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Ausgabe:

1993

Spalte:

879-886

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Stăniloae, Dumitru

Titel/Untertitel:

Orthodoxe Dogmatik 1993

Rezensent:

Hauptmann, Peter

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Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 10

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und Theosis", welch' letztere im Sinne der erwähnten „transfigu-
ratio" verstanden wird), die „Erlösung der menschlichen Person"
in der Kirche und schließlich „Erlösung im Endgericht". Alle
diese Erlösungsakte mit ihrem kulturellen und sozialen Ambiente
sind in der Überzeugung Florovskys begründet, „daß die Orthodoxie
die unveränderliche Wahrheit ist" (383). Eschatologie und
Parusie Christi werden als „Verwandlung der gesamten Schöpfung
nach dem Vorbild der Verwandlung der menschlichen Natur
Christi" verstanden (397), d.h. wiederum und immer wieder
nach dem Gedankenmodell der „transfiguratio". Indessen: Der
„gelebte Glaube" Florovskys rührt uns an, wenn er im Rückblick
auf die Erlösungserfahrung in Christus im Leben sagt: „Nur aus
der Tiefe dieser Erfahrung können wir verstehen - können wir in
Demut verstehen, ,was wir sein werden'". Die Kritische Würdigung
(399-429) bleibt im Rahmen der von K. sich selbst auferlegten
„werkimmanenten Interpretation", so daß Rez., wie angedeutet
; die Kritik an Florovsky anders ansetzen würde. Ein
umfangreiches Literaturverzeichnis (Werke Florovskys, von F.
verwendete Quellen, Quellen zu Biographie und Theologie, Literatur
zu F., Sekundärliteratur) sowie ein Sach- und Namenregister
schließen das Buch ab. Es ist ein präzises Stenogramm eines
Lebenswerkes, das ein ungebrochenes Selbstbewußtsein widerspiegelt
: „Die orthodoxe Theologie ist dazu berufen, die Fragen
der Heterodoxen aus der Tiefe ihrer katholischen und ungebrochenen
Erfahrung zu beantworten und der westlichen Heterodo-
xie weniger eine Widerlegung als ein Zeugnis, ja die Wahrheit
der Orthodoxie entgegenzusetzen" (106). Florovsky ist das eindrucksvolle
Denkmal für eine Kirche, die in einer „splendid iso-
lation" von Reformation, Gegenreformation, Aufklärung usw.
verschont geblieben ist, dann aber plötzlich von ihr eingeholt
wurde. Ohne Zweifel, die notwendige Aufarbeitung dieser Vergangenheit
hat Florovsky geleistet, - wenn auch im wesentlichen
mit den bekannten Instrumenten einer „Verwandlungstheologie".

Das vorliegende Buch gehört zu jenen, denen sich Rezensenten
nur gut ausgeschlafen nähern sollten, wegen ihres anstrengenden
informativen Textes.

Halle (Saale) Konrad Onasch

Staniloae, Dumitru: Orthodoxe Dogmatik. Mit einem Geleitwort
von J. Moltmann. Aus dem Rum. von H. Pitters. Zürich-
Einsiedeln-Köln: Benziger; Gütersloh: Mohn 1985. 458 S.
gr.8° = Ökumenische Theologie, 12. Kart. DM 98,-. ISBN 3-
545-24209-9 u. 3-579-00175-2.

Staniloae, Dumitru: Orthodoxe Dogmatik. DL Bd. Hg. mit
Zustimmung Sr. Seligkeit des Patriarchen der Rumänischen
Orthodoxen Kirche lustin. Aus dem Rum. übers, von H. Pitters
. Mit einem Vorwort von J. Moltmann. Gütersloh: Mohn;
Zürich: Benziger 1990. 305 S. 8° = Ökumenische Theologie,
15. Kart. DM 98,-. ISBN 3-579-00176-0 u. 3-545-24210-2.

Von der 1978 veröffentlichten „Teologia Dogmatica Ortodo-
xa" des in der gesamten orthodoxen Welt wie auch in der Ökumene
hochangesehenen rumänischen Theologen Dumitru Staniloae
liegen nunmehr 2 von insgesamt 3 Bänden in deutscher
Übersetzung vor. War ursprünglich daran gedacht, den 2. und 3.
Band zusammenzufassen (1,11), so ist es doch auch für die
Übersetzung bei der Dreibändigkeit des Originals geblieben.
Der 3. Band soll „in wenigen Jahren" folgen (11,8). Erst in ihm
wird dann auch die Eschatologie zu finden sein und nicht schon
im 2. Band, wie dessen Einbandtext fälschlich verspricht.

Das Werk gliedert sich in 6 Teile, denen eine ausführliche Einleitung mit
Erörterungen über die natürliche und die übernatürliche Of fenbarung, über
die Heilige Schrift und die Heilige Tradition sowie über die „Kirche als
Organ der Bewahrung der Offenbarung", die „Dogmen als lehrmäßige Aussage
über den von Gott in Christus offenbarten und vollführten Heilsplan"
und die „Theologie als kirchlicher Dienst" vorausgeschickt ist (1,17-105).

Der 1. Teil behandelt „Die orthodoxe christliche Lehre über Gott" (1,107-
289), der 2. Teil unter der Überschrift „Die Welt als Werk der Liebe Gottes,
dazu bestimmt, vergöttlicht zu werden" die Schöpfungslehre, die Anthropologie
, die Angelologie, die Satanologie sowie die Lehren vom Sündenfall
und von der göttlichen Vorsehung (1,291-445), der 3. Teil, .Jesus Christus
als Person und das von ihm vollbrachte Heilswerk durch die von ihm angenommene
menschliche Natur" überschrieben, die Christologie und Soterio-
logie (11,10-149) und der 4. Teil unter der Überschrift „Das Erlösungswerk
Christi im Vollzug" die Ekklesiologie sowie die Lehre von der Heilsaneig-
nung (11,151-288). Der in deutscher Übersetzung noch ausstehende 3. Band
enthält schließlich als 5. Teil die Sakramentslehre („Über die heiligen
Mysterien) und als 6. Teil die Eschatologie.

Bei den Bemühungen um die Vorlage einer vollständigen
und neueren orthodoxen Dogmatik in deutscher Sprache, wie
sie bislang noch fehlte, ist die Entscheidung gerade für dieses
Werk durchaus zu begrüßen. Mag die Behauptung auch zu hoch
greifen, ihr Vf. sei „der einflußreichste und kreativste orthodoxe
Theologe der Gegenwart" (1,10), so ist er fraglos einer der
bedeutendsten. Vor allem aber nimmt er eine Mittelstellung
zwischen den einseitig morgenländisch-patrislisch und hesy-
chastisch-palamitisch ausgerichteten Theologen auf der einen
'und den in ferner Nachwirkung römischer Unionsbemühungen
noch ostkirchlich-scholastisch festgelegten auf der anderen Seite
ein. So geht es ihm auch ausdrücklich um eine Verbindung
zwischen rationaler und apophatischer Gotteserkenntnis, deren
Unterscheidung ihm ebenso wichtig ist wie die Betonung ihrer
Untrennbarkeit (1,109-131). Allerdings haftet seinem Denken
ein stärkerer Hang zu rationalen Begründungsversuchen für
göttliches Schöpfungs- und Offenbarungshandeln an, als er
heute in der orthodoxen Theologie gemeinhin begegnet. Vorschläge
zur Wertung der rumänischen Theologie als eine „geistige
Brücke zwischen den griechischen und den russischen
orthodoxen Traditionen" wie auch als eine „Brücke zwischen
der ostkirchlichen und der westkirchlichen Theologie" (1,10)
erscheinen dagegen zumindest als entbehrlich; denn Griechen
und Ostslawen waren immer schon auch unmittelbar miteinander
verbunden, und im Abendland haben sich von jeher schwerlich
weniger Griechen als Rumänen zu Studienzwecken aufgehalten
. Das Nachbarschaftsverhältnis der orthodoxen Rumänen
zu den evangelischen Siebenbürger Sachsen hat im vorliegenden
Falle allerdings zur bestmöglichen Bewältigung der Übersetzungsaufgabe
entscheidend beigetragen. Als Professor der
Abteilung Hermannstadt (Sibiu) des Protestantisch-Theologischen
Instituts Klausenburg (Cluj), der mit Deutsch als Muttersprache
und Rumänisch als von Kindesbeinen an erlernter
ersten Fremdsprache aufgewachsen und dem Vf. obendrein seit
langem freundschaftlich verbunden ist, bringt Hermann Pitters
als Übersetzer alle nur wünschbaren Voraussetzungen mit, wie
andererseits der Vf. die deutsche Sprache so gut beherrscht, daß
ihm Ungenauigkeiten der Übersetzung kaum verborgen geblieben
wären. Dadurch erübrigen sich zeitraubende Rückfragen
nach dem Urtext. Wir dürfen die deutsche Fassung dieser orthodoxen
Dogmatik getrost beim Wort nehmen.

Wenn Dumitru Staniloae auch ohne seine „Teologiä Dogmatica
Ortodoxä" und die ihr in den Jahren von 1950 bis 1977 vorausgegangenen
Aufsätze über verschiedene Finzclthemen der
Dogmatik als ein Theologe zu gelten hätte, der sich um die Rumänisch
-Orthodoxe Kirche außerordentlich verdient gemacht
hat, dann ist das vor allem der von ihm im Jahre 1946 begonnenen
Übersetzung der „Philokalia", jener berühmten Sammlung
asketisch-dogmatischer Texte von insgesamt 36 griechischen
Autoren aus dem Zeitraum vom 4. bis zum 15. Jh., die Makari-
os (Notaras) von Korinth 1782 zusammen mit Nikodemos
Hagioreites herausgegeben hatte, zuzuschreiben. Bezeichnenderweise
hat er bei der Erarbeitung der rumänischen Passung,
von der er 1981 den 10. Band vorlegen konnte, im Gegensatz zu
den weitverbreiteten Übersetzungen ins Slawische (1793) bzw.
Russische, wo man die spekulativ-mystischen Texte zugunsten
der rein asketischen durch Kürzungen oder Auslassungen ver-