Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1993

Spalte:

820-822

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Gorman, Frank H.

Titel/Untertitel:

The ideology of ritual 1993

Rezensent:

Conrad, Joachim

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

819

Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 10

820

Menschen auf den Nägeln brennen. War es zunächst Klings
„Hoffnung, daß die Katholiken eines Tages in einer Kirche
leben würden, für die sie sich nicht andauernd unnötig entschuldigen
müßten" (120), so gehe es ihm in seinen späteren Büchern
über die großen christlichen Lebensfragen und in der
Wende zum Dialog der Religionen darum, „das Christentum so
auszudrücken, daß sich niemand mehr dafür entschuldigen
muß, Christ zu sein" (336). Das muß keine aufregend neue Art
von Theologie zur Folge haben, ist aber ein Dienst, für den viele
Zeitgenossen Küng dankbar sind. Verzeihlich darum auch
N.s Neigung zur Stilisierung Küngs als Seelsorger, der wie kein
anderer die Fragen und Nöte des heutigen Menschen versteht,
sich in „die Rolle der loyalen Opposition Seiner Heiligkeit"
gedrängt weiß, seine Loyalität indessen als „verschmäht" erkennen
muß und noch immer darauf wartet, daß der Papst, der
allen möglichen Menschen Audienzen gewährt, sich einem Gespräch
mit ihm nicht länger verweigert.

Dem Buch, dessen Benutzung ein Personenregister zusätzlich
erleichtert, ist als Anhang die Laudatio beigegeben, die
Kurt Koch bei der Verleihung des Kulturpreises der Innerschweiz
an Küng 1992 in Luzern gehalten hat. N.s journalistische
Begabung, theologische Kompetenz und kirchliche Leidenschaft
machen das Buch zu einer ebenso spannenden wie
fundierten Einführung in die Aufgabe einer glaubwürdigen
Zeitgenossenschaft, mit der heute alle Kirchen und Theologien
konfrontiert sind.

Bensheim Walter Schöpsdau

Zimmermann, Wolf-Dieter: Kurt Scharf. Ein Leben zwischen
Vision und Wirklichkeit. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht
1992. 219 S. 8°. Kart. DM 34,-. ISBN 3-525-55421-4.

Das Buch von Wolf-Dieter Zimmermann über Kurt Scharf
wird für alle interessant sein, die Scharfs Reden und Wirken mit
Zustimmung oder Kritik verfolgt haben. Darüber hinaus auch
für die, die wissen möchten, wie aktuell ein Leben als Christ
heute sein kann und sein müßte. Für diejenigen, die bis 1989 als
Bürger der DDR Scharfs Wirken als Bischof in West-Berlin nur
sehr unvollkommen zur Kenntnis nehmen konnten, ist die Darstellung
der Jahre 1966-76 besonders wichtig. Mancher mag
sich dadurch in seiner Kritik bestätigt fühlen, die meisten aber
wohl in ihrer Wertschätzung des Einsatzes von Kurt Scharf.

Z. schildert die Vorgänge als einer, der selber in der Vergangenheit
keineswegs mit allem einverstanden war, was Scharf
meinte sagen und tun zu müssen. Gerade so aber kann er die
Spannungen verdeutlichen, in denen Scharf während seiner
Amtszeit als Bischof gestanden hat. Die im Vorwort des Buches
enthaltene zusammenfassende Einschätzung Scharfs hat Z. in der
Darstellung der einzelnen Lebensabschnitte aufs ganze überzeugend
belegt. Sie soll darum hier zitiert werden: „Kurt Scharf ist
eine erstaunliche Verbindung von Vergangenheit - den Erfahrungen
aus Diktatur und Widerstand - und Gegenwart, also dem
Wunsch nach Neugestaltung mit Hilfe eines unruhigen, teils
auch unwilligen Nachwuchses. Er hat damit viele Ältere verunsichert
. Er hat sich selbst dabei auch in Mißkredit gebracht. Er hat
oft mehr seinen Visionen vertraut als einer nüchternen Gegenwartsanalyse
. Fast alle in seinem engeren Kreis sind kürzere oder
längere Zeit skeptisch gegenüber seinen Aktiviäten gewesen -
bis sie selbst erkennen konnten, wie sinnvoll das war, was er versuchte
. Für die Berichterstattung jener Tage war es schwierig,
sein Handeln zu interpretieren. Er paßte in kein Schema. Er wirkte
manchmal konziliant, manchmal auch autoritär. Er agierte un-
koordiniert, ja auch kontrovers zum gesellschaftlichen Trend.
Ein Mann mit Sendungsbewußtsein, der ziemlich unbeirrt seinen

Weg ging, ohne allzuviel Rücksicht zu nehmen. Aber auch ein
Mann, der mit dem eigenen Tun Gott ehren und den Mitmenschen
dienen wollte." (7)

Etwas zu positiv ausgefallen scheint mir die Würdigung des
Eintretens der Bekennenden Kirche in Berlin für die Juden. Z.
gibt dazu auf S. 51 und 52 eine Aussage von Scharf als Zitat
wieder. Das mag in der Art von Scharf begründet sein, gelegentlich
die BK-Vergangenheit in einem zu verklärten Licht
gesehen zu haben.

Mehr Schwierigkeiten habe ich mit Scharfs Beschreibung der
Entwicklung in den evangelischen Kirchen in der DDR, die auf
S. 77 als Zitat wiedergegeben wird. Was in dem Zusammenhang
über Jugendweihe und Konfirmation mitgeteilt wird, ist so
verkürzt, daß ich es mir als Aussage von Kurt Scharf nicht vorstellen
kann. Mindestens hätte er doch wohl die Regelungen in
der Ostregion der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg
kennen müssen, die in verschiedenen Entscheidungen unserer
Regionalsynode festgehalten worden sind. Ob hier Zimmermann
Scharf mißverstanden oder einen längeren Redezusammenhang
unsachgemäß verkürzt hat, bleibt für mich offen.

Z. selber hat sich von der Entwicklung in der Ostregion unserer
Kirche offensichtlich nur einen ungefähren Überblick verschaffen
können. So muß gegen seine Ausführungen auf S. 117
festgestellt werden, daß Albrecht Schönherr zunächst als Verwalter
des Bischofsamtes von der Kirchenleitung gewählt wurde
und auch jahrelang so angeredet wurde. Ihm ist erst später
durch die Kirchenleitung der Titel „Bischof" zuerkannt worden,
übrigens gegen den Widerspruch nicht weniger aus der Synode.
Erst mit seiner Einführung als Bischof im Februar 1973 konnte
dieser Widerspruch ausgeräumt werden.

Als Druckfehler müßten bei einer Neuauflage berichtigt werden: S. 88 Z.
17 nicht Klitzenheim, sondern Mitzenheim; S. 90 Z. 20 nicht Station, sondern
Stadion; S. 101 Z. 7 nicht Kirche, sondern Kirchen; S. 102 Z. 8 v. u.:
nicht Bad Buckow, sondern Buckow/Märkische Schweiz; S. 112 Z. 25 nicht
Richtlinie, sondern Richtlinien; S. 1 17 Z. 6 v. u.: nicht sellvertretende, sondern
stellvertretende; S. 129 Z. 8 vo. u.: nicht Nach, sondern Nacht.

Insgesamt hat das Buch von Z. so auf mich gewirkt, daß ich
das darin dargestellte Reden und Handeln Scharfs als eine Herausforderung
zum Nachdenken über den eigenen Weg in der
Nachfolge Christi empfunden habe.

Rheinsberg Gottfried Forck

Altes Testament

Gorman, Frank H.: The Ideology of Ritual. Space, Time and
Status in the Priestly Theology. Sheffield: Sheffield Acade-
mic Press 1990. IV, 259 S. 8« = Journal for the Study of the
Old Testament, Suppl. Series 91. Lw. £ 35.-.

Die vorliegende Arbeit ist die Dissertation des Vf.s, die er
unter der Anleitung von John Hayes an der Emory University
angefertigt hat. Dem in sieben Kapiteln gegliederten Hauptteil
ist eine Einleitung (7-11) vorangestellt. Den Abschluß bilden
eine Zusammenfassung (229-234) sowie eine Bibliographie
(235-247) und zwei Register (249-259).

Im ersten Kap. (Ritual: A Methodological Framework, 13-
38) gibt der Vf. eine allgemeine Einführung in das Wesen und
die Funktion des Rituals, wobei es ihm hauptsächlich darum
geht, die einschlägigen Ergebnisse aus dem Bereich der anthropologisch
-soziologischen Forschung zusammenzufassen und
systematisch darzustellen. Als wichtige Gewährsleute nennt er
bereits in der Einleitung C. Geertz, V. Turner, M. Douglas und