundzug. P. belegt
zwar, daß Giftschütz - ganz gehorsam dem Konzept Rautten-
strauchs - bestrebt ist, die vorausgesetzte Theologie anzuwenden
. Das Theologische seiner Pastoraltheologie wird von der
Dogmatik und der Moraltheologie bezogen. Eben das macht
aber Pastoraltheologie noch nicht zu einer Wissenschaft, die
zurecht als eine eigene theologische Disziplin bezeichnet wird.
Die Teilhabe am theologischen Charakter anderer Disziplinen
allein reicht eben noch nicht aus.
Recht hat allerdings P., wenn er darauf verweist, daß auf dem
Hintergrund des damaligen Kontextes Giftschütz zu mehr nicht
in der Lage war. Aber auch dieses Argument befreit ihn nicht
von dem aus heutiger Sicht fälligen Urteil, daß er vor allem gehalten
war, in pragmatischer (und nun eben doch leider untheologischer
Weise) Staatsbeamte auszubilden, die zudem auch
noch als Diener des Evangeliums wirken sollten (was sonst?).
Wien Paul M. Zulehner
Praktische Theologie:
Katechetik/Religionspädagogik
Degen, Roland: Gemeindeerneuerung als gemeindepädagogische
Aufgabe. Entwicklungen in den evangelischen Kirchen
Ostdeutschlands. Münster-Berlin: Comenius-Institut
1992. 221 S. 80.
R. Degen legt ein in doppelter Hinsicht sehr interessantes
uch vor. Zum einen stellt er Gemeindepädagogik als eine die
(jemeindeerneucrungs-Konzeption in der DDR weiterführende
erspektive vor. Zum anderen versucht er, die aktuelle Situation
der DDR-Kirchen nach der Wende zu begreifen. Die Gliederung
des Buchs folgt dem ersten Anliegen, als Material dienen
immer wieder Beobachtungen und Meinungen zur gegenwärtigen
Lage in den neuen Bundesländern.
■ner kurzen Darstellung des Gemeindeerneuerungsprogramms
der 60er Jahre (11-32) folgt deren kritische Reflexion
JJnter der Überschrift „Wirkungen und überforderte Wirklichen
(33-72). Vor allem die lange vernachlässigten „anthropologischen
, sozialen und gruppenspezifischen Aspekte" (73) zogen
in der Mitte der 70er Jahre verstärkt Aufmerksamkeit auf sich
"nd führten zu einem Perspektivwechscl. der mit dem Begriff
Gemeindepädagogik erfaßt werden kann. Im dritten Kap. entfallet
Degen unter Rückgriff auf die Ergebnisse der DDR-Diskussion
Gemeindepädagogik als „eine neue Weise des Wahrnehmens
von Prozessen und gemeindlicher Wirklichkeit" (108). Bei der
Formulierung der „Aufgaben und Perspektiven" (117-179) werden
dann die Bezüge auf die aktuelle Situation nach der Wende
häufiger und zur Erläuterung der fünf hier tragenden Stichworte
herangezogen: „Lebensgeschichte begleiten". „Teilnehmen lassen
", „Bibeltradition erschließen", „Gottesdienst ermöglichen".
„Ökumenisch lernen". Ihnen folgen dann auch für das Gespräch
kirchlicher Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen konzipierte, kritische
Analyse der heutigen Gemeindewirklichkeit eröffnende
„Anstöße und Frageansätze für die gemeindliche Praxis" (181-
198). Die kirchenpolitischc Bedeutung solcher gemeindepädagogischer
Reflexion hebt Degen selbst hervor: „In einer Situation,
in der durch rasche Veränderungs- und Handlungszwänge auch
die Kirchen und Gemeinden in den neuen Bundesländern nahezu
ausschließlich mit finanzeillcn, strukturellen und organisatorischen
Problemen befaß! sind, wird hier... nach der inneren Gestaltung
und Kommunikation von Gemeinde gefragt." (182).
Auf jeden Fall befruchtet dieser bewußt die DDR-Tradition
aufnehmende Beitrag die jetzt gesamtdeutsche gemeindepädagogische
Diskussion. Gerade die immer wieder durchscheinende
Distanz des Autors zur Gesellschafts- und Wirtschaftsform
der Bundesrepublik kann ein Stachel im Fleisch einer
westlich orientierten Gemeindepädagogik sein, die beides als
gegeben hinnimmt. Hoffentlich verstellen nicht manche überspitzten
Formulierungen wie „DM-geprägte Zukunft" (149) solche
wichtigen Anfragen. Vielleicht kann auch die einseitig
negativ bzw. kritisch gefärbte Beurteilung der gegenwärtigen
Situation dazu animieren, noch mehr als Degen nach positiven
Anknüpfungspunkten für Gemeindepädagogik zu suchen.
Berlin/Halle/S. Christian Grethlein
Loewenich, Hermann von, u. Horst Reiler [Hg.]: Linterwegserfahrungen
: Gemeinde entwickeln in West und Ost. Überlegungen
und Kurzkommentare zur „missionarischen Doppelstrategie
". Gütersloh: Mohn 1991. 192 S. 8° = Priestertum aller
Gläubigen aktuell, 4. Kart. DM 29,80. ISBN 3-579-02779-4.
In der Reihe „Priestertum aller Gläubigen aktuell" - Schriften
zur missionarischen Doppelstrategie legt dieser Band eine Vielzahl
von Aufsätzen vor, die sich mit einer Zwischenbilanz der
von der VELKD vor mehreren Jahren propagierten sog. „missionarischen
Doppelstrategie" befassen.
Der Band ist in drei Teile untergliedert:
A. missionarische Doppelstrategie im Horizont von Kirche
und Gesellschaft.
B. Volkskirche - Rahmen oder Träger für Mission? Impulse
aus erwecklicher Arbeit.
C. Gemeinschaft in der Volkskirche - Gottesdienst und Leben
, Initiativgruppen, Mitarbeiter.
Im ersten Teil geht es nach grundsätzlichen Überlegungen
von H. v. Loewenich über die „Herausforderung von Säkularismus
und neuer Religiosität" und einer „Zwischenbilanz der
missionarischen Doppelstrategie" von Horst Reiler um „Projekte
des Gemeindekollegs in Celle" und sodann um „Sozialwissenschaftliche
Überlegungen zur Kirchenmitgliedschaft" von
Peter Stoll.
Wie auch in den anderen beiden Teilen sind die Aufsätze jeweils
durch Kurzkommentare zum größten Teil von ostdeutschen
Theologen begleitet.
Im zweiten Teil finden sich Beiträge aus dem Bereich erwecklicher
Arbeit. Hier geht es um „Umkehr und Bekehrung"
von Hartmut Ahrens. um „Pfingstfrömmigkeit" von Werner
Hoerschelmann und „Evangelisation in der lutherischen Kirche
" von Johannes Hasselmann.