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Ausgabe:

1993

Spalte:

766-769

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Titel/Untertitel:

Die theologische Definition des Menschen. Kommentar zu These 20-40 1993

Rezensent:

Seils, Martin

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Theologische Literaturzeitung 118. Jahrgang 1993 Nr. 9

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Jubiläumsausgabe der Gesammelten Schriften von Moses Mendelssohn
ist 1972 (erneut) begonnen worden (vgl. die Rez.
ThLZ 1985, 299-301 und 1988, 344-346). Gegenwärtig ist der
5. Band im Erscheinen, der die Beiträge Mendelssohns in den
„Briefen, die neueste Literatur betreffend" (1759-1765) [Teilband
5,1] und in der „allgemeinen deutschen Bibliothek (1765-
1784) [Teilband 5,2] enthält. Vorgesehen ist, in Band 5,3 die
Erläuterungen und bibliographischen Angaben zu publizieren,
die die Texte der Teilbände 5,1 und 5,2 erschließen sollen.

Eva J. Engel, die Bearbeiterin, hatte sich bereits mit der Edition
der Rezensionsartikel Mendelssohns in der „Bibliothek der
schönen Wissenschaften und der freyen Künste" (1756-1759) in
Band 4 der Gesamtausgabe um die Erschließung des frühen literaturkritischen
Werks von Mendelssohn verdient gemacht. An
sich war es nicht unbekannt, welch umfangreichen Anteil Mendelssohns
an den „Briefen, die neueste Literatur betreffend" hatte
: In der von G. B. Mendelssohn 1844 in Leipzig besorgten
Ausgabe der Gesammelten Schriften waren diese Rezensionsartikel
abgedruckt worden. Die Literaturgeschichtsforschung hatte
sich aber so einseitig mit Lessings Anteil an jenem Journal befaßt
, daß darüber die Gesamtleistung der Literaturbriefe unberücksichtigt
blieb. Eva Engel stellt in ihrer ausführlichen Einleitung
eine große Zahl zeitgenössischer Stimmen (von Wieland
, Herder, Biester u.a.) zusammen, die gerade auf Mendelssohns
Anteil bewundernd eingehen.

Wegen dieser Unachtsamkeit der herkömmlichen Philosophie
- und Literaturgeschichtsschreibung bedeutet die Vermittlung
des Mendelssohnschen Anteils an den Literaturbriefen faktisch
eine Neuentdeckung, die ins Bewußtsein rückt, welch breite
Kompetenz sich Mendelssohn nicht nur als Philosoph, sondern
auch als Übersetzer und Literaturkritiker in einer Sprachwelt
erarbeitet hat, die nicht seine Muttersprache war. Philosophiegeschichte
und (damals moderne) Metaphysik, philosophische
Psychologie und Ästhetik, aber auch Grundlagenprobleme
der Atomtheorie, der Sprachtheorie, der zeitgenössischen Dramatik
und Poetik werden von ihm behandelt. Als Rousseau-
Übersetzer setzt er sich mit anderen Übersetzern auseinander,
als Shakespeare-Kenner bringt er deutschen Lesern die lyrischpoetische
Begabung des Engländers nahe.

Das stärkste Interesse der Hgn. besteht aber wohl darin, das
Projekt der Literaturbriefe im literarischen Deutschland der
Aufklärung bekannt zu machen. 1759 waren die Hauptautoren
Lessing und Mendelssohn 30, der Verleger und Mitautor Friedrich
Nicolai 26 Jahre alt. Die Art, in der sich diese Zeitschrift
mit den Autoritäten im eigenen Umfeld ohne Vorurteil, kritisch
und munter-aggressiv auseinandersetzt, geht keineswegs allein
auf Lessings Konto. Mendelssohn war es, der sich an eine vorsichtig
-kritische Rezension der Dichtungen Friedrichs des
Großen herantraute; er setzte sich scharfsinnig mit der Schrift
des betagten Hermann Samuel Reimarus über die „Triebe der
Tiere" auseinander, die Reimarus mit einer scharfen Gegenkritik
beantwortete. So kam es zu einer in Preußen damals höchst
ungewöhnlichen, schon früher gern geschilderten Zensurmaßnahme
(1762), die unmittelbar zeigt, welcher Mut zu diesem
Unternehmen gehörte (vgl. Einleitung XXIII-XLII). Es ist ein
Vorzug des vorliegenden Bandes, daß der Gesamtzusammenhang
dieses Vorgangs belegt wird durch den zusätzlichen
Abdruck der Erwiderungen Nicolais in den Literaturbriefen und
seines späten Berichtes von 1807. Man wird der Hgn. zustimmen
, daß es ein Desiderat bleibt, die Literaturbriefe insgesamt
neu herauszugeben (LXVI) - auch mit dem Anteil der übrigen
Autoren (Nicolai, Thomas Abbt, Resewitz, Sulzer und Gibbo).
Im Anhang wird die Liste aller Literaturbriefe mit den Verfas-
ser-Siglen und deren Dechiffrierung geboten.

Freilich kann die Textedition allein noch nicht leisten, was
von dem Anmerkungsband erwartet werden muß: die Nachweise
für einzelne Entscheidungen. Z.B. wird die Wielandrezension

der Briefe 10 u. 11, die nach dem Siglum FI1. sonst Lessing
zugewiesen wird, hier mit abgedruckt; ebenso die Kantrezensionen
der Briefe 280/281 und 323/324, die an sich Resewitz
gehören sollten. Einzelne andere Briefe werden ausgewählt, um
den Dialog-Charakter innerhalb der Briefe zu verdeutlichen.
Das Zwiegespräch zwischen Abbt und Mendelssohn über Spal-
dings „Bestimmung des Menschen" (618-637) wird abgedruckt,
obwohl es bereits in der Gesamtausgabe (Bd. 6,1 (9-25) ediert
wurde. Wenn dann auch noch Kommentar und Bibliographie
vorliegen werden, wird ein wesentlicher Teil des Frühwerks von
Moses Mendelssohn zur Diskussion stehen können.

Erst dann wird eine sachgerechte Besprechung dieser Edition
möglich sein.

Magdeburg Harald Schultze

ßloch-Almanach 12/1992. Periodicum des Ernst-Bloch-Archivs des Kulturbüros
der Stadt Ludwigshafen am Rhein. Hg. von K. Weigand. Ludwigshafen
: Ernst-B loch-Archiv 1992. VI, 186 S. 8°. ISBN 3-923966-12-1.

Kolado, Gerardo: La concepciön zubiriana de los fisico en „El hombre y
Dios" (RAE 34, 1993, 3-53).

Chapelle, A., S.J.: Thomas d'Aquin et Hegel. (NRTh 114, 1992, 577-
579).

Cuypers, Stefan E.: Davidson en Wittgenstein over het menselijk hande-
len (Bijdr. 53, 1992, 291-311).

Delf, Hanna: „Allseitig, nicht einseitig sein". Zwei unveröffentlichte
Manuskripte Gustav Landauers zur frühen Nietzsche-Rezeption. Teil I
(ZRGG 44, 1992, 263-273).

Diaz, Carlos: El hombre y Dios en Xavier Zubiri (RAE 34, 1993, 165-
193).

Ehlen, Peter: Befreiung von Knechtschaft: die sozialistische Erlösungsutopie
(StZ 118, 1993,21-33).

Neuberg, Marc: L'intention definit-elle l'action? (RThPh 124, 1992, 217-
229).

Pintor-Ramos, Antonio: La filosoffa y su historia en Zubiri (RAE 34,
1993, 267-310).

Rubio, Luciano: Reflexiones sobre la filosoffa de Xavier Zubiri (RAE 34,
1993, 195-232).

Säez Cruz, Jesus: La marcha hacia Dios en X. Zubiri: La via de la religa-
ciön (RAE 34, 1993, 55-119).

Stein, Edith: Erkenntnis und Glaube. Freiburg-Basel-Wien: Herder 1993.
127 S. gr.8° = Edith Steins Werke, 15. geb. DM 32,-. ISBN 3-451-22825-4.

Solbakk, Jan Helge: Nikolaus Cusanus' „Docta ignorantia" som filoso-
fisk og teologisk program infolge „De docta ignorantia" (NTT 93, 1992, 83-
105).

Vedder, Ben: De verhouding tussen geloven en denken in de hermeneu-
tiek van Baruch de Spinoza. The relation between belief and knowledge in
Spinoza's hermeneutical theory (Bijdr. 53, 1992, 350-371).

Systematische Theologie: Dogmatik

Ebeling, Gerhard: Lutherstudien. II: Disputatio de Homine. 3.
Teil: Die theologische Definition des Menschen. Kommentar
zu These 20-40. Tübingen: Mohr 1989. XXIII, 698 S. gr.80.
Lw. DM 178,-. ISBN 3-16-145493-6.

„Das vorliegende Buch", schreibt Ebeling im Vorwort, „eignet
sich nicht zu hastigem Konsumieren. Es will Theologen, die
Lernende bleiben, bei ihrem schweren, aber schönen Geschäft
begleiten" (VIII). Dem Rez. ist es so ergangen. Er hat Lernender
bleiben und sich begleiten lassen müssen. Die Besprechung wird
also ein Diskurs auf einem Lernweg sein.

Luther hat die Thesen der „Disputatio de homine" aus dem Jahre 1536
wahrscheinlich als Nebenprodukt seiner Arbeit an der späten Genesisvorlesung
verfaßt. Sie sind aber auch mit den Disputationen über Rom 3,28 der
Jahre 1535/36 verzahnt. Die 40 Thesen der Thesenreihe beschäftigen sich
zunächst (Th. 1-19) mit der von der Scholastik in ihr System aufgenommenen